Überlassung eines Internet-Anschlusses an erwachsenen Dritten führt bei P2P-Urheberrechtsverletzungen zur Mitstörer-Haftung

Landgericht Hamburg

Urteil v. 20.03.2015 - Az.: 310 S 23/14

Leitsatz

Überlässt ein Anschluss-Inhaber seinen Zugang einem erwachsenen Dritten, der kein Familienangehöriger ist, muss er diesen entsprechend aufklären, andernfalls haftet er bei P2P-Urheberrechtsverletzungen als Mitstörer.

Tenor

In der Sache (...) erkennt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 10 - durch (...) auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2015 für Recht:
 
1.    Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 8.7.2014 (Az.: 25b C 887/13) wird wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 755,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.1.2014 zu zahlen.

2.    Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Beklagte zu 60% und die Klägerin zu 40% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4.    Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 I Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 8.7.2014 (Bl. 85 ff. d.A.) sowie auf den Berichtigungsbeschluss vom 19.8.2014 (Bl. 101 f. d.A.). Zu ergänzen ist, dass die Beklagte in der Berufungsinstanz die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich des streitgegenständlichen Films (...) unstreitig gestellt und klargestellt hat, dass es sich bei der von ihr genannten „Nichte" um die Tochter ihrer Schwester handele.

Die Klägerin/Berufungsklägerin beantragt, unter Abänderung des am 8.7.2014 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Hamburg, Az.: 25b C 887/13, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 755,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte/Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

1.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung vom 18.3.2013 (Anlage K8) in Höhe von 755,80 EUR aus § 97a I S. 2 UrhG in der bis zum 8.10.2013 geltenden Fassung. Danach kann Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Die Abmahnung der Beklagten (Anlage K8) war berechtigt, soweit damit ein Anspruch auf Unterlassung der öffentlichen Zugängiichmachung des Films (...) gegen die Beklagte geltend gemacht wurde.

Der Unteriassungsanspruch folgt aus § 97 I UrhG.

a)    Der Film (...) ist ein Filmwerk im Sinne des § 2 I Nr. 6, II UrhG und ist als solches urheberrechtlich geschützt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin Inhaberin des ausschließlichen Rechts der öffentlichen Zugängiichmachung im Sinne des § 19a UrhG für die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich dieses Films ist.

b)    Des Weiteren steht fest, dass der Film in der Zeit vom 31.1. bis zum 2.2.2013 durch die Nichte der Beklagten und deren Lebensgefährten über den Internetanschluss der Beklagten mittels eines Filesharing-Programms rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde. Beide leben in Australien und waren seinerzeit zu Besuch bei der Beklagten. Soweit die Beklagte pauschal „die Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adresse" bestritten hat, ist das einerseits nicht hinreichend substantiiert, da die Beklagte die Rechtsverletzung durch ihre Nichte und deren Ehegatten selbst eingeräumt hat und diese unstreitig ist. Andererseits ist aufgrund des Umstands, dass vorliegend vier verschiedene IP-Adressen ermittelt wurden, die jeweils dem Anschluss der Beklagten zugeordnet worden sind, ein Fehler bei der Ermittlung nahezu ausgeschlossen.

c)    Die Beklagte ist für die durch ihre Nichte und deren Lebensgefährten begangene Rechtsverletzung als Störerin verantwortlich. Als Störer kann nach der Rechtsprechung des BGH bei der Verletzung absoluter Rechte grundsätzlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt.

Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten voraus. Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht der Kammer vorliegend gegeben.

aa) Die Überlassung des Internetanschlusses der Beklagten an die Nichte und deren Lebensgefährten war kausal für die streitgegenständliche Rechtsverletzung. Hätte die Beklagte ihren Internetanschiuss nicht ihrer Nichte und deren Lebensgefährten überlassen, hätten diese darüber die Rechtsverletzung nicht begehen können.

bb) Die Beklagte hat eine zumutbare Verhaltenspflicht verletzt. Unstreitig hat sie weder ihre Nichte noch deren Lebensgefährten darauf hingewiesen, dass eine Nutzung von sogenannten Internet-Tauschbörsen zum illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials wie insbesondere Filmen, Musik, Computerspielen, zu unterbleiben hat.

Das wäre nach Ansicht der Kammer als zumutbare Verhaltenspflicht jedoch erforderlich gewesen. Denn das Gericht ist der Ansicht, dass vor der Überlassung des Internetanschlusses an einen volljährigen Dritten, der nicht als „Familienangehöriger anzusehen ist, eine Belehrung durch den Anschlussinhaber dahingehend geboten und zumutbar ist, dass eine Nutzung von sogenannten Internet-Tauschbörsen zum illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials wie insbesondere Filmen. Musik oder Computerspielen zu unterbleiben hat.

Diese Ansicht beruht auf den folgenden Erwägungen:

(1) In Bezug auf die Belehrungs- und Kontrollpflichten von Eltern, die ihrem minderjährigen Kind ihren Internetanschluss zur Nutzung überlassen, hat der BGH entschieden, dass die Prüfpflichten der Eltern "... denselben Inhalt und Umfang wie ihre Aufsichtspflicht über das Kind hinsichtlich dessen Internetnutzung" haben (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012 - I ZR 74/12, „Morpheus", GRUR 2013, 511 Rz 42).

Nach Ansicht des BGH „genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten." Eine Verpflichtung der Eltern zu weitergehenden Kontrollmaßnahmen besteht erst, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (vgl. BGH, aaO, Rz 24).

Danach müssen Eltern nach der Rechtsprechung des BGH ihr minderjähriges Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten, wenn sie im Falle einer Rechtsverletzung durch das Kind einer Haftung als Störer entgehen wollen.

(2)    Des Weiteren hat der private Betreiber eines WLAN-Anschlusses nach der Rechtsprechung des BGH "jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen". Anderenfalls haftet er als Störer auf Unterlassung, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2010 -1 ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens - GRUR 2010, 633 Rz 22 ff).

Im vorgenannten Fall hatte es der dortige Beklagte „nach dem Anschluss des WLAN-Routers bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen belassen und für den Zugang zum Router kein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort vergeben" (vgl. BGH. aaO, Rz 34).

Der BGH hat dazu ausgeführt:

„[22] bb) Auch Privatpersonen, die einen WLAN-Anschluss in Betrieb nehmen, ist es zuzumuten zu prüfen, ob dieser Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend dagegen geschützt ist, von außenstehenden Dritten für die Begehung von Rechtsverletzungen missbraucht zu werden. Die Zumutbarkeit folgt schon daraus, dass es regelmäßig im wohlverstandenen eigenen Interesse des Anschlussinhabers liegt, seine Daten vor unberechtigtem Eingriff von außen zu schützen. Zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen durch unberechtigte Dritte ergriffene Sicherungsmaßnahmen am WLAN-Zugang dienen zugleich diesem Eigeninteresse des Anschlussinhabers. Die Prüfpflicht ist mit der Folge der Störerhaftung verletzt, wenn die gebotenen Sicherungsmaßnahmen unterbleiben.

[23] cc) (...) Die Prüfungspflicht im Hinblick auf die unbefugte Nutzung eines WLAN-Routers konkretisiert sich vielmehr dahin, dass jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen sind (...).

[24] dd) Die dem privaten WLAN-Anschlussinhaber obliegende Prüfungspflicht besteht nicht erst, nachdem es durch die unbefugte Nutzung seines Anschlusses zu einer ersten Rechtsverletzung Dritter gekommen und diese ihm bekannt geworden ist. Sie besteht vielmehr bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses. (...)"

(3)    Schließlich hat der BGH in der Entscheidung „BearShare" eine Belehrungspflicht des Anschlussinhabers bei Überlassung seines Internetanschlusses an ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner, die nicht Familienangehörige sind, nicht abgelehnt, sondern diese Frage ausdrücklich offen gelassen (vgl. Urt. v. 8.1.2014 - I ZR 169/12 - BearShare - GRUR 2014, 657. Rz. 28).

(4)    Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht der Kammer vor der Überlassung des Internetanschlusses an einen volljährigen Dritten, der nicht als „Familienangehöriger" anzusehen ist, eine Belehrung durch den Anschlussinhaber dahingehend geboten und zumutbar, dass eine Nutzung von sogenannten Internet-Tauschbörsen zum illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials wie insbesondere Filmen, Musik oder Computerspielen zu unterbleiben hat.

Eine solche Beiehrungspflicht stellt keine unzumutbare Belastung des Anschlussinhabers dar. Sie entspricht der nach Ansicht des BGH gebotenen Belehrung des minderjährigen Kindes und übersteigt ebenfalls nicht die Belastung, die einem Betreiber eines WL-AN-Anschlusses durch die vom BGH auferlegte Pflicht zur Einstellung eines sicheren Passworts für den Zugang zum Router entsteht.

Eine Nutzung eines überlassenen Internetanschlusses zu rechtswidrigem Filesharing ist auch keine ganz fernliegende Nutzung, an die der Anschiussinhaber nicht zu denken brauchte. Vielmehr ist zumindest die abstrakte Kenntnis der Tauschbörsenproblematik unter Internetnutzern weit verbreitet. Anderenfalls wäre auch nicht ersichtlich, warum Eltern ihr normal entwickeltes 13-jähriges Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren sollten und warum Inhaber eines WLAN-Anschiusses die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen haben sollten.

Schließlich ist die hier angenommene Belehrungspflicht auch zum Schutz des Urheberrechts (Art. 14 GG) geboten. Bei der Auslegung des einfachen Rechts sind auch betroffene Grundrechte zu beachten, hier das Eigentumsrecht der Urheber.

(5)    Die Nichte der Beklagten und deren Lebensgefährte sind auch nicht als „Familienangehörige" der Beklagten anzusehen, in Bezug auf die nach der Rechtsprechung des BGH eine Belehrungspflicht nicht bestünde.

(a) In Bezug auf Belehrungspflichten gegenüber volljährigen Familienangehörigen, denen ein Internetanschluss zur (Mit-)Nutzung überlassen wird, hat der BGH im Urteil vom 8.1.2014 - I ZR 169/12 - BearShare (GRUR 2014, 657) unter den Randziffern 27 und 28 Folgendes ausgeführt:

„[27] (3) Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umstanden des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (hierzu Rn. 22). Danach ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und zum anderen Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind.

Im Blick auf das - auch grundrechtlich geschützte (Art. 6 Abs. 1 GG) - besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber - etwa auf Grund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

[28] Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Überlassung des Internetanschlusses durch einen Ehepartner an den anderen Ehepartner (...). Sie gelten vielmehr auch für die - hier in Rede stehende - Überlassung des Internetanschlusses durch Eltern oder Stiefeltern an ihre volljährigen Kinder oder Stiefkinder (...). Ob und inwieweit diese Grundsätze bei einer Überlassung des Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber an andere ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, kann hier offenbleiben (...)."

Nach diesen Ausführungen reichen allein die Volljährigkeit des Nutzers und eine daraus folgende Eigenverantwortlichkeit zum Wegfall einer Belehrungspflicht nicht aus.

Denn dann hätte der BGH ohne weiteres unter Hinweis auf die Eigenverantwortlichkeit Volljähriger feststellen können, dass auch dem Anschlussinhaber „nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner" grundsätzlich nicht vor einer Überlassung des Internetanschlusses zu belehren sind. Das hat der BGH jedoch ausdrücklich offen gelassen (vgl. aaO Rz 28 a.E).

Vielmehr stellt der BGH maßgeblich auf „Familienangehörigkeit", „familiäre Verbundenheit" und „das - auch grundrechtlich geschützte (Art. 6 Abs. 1 GG) - besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen" ab. Positiv entschieden hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung nur, dass keine Belehrungspflicht besteht zwischen Ehepartnern sowie zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern bzw. zwischen Stiefeltern und ihren volljährigen Stiefkindern (vgl. oben Rz 28).

Hierunter fallen die Nichte und deren Lebensgefährte im Verhältnis zur Beklagten nicht.

(b) Nach Ansicht der Kammer fallen die Nichte der Beklagten und deren Lebensgefährte auch nicht unter den weiteren Begriff „Familienangehörige." Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es sich bei der „Nichte" um die Tochter ihrer Schwester handele. Diese ist nicht als „Familienangehörige" im Sinne des Art. 6 I GG anzusehen, so dass sie nicht in das vom BGH erwähnte „- auch grundrechtlich geschützte (Art. 6 Abs. 1 GG) - besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen" einbezogen ist.

Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 6 GG ist Familie die umfassende Gemeinschaft von Eltern und ihren Kindern (vgl. Beck'scher Online-Kommentar GG, Hrsg:  Epping/Hillgruber, Stand: 01.12.2014, Autor: Uhie, Art. 6 GG Rn. 14 m.w.N.).

Die Nichte der Beklagten ist gerade nicht deren Tochter, so dass das Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrer Nichte nicht unter den Familienbegriff des Art. 6 GG fällt. Die Nichte lebt in Australien und war nur für wenige Tage bei der Beklagten zu Besuch. Es kann auch nicht darauf ankommen, ob zwischen ihr und der Beklagten ein Vertrauensverhältnis wie zwischen Eltern und ihren Kindern besteht. Denn ein solches Kriterium ließe sich mit den Mitteln des Zivilprozesses kaum aufklären und würde zu unerträglicher Rechtsunsicherheit führen.

d)    Da die Beklagte somit als Störerin für die Rechtsverletzung haftet, war die in der Abmahnung der Klägerin vom 18.3.2013 (Anlage K8) enthaltene Aufforderung zur Unterlassung ihr gegenüber berechtigt. Die Klägerin kann daher insoweit Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Die erforderlichen Aufwendungen belaufen sich auf den geltend gemachten Betrag.

aa) Der von der Klägerin angenommene Streitwert von 15.000 Eur wird ihrem Unterlassungsinteresse gegenüber der Beklagten gerecht und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass diese nicht als Täterin, sondern (nur) als Störerin handelte. Unter Ansatz einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zzgl. der Pauschale von 20 EUR ergibt sich der geltend gemachte Betrag von 755,80 EUR. Ein Fall des § 97a II UrhG a.F. liegt nicht vor.

Danach beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 EUR. Vorliegend handelt es sich jedoch weder rechtlich noch tatsächlich um einen einfach gelagerten Fall. Das sehen auch die Parteien so, sonst hätten sie nicht die Zulassung der Revision beantragt. Auch handelt es sich bei der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films mittels Filesharings nicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung.

bb) Soweit die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin die geltend gemachten Kosten überhaupt an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt hat, kann das dahin stehen. Der in diesem Fall nur bestehende Freihaltungsanspruch der Klägerin hätte sich gem. § 250 BGB in entsprechender Anwendung in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Ob die Beklagte bestreiten will, dass im Innenverhältnis zwischen Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten überhaupt eine Vergütung nach dem RVG nach einem Streitwert von 15.000 EUR vereinbart wurde, ist nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen.

e)    Die zuerkannte Forderung ist gem. §§ 288 I 1, 291 BGB seit Rechtshängigkeit zu verzinsen. Der Zinssatz folgt aus § 288 I 2 BGB.
 
2.    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 269 III 2 ZPO. Die Klägerin hat zunächst eine Verurteilung zu einer Zahlung von 1.255,80 Eur begehrt und hat die Klage dann in erster Instanz um 500 Eur auf den Betrag von 755,80 Eur zurückgenommen (Bl. 81 d.A.).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.    Die Revision ist zuzulassen, da die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 II Nr. 2 ZPO. Die Frage einer Belehrungspflicht des Inhabers eines Internetanschlusses gegenüber volljährigen Dritten bei Überlassung des Internetanschlusses an diese ist höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärt. Diese Frage hat in der instanzgerichtlichen Praxis jedoch große Relevanz und wird dort von den Gerichten unterschiedlich beantwortet.