Handelsvertreter sind Beauftragte iSv. § 8 Abs.2 UWG
Leitsatz
Handelsvertreter sind Beauftragte iSv. § 8 Abs.2 UWG
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige Angaben zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung und zum Baujahr des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der (...) Zeitung, Ausgabe vom 14.10.2017, für die Wohnimmobilie "Saniertes Reihenhaus (...), 114 m² Wohnfläche" zum Kaufpreis von 350.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist (...)
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit 21.04.2018 zu bezahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- Euro und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Sachverhalt
Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche sowie Abmahnkosten geltend.
Der Kläger ist ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Gemäß der Bescheinigung des Bundesamtes für die Justiz vom 18.11.2008 ist er in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 bis K 3 (Anlagenband) Bezug genommen.
Die Beklagte mit Sitz in Frankfurt am Main ist ein bundesweit agierendes Immobilien-Maklerunternehmen. Sie bedient sich dabei einer Reihe von Vertriebspartnern, die in der Regel für die Beklagte als selbstständige freie Handelsvertreter im Sinne von § 84 HGB tätig werden und im Namen und Rechnung für die Beklagte handeln.
In einer Immobilienanzeige in der … Zeitung vom 14.10.2017 wurde für den Verkauf der Wohnimmobilie "Saniertes Reihenhaus (...), 114 m² Wohnfläche" zum Kaufpreis von 350.000,00 EUR wie folgt geworben: (...)
Diese Anzeige wurde nicht von der Beklagten selbst geschaltet sondern von ihrer in (...) ansässigen Vertriebspartnerin. Bei dieser handelt es sich um die für die Beklagte tätige selbstständige Handelsvertreterin im Sinne von § 84 HGB, Frau (...).
Der Kläger erblickte in dieser Anzeige einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten und mahnte diese mit Schreiben vom 10.11.2017 (Anlage K 6, Anlagenband), auf das Bezug genommen wird, ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Zahlung von pauschalen Abmahnkosten in Höhe von 229,34 Euro. Mit Schreiben vom 29.11.2017 (Anlage K 8, Anlagenband), auf das Bezug genommen wird, lehnte die Beklagte u.a. mit der Begründung einer fehlenden Passivlegitimation die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab. Auf ein weiteres Schreiben des Klägers vom 08.12.2017 (Anlage K 9, Anlagenband), auf das Bezug genommen wird, erfolgte keine Reaktion der Beklagten mehr.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung gem. § 8 I, II, III Nr. 3, § 5a II UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher, den Gesamtenergieverbrauch der beworbenen Immobilie betreffender Informationen. Die Beklagte bzw. deren Vertriebspartnerin habe in der gegenständlichen Immobilienanzeige die nach § 16a Abs. 1 EnEV vorgeschriebenen Pflichtangaben über den Energieausweis für die beworbene streitgegenständliche Immobilie nicht vollständig angegeben. Sie mache darin zwar Angaben zum Vorliegen eines Energiebedarfsausweises und zum Endenergiebedarf des Gebäudes. Die Nennung der nach § 16a Abs. 1 Ziffern 3 und 4 EnEV vorgeschriebenen Pflichtangaben zu den im Energieausweis angegebenen wesentlichen Energieträgern für die Heizung und zum Baujahr des Gebäudes habe sie aber unterlassen. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich insbesondere auch aus § 8 II UWG, da die den Wettbewerbsverstoß begehende Handelsvertreterin (...) der Beklagten deren Beauftragte im Sinne von § 8 II UWG sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 07.03.2018 (Bl. 1ff. d.A.) und den Schriftsatz vom 11.06.2018 (Bl. 35ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt, wie erkannt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Wettbewerbsverstoß ihrer Handelsvertreterin X nicht zu einem Unterlassungsanspruch gegen sie selbst gem. § 8 II UWG führe.
Sie ist der Ansicht, dass die selbstständige Handelsvertreterin (...) nicht als ihre Beauftragte im Sinne von § 8 II UWG angesehen werde könne. Dies ergebe sich daraus, dass die Handelsvertreterin (...) keinem Weisungsrecht unterliege und in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Tätigkeit frei und nicht in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingebunden sei. Sie sei insbesondere in der Gestaltung ihrer Anzeigen und vor allem auch in der Preisgestaltung und im Hinblick auf die Höhe der verlangten Provisionen und auch der Preise für die Immobilienobjekte gänzlich frei. Danach komme der Beklagten der für die Annahme einer Beauftragtenstellung im Sinne von § 8 II UWG notwendige bestimmende Einfluss auf die Vertriebstätigkeiten ihrer Handelsvertreterin (...), insbesondere in Bezug auf die geschalteten Anzeigen, nicht zu. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 15.05.2018 (Bl. 26ff. d.A.) und die Schriftsätze vom 20.06.2018 (Bl. 57ff. d.A.) und vom 06.11.2018 (Bl. 72ff. d.A.) Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Klage ist der Beklagten unter dem 20.04.2018 (Bl. 23 d.A.) zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung gem. § 8 I, II, III Nr. 3, § 5a Abs. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher, den Gesamtenergieverbrauch der beworbenen Immobilie betreffender Informationen.
a. Der Kläger ist gem. § 8 III Nr. 3 UWG aktivlegitimiert.
b. Es liegt ein Wettbewerbsverstoß der für die Beklagte tätigen selbstständigen Handelsvertreterin (...) vor. Die von dieser geschaltete streitgegenständliche Immobilienanzeige stellt sich als wettbewerbswidrig dar, was zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht.
Der BGH hat nunmehr explizit in seinen Urteilen vom 05.10.2017 (I ZR 4/17, BeckRS 2017, 141966 und I ZR 232/16, GRUR 2018, 438 - Energieausweis) entschieden, dass die Bestimmung des § 16a EnEV eine dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) darstellt. Ein Immobilienmakler ist zwar nicht Adressat der Informationspflichten des § 16a EnEV. Er ist aber gemäß § 5a Abs. 2 und 4 UWG verpflichtet, in einer Immobilienanzeige den Energieverbrauch des Gebäudes anzugeben, wenn ein Energieausweis vorliegt. Dazu muss die Anzeige die in § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV angeführten Angaben enthalten.
Die Handelsvertreterin (...) warb als Immobilienmaklerin in der streitgegenständlichen Immobilienanzeige in der (...) Zeitung, Ausgabe vom 14.10.2017, für den Verkauf der Wohnimmobilie "Saniertes Reihenhaus (...), 114 m² Wohnfläche" zum Kaufpreis von 350.000,00 EUR mit dem Hinweis "B: 85,6 kWh/m2a, Kl. C".
Ein Energieausweis war danach zum Zeitpunkt der Schaltung dieser Immobilienanzeige unstreitig für die vorstehend genannte Immobilie vorhanden, so dass die Handelsvertreterin (...) verpflichtet war, auch die nach § 16a Abs. 1 Ziffern 3 und 4 EnEV vorgeschriebenen Angaben zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung und zum Baujahr des Gebäudes zu machen, was sie unterlassen hat.
c. Bei der den Wettbewerbsverstoß begehenden Handelsvertreterin (...) handelt es sich um eine Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 8 II UWG. Danach ist die Beklagte passivlegitimiert.
Beauftragter im Sinne vom § 8 II UWG kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein, das in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg seiner Geschäftstätigkeit dem Betriebsinhaber zu Gute kommt und dieser auf das Unternehmen einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss hat. Ob der Betriebsinhaber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, diesen Einfluss auszuüben, spielt dabei keine Rolle.
Die Erfolgshaftung des Betriebsinhabers für Wettbewerbshandlungen Dritter setzt voraus, dass dieser den Risikobereich in einem gewissen Umfang beherrscht und ihm ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das fragliche Verhalten fällt. Erforderlich ist daher, dass sich - anders als bei den üblichen Lieferbeziehungen zwischen dem Großhandel und dem Einzelhandel - die Einflussmöglichkeiten des Betriebsinhabers auf alle das Vertriebssystem des Vertragspartners kennzeichnenden wesentlichen Vorgänge erstrecken und dass auch die von den Kunden zu treffenden Maßnahmen zwangsläufig vom Willen des Betriebsinhabers abhängen (vgl. BGH, GRUR 2011, 543 - Änderung der Voreinstellung III, Rn. 11, 13).
Insoweit hat das OLG Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, MMR 2012, 678, 678) diesbezüglich zusammenfassend ausgeführt:
"Soweit sich ein Unternehmen beim Absatz der von ihm vertriebenen Waren oder Dienstleistungen weiterer Personen oder Unternehmen bedient, hängt die Frage, ob diese Dritte als Beauftragte i.S.v. § 8 Abs. 2 UWG angesehen werden können, nach der Rspr. des BGH (vgl. BGH GRUR 2011, 543 [= MMR 2011, 406 m. Anm. Berger] Rdnr. 13 ff. - Änderung der Voreinstellung III m.w.Nw.) entscheidend davon ab, ob dem Betriebsinhaber ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit des Dritten eingeräumt ist, in deren Bereich das fragliche Verhalten fällt, oder ob es sich bei dem Dritten nach seiner wirtschaftlichen Funktion um einen selbstständigen Absatzmittler handelt. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist dabei insb., ob der Absatzmittler die Leistung dem anderen Unternehmen selbst abkauft und dann im eigenen Namen und zu seinen eigenen Konditionen weiterverkauft (Eigenhändler bzw. "Reseller", vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 14), oder ob er nur als Vertreter des Betriebsinhabers in dessen Namen und auf dessen Rechnung die Leistungen vermittelt.
Während im letztgenannten Fall eine Beauftragtenstellung zu bejahen ist (vgl. hierzu auch - für ein von einer Versicherung eingeschaltetes Call-Center - Senat, U. v. 11.8.2011 - 6 U 182/10), ist der Eigenhändler in der Regel als selbstständiger Absatzmittler einzustufen, der die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 2 UWG nicht erfüllt; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Eigenhändler - etwa auf Grund eines Vertragshändlervertrags - in besonderer Weise in die Vertriebsorganisation des Unternehmens eingegliedert ist, dem das Verhalten des Händlers zugerechnet werden soll (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rdnr. 15 m.w.Nw.)." (Hervorhebungen durch die Kammer)
Soweit sich die Beklagte für ihre Auffassung insbesondere auf das genannte BGH-Urteil "Änderung der Voreinstellung III (GRUR 2011, 543) und das genannte OLG Frankfurt-Urteil vom 09.02.2012 - 6 U 130/11 (MMR 2012, 678) beruft, greift dies gerade nicht durch. Es liegt nach Auffassung der Kammer auf der Hand, dass die Handelsvertreterin (...) als Handelsvertreterin der Beklagten in ihrer Stellung nicht ansatzweise vergleichbar ist mit einem Reseller wie er Gegenstand der genannten BGH-Entscheidung war. Aus der Stellung als Handelsvertreter folgt vielmehr, dass Frau (...) im Namen und auf Rechnung der Beklagten handelt und für diese Geschäfte vermittelt (vgl. auch Anlagen K22 "Jahresabschluss der Beklagten" und K23).
Daraus ergibt sich zunächst einmal, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit der Handelsvertreterin (...) der Beklagten als Geschäftsherrin zu Gute kommt.
Insoweit kann auch nicht zweifelhaft sein, dass Frau (...) in die Vertriebsorganisation der Beklagten eingegliedert ist und dass damit der Beklagten grundsätzlich die Möglichkeit zusteht, auf die Vertriebstätigkeit ihrer Handelsvertreter bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss zu nehmen. Ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht ist unerheblich. Aus dem von dem Kläger dargestellten Internetauftritt der Beklagten, dem Auftritt der Handelsvertreter unter der Marke der Beklagten und angesichts der Schulungen der Handelsvertreter durch die Beklagte ist für die Kammer nicht zweifelhaft, dass die Handelsvertreter der Beklagten als deren Beauftragte im Sinne von § 8 II UWG anzusehen sind. Es ist insbesondere für die Beklagte möglich, über den Handelsvertretervertrag auf die (Vertriebs-)Tätigkeiten ihrer Handelsvertreter maßgeblichen Einfluss zu nehmen. Nach Auffassung der Kammer untermauert die Beklagte durch die Vorlage des § 6 des Handelsvertretervertrags zwischen der Beklagten und Frau (...) (Bl. 77 d.A.) dies sogar. In § 6 I Handelsvertretervertrag hat sich die Beklagte gerade Informationspflichten und Untersagungsrechte einräumen lassen.
Bereits im Urteil vom 25.09.1970 (I ZR 47/69, GRUR 1971, 119 - Branchenverzeichnis) hat der BGH ausgeführt: "Daß danach ein Handelsvertreter in der Regel erst recht als zum Betrieb des Unternehmers gehörend angesehen werden muß, für den er arbeitet, liegt auf der Hand. Hiermit steht im Einklang, daß der Unternehmer gemäß § 13 Abs. 3 UWG für die Handlungen des Vertreters einstehen muß, ohne sich entlasten zu können. Auch im Sinne dieser Vorschrift gehört der Handelsvertreter zum geschäftlichen Betrieb des Unternehmers".
Nach all dem ist davon auszugehen, dass die für die Beklagte tätige selbstständige Handelsvertreterin (...) als deren Beauftragte im Sinne von § 8 II UWG anzusehen ist.
d. Da die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, besteht Wiederholungsgefahr.
2.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 229,34 Euro gem. § 12 I 2 UWG.
Die Abmahnung des Klägers war berechtigt und begründet.
Die angesetzten Abmahnkosten in Form einer Kostenpauschale für den abmahnenden Verband in Höhe von 229,34 Euro sind nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Beklagte auch keine Einwendungen erhoben.
3.
Der Anspruch des Klägers auf Verzugszinsen beruht auf §§ 291, 288 I 2, 247 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1 und 2 ZPO.