Virtuelles Hausrecht in Internet-Forum
Leitsatz
Virtuelles Hausrecht in Internet-Forum
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt,
1. dem Kläger seinen im (...) registrierten Account mit dem Nicknamen (...) und der dahinterstehenden E-Mail-Adresse (...) vollumfänglich wieder freizuschalten und dem Kläger mit dem vorstehenden Nicknamen wieder sämtliche Rechte, insbesondere das Senden und Empfangen von persönlichen Nachrichten möglich zu machen;
2. an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 179,27 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.09.2016 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 EUR.
Sachverhalt
Die Parteien streiten über den Zugang zu einem Benutzerkonto in einem Internetforum.
Der Beklagte betreibt unter der Internetadresse (...) eine Internetseite, die sich mit Drohnen befasst. Die Seite beinhaltet auch einen Forenbereich, zu dem sich interessierte Personen unter Einverständnis mit den Nutzungsbedingungen des Forums "anmelden" können.
Die Nutzungsbedingungen unterhalten insbesondere die folgenden Passagen:
"Forenregeln
[...]
3.0 Strengstens verboten
3.1. Keine Werbung - poste keine rein werblichen Aussagen für deine Webseite, Produkte, Leistungen, usw. Möchtest du das Forum werblich nutzen, melde dich bitte vorab beim Betreiber.
[...]
Nutzungsbedingungen
[...]
Allgemeines
[...] Da in diesem Forum keine anonymen Beiträge verfasst werden können, ist eine Registrierung notwendig, wobei weder diese noch Nutzung und Zugang zum Form verlangt, erklagt oder erzwungen werden können. Die Administratoren und Moderatoren behalten sich das Recht vor, Benutzer jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu löschen oder vorübergehend zu sperren. [...]"
Zum weiteren Inhalt der Nutzungsbedingungen wird auf Anlage K1, Bl. 6ff GA, Bezug genommen.
Der Kläger meldete sich unter dem 09.11.2015 für das Forum unter Anerkennung der Nutzungsbedingungen an, wobei er sich den Nicknamen (...) gab und als Registrierungs-Emailadresse die Adresse (...) angab.
In der Folgezeit beteiligte sich der Kläger in dem von dem Beklagten betriebenen Internetforum. Insgesamt verfasste er über 900 Beiträge, wobei sich einige dieser Beiträge thematisch mit den Drohnen des Herstellers (...) befassten. Mit Hinblick hierauf schrieb unter dem 09.01.2016 ein weiterer Forennutzer in einem Beitrag: "ist das nicht langsam ein bißchen viel Werbung für (...) / den (...)?" (Bl. 75, 78 GA).
Unter dem 25.01.2016 äußerte der Kläger in einem seiner Beiträge, er habe mit dem Leiter der europäischen Niederlassung der Firma (...) telefoniert habe (Bl. 75 GA). Unter dem 27.01.2016 postete er einen umfangreichen Beitrag zu einem zum damaligen Zeitpunkt noch nicht im Handel erhältlichen Drohnenmodell, dem (...) (Bl. 19, 23 GA). Unter dem 05.02.2016 äußerte er, er könne bei einem Drohnenhändler für zukünftige Käufer hinsichtlich etwaiger Vergünstigungen "ein gutes Wort (...) einlegen [es folgt ein zwinkernder Smiley]".
Für die Beiträge im einzelnen wird auf die Anlagen B1 und B9 (Bl. 27, 77ff GA) Bezug genommen.
Unter dem 18.05.2016 postete der Kläger einen Beitrag mit einer Beschreibung des Lieferumfangs des Drohnenmodells (...) des Herstellers (...). Der Beitrag ist eingeleitete mit dem folgenden Passus:
"Hallo @all, ich habe endlich meinen (...) bekommen und freue mich wie Hulle, einfach nur GEIL. Besser wie Weihnachten, meint Ihr, das war von (...) so gewollt?[es folgt ein Smiley]"
Der Beitrag enthält außerdem zwei Fotos. Eines zeigt den Kläger an einem Tisch sitzend mit dem zu der Drohne gehörenden Verpackungskarton, im Hintergrund des Bildes sind Werbebanner des Herstellers (...) zu erkennen, u.a. für eine Drohne des Typs (...). Das zweite Bild zeigt den Lieferumgang der Drohne, auf einem Tisch drapiert, im Hintergrund sind wiederum Werbebanner und weitere Drohnen zu erkennen. Zur weiteren Veranschaulichung wird auf Anlage B2 (Bl.29 GA) Bezug genommen.
Der Kläger betreibt - unabhängig von seiner Mitgliedschaft im Forum des Beklagten - einen eigenen Youtube-Videokanal, indem er Videos zu den Drohnen der Firma (...) veröffentlicht. Unter seinen Videos befindet sich der Hinweis, er erhalte Unterstützung von dem Hersteller (...) sowie eines Drohnenhändlers (vgl. Bl. 81f GA).
Zeitnah nach dem Beitrag von 18.05.2016 wandte sich der Beklagte per privater Nachricht an den Kläger und erkundigte sich, ob dieser mit seinen Forenbeiträgen gewerbliche Zwecke verfolge. Hierzu sah er sich durch die Beiträge des Klägers in dem von ihm - dem Beklagten - betriebenen Forum, aber auch durch den Youtube-Kanal des Klägers veranlasst. (Bl. 20f GA). Kurz darauf schränkte der Beklagte den Zugriff des Klägers auf dessen Benutzerkonto ein. Der Kläger konnte fortan - wohl ab dem 19.05.2016 (Anlage K2, Bl. 11 GA unten) - zwar noch im Forum mitlesen, hatte aber keinen Zugriff mehr auf seine privaten Nachrichten und konnte keine Forenbeiträge mehr verfassen.
Unter dem 23.05.2016 kam es zu weiterem Email-Verkehr der Parteien, der Kläger forderte den Beklagten auf, sein Benutzerkonto wieder freizuschalten. Der Beklagte äußerte hierauf unter anderem, er werde weitere Emails des Klägers nicht mehr beantworten, eine Aufhebung der Sperrung erfolgte nicht (Bl. 4, Anlage K2, Bl. 11 GA).
Unter dem 15.06.2016 ließ der Kläger den Beklagten ergebnislos zur Aufhebung der Sperrung auffordern, der Beklagte monierte auch gegenüber der beauftragten Rechtsanwältin, dass der Kläger in seinem Forum werblich tätig geworden sei. Für die anwaltliche Tätigkeit wandte der Kläger einen Betrag in Höhe von 179,27 EUR auf.
Der Kläger behauptet,
er befasse sich nur im Rahmen seiner Freizeitaktivitäten mit Drohnen, er sei im Forum des Beklagten nicht gewerblich tätig geworden. Seine Kenntnisse über die Modelle des Herstellers (...) habe er durch gezieltes Nachfragen beim Hersteller, etwa im Rahmen einer Spielwarenmesse, erhalten (Bl. 39f GA). Er sei nicht für den Hersteller (...) tätig und sei dies auch nie gewesen (Bl. 53, Anlage K5, Bl. 54 GA). Der Verweis unter seinen Youtube-Videos beziehe sich darauf, dass er von den dort genannten Unternehmen die Erlaubnis bekommen habe, deren Logos und Namen zu verwenden - hierfür habe er sich bedanken wollen (Bl. 44 GA). Der Beitrag vom 18.05.2016 sei entstanden, als er seine vorbestellte Drohne bei einem Händler in der Nähe von (...) abgeholt habe, er habe aus Freude sein Video (aus dem das gepostete Foto stammt) direkt in den Räumlichkeiten des Händlers aufgenommen, die Werbebanner seien dort vorhanden gewesen (Bl. 40f GA).
Die Klage ist dem Beklagten am 20.09.2016 zugestellt worden, mit Schriftsatz vom 14.10.2016 erklärte der Beklagte die außerordentliche und fristlose Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags, hilfsweise die ordentliche Kündigung, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Er erteilte dem Kläger im Übrigen ein virtuelles Hausverbot (Bl. 22 GA). Auf diesen Schriftsatz hat die Klägerseite mit eigenem Schriftsatz vom 17.11.2016 reagiert.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger seinen im (...) registrierten Account mit dem Nicknamen (...) und der dahinterstehenden E-Mail-Adresse (...) vollumfänglich wieder freizuschalten und dem Kläger mit dem vorstehenden Nicknamen wieder sämtliche Rechte, insbesondere das Senden und Empfangen von persönlichen Nachrichten möglich zu machen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 179,27 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Bl. 2 GA).
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen (Bl. 18 GA).
Der Beklagte behauptet, der Kläger habe durch werbliche Tätigkeit gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen.
Das Gericht hat am 13.03.2017 mündlich zur Sache verhandelt und beide Parteien angehört sowie rechtliche Hinweise erteilt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 84ff GA). Es wird hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen auf die Verfahrensakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
I.
Der Kläger kann von dem Beklagten die Aufhebung der Teilsperrung seines Benutzerkontos sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verlangen.
1. Klageantrag zu 1):
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Aufhebung der Teilsperrung seines aus dem Tenor ersichtlichen Benutzerkontos aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Forennutzungsvertrag.
Dieser ist nach den allgemeinen Regeln der §§ 145ff BGB dadurch zustande gekommen, dass der Kläger sich in dem Forum des Beklagten "angemeldet" hat und dieser den Account bzw. das Benutzerkonto freigeschaltet hat. Er berechtigt den Kläger dazu, Beiträge im Forum des Beklagten zu posten und auch die im Übrigen dort angebotene Infrastruktur, etwa das persönliche Postfach und die Versendung persönlicher Nachrichten, zu nutzen.
Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich dabei, dass der Beklagte das von ihm betriebene Internetforum öffentlich "online" stellt und es ermöglicht, dass jedermann sich dort "anmeldet", sofern er die entsprechenden Daten für die Kontenanlegung eingibt, um eine Willenserklärung, um ein Vertragsangebot (§ 145 BGB) an einen unbestimmten, aber hinreichend bestimmbaren Personenkreis (sog. invitatio ad incertas personas), namentlich an diejenigen Besucher der Internetseite, die ihre Daten in die Anmeldemaske einpflegen. Es liegt demgegenüber keine bloße Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum) vor. Dem Verhalten des Beklagten lässt sich im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der hinreichende Rechtsbindungswillen entnehmen, demjenigen, der sich "anmeldet" den Zugang zum Forum zu gewähren. Für die Annahme eines Rechtsbindungswillens spricht insbesondere, dass der Beklagte sein Forum mit Nutzungsbedingungen ausgestattet hat, die ein Anmeldender im Laufe des Anmeldeprozesses zu akzeptieren hat. Für einen Rechtsbindungswillen spricht auch, dass ein anonymes Posten ohne Anmeldung im Forum des Beklagten nicht möglich ist (gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillen in solchen Fällen wohl Maume, MMR 2007, 620 [621]; aA wohl Feldmann/Heinrichs, CR 2006, 406 [409f]) Es ist aus dem Parteivortrag nicht etwa ersichtlich, dass er neu angemeldete Nutzer zunächst manuell "prüft" und über die Eingehung von vertraglichen Beziehungen mit ihnen gesondert entscheidet.
Auch der Kläger handelte mit Rechtsbindungswillen. Sein Verhalten, sich unter Akzeptanz der Nutzungsbedingungen und Angabe einer Emailadresse mit einem Nicknamen anzumelden, kann nach § 133, § 157 BGB nur eine Annahme des Angebots des Beklagten darstellen. Dies gilt auch deshalb, weil der sich mit einem Namen anmeldende Nutzer regelmäßig ein Interesse daran haben wird, sich nicht nur auf das Posten eines Beitrags zu beschränken, sondern auch in Folgediskussionen teilzunehmen und ggf. unter seinem "Nicknamen" oder "Avatar" eine eigene "Online-Identität" zu schaffen (so auch LG München I, Urteil vom 25.10.2006 - 30 O 11973/05).
a.
Dieser Vertrag besteht im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch fort.
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist ein "Dauerschuldverhältnis" im Sinne von § 314 BGB, denn aus ihm folgen während seiner Laufzeit ständig neue Leistungs-, Neben- und Schutzpflichten (so auch: Feldmann/Heinrichs, CR 2007, 406 [410]). Der Kläger als angemeldeter Nutzer erhält die Möglichkeit, Beiträge zu posten und die übrige Infrastruktur zu nutzen (siehe oben), der Beklagte stellt diese zur Verfügung. Beide sind gegenseitig insbesondere auch zur Rücksichtnahme verpflichtet (§ 241 Abs. 2 BGB). Gerade die Tatsache, dass ein privates Postfach angeboten wird, zeigt auch, dass die Beziehungen auf gewisse Dauer angelegt sind.
Der Vertrag ist nicht dadurch beendet worden, dass er Beklagte die Nutzungsrechte des Klägers im Nachgang an den Beitrag vom 18.05.2016 einschränkte und dem Kläger die Schreibrechte nahm. Für eine Vertragsbeendigung durch eine Kündigung fehlt es insoweit schon an einer entsprechenden Willenserklärung des Beklagten. Dem Verhalten des Beklagten kann nach Maßgabe von § 133, § 157 BGB von einem verobjektivierten Empfängerhorizont her nicht die Bedeutung beigemessen werden, der Beklagte habe die Vertragsbeziehung mit dem Kläger vollends beenden wollen. Hierfür spricht insbesondere, dass er das Benutzerkonto des Klägers nicht gelöscht oder vollends deaktiviert hat, sondern nur die Schreibrechte des Klägers eingeschränkt hat. Gerade darauf hat der Beklagte auch im Rahmen der mündlichen Anhörung Wert gelegt (vgl. Bl. 85, 85R GA).
Der Vertrag ist auch durch die Kündigungserklärung des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 14.10.2016 noch nicht beendet.
Die ausdrücklich erklärte fristlose Kündigung des Beklagten konnte das Vertragsverhältnis vorliegend nicht beenden. Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung gemäß § 314 Abs. 1, Abs. 2 BGB lagen nicht vor. Die fristlose Kündigung setzt nach dieser Vorschrift voraus, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund kann insbesondere darin bestehen, dass eine Partei ihre Pflichten aus dem Vertrag verletzt. In diesem Fall ist Voraussetzung für eine außerordentliche und fristlose Kündigung eine vorangegangene, erfolglose Abmahnung.
Nach diesem Maßstab konnte der Beklagte das Vertragsverhältnis nicht außerordentlich und fristlos kündigen.
Allenfalls kommt ein Verstoß des Klägers gegen die Nutzungsbedingungen als "wichtiger Grund" in Betracht. Die Nutzungsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 2, Abs. 3 BGB Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags geworden, sie konkretisieren die vertraglichen Verhaltens- und Rücksichtnahmepflichten des Klägers als Forennutzer insbesondere dahingehend, dass er im Rahmen seiner Forenaktivitäten nicht (ge-)werblich tätig werden darf. Dabei kann hier im Ergebnis aber dahinstehen, ob der Kläger durch die im Tatbestand ausgeführten Beiträge zu den Drohnen der Firma (...) gegen diese Verhaltenspflichten verstoßen hat. Es fehlt für die Annahme einer zulässigen Kündigung aus wichtigem Grund an einer erforderlichen erfolglosen Abmahnung.
Der Beklagte hat den Kläger zu keinem Zeitpunkt erfolglos abgemahnt. Ein Verhalten des Beklagten, dass als Abmahnung eines womöglich vertragswidrigen Verhaltens verstanden werden könnte (§§ 133, 157 BGB analog), liegt in der Kontaktaufnahme und der nachfolgenden Beschränkung der Nutzungsrechte im Nachgang an den Forenbeitag vom 18.05.2016. Diese Abmahnung war aber nicht erfolglos. Nach der Kontaktaufnahme und nach der Teilsperrung seines Nutzerkontos, hat der Kläger keinerlei Verhalten an den Tag gelegt, dass als Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen in Betracht kommt. Auch der Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung bekundet, es sei nichts (ge-)werbliches mehr gepostet worden (Bl. 85, 85R GA). Dass der Kläger unabhängig von seiner Mitgliedschaft in dem Forum des Beklagten auf seinem Youtube-Kanal im weiteren zeitlichen Verlauf Videos veröffentlicht hat, die bei unbefangener Betrachtung den Eindruck erwecken, er stehe zu dem Drohnenhersteller (...) in Verbindung, ist kein Verstoß gegen Vertragspflichten aus dem Forennutzungsvertrag.
Eine Abmahnung zu einem früheren Zeitpunkt hat der Beklagte selbst nicht vorgetragen, es ist auch nicht ersichtlich, dass er sich den substanzlosen - und auch aus dem übrigen Parteivortrag nicht verifizierbaren - Klägervortrag zu "immer wieder" erfolgten "unberechtigten Abmahnungen" (Bl. 3 GA) zu eigen machte, insbesondere auch auf den gerichtlichen Hinweis zur fehlenden erfolglosen Abmahnung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht. Auch der Kläger hält an diesem Vortrag nicht fest. Die Parteien haben vielmehr im Rahmen der mündlichen Anhörung übereinstimmend ausgeführt, eine Kontaktaufnahme wegen des Verhaltens des Klägers im Forum des Beklagten sei erstmals im Nachgang an den Beitrag vom 18.05.2016 erfolgt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass besondere Umstände hier die Abmahnung gemäß § 314 Abs. 2 S. 3 BGB entbehrlich sein ließen. Insbesondere kann dies nicht deshalb angenommen werden, weil der Kläger ein vertragswidriges Verhalten bestreitet.
Dass Vertragsverhältnis ist auch durch eine ordentliche Kündigung derzeit noch nicht beendet. Zwar kann ein unbefristet geschlossenes Dauerschuldverhältnis "ordentlich", also unter Einhaltung einer angemessenen Frist gekündigt werden, denn die Parteien haben das ordentliche Kündigungsrecht nicht ausgeschlossen (Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Rn. 13 mwN). Es steht grundsätzlich, und auch bei Forennutzungsverträgen der hier vorliegenden Art, den Parteien frei, über den Fortbestand vertraglicher Beziehungen privatautonom zu entscheiden.
Die Kündigungsfrist beträgt jedoch im vorliegenden Fall in Anlehnung an § 624 S. 2 BGB 6 Monate, der Forennutzungsvertrag ist erst im Monat Mai 2017 beendet, der Zugang (§ 130 BGB) der Kündigungserklärung ist erst im November 2016 erfolgt, denn die Klägerseite hat die Kündigungserklärung aus dem Schriftsatz vom 14.10.2016 - soweit nachweisbar - erst am 17.11.2016 erhalten (vgl. Schriftsatz vom 17.11.2016, Bl. 38 GA).
Der Forennutzungsvertrag ist ein nicht typisiertes Dauerschuldverhältnis. In einem solchen Fall ist für die Bestimmung der Frist der ordentlichen Kündigung auf die Regelungen zu den typisierten Dauerschuldverhältnissen zurückzugreifen (BGH, Urteil vom 28.02.1973 - III ZR 212/70 = NJW 1972, 1182; Urteil vom 25.05.1993 - X ZR 79/92 = NJW-RR 1993, 1460), im vorliegenden Fall auf § 624 S. 2 BGB.
Es ist für die Bestimmung der Kündigungsfrist auf die dienstvertraglichen Vorschriften der §§ 611ff BGB zurückzugreifen, denn der Forennutzungsvertrag kommt von den gesetzlich typisierten Verträgen dem Dienstvertrag am nächsten. Der Forenbetreiber bietet am ehesten Dienste im Sinne der §§ 611ff BGB an, denn er verschafft eine Teilnahmemöglichkeit an einer virtuellen Gemeinschaft mit den einhergehenden Kommunikations- und Informationsgelegenheiten. Hierbei handelt es sich um nicht erfolgsbezogene Umstände, die aber auch nur bedingt "dienstvertraglich" genannt werden können (weswegen die Annahme eins typengemischten Vertrags ausgeschlossen ist), gerade da der Forenbetreiber die Kommunikation und die Information durch die Schaffung einer Plattform für eine Vielzahl von Personen nur mediatisiert, aber nicht selber aktiv erbringt.
Sofern Feldmann/Heinrichs ohne Begründung von der Anwendbarkeit von § 671 BGB ausgehen (CR 2006, 406 [411]), folgt das Gericht dem nicht.
b.
Im Rahmen der fortbestehenden Vertragsbeziehungen hat der Beklagte auch keine Berechtigung, dem Kläger die Schreibrechte zu entziehen, wie er dies im vorliegenden Fall getan hat.
Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus den Nutzungsbedingungen des Forums.
Soweit diese vorsehen, dass Nutzer jederzeit und ohne Angabe von Gründen gelöscht oder gesperrt werden können (s.oben), so verstößt diese Regelung gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung in allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305, 307, 308 Nr. 4 BGB. Letztlich erlaubte diese AGB-Klausel im Falle ihrer Wirksamkeit nämlich dem Beklagten, den Vertragsinhalt nach eigenem Gutdünken jederzeit und ohne jede Zumutbarkeitskontrolle anzupassen und einzelne Nutzer in ihren vertraglichen Rechten zu beschneiden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in Ziffer 3.9 der "Forenregeln" die Sperrung nur für Fälle des Verstoßes gegen die Regeln stellt (vgl. hierzu Anlage K1, Bl. 6 GA). Soweit sich beide Klauseln widersprechen, geht dies in Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten als Verwender, für die Prüfung nach § 307, § 308 Nr. 4 BGB ist von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen, dies ist die oben getroffene Auslegung.
Gesetzliche Regelungen, die den Beklagten zur Teilsperrung des Benutzerkontos berechtigten, sind nicht ersichtlich, insbesondere sind §§ 320 Abs. 1 und 273 BGB hier tatbestandlich nicht einschlägig.
Auch mit Hinblick auf das sog. "virtuelle Hausrecht" (hierzu: LG Bonn, Urteil vom 16.11.1999 - 10 O 457/99 = CR 2000, 245; LG München I, Urteil vom 25.10.2016 - 30 O 11973/05 = CR 2007, 264 m. Anm. Redeker; LG Hamburg, Urteil vom 28.08.2008 - 315 O 326/08 = CR 2007, 120; Maume, MMR 2007, 620; Feldmann/Heinrichs, CR 2006, 406) war der Beklagte nicht befugt, das Benutzerkonto des Klägers einzuschränken wie geschehen. Zwar steht auch nach Auffassung des Gerichts - unabhängig von der teils streitigen dogmatischen Herleitung - dem Betreiber einer Internetseite ein virtuelles Hausrecht grundsätzlich zu. Dieses Hausrecht ist aber nicht grenzenlos, sondern kann insbesondere durch vertragliche, schuldrechtliche Beziehungen überlagert werden.
Dies ist vorliegend der Fall. Durch die Aufnahme von vertraglichen Beziehungen zu dem Kläger hat sich der Beklagte der freien Ausübung seines virtuellen Hausrechts begeben. Der Kläger ist nicht mehr ein beliebiger Dritter, sondern Vertragspartner des Beklagten. Dies wirkt sich insbesondere vor dem Hintergrund von § 241 Abs. 2 BGB dahingehend aus, dass auch eine Teil-Kontensperrung gegenüber dem Kläger nicht anlasslos erfolgen konnte und im Falle eines Verstoßes gegen vertragliche Pflichten nicht ohne vorherige, erfolglose Abmahnung auf das virtuelle Hausrecht gestützt werden konnte.
2. Klageantrag zu 2):
Der Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3,291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit den Vorschriften des RVG. Indem der Beklagte per Mail angab, weitere Mails des Klägers nicht mehr zu beantworten, hat er hinreichend "ernsthaft und endgültig" zu erkennen gegeben, dem Kläger den vollen Zugang zu seinem Benutzerkonto nicht wieder gewähren zu wollen und sich damit in Verzug gesetzt. Der angesetzte Gegenstandswert von 3.000,00 EUR ist - auch wenn der Kläger tatsächlich keine gewerblichen Zwecke verfolgen sollte - vor dem Hintergrund von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nicht zu beanstanden.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1 ZPO.
Maßgeblich für die Höhe der Sicherheitsleistung war nicht der Streitwert, sondern der überschlägig geschätzte Vollstreckungsschaden (vgl. Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 709 Rn. 3ff).
Der Streitwert wird auf bis 3.000,00 EUR festgesetzt.
Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung beruht die Entscheidung auf § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO und §§ 52 Abs. 2 GKG analog, § 23 Abs. 3 S. 2 RVG analog.
In Anwendung dieser Vorschriften kann der Streitwert auf 5.000,00 EUR geschätzt werden, wenn es für die Streitwertfestsetzung an jeglichen Anhaltspunkten fehlt (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage 2016, § 3 Rn. 16 "Schätzung", OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.10.2008 - 10 WF 113/08 = MDR 2009, 634). Hier war jedoch von nur 3.000,00 EUR auszugehen, nachdem die Klägerseite ihr Interesse selbst nur in dieser Höhe beziffert.