Kennzeichenschutz für Unternehmensbezeichnung "KI"

Oberlandesgericht Frankfurt_aM

Urteil v. 10.03.2016 - Az.: 6 U 12/15

Leitsatz

Kennzeichenschutz für Unternehmensbezeichnung "KI"

Tenor

Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird die Berufung der Beklagten gegen das am 04.12.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die Internet Domain "ki" unter der Top-Level-Domain" de" freizugeben. Die Widerklage der Beklagten, die Klägerin zu verurteilen, gegenüber der DENIC, ... straße 1-2, Stadt1, in die Übertragung der Domain "ki.de" auf die Beklagte einzuwilligen, hat es abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe ein Namensrecht im Sinne von § 12 BGB an der Abkürzung "ki" ihres Unternehmenskennzeichens zu. Die Buchstabenfolge "ki" verfüge über originäre Unterscheidungskraft und es sei eine unberechtigte Namensanmaßung der Beklagten im Sinne von § 12 BGB Satz 1 Fall 2 BGB zu bejahen. Denn der Beklagte habe die Unternehmensbezeichnung "ki" durch die Registrierung des Domainnamens "ki" namensmäßig gebraucht. Die Benutzung sei unbefugt erfolgt, insbesondere handele es sich bei "ki" nicht um einen Gattungsbegriff, der beschreibend für "künstliche Intelligenz" stehe. Demzufolge sei die Widerklage unbegründet.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie weist insbesondere daraufhin, dass "KI" seit längerem fach- und medienübergreifend im Sinne von "künstliche Intelligenz" Verwendung gefunden habe und belegt dies mit einer Vielzahl von Internet-Beiträgen, die sie auf Seiten 4 bis 41 ihrer Berufungsbegründung aufzählt. Das Landgericht hätte mit Hilfe des als Beweis angebotenen Sachverständigengutachtens klären müssen, inwieweit "ki" sich als Hinweis auf künstliche Intelligenz oder eine andere beschreibende Bedeutung im Verkehr durchgesetzt habe. Im Übrigen sei zwischen den Parteien unstreitig, dass Teile des Verkehrs "ki" zwar möglicherweise nicht als Hinweis auf "künstliche Intelligenz" verstünden, jedoch als Hinweis auf andere beschreibende Begriffe, wie Kiefer, Kimme, Kreisinspektor oder Kilo. Auch dies stünde dem Klageantrag entgegen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben beide Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klägerin zu verurteilen, gegenüber der DENIC, ... straße 1-2, Stadt1, in die Übertragung der Domain "ki.de" auf die Beklagte einzuwilligen,

hilfsweise hierzu,

die Klägerin zu verurteilen, gegenüber der DENIC, ... straße 1-2, Stadt1, dahingehend einzuwilligen, dass die Beklagte in die WHOIS-Datenbank als Inhaberin und Admin-c der Domain "ki.de" eingetragen wird,

hilfsweise hierzu,

festzustellen, dass die Beklagte noch immer Vertragspartnerin der DENIC und damit Inhaberin der Domain "ki.de" ist,

hilfsweise hierzu,

festzustellen, dass die Beklagte mit der Registrierung und dem Halten der Domain "ki.de" bis zur außerordentlichen Kündigung durch die DENIC keine Rechte der Klägerin verletzt hat.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Widerklage der Beklagten ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet. Der Beklagten stehen, die mit der Widerklage verfolgten Ansprüchen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Ein Anspruch auf Einwilligung in die Übertragung der Domain "ki.de" folgt insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 BGB, weil die Klägerin dadurch, dass sie das gegen die Beklagte erwirkte Versäumnisurteil, gerichtet auf Freigabe der Domain "ki" an die DENIC weitergeleitet hat, nicht in ein Recht der Beklagten eingegriffen hat. Denn der Klägerin steht ein Namensrecht im Sinne von § 12 BGB an der Abkürzung "ki" ihres Unternehmenskennzeichens zu.

§ 12 BGB wird im vorliegenden Fall nicht durch den Anwendungsbereich von §§ 5, 15 Markengesetz verdrängt, da es sich bei der Domain "ki" nicht um einen im geschäftlichen Verkehr benutzten Domain-Namen handelt. Unter der Domain sind keine Inhalte hinterlegt.

Der Klägerin steht ein Namensrecht an "ki" zu. Sie hat schlüssig dargelegt, dass sie die Abkürzung "ki" zur Bezeichnung ihres Unternehmens und nicht etwa nur als Werktitel benutzt. Insoweit kann auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen werden.

Die Abkürzung "ki" verfügt über originäre Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2014, 506 - sr.de; GRUR 2005, 430 - mho.de; BGHZ 145, 279, 281 f. - DB-Immobilienfonds). Die Beklagte hat durch die Registrierung der Domain "ki.de" die Buchstabenfolge "ki" namensmäßig gebraucht. Hierin liegt eine unberechtigte Namensanmaßung, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain über keinerlei inländische Rechte an "ki" verfügte.

Dem namensmäßigen Gebrauch stünde es allerdings entgegen, wenn der Verkehr in dem Domainnamen ausschließlich eine Beschreibung des Inhalts der damit bezeichnenden Webseite sähe (BGH 2014, 506 - SR.de, Tz. 17 bei juris). Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, "ki" stehe für künstliche Intelligenz. Dies vermag insbesondere nicht die lange Liste von Internet-Stellen zu belegen, die die Abkürzung "ki" als Synonym für "künstliche Intelligenz" gebrauchen. Denn dies reicht nicht aus, um einen namensmäßigen Gebrauch zu verneinen. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist davon auszugehen, dass in der Registrierung eines Namens als Domain immer ein namensmäßiger Gebrauch liegt und nur ausnahmsweise eine andere Beurteilung gerechtfertigt ist, wenn der Verkehr in dem Domainnamen ausschließlich eine Beschreibung des Inhalts der damit bezeichneten Webseite sieht, d.h. der Domainname "sogleich als Gattungsbegriff verstanden" wird (BGH aaO Rz. 21). Dies vermochte die Beklagte nicht darzulegen. Allein die Verwendung der Abkürzung "ki" in zahlreichen Internet-Artikeln rechtfertigt nicht die Annahme, "ki" werde vom Verkehr ausschließlich als Beschreibung für "künstliche Intelligenz" verstanden. Dagegen sprechen nicht zuletzt die von der Beklagten selbst aufgezählten weiteren möglichen Bedeutungen der Abkürzung "ki" für andere beschreibende Begriffe, wie Kiefer, Kilo oder Kreisinspektor. Die daraus folgende Mehrdeutigkeit der Abkürzung "ki" schließt die Möglichkeit ein, dass "ki" auch eine nicht-beschreibende Bedeutung haben kann.

Durch die Registrierung ist auch eine Zuordnungsverwirrung eingetreten. Eine solche liegt im Regelfall bereits dann vor, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse verwendet (BGH aaO, Tz. 21). Diese Zuordnungsverwirrung wird durch das Öffnen der Webseite (auf der im vorliegenden Fall keine Inhalte hinterlegt sind) nicht nachträglich relativiert (BGH aaO, Tz. 25).

Schließlich geht auch die hier vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus, da die Beklagte kein schützenswertes Interesse an der Domain hat.

Demzufolge können auch die mit der Widerklage geltend gemachten Hilfsanträge keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 a ZPO.

Soweit die Parteien den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Freigabe der Domain in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren der Beklagten ebenfalls die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die Klage ursprünglich zulässig und begründet war. Das erledigende Ereignis, die Löschung der Domain, erfolgte jedenfalls nicht vor dem 27.03.2013; mit Schreiben diesen Datums kündigte die DENIC der Beklagten der mit ihr geschlossenen Domainvertrag fristlos und kündigte an, die Domain zu löschen. Zu diesem Zeitpunkt galt das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 27.11.2012, das am 03.12.2012 zum Zwecke der öffentlichen Zustellung an die Gerichtstafel angeheftet war, bereits als zugestellt, nämlich gemäß § 188 ZPO ein Monat nach Aushang, mithin am 3. Januar 2013. Es kann daher dahinstehen, ob die Klage ordnungsgemäß zugestellt worden war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.