Urheberrechtswidrige Bootlegs: Wann eine gewerbliche Verwendung iSd. § 104 a UrhG vorliegt

Landgericht Hamburg

Beschluss v. 10.12.2014 - Az.: 310 O 394/14

Leitsatz

1. Eine gewerbliche Verwendung iSd. § 104 a UrhG liegt dann vor, wenn das eBay-Konto des Verkäufers der urheberrechtswidrigen Bootlegs eine erhebliche Anzahl von Veräußerungen aufweist (hier: 499 Bewertungen innerhalb der vergangenen 12 Monate, 261 Bewertungen innerhalb der vergangenen 6 Monate) und ganz ganz überwiegend Tonträger veräußert wurden.

2. In einem solchen Fall findet die örtliche Zuständigkeits-Regelung des § 104 a Abs.1 UrhG keine Anwendung.

Tenor

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren (...) beschließt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 10 - durch (...)  am 10.12.2014:
 
1. Im Wege einer einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, den 3-LP-Tonträger „P(...) - LIVE IN M(...) 1971" mit Darbietungen der Musikgruppe P(...) anzubieten, wie geschehen mit dem bei Internet-Auktionshaus eBay eingestellten Angebot zu der Artikelnummer (...).

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von EUR 15.000,00 zu tragen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ist im Wege der einstweiligen Verfügung gem. §§ 935 ff., 922 ZPO ergangen. Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig. Das Landgericht Hamburg ist örtlich zuständig. Das von der Antragstellerin beanstandete Angebot des o.g. Tonträgers über das Internet war in Hamburg abrufbar und richtete sich auch an hiesige Internetnutzer, so dass die örtliche Zuständigkeit aus § 32 ZPO folgt. Die Regelung des § 104a UrhG ist nicht einschlägig da eine gewerbliche Verwendung im Sinne der Ausnahmebestimmungen dieser Norm vorliegt. Das eBay-Konto des Antragsgegners wies 499 Bewertungen innerhalb der vergangenen 12 Monate (261 Bewertungen innerhalb der vergangenen 6 Monate) auf, wobei jedenfalls ganz überwiegend Tonträger veräußert wurden (Anlage ASt3).

Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung eines weiteren Angebots des streitgegenständlichen Tonträgers dargelegt und glaubhaft gemacht.
 
Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an sämtlichen musikalischen Darbietungen der Musiker der Musikgruppe P(...) aus der Zeit vom 13.05 1975 bis zum 31.12.1986 eingeräumt worden sind. Die Antragstellerin hat daher gem. § 77 UrhG das ausschließliche Recht, die o.g. Darbietung der Musikgruppe aus dem Jahre 1977 auf Tonträger aufzunehmen und Tonträger, auf die die Darbietung der Künstler aufgenommen worden sind, zu verbreiten.

Der streitgegenständliche 3-LP-Tonträger, der Aufnahmen von Darbietungen der Künstler enthält, ist am 22.11.2014 durch den Antragsgegner unter seiner Verkäuferbezeichnung (...) im Internet über „eBay" zum Kauf angeboten worden. Bereits dieses Verkaufsangebot stellt einen Eingriff in das alleinige Verbreitungsrecht der Antragstellerin dar.

Die Nutzung erfolgte ohne das erforderliche Einverständnis der Antragstellerin und war daher widerrechtlich. Der streitgegenständliche 3-LP-Tonträger ist zu keiner Zeit mit Zustimmung der Antragstellerin veröffentlicht worden. Bei den Aufnahmen handelt es sich um sog. Bootlegs.

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist indiziert. Da eine Schutzrechtsverletzung glaubhaft gemacht worden ist, wird vermutet, dass es zu einer wiederholten Verletzung kommen kann. Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten, vorbehaltlosen und hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich gewesen, wie sie vorgerichtlich erfolglos verlangt worden ist. Die Abmahnung vom 24.11.2014 blieb unbeantwortet.

Die für das einstweilige Verfügungsverfahren erforderliche besondere Eilbedürftigkeit ist gegeben. Die Antragstellerin hat die Sache selbst zügig betrieben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Gegenstandswert ist nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO geschätzt worden.