Bei Abmahnkosten-Disclaimer kein eigener Anspruch auf Abmahnkosten
Leitsatz
Wer einen Abmahnkosten-Disclaimer auf der Webseite platziert, verliert den eigenen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten
Tenor
In dem Rechtsstreit (...) hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf im schriftlichen Verfahren aufgrund des Aktenstandes vom 08. September 2017 durch (...) für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das 18. Mai 2017 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (Urt. v. 18.05.2017 - Az.: 37 O 82/16) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht die allein noch streitgegenständliche Widerklage auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung der Beklagten abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Beklagten gemäß § 242 BGB daran gehindert ist, ihre Aufwendungen für die Abmahnung mit Hilfe eines Rechtsanwalts als "erforderlich" im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG geltend zu machen. Zutreffend hat sich das Landgericht dabei auf die Grundsätze gestützt, die der Senat in seinem Urteil vom 26. Januar 2016 (I-20 U 52/15) aufgestellt hat. In dieser Entscheidung hat der Senat Folgendes ausgeführt:
"Die Klägerin kann von dem Beklagten für die beiden Abmahnungen nicht die Zahlung der hierfür angefallenen Anwaltskosten in Hohe von 695,20 € aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG verlangen, weil sie sich durch dieses Verlangen in Widerspruch zu ihrem eigenen Verlangen setzt, nicht mit Anwaltskosten für Abmahnungen belastet zu werden und ihr Zahlungsverlangen daher gegen den Grundsatz von Treu-und Glauben, §242 BGB, verstoßt Die Klägerin verlangt von ihren Mitbewerbern dass diese sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst selber an sie wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden. Sie droht insoweit an, die Anwaltskosten nicht zu zahlen und sogar den gleichwohl einen Anwalt bemühenden Wettbewerber mit einem Rechtsstreit zu überziehen. Unabhängig davon, dass eine derartige Klausel keine rechtlichen Wirkungen entfaltet, ist sie geeignet, jedenfalls rechtunkundige Mitbewerber zu verunsichern und zu veranlassen, vorsichtshalber selber abzumahnen. Wer ein solches Verhalten von Anderen erwartet, muss sich dann aber im Gegenzug auch eDenso verhalten und sich behandeln lassen, als habe er sich rechtlich verpflichtet, vor der Inanspruchnahme anwalthchen Beistandes die Rechtsverletzung zunächst selber geltend zu machen, denn es ist kein Grund ersichtlich, diese Vergünstigung, die die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, den Mitbewerbern vorzuenthalten (ebenso OLG Hamm, NJW-RR 2012, 562, 563 f.)
Für diese Beurteilung ist es ohne Belang, dass die Abwehrklausel unwirksam ist (so aber OLG Celle WRP 2013, 934 Rn. 9 in einem Hinweisbeschluss). Die Unwirksamkeit schließt nicht aus, dass rechtlich unkundige Mitbewerber auf Grund der Abwehrklausel von der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts abgehalten werden Die Klägerin gibt jedenfalls eindeutig zu erkennen, dass sie vor der Beauftragung eines Anwalts erwartet, vom Mitbewerber selbst und ohne Kosten abgemahnt zu werden weshalb sie eben auch selber dieser Erwartung entsprechen muss Würde man die Unwirksamkeit der Klausel zu Gunsten der Klägerin berücksichtigen, würde dies auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz verstoßen, dass sich der Verwender unwirksamer AGB-Klauseln dann nicht auf deren Unwirksamkeit berufen kann, wenn deren Unwirksamkeit ihm ausnahmsweise günstig ist (BGH NJW 1998, 594,595)."
Diese Grundsätze gelten auch hier. Zwar trifft es zu, dass die Formulierungen der Beklagten
"Rechtliche Hinweise für Anwälte:
Zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten und überflüssigen Kosten bitten wir darum, uns im Vorfeld bei etwaigen Beanstandungen zu kontaktieren. Wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen oder andere rechtliche Beanstandungen werden von uns sofort behoben, sodaß die Einschaltung per Anwalt nicht erforderlich sein wird. Sollte es doch dazu kommen ist der Gegenpartei ein 100% rechtlich abgesicherter Auftritt anzuraten. Wie sagt unser Anwalt so schön: „Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Keine Partei ist frei von Fehlern!"
nicht vollständig mit der damaligen Formulierung
"Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt! Sollte der Inhalt oder die Aufmachung dieser Seiten fremde Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verletzten, so bitten wir um eine entsprechende Nachricht ohne Kostennote (...). Dennoch von Ihnen ohne vorherige Kontaktaufnahme aufgelöste Kosten werden wir vollumfänglich zurückweisen und gegebenenfalls Gegenklage wegen Verletzung vorgenannter Bestimmungen einreichen."
vergleichbar ist. Die Rigorosität, mit der die Kosten der Einschaltung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen werden, ist geringer. Die Androhung, nach Abmahnung mit Hilfe eines Rechtsanwalts nach eigenen Fehlem des Abmahnenden zu suchen, hat schon deshalb geringeren Abschreckungswert, weil "Gegenschläge" des Abgemahnten gegen den Abmahnenden nach Erfahrung des Senats vielfach mit Abmahnungen verbunden sind.
Entscheidend ist jedoch die Tatsache, dass die Beklagte die Einschaltung von Rechtsanwälten für Abmahnungen selbst in seinem Auftritt für "unnötig", "überflüssig" und "nicht erforderlich" erklärt. Dann kann sie nicht ihrerseits geltend machen, derartige Kosten seien doch "erforderlich" im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Sie verhält sich damit grob widersprüchlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es liegt insbesondere keine Divergenz zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (WRP 2013, 934) vor. Zum einen handelt es sich dabei um einen bloßen Hinweisbeschluss, nicht um eine der Rechtskraft fähige Entscheidung, der im Übrigen die oben angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unberücksichtigt lässt. Eine Divergenz liegt aber schon deshalb nicht vor, weil ausweislich der Ausführungen in Rn. 10 das Oberlandesgericht Celle die Frage ausdrücklich offen gelassen hat.