Italienische Homepage und anwendbares Recht

Oberlandesgericht Frankfurt_aM

Beschluss v. 30.01.2020 - Az.: 6 W 9/20

Leitsatz

Italienische Homepage und anwendbares Recht

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Streitwert wird in Abweichung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 125.000 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Parteien streiten im Eilverfahren um einen wettbewerblichen Unterlassungsanspruch.

Die Parteien schlossen am 28.06.2016 (Anlage ASt 7) einen Franchise-Vertrag hinsichtlich des sog. „MBST“-Therapiesystems für das Gebiet Italien. Mit Kündigungsschreiben vom 02.11.2018 erklärte die Antragstellerin die fristlose Kündigung, hilfsweise die Kündigung zum 31.01.2019.

Die Antragsgegnerin betreibt die Webseite „x.it“, auf der sowohl in englischer als auch in italienischer Sprache unter der Bezeichnung „Y“ u.a. unter Benutzung verschiedener Lichtbilder der Antragstellerin, bei der die Markenbezeichnungen entfernt wurden, eine Magnetresonanztherapie beworben wird, die technisch der der Antragstellerin gleicht, ohne dass die Antragstellerin jedoch erwähnt wird.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin die Beschreibung der Therapie und die Verwendung der Fotos ohne konkreten Hinweis auf die Antragstellerin untersagt werden sollte, mit Beschluss vom 27.12.2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sei vor Eingang des Eilantrages abgelaufen. Lauterkeitsrechtliche Ansprüche scheiterten daran, dass nach Art. 6 I Rom II-VO italienisches Recht anwendbar sei.

Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Ein Verstoß gegen italienische Wettbewerbsvorschriften sei nicht hirneichend glaubhaft gemacht.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Verfügungsantrag zu Recht zurückgewiesen, da die Antragstellerin weder auf vertraglicher Grundlage noch auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage den begehrten Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin geltend machen kann.

1.) Den Streitgegenstand des Verfahrens hat die Antragstellerin mit ihrem Schriftsatz vom 25.11.2019 dahingehend dargestellt, dass die angegriffene Werbung der Antragsgegnerin untersagt werden soll, soweit diese nicht mit einem Zusatz versehen ist, dass die Antragstellerin die beworbene Technologie erfunden habe. Damit hat sie den zuvor deutlich weiter gefassten Antrag eingeschränkt; dass mit der Beschwerde wiederum der ursprüngliche Antrag gestellt wurde, sieht der Senat als Irrtum und nicht als erneute Erweiterung des Streitgegenstandes an, die sowieso an der fehlenden Dringlichkeit scheitern würde.

Richtet sich die Klage - wie hier - gegen die sog. konkrete Verletzungsform, also das konkret umschriebene (beanstandete) Verhalten, so ist darin der Lebenssachverhalt zu sehen, der den Streitgegenstand bestimmt. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall alle Rechtsverletzungen, die durch die konkrete Verletzungsform verwirklicht wurden (BGH GRUR 2013, 401 - Biomineralwasser; BGH GRUR 2018, 203 Rnr. 18 - Betriebspsychologe). Im Hinblick auf die Dispositionsmaxime darf das Gericht ein Verbot indes nur auf solche Beanstandungen stützen, die der Kläger vorgetragen hat (Senat WRP 2014, 1482). Dies bedeutet, dass der durch Lebenssachverhalt und Antrag beschränkte Streitgegenstand vom Senat hier nur unter den von der Antragstellerin vorgebrachten Gesichtspunkten des Verstoßes gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, des Verstoßes gegen § 4 Nr. 4 UWG sowie des Verstoßes gegen § 3 Nr. 3 i.V.m. § Nr. 13 des Anhangs zum UWG geprüft werden kann.

2.) Der der einstweiligen Verfügung zugrundeliegende Antrag ist zulässig.

Die internationale Zuständigkeit beruht auf Art. 4 I EuGVVO, da die Antragsgegnerin ihren Sitz in Deutschland hat.

Der Zulässigkeit steht auch nicht die im Franchisevertrag zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsvereinbarung entgegen. Nach § 1025 II ZPO i.V. mit § 1033 schließt eine Schiedsvereinbarung die Wahrnehmung vorläufigen Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte im Eilverfahren nicht aus. Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin die Schiedseinrede im vorliegenden Verfahren schon überhaupt nicht erhoben.

3.) Im Hinblick auf die beantragte Unterlassung für Deutschland besteht schon keine Wiederholungsgefahr, da eine Bewerbung der Produkte der Antragsgegnerin in Deutschland schon nicht erfolgt ist, sondern sich die Internetseite nur an den italienischen Verkehr richtete, wie noch auszuführen sein wird.

4.) Zu Recht hat das Landgericht den auf Ziff. 14.3. des Franchisevertrages gestützten vertraglichen Unterlassungsanspruch zurückgewiesen.

a) Dabei kann dahinstehen, ob insoweit die notwendige Dringlichkeit besteht, die für vertragliche Ansprüche nicht nach § 12 II UWG vermutet wird.

b) Auf den Vertrag und seine Auslegung ist nach Ziff. 22.1 deutsches Recht anzuwenden. Die Parteien haben eine nach Art. 3 I Rom I-VO zulässige Rechtswahl getroffen.

c) Der Senat hat schon erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit des vereinbarten Wettbewerbsverbotes mit § 1 GWB.

In jüngerer Zeit hat die Rechtsprechung herkömmliche Wettbewerbsverbote, die dem Vertragspartner generell jede Konkurrenztätigkeit während eines bestimmten Zeitraums untersagen, als über das erforderliche Maß hinausgehend - und somit als kartellrechtswidrig - angesehen (BGH GRUR 2009, 698 - Subunternehmervertrag II). Hingegen wurden eingeschränkte Wettbewerbsverbote, die dem Vertragspartner im Rahmen wettbewerblicher Tätigkeiten lediglich die Verwendung von Unternehmens-Know-How der anderen Vertragspartei untersagen („Know-How-Schutzklausel“), im Einzelfall als erforderlich für die Erfüllung des vertraglichen Hauptzwecks erachtet. Die totale Wettbewerbsverbotsklausel für ein Jahr nach Ziff. 14.2/14.3 des Vertrages begegnet daher starken kartellrechtlichen Bedenken. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen.

d) Jedenfalls geht nämlich auch der Senat davon aus, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bereits abgelaufen ist.

(1) Die fristlose Kündigung vom 02.11.2018 - auf die die Antragstellerin ihren Antrag vorrangig stützt - ist der Antragsgegnerin am 10.11.2028 zugegangen. Da nach Ziff. 14.2 und 14.3 ein vertragliches Wettbewerbsverbot nur für ein Jahr gilt, ist dieses bereits abgelaufen. Soweit die Berufung hiergegen erinnert, der Vertrag sei dahingehend auszulegen, dass auch bei einer außerordentlichen Kündigung eine dreimonatige Kündigungsfrist laufe, dringt sie hiermit nicht durch. Der Vertrag unterscheidet in § 17.1 Absatz 1 klar zwischen einer Kündigung „aus wichtigem“ Grund mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten. In Absatz 2 findet sich eine Regelung für eine fristlose Kündigung bei Vorliegen spezieller Kündigungsgründe (Nichteinhaltung der Sicherheitsbestimmungen). Ist also schon der Wortlaut kaum der Auslegung fähig („fristlose“ Kündigung vs. „Kündigungsfrist von 3 Monaten“), so ergibt sich erst recht aus der Vertragssystematik ein klar gestaffeltes Kündigungsregime.

(2) Die fristlose Kündigung war auch wirksam. Die Antragsgegnerin hat zugestanden, die Nachweise über die sicherheitstechnischen Kontrollen der gelieferten Geräte nicht an die Antragstellerin übersandt zu haben. Dies stellt einen zulässigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Nach Ziff. 17. 1 ist eine fristlose Kündigung (nur) dann zulässig, wenn ein Schaden aufgrund der Nichteinhaltung von Sicherheitsbestimmungen, die in der Bedienungsanleitung eines Gerätes der Produktlinien des Masterfranchise-Gebers beschrieben sind, droht. Dass hierzu auch die sicherheitstechnischen Kontrollen gehören, ist unbestritten geblieben.

Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, die Kündigung sei formunwirksam, da sie nicht unverzüglich im Sinne von § 314 BGB erfolgt sei, dringt sie hiermit nicht durch. Nach Ziff. 17.2 haben die Vertragspartner vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung zunächst eine Schlichtung nach Kap. 21 zu versuchen. Diese erfolgt nach Kap. 21 wiederum zunächst durch Hinwirken auf eine einvernehmliche Beilegung, was hier erfolgt ist: Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin in mehreren Schreiben seit Sommer an die Übersendung der Protokolle erinnert; die Durchführung dieser „Schlichtung“ kann nicht dazu führen, dass die Kündigung im November dann nicht mehr „unverzüglich“ war.

Soweit Ziff. 21.2.2. vorsieht, dass bei Fehlen einer Einigung sodann ein Schiedsverfahren nach Ziff. 21.3 durchgeführt werden muss (das hier nicht durchgeführt worden ist), steht auch dies einer Formwirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Der Vertrag kann nicht dahingehen ausgelegt werden, dass vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung ein Schiedsverfahren nach Ziff. 21.3 ff. durchgeführt werden muss. Ziff. 17.2. des Vertrages verweist nur auf die „Schlichtung“ nach Kap. 21, nicht hingegen auf das Schiedsverfahren nach Kap. 21.; es erscheint auch nicht sinnvoll, vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung ein Schiedsverfahren durchzuführen.

(3) Soweit die Antragstellerin vorgerichtlich hilfsweise ordentlich mit Frist zum 31.01.2019 gekündigt hat, führt diese Kündigung ins Leere, da die primär ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam war.

5.) Im Hinblick auf die hilfsweise geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüche hat das Landgericht zu Recht die Anwendung deutschen Rechts verneint; hinsichtlich des italienischen Rechts vermag der Senat im Eilverfahren keine hinreichend sicheren Feststellungen zu treffen.

a) Es kann dahinstehen, ob die Rechtswahlklausel in Kap. 22 des Vertrages dahingehend auszulegen wäre, dass sie auch außervertragliche Schuldverhältnisse umfasst, die im Zusammenhang mit dem Vertrag stehen, da eine solche Rechtswahl nach Art. 6 IV Rom II - VO unwirksam wäre.

Die Parteien haben durch ihren Vortrag im Verfahren auch keine konkludente nachträgliche Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO getroffen. Argumentieren Parteien vor einem inländischen Gericht ohne weitere Diskussion mit der lex fori, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Parteien über ein kollisionsrechtliches Gestaltungs- oder Erklärungsbewusstsein verfügen. Aus der Argumentation mit der lex fori kann deshalb nur dann auf das Vorliegen einer Rechtswahl geschlossen werden, wenn feststeht, dass sich die Parteien über die Möglichkeit einer Rechtswahl im Klaren waren (BeckOGK/Rühl, 1.12.2017, Rom II-VO Art. 14 Rnr. 100-103). Dass hier beiden Parteien die Möglichkeit der Anwendung ausländischen Rechts und damit die Möglichkeit der Wahl bewusst war, ergibt sich aus dem Parteivortrag. Während die Antragstellerin ausdrücklich die Anwendung deutschen Rechts verlangt, argumentiert die Antragsgegnerin zwar an vielen Stellen mit dem deutschen UWG. Jedoch hat sie auch ausgeführt, dass nach ihrer Ansicht das UWG und das HWG wegen eines Marktbezuges nach Italien nicht anwendbar seien. Der Senat kann daher eine konkludente Rechtswahl nicht hinreichend sicher feststellen.

b) Das anwendbare Recht bei lauterkeitsrechtlichem Verhalten bestimmt sich grundsätzlich nach Art. 6 I Rom II-VO. Danach ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind. Im Hinblick auf den marktschützenden Charakter der Kollisionsregel beschränkt sich die spezielle Anknüpfung in Art. 6 I auf marktbezogene Verstöße, d.h. Verstöße, die nicht ausschließlich die Interessen eines bestimmten Mitbewerbers berühren.

Beeinträchtigt ein unlauteres Verhalten hingegen ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, gilt nach Art. 6 II die allgemeine deliktskollisionsrechtliche Regelung des Art. 4, die an den Ort des Schadenseintritts anknüpft. Unlauteres Wettbewerbsverhalten, das ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers beeinträchtigt, ist nicht denkbar, denn auch bilaterale Wettbewerbshandlungen wirken sich im Ergebnis auf den Markt und damit das Allgemeininteresse aus. Daher ist die Einschränkung des Art. 6 II nicht wortlautgetreu zu verstehen: Sie erfasst nur gezielt gegen einzelne Mitbewerber gerichtete Verstöße (BeckOGK/Poelzig/Windorfer, 1.12.2018, Rom II-VO Art. 6 Rn. 94-96). Diesen von Art. 6 Abs. 2 erfassten unternehmensbezogenen Eingriffen fehlt die unmittelbar marktvermittelte Einwirkung auf die geschäftlichen Entscheidungen der Marktgegenseite, die eine Sonderanknüpfung ausschließt.

Ist allerdings ein unternehmensbezogener Eingriff mit marktvermittelten Einwirkungen auf die geschäftlichen Entscheidungen der ausländischen Marktgegenseite verbunden, so bleibt Art. 6 I Rom II-VO anwendbar (BGH GRUR 2010, 847 Rn. 19 - Ausschreibung in Bulgarien; BGH WRP 2014, 548 Rnr. 37, 38 - englischsprachige Pressemitteilung; BGH WRP 2017, 434 Rnr. 43 - World of Warcraft II; BGH WRP 2018, 1081 Rnr. 23 - goFit; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., Einleitung, Rnr. 5.31 ff). Dazu gehört u.a. auch die Behinderung eines Mitbewerbers bei seinen Kunden oder das Angebot von Produktnachahmungen unter Täuschung über die betriebliche Herkunft (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., Einleitung, Rnr. 5.32). In diesen Fällen wird auf die Verbraucher unlauter eingewirkt, insbesondere deren Fähigkeit zu einer informierten Entscheidung oder deren Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wird.

c) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Landgericht zu Recht von der Anwendbarkeit italienischen Rechts ausgegangen.

(1) Mit dem Landgericht geht der Senat zunächst davon aus, dass Marktort im Sinne von Art. 6 I Rom II - VO Italien ist.

Die Webseite www.x.it richtet sich ganz offensichtlich an den italienischen Markt. Dies wird nicht nur durch die First-Level-Domain „.it“ (Italien) deutlich, sondern auch durch die Tatsache, dass der die Domain bildende Begriff „x“ der italienischen Sprache entstammt und übersetzt „Schau in mich“ bedeutet. Hinzu kommt der in italienischer Sprache gehaltene Inhalt. Der gemeinsame Inlandssitz der beteiligten Wettbewerber steht dem nicht entgegen, da ihm für den Marktort keine Bedeutung zukommt. Auch die englische Sprachauswahlmöglichkeit auf der Homepage reicht nicht aus, um zu begründen, dass sich die Seite auch an den deutschen Verkehr richtet.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde rügt, das Landgericht sei auf den Bezug zum deutschen Markt aufgrund eines Partnerunternehmens der Antragsgegnerin in Deutschland nicht eingegangen, konzediert die Antragstellerin selbst, dass dieses gar nicht namentlich genannt wird. Dass auf der Homepage der Antragsgegnerin die Antragsgegnerin mit ihrem deutschen Sitz ausgewiesen ist, kann alleine einen Bezug zum deutschen Markt nicht begründen.

(2) Das Landgericht ist auch weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausnahme des Art. 6 II, 4 Rom II-VO nicht greift, da nicht ausschließlich die Interessen der Antragstellerin betroffen sind.

Zwar stützt die Antragstellerin sich auf eine unlautere Behinderung durch die Antragsgegnerin nach § 4 Nr. 4 UWG. Im Sinne der dargestellten Kriterien hat das Verhalten jedoch auch eine marktvermittelte Einwirkung auf die geschäftliche Entscheidung der Verbraucher zur Folge. Die Antragstellerin trägt vor, die Antragsgegnerin bewerbe die MBST-Technologie der Antragstellerin, ohne diese dabei zu erwähnen. Zudem greife sie durch Ignorieren des Wettbewerbsverbotes nachhaltig in den Wettbewerb des italienischen Marktes ein und behindere den Marktzutritt der Antragstellerin in Italien. Zudem stelle der Vertrieb von „Nachahmungen“ der Produkte der Antragstellerin ein unlauteres Verhalten nach § 4 Nr. 4 UWG dar, der unmittelbar bevorstehe, da die Antragsgegnerin ein Unternehmen in Wettbewerb zur Antragstellerin eröffnet habe. Damit erschöpft sich die Auswirkung des Verhaltens der Antragsgegnerin nicht in einer unmittelbaren Auswirkung auf die Antragstellerin; vielmehr hat dies marktvermittelt auch eine Täuschung des Verkehrs zur Folge. Nach der Argumentation der Antragstellerin liegt das wesentliche unlauterkeitsbegründende Element darin, dass die Beklagte die MBST-Technologie bewirbt, ohne den Namen der Antragstellerin zu nennen; zudem wirbt die Beklagte mit Geräten der Antragstellerin, obwohl sie deren Marken entfernt hat. Damit wird der Verkehr nach Ansicht der Antragstellerin in zweierlei Hinsicht getäuscht. Zum einen im Hinblick auf die Innovationsfähigkeit der Antragstellerin, zum anderen im Hinblick auf Herkunft der Geräte. Damit liegt ein marktvermittelter Einfluss auf die Entscheidung der Antragsgegnerin vor, so dass es bei der Anwendbarkeit von Art. 6 I Rom II – VO bleibt.

Schließlich ändert auch die „mögliche Nachahmung“ der Geräte nichts daran, dass Art. 6 II Rom II-VO nicht einschlägig ist. Dies würde in die Kategorie des ergänzenden Leistungsschutzes fallen, der ebenfalls nicht unter Art. 6 II Rom II-VO fällt (BeckOGK/Poelzig/Windorfer, 1.12.2018, Rom II-VO Art. 6 Rnr. 97).

d) Der Senat sieht sich nicht in der Lage, auf den vorliegenden Fall italienisches Wettbewerbsrecht anzuwenden. Die Antragstellerin hat zwar in der Beschwerde § 2598 und 2599 des italienischen Zivilgesetzbuches vorgelegt, ohne jedoch zu Systematik und Auslegung vorzutragen. Einziger Ansatzpunkt ist die Generalklausel in § 2598 III des italienischen Zivilgesetzbuches, die aufgrund ihrer Unbestimmtheit und Weite ohne Kenntnis der hierzu ergangenen Rechtsprechung für den Senat keine Grundlage für eine Entscheidung sein kann. Hinzu kommt, dass es sich bei § 4 Nr. 4 UWG um nicht harmonisiertes Recht handelt, so dass nicht gewährleistet ist, dass eine entsprechende Rechtsanwendung - und sei es nur den Grundzügen nach - auch in Italien erfolgt. Über weitergehende

Erkenntnisquellen verfügt der Senat nicht.

Der Senat wäre daher gehalten, insoweit im Rahmen von § 293 ZPO Beweis zu erheben. Für das Eilverfahren ist eine solche Beweiserhebung jedoch grundsätzlich ungeeignet, da die damit einhergehende Verzögerung mit dem Charakter des Eilverfahrens unvereinbar ist (Sommerlad, NJW 1991, 1377)

e) Die Frage, wie einer derartigen Sondersituation im Eilverfahren umzugehen ist, ist umstritten.

(1) Teilweise wird die Ansicht vertreten, in allen Fällen, in denen das ausländische Recht nicht sofort ermittelt werden kann, auf dem Weg der lex fori generell auf das deutsche Recht zurückzugreifen (MüKoBGB/Sonnenberger Einl. zum IPR Rnr. 449; MüKoUWG-Mankowski, Teil II.5, Rnr. 131; BeckOK-Bacher, ZPO, 35. Edition, § 293, Rnr. 24). Diese Lösung ist problematisch, weil sie die kollisionsrechtlichen Regelungen ohne rechtliche Grundlage außer Kraft setzt und somit zur Anwendung eines eigentlich nicht anwendbaren Rechts führt. Zudem hat der Gesetzgeber - in Kenntnis entsprechender gesetzlicher Regelungen in der Schweiz und Österreich von der Einführung einer vergleichbaren Regelung in Deutschland abgesehen. De lege ferenda ist nicht zu bezweifeln, dass eine Norm, wie sie das österreichische und das schweizerische Recht kennen, eine praktikable Lösung wäre. Sie bedürfte freilich auch im deutschen Recht einer eindeutigen Normierung, an der es fehlt (MüKo-Prütting, ZPO, 5. Aufl., § 293, Rnr. 66).

(2) Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass in derartigen Fällen die Antragstellerin als „beweisfällig“ anzusehen ist (Nagel/Gottwald, S. 376; Schütze, S. 186; Geimer, Rnr. 2593), was der Senat indes ablehnt. Für den Inhalt ausländischen Rechts gibt es keine Beweislast im eigentlichen Sinn (Zöller-Geimer, § 293 Rnr. 16; Küppers, NJW 1976, 489; Sommerlad, NJW 1991, 1377). Diejenige Partei, die sich auf das Bestehen eines ausländischen Rechtssatzes beruft, muss die Existenz und den Inhalt eines bestimmten ausländischen Rechtssatzes im Bestreitensfall nicht beweisen und trägt daher grundsätzlich auch nicht das Risiko, im Falle der Nichtbeweisbarkeit mit dem Anspruch abgewiesen zu werden. Vielmehr sollte die Rechtspflicht des Gerichts, das ausländische Recht zu ermitteln, durch ein Misslingen der von der Partei angebotenen Nachweise unberührt bleiben.

(3) Eine dritte Auffassung (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, § 293, Rnr. 57; Schack IPRax 1995, 158, 161; OLG Hamburg, IPrax 1990, 400 ff.), der der Senat folgt, sucht die Lösung des Problems darin, dass die Rechtsprüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Form einer summarischen Schlüssigkeitsprüfung durchgeführt wird, die die wahre materielle Rechtslage weitgehend offenlässt. Da in einem solchen Fall die Richtigkeitsgewähr der Entscheidung erheblich reduziert ist, soll eine Abwägung der Interessen von Antragsteller und Antragsgegner hinzutreten. Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Probleme des Senats bei einer auch nur summarischen Prüfung der Rechtslage sind daher die Interessen von Antragstellerin und Antragsgegnerin hier abzuwägen. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin die Antragsgegnerin selbst im Hinblick auf die weitere Nutzung des Zeichens „MBST“ abgemahnt hatte. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin die MBST-Therapie weiter unter Nennung der Marke und Therapieform der Antragstellerin unter mbst.terapia.it bewirbt, obwohl sie hierzu nach Ende des Vertrages nicht mehr verpflichtet wäre; dies relativiert den Vorwurf der Behinderung des Markteintritts in Italien für die Antragstellerin. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kern des Angriffs der Antragstellerin dagegen richtet, dass die Antragsgegnerin die Technik der Magnetresonanztherapie bewerben, ohne darauf aufmerksam zu machen, dass die Antragstellerin die Technologie „erfunden habe“.

6.) Soweit im Vortrag der Antragstellerin vereinzelt die teilweise Übernahme der Texte der Antragstellerin oder die Gefahr der Anfertigung und des Inverkehrbringens von „Nachbauten“ angesprochen wird, hat die Antragstellerin dies nicht ausdrücklich zum Streitgegenstand des Eilverfahrens gemacht.

7.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

8.) Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Der Senat hat von Amts wegen von der Befugnis des § 63 III Nr. 2 GKG Gebrauch gemacht und auch den Streitwert für die erste Instanz neu festgesetzt.

Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 14.03.2017 - 6 W 24/17, BeckRS 2017, 107391) kommt der Streitwertangabe des Antragstellers zu Beginn des Verfahrens regelmäßig erhebliche indizielle Bedeutung zu, da sie unbeeinflusst vom Verfahrensausgang erfolgt. Eine Abweichung ist hiervon in der Regel nur angezeigt, wenn der Wert erheblich unter- oder übersetzt erscheint. Danach ist hier von der Angabe der Antragstellerin in Höhe von 125.000 € auszugehen, die den gesamten Streitgegenstand - und damit auch die hilfsweise herangezogenen Angriffe - erfasst. Für die vom Landgericht vorgenommene Verdoppelung ist daher kein Raum. Im Übrigen erscheint auch schon der Wert von 125.000 € für einen UWG-Anspruch, mit dem kein Vertriebsverbot geltend gemacht wird, sondern nur eine unlautere, leicht abzuändernde Werbung angegriffen wird, bereits an der oberen Grenze des Vertretbaren.