Automatische Umstellung eines Internettarifs ist wettbewerbswidrig
Leitsatz
Automatische Umstellung eines Internettarifs ist wettbewerbswidrig
Tenor
In dem Rechtsstreit (...) hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in Berlin - Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2016 durch den Richter am Landgericht (...) als Einzelrichter für Recht erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen ein Schreiben wie in Anlage K 1 abgebildet an Verbraucher zu versenden oder versenden zu lassen, in dem eine automatische Tarifumstellung des bisherigen Tarifs mitgeteilt wird, ohne dass die Verbraucher
ausdrücklich zustimmen müssen;
II. 1. Die Beklagte wird verurteilt, den Empfängern der Schreiben mit den in Anlage K 1 wiedergegebenen Inhalt ein individualisiertes Berichtigungsschreiben zu senden, in dem die Verbraucher darüber informiert werden, dass die mit Schreiben vom 20. April 2015 mitgeteilte Tarifänderung nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Adressaten vorgenommen werden kann und dass, sofern das erhöhte Entgelt bezahlt worden ist, gegebenenfalls Rückforderungsansprüche bestehen; im Übrigen wie die Klage zu II. 1. abgewiesen;
II. 2. entfällt;
II. 3. Der Beklagten bleibt vorbehalten, die Verurteilung gemäß Tenor zu iL 1. dadurch abzuwenden, dass sie den Empfängern der Erstmitteilung die von diesen bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gezahlten Erhöhungsbeiträge innerhalb einer Frist von zwei Monaten zurückzahlt.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszänssatz seit dem 6. August 2015 zu zahlen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger ein Sechstel und die Beklagte fünf Sechstel zu tragen.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 €, zu II. gegen Sicherheitsleistung tn Höhe von 10.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche wegen eines Kundenanschreibens.
Der Kläger ist ein in der Liste qualifizierter Einrichtungen im Sinne des § 4 UKIaG eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, für die Interessen der Verbraucher einzutreten.
Die Beklagte bietet vornehmlich Verbrauchern digitales Kabelfernsehen, Telefon- und Internetanschlüsse an. Am 20. April 2015 schickte sie Kunden einen Brief mit persönlicher Adressierung und Anrede, der wie folgt lautet (hier anonymisiert, Anlage K 1):
(...)
Ein Adressat dieses Schreibens war ein Verbraucher aus Berlin, der mit der Beklagten seit dem Jahr 2012 durch einen Vertrag über einen digitalen Kabel- und Internetanschluss zu einem monatlichen Entgelt von 16,49 € für den Kabelanschluss und von 14,99 € für den Internetanschluss verbunden war (Anlage K 3).
Der Kläger mahnte die Beklagte am 7. und 26. Mai 2015 erfolglos ab (Anlagen K 4 und K 5).
Der Kläger ist der Ansicht: Das streitgegenständliche Schreiben sei eine irreführende geschäftliche Handlung, weil es bei dem Verbraucher den nach §§ 311 Abs. 1, 312a Abs. 3 BGB unzutreffenden Eindruck erwecken könne, ohne Weiteres den erhöhten Preis zahlen zu müssen, falls sie nicht kündigen. Dadurch könnten Verbraucher davon abgehalten werden, ihre Rechte geltend zu machen und insbesondere die Zahlung des erhöhten Entgelts zu verweigern. Dies gelte insbesondere für Kunden, die kein Interesse an einer Telefondienstleistung der Beklagten haben und diese Leistung auch nicht nutzen. Die Beklagte sei nach dem UWG sowohl zur Unterlassung als auch zur Beseitigung in Gestalt des mit dem Antrag zu 11.1. vorformulierten Schreibens, hiifsweise eines entsprechenden selbst formulierten Schreibens in Form eines individualisierten Briefes, hilfsweise einer E-Mail, verpflichtet. Ferner müsse die Beklagte ihm die Abmahnkosten in pauschalierter Höhe von 191,47 € erstatten.
Der Kläger beantragt:
I. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen am Vorstand, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen Schreiben wie in Anlage K1 abgebildet an Verbraucher zu versenden oder versenden zu lassen, in dem eine automatische Tarifumstellung des bisherigen Tarifs mitgeteilt wird, ohne dass die Verbraucher ausdrücklich zustimmen müssen;
II. für den Fall, dass das Gericht der Klage bezüglich des Klageantrags zu i. stattgibt, die Beklagte ferner zu verurteilen,
1. den Empfängern der Schreiben mit dem in Anlage K1 wiedergegebenen Inhalt, hilfsweise den Empfängern der Schreiben mit dem in Anlage K1 wiedergegebenen Inhalt, die infoige dieses Schreibens nicht gekündigt haben, individualisiertes Berichtigungsschreiben in Briefform, hilfsweise als E-Mail, folgenden Inhalts zu übermittein:
„Sehr geehrte/r Frau/Herr ,..,
mit Schreiben vom 20. April 2015 haben wir Sie darüber informiert, dass Ihr Internettarif zum 1. Mai 2015 auf den Tarif zum Preis von 19,99 € im Monat unigestellt wird.
Wir stellen richtig, dass die zuvor mit Ihnen getroffene Tarifvereinbarung nur mit Ihrer Zustimmung geändert werden kann.
Sofern Sie also nach Erhalt unserer Mitteilung lediglich von einer Vertragskündigung abgesehen und den Vertrag fortgesetzt haben, ist es bei der vorangegangenen Preisvereinbarung geblieben. Falls Sie das erhöhte Entgelt von 19,99 € pro Monat gezahlt haben, können Sie - erforderlichenfalls mit fachkundiger Hilfe - klären, ob und in welcher Höhe es zu einer Überzahlung gekommen ist und Sie insoweit Ansprach auf Erstattung haben.
Mit freundlichen Grüßen
Tele Columbus AG Vorstand"
2. der Beklagten vorzubehalten, in dem Berrchtigungsschreiben hinzuzufügen, dass sie zu dieser Erklärung verurteilt worden ist, wobei sie das Urteil im Einzelnen bezeichnen kann;
hiffsweisezu II.1. und II.2, den Empfängern der Schreiben mit dem in Anlage K1 wiedergegebenen Inhalt, hilfsweise den Empfängern der Schreiben mit dem in Anlage K1 wiedergegebenen Inhalt, die infolge dieses Schreibens nicht gekündigt haben,' ein individualisiertes Berichtigungsschrefben in Briefform, hilfsweise als E-Mail, zu senden, in dem die Verbraucher darüber informiert werden, dass die mit Schreiben vom 20. April 2015 mitgeteilte Tarifänderung nur mit Zustimmung des Adressaten vorgenommen werden kann und dass, sofern das erhöhte Entgelt bezahlt worden ist, gegebenenfalls Rückforderungsansprüche bestehen:
3. der Beklagten außerdem vorzubehalten, die Verurteilung gemäß dem Antrag zu II. 1. dadurch abzuwenden, dass sie den Empfängern der Erstmitteilung die von diesen bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gezahlten Erhöhungsbeträge innerhalb einer Frist von zwei Monaten zurückzahlt;
III. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 214,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, eine erhebliche Anzahl ihrer Kunden hätten entweder sofort gekündigt oder die im neuen Tarif zusätzlich verfügbaren Telefondienstleistungen in Anspruch genommen; die Kunden, die nicht sofort gekündigt und kein Interesse an der ihnen zusätzlich bereitgestellten Telefondienstleistungen haben, hätten zwischenzeitlich ordentlich gekündigt, so dass die tatsächliche Grundlage für eine Beseitigung entfallen sei.
Die Beklagte ist der Ansicht, den Ansprüchen stehe entgegen, dass sie nicht bei einem gleich bleibenden Produkt die Preise erhöht, sondern das eine Produkt (Internettarif) eingestellt und auf ein anderes Produkt {Internet und Telefon) umgestellt habe und dem Kunden damit gegen geringe Mehrkosten erhebliche zusätzliche Leistungen biete, wobei dem Verbraucher kein wirtschaftlicher Nachteil entstehe, wenn er seinen bisherigen Festnetzanschluss kündige und durch ihren ersetze. Das Schreiben sei nicht irreführend, da der Verbraucher auf seine Kündigungsmöglichkeit hingewiesen worden sei. Jedenfalls sei der Unterlassungsantrag zu weitgehend. Der Beseitigungsanspruch sei unbestimmt. Er sei auch unbegründet, da das Schreiben nicht dadurch motiviert worden sei, Kunden durch Täuschung auszubeuten, sondern dazu dienen sollte, die eigenen Produkte in einem engen Zeitfenster einheitlich umzustellen. Jedenfalls müsse es ihr überlassen bleiben, in welcher Form und mit welchem Inhalt sie die Kunden berichtigend informiere. Die Beklagte tritt der Klage auch im Übrigen in rechtlicher Hinsicht umfänglich entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Klage ist der Beklagten am 5. August 2015 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in dem tenorierten Umfang begründet.
Klage zu I,:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG zu.
Der Kläger ist Anspruchsberechtigter im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.
Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Schreiben eine geschäftliche Handlung vorgenommen, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
Das Schreiben ist wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG unlauter. Nach dieser Vorschrift ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthält.
Das Schreiben stellt den Verbraucher vor die Tatsache, dass die Beklagte den mit ihm vertraglich vereinbarten Internetzugang zum Tarif von 14,99 Euro monatlich binnen weniger Tage nicht mehr verfügbar hält und vor die Wahl, den Internetvertrag selbst zu kündigen und sich für den internetzugang einen anderen Anbieter zu suchen oder als günstigsten Tarif für einen Internetzugang bei ihr einen monatlichen Preis von 19,99 Euro zu bezahlen, unabhängig davon, ob er überhaupt an einem Festnetz-Telefonanschluss der Beklagten interessiert ist. Der Kunde, der nur seinen bisherigen Internetzugang bei der Beklagten weiter nutzen und deshalb nicht kündigen möchte, muss nach dem Inhalt des Schreibens von einer zwangsläufigen Preiserhöhung ausgehen, die er auch zahlen muss, wenn er den Telefonanschluss bei der Beklagten nicht aktiviert. In der Regel gibt es für einen Verbraucher keinen Grund, einen schon bestehenden Festnetz-Telefonanschluss um einen zweiten Festnetz-Telefonanschluss bei einem anderen Anbieter zu ergänzen.
Die Beklagte geht selbst davon aus, dass ein Verbraucher in der Regel nur einen einzigen Festnetzanschluss hat, so dass ihm ein zweiter Anschluss in der Regel keinen wirtschaftlichen Vorteil bringt. Festnetz-Anschlüsse sind auch nicht, wie etwa beim Wechsel eines Stromanbieters, beliebig austauschbar. Technische und organisatorische Probleme bei der Umstellung, ein zusätzlicher Aufwand bei der Mitnahme einer bestehenden oder bei der Etablierung einer neuen Tetefonnummer und unterschiedliche Übertragungsqualitaten sind Gründe, ob sie nun tatsächlich eintreten oder aufgrund entsprechender Berichte jedenfalls zu befürchten sind, die einen davon abhalten können, einen bestehenden und funktionierenden Festnetzanschluss aufzugeben. Es ist für den Kunden daher nicht egal, ob er bei seinem bestehenden Festnetzanschluss bleibt oder sich dazu zwingen lässt, diesen zu kündigen und zur Beklagten zu wechseln, um für die 5,00 € Mehrpreis mehr zu erlangen, als den nach dem bisherigen Vertrag für 14,99 Euro monatlich zu steilenden Internetanschluss. Daneben gibt es Verbraucher, die überhaupt keinen Festnetz-Telefonanschluss mehr unterhalten, sondern nur noch mobil telefonieren. Auch diesen kann nicht unterstellt werden, in dem Zusatzangebot der Beklagten einen Vorteil zu sehen. Mit dem Argument, der Verbraucher erhalte zurzeit sonst nirgends für 5,00 € monatlich einen Festnetzanschluss mit Festnetzfiatfate und könne daher wirtschaftlich keinen Nachteil erleiden, wenn er mit seinem Festnetzanschluss zu ihr wechsle, kann die Beklagte daher nicht gehört werden.
Das Schreiben ist zur Irreführung über die Rechte des Verbrauchers geeignet.
Die Beklagte will mit dem Schreiben eine Vertragsänderung durchsetzen, indem sie den bisherigen Vertrag (Internet für 14,99 €) nicht mehr gelten lassen und stattdessen einen neuen Vertrag (Internet und Festnetz für 19,99 €) haben will. Eine solche Vertragsänderung setzt nach § 311 Abs. 1 BGB eine Einigung beider Seiten voraus. Sie kann von der Beklagten nicht einseitig diktiert werden. Die Rechte der Verbrauchers liegen darin, dass der von der Beklagten gewünschte Vertragswechsel nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung wirksam wird oder die Beklagte ihm seinen Vertrag kündigen muss, um aus ihrer Verpflichtung, den Internetanschluss für 14,99 € monatlich bereit zu stellen, entlassen zu werden.
Ein Kunde, der keinen Festnetzanschluss bei der Beklagten haben möchte und deshalb den Telefonanschluss nicht aktiviert, muss nach dem Schreiben davon ausgehen, dass er trotzdem den für Internetkunden „günstigsten Tarif von nunmehr 19,99 € bezahlen muss, wenn er nicht selbst kündigt. Ein Kunde, der nur schweigend die von der Beklagten aufgrund der bestehenden Vereinbarung geschuldete Leistung (Internet) weiter in Anspruch nimmt, würde alleine damit aber nicht konkludent der Vertragsänderung zustimmen.
Auch eine konkludente Zustimmung, wie sie in einer Aktivierung des Telefonanschlusses durch den Kunden liegen könnte, würde nicht ausreichen, die Vertragsänderung wirksam werden zu lassen. Nach § 312a Abs. 3 S. 1 BGB bedarf eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, der ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Unternehmer und Verbraucher.
Welchen Inhalt die angestrebte Vereinbarung hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Auslegungsmaßstab für das Schreiben ist der objektive Empfängerhorizont des durchschnittlichen Verbrauchers, §§ 135, 157 BGB. Das Verbraucherrecht gebietet grundsätzlich eine verbraucherfreundliche Auslegung.
§ 312a Abs. 3 S. 1 BGB ist auf die von der Beklagten deklarierte „Vertragsumstellung" zum 1. Mai 2015 gemäß § 312 Abs. 1 BGB anwendbar. Bei den Verträgen über einen Internet- und Telefonanschluss, die die Beklagte als Unternehmerin ihren Kunden hier anbot, handelt es sich um Verbraucherverträge i. S. d. § 310 Abs. 3 BGB.
Das von der Beklagten als „Vertragsumstellung" und Tarifanpassung bezeichnete Begehren ist eine Vereinbarung i. S. d. § 312a Abs. 3 S. 1 BGB, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist. Die Hauptleistung für den mit dem Schreiben angesprochenen Kunden war der von der Beklagten vertraglich geschuldete Internetanschluss für 14,99 Euro monatlich. Die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptieistung hinausgehende Zahlung beläuft sich auf 5,00 Euro.
Aus Sicht des durchschnittlichen Verbrauchers, der mit der Beklagten einen Vertrag über einen Internetanschluss unterhält, informiert das Schreiben darüber, dass er seinen Internetanschluss ab dem 1. Mai 2015 nur dann weiter nutzen kann, wenn er bereit ist, monatlich 5,00 Euro mehr zu bezahlen. Die Verbraucher konnten das Schreiben nur so verstehen, dass sich das von ihnen mit der Beklagten für die bisherige Hauptleistung vereinbarte Entgelt in Höhe von 14,99 Euro erhöht. Die von ihm nicht nachgefragte Bereitstellung eines Telefon-Festnetzanschlusses wird der durchschnittliche Verbraucher als neue Nebenleistung des von ihm bisher allein gewollten
Internetanscblusses qualifizieren ( zusätzlich erhalten Sie ...", aber nur bei einer Aktivierung durch den Kunden, während der Preis von 19,99 Euro davon unabhängig zu bezahlen ist).
Die zusätzliche Bereitstellung des Telefonanschlusses ist für die Anwendung des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB und die rechtliche Beurteilung vorliegend nicht entscheidend. § 312a Abs. 3 S. 1 BGB verlangt nicht, dass der Unternehmer für die zusätzliche Zahlung auch eine zusätzliche Leistung anbieten muss. Ebenso führt allein das tatsächliche Anbieten einer zusätzlichen Leistung nicht aus dem Anwendungsbereich des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB heraus. Bezugspunkt des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB ist allein das zusätzliche Entgelt. Dass für das zusätzliche Entgelt auch eine weitere Leistung angeboten wird, ist für die Anwendung des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB demnach unbeachtlich, solange der Verbraucher kein Wahlrecht zwischen der ursprünglichen Hauptleistung und dem neuen Leistungsangebot hat (vgl. Schirmbacher, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, § 312a BGB, Rdn. 20-23). So lag der Fall hier. Es macht für § 312a Abs. 3 S. 1 BGB vor seinem teleologischen Hintergrund auch keinen Unterschied, ob der Verbraucher für das von ihm zusätzlich zu zahlende Entgelt keinerlei Gegenleistung erhält oder aber eine Gegenleistung, die er ursprünglich nicht wollte und auch nicht beim Unternehmer angefragt hat, bevor dieser die zusätzliche Zahlung einfordert. § 312a Abs. 3 BGB setzt Art. 22 der Verbraucherrechterichtlinie um und soll den Verbraucher davor schützen, sich vertraglich in einem größeren Umfang zu verpflichten, als er es tatsächlich will; dabei ist der Begriff der Extrazahlung weit auszulegen (Grünberg, in: Palandt, 75. Auflage 2016, § 312a BGB, Rdn, 4; Wendehorst, in: Münchener Kommentar BGB, 5. Auflage 2016, § 312a Rdn. 44; Schirmbacher, a. a. 0., Rdn. 15).
Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass der neue Tarif insgesamt eine neue Hauptleistung zu einem neuen Preis beinhaltet, so dass der Verbraucher kein zusätzliches Entgelt zahlen, sondern sich nur den Wechsel von dem einen Produkt zu einem anderen Produkt mit einem eigenen Preis gefallen lassen müsse. Die Beklagte hat dem Verbraucher keine Wahl zwischen dem Verbleib in dem wirksam vereinbarten Tarif und einem Wechsel ermöglicht. Aus seiner Sicht stellt sich mangels eines Wahlrechts der neue, teurere Tarif, der weiterhin die von ihm ursprünglich vereinbarte Hauptleistung beinhaltet, als ein Tarif dar, der ihn zur Zahlung eines erhöhten Entgelts im Sinne des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB verpflichtet. Für die Anwendbarkeit des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB kann es in einem Fall, in dem der Verbraucher kein Wahlrecht unter Einschluss des Festhaltens am bestehenden Vertrag zu dem ursprünglich vereinbarten Preis hat, keinen Unterschied machen, ob der Verbraucher für das zusätzliche Entgelt lediglich eine zusätzliche Leistung oder eine vermeintlich neues Hauptleistungspaket angeboten bekommt. Andernfalls könnte der Unternehmer unter dem Deckmantel des Angebots eines neuen Hauptleistungspakets oder wie hier der im Fall der Tarif Umstellung ohne Wahlmöglichkeit des Verbleibs im bisherigen Tarif die von §312a Abs, 3 S. 1 BGB bezweckte Schutzwirkung gegenüber dem Verbraucher aushebeln. Das Erfordernis der ausdrücklichen Zustimmung könnte er umgehen, indem er das zusätzliche Entgelt stets als neues Entgelt für ein anderes Hauptleistungspaket - bestehend aus der ursprünglichen Hauptleistung und einer neuen zusätzlichen Leistung - darstellt. Dies ist ersichtlich von § 312a Abs. 3 S. 1 BGB nicht gewollt, der den Verbraucher schützen will, dass er Entgelten, die zu dem Entgelt für eine vereinbarte und geschuldete Hauptleistung hinzukommen, ausdrücklich zustimmt.
Auch der Umstand, dass der Verbraucher vorliegend offen über das zusätzlich zu zahlende Entgelt informiert wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. § 312a Abs. 3 S. 1 BGB stellt nicht auf ein Überraschungsmoment ab, Vielmehr soll den Verbraucher keine zusätzliche Zahlungspflicht treffen, ohne dass er dieser ausdrücklich zugestimmt hat. § 312a Abs. 3 S. 1 ist auch dann anwendbar, wenn aufgrund der konkreten Angebotsgestaltung nicht die Gefahr besteht, dass der Verbraucher übersehen könnte, dass von ihm ein zusätzliches Entgelt zu zahlen ist.
Dieses Ergebnis folgt bereits aus der Natur der Sache, denn einem zusätzlichen Entgelt kann der Verbraucher nur dann - wie es § 312a Abs. 3 S. 1 BGB fordert - ausdrücklich zustimmen, wenn es dem Angebot erkennbar zu entnehmen ist. Ein Unternehmer, der die Vorgaben des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB einhalten will, muss sein Angebot daher stets in einer solchen Form gestalten, dass der Verbraucher das über das für die Hauptleistung vereinbarte hinausgehende Entgelt identifizieren und diesem ausdrücklich zustimmen kann.
Die Beklagte macht in ihrem Schreiben Angaben, die dazu geeignet waren, den Adressaten über seine Rechte und die Rechte der Beklagten zu täuschen (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 UGW). Für die Beurteilung der Irreführung ist die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen, situationsbedingt aufmerksamen Verbrauchers maßgeblich. Ein solcher konnte zu keinem anderen Ergebnis kommen, als dass es für die zum 1. Mai 2015 erfolgende „Anpassung" und „Umstellung" nicht seiner ausdrücklichen Zustimmung bedarf, sondern die Beklagte einseitig handeln darf.
In dem Schreiben mit der Betreffzeile „Anpassung Ihres Internettarifs" erklärt die Beklagte, dass sie die Tarifumstellung zum 1. Mai 2015 vornehme. Ferner spricht sie gegenüber dem Kunden bereits von „Ihrem neuen Tarif". Sie bietet dem Kunden an, mit einem Anruf bei der Beklagten seinen neuen Telefonanschluss („Ihren Telefonanschluss") zu aktivieren („Aktivieren Sie Ihre neue Telefon-Flatrate..."). Sofern der Empfänger nicht einverstanden sei mit der Tarif Umstellung, könne er schriftlich innerhalb vier Wochen nach erfolgter Tarifumstellung gegenüber der Beklagten kündigen. Dieser Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit der Kunden ändert nichts daran, dass der durchschnittlich informierten und verständige, situationsbedingt aufmerksame Verbraucher den Eindruck gewinnen musste, sein Vertrag werde zunächst ohne sein Zutun automatisch zum 1. Mai 2015 „umgestellt". Die Kündigungsfrist beginnt ausweislich des Schreibens erst mit dem Tag der Tarifumstellung zu laufen, die einseitig durch die Beklagte vorgenommen wird.
Da §§ 3, 5 UWG kein subjektives Element in Form einer Irreführungsabsicht des Störers fordern (Bornkamm, in: Köhier/Bornkamm, UWG, 34. Auflage 2016, § 5 Rn. 2.66a), kann dahinstehen, ob die Beklagte beim Versenden ihres Schreiben nur die Umstellung zum Zwecke der Marktanpassung und Bereitstellung konkurrenz- und leistungsfähiger Produkte im Interesse der Kunden im Blick hatte. Wäre es der Beklagten tatsächlich nur darum gegangen, hätte sie ihr aus ihrer Sicht so überzeugendes neues Angebot als Alternative zum bestehenden Vertrag anbieten und den Kunden selbst frei wählen lassen können. Ihm diese Wahl abzunehmen und mit der Alternative selbst zu kündigen oder einen neuen Vertrag hinzunehmen und dabei seinen bisherigen Festnetzanschluss aufzugeben, um für den aufgezwungenen Mehrpreis wenigstens eine Kompensation zu erlangen, spricht eher für die Absicht der Beklagten, einen preisgünstigeren Internettarif los zu werden, ohne den Kunden an einen anderen Internetanbieter zu verlieren und zugleich Telefon-Festnetzkunden zu sich herüberzuziehen, ohne sich dabei vertraglich mit ihren Kunden näher auseinandersetzen zu müssen. Jedenfalls ging die Beklagte beim Versenden des Schreibens an alle ihre Kunden mit dem eingestellten Tarif systematisch vor (vgl. KG - 5 U 112/11 -, Urteil vom 27. März 2013).
Die durch den Verstoß begründete Wiederholungsgefahr besteht fort. Selbst wenn im konkreten Fall kein Kunde mehr zu seinem alten Internettarif bedient werden sollte, könnte die Beklagte das Schreiben als Muster für ein Vorgehen in einem vergleichbaren Fall erneut verwenden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beklagte ihr Vorgehen als rechtmäßig verteidigt und sich dabei geriert, als handele sie damit nur im Interesse ihrer Kunden, was einer Ankündigung der Wiederholung nahe kommt.
Die Beklagte ist daher zu der begehrten Unterlassung verpflichtet. Dabei ist unter der tenorierten „automatischen" Tarifumstellung das sich aus der Anlage K 1 („wie in") ergebende Vorgehen ohne eine ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu verstehen und eine ausdrückliche Zustimmung von einer konkludenten Zustimmung zu unterscheiden, ohne dass in den Tenor aufzunehmen wäre, welche nur denkbaren Konstellationen eines Kundenverhaltens als konkludente oder ausdrückliche Zustimmung zu qualifizieren wären.
Klage zu 11.1:
Der Klage zu II. steht nicht entgegen, dass sie nur für den Fall, dass das Gericht der Klage zu I. stattgibt, zur Entscheidung gestellt worden ist. Die Klage zu 1. wurde unbedingt gestellt. Die Entscheidung über die Klage zu I. - gleich wie - stellt eine innerprozessuale Bindung dar, deren Eintritt das Gericht durch die Entscheidung über die Klage zu I. selbst herbeiführt. Auf den Eintritt eines ungewissen außerprozessualen Ereignisses kann es dabei nicht ankommen. Auch im Übrigen bestehen an der Klage zu II. keine Zuständigkeitsbedenken.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Unteriassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG gemäß dem Hilfsantrag zu.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Beseitigung der streitgegenständlichen Verletzungshandlung gem. § 8 Abs. 1 UWG. Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte sich mit dem streitgegenständlichen Schreiben unlauter verhalten. Dies begründet auch einen Beseitigungsanspruch, hier in Form eines Berichtigungsschreibens in dem tenorierten Umfang.
Es besteht ein Störungszustand fort und die Beseitigungsmaßnahme ist ihrer Art nach geeignet, notwendig und zumutbar.
Der durch das Schreiben ausgelöste Störungszustand ist bis heute nicht behoben. Die zusätzlichen Entgelte hat die Beklagte bereits erhalten und erhält säe auch weiterhin. Dies gilt nach dem Mechanismus der „Vertragsumstellung" auch für die Kunden, die den Festnetzanschluss nicht aktiviert haben, sondern nur ihren änternetanschluss weiter benutzen. Die Empfänger des Schreibens, die immer noch Kunden bei der Beklagten sind, gehen irrtümlich davon aus, dass die seitens der Beklagten mit dem Schreiben angekündigte Vertragsänderung ohne Weiteres rechtswirksam erfolgte und sie zur Zahlung der erhöhten Beträge verpflichtet waren und weiterhin verpflichtet sind. Auch Kunden, die infolge des Schreibens gekündigt haben, können dabei einem Irrtum unterlegen sein, anders nicht dem Mehrpreis zu entkommen.
Der Beseitigungsanspruch besteht dem Grunde nach. Die Beklagte kann dazu verpflichtet werden, die Folgen ihres unlauteren Verhaltens durch ein aufklärendes Schreiben an die betroffenen Kunden zu beseitigen (vgl. KG - 5 U 112/11 -, Urteil vom 27. März 2013 - 5 U 112/11).
Der in diesem Zusammenhang andernorts geführte Streit um die Frage, ob ein Anspruch besteht, dass ein Störer seine Vertragspartner auf die Unwirksamkeit oder Unangemessenheit von ihm verwendeter AGB-Klauseln hinzuweisen habe (vgl. BGH NJW 2008, 1160, 1162; BGH ZIP 2013, 171, 173; Bunte, ZPI 2016, 956, 958 f.), kann für die Entscheidung dahinstehen. Die streitgegenständfiche „Tarifanpassung" der Beklagten beruht nicht auf einer Klausel in dem Vertrag mit ihren Internetkunden, sondern erfolgte durch ein Kundenanschreiben, mit dem der bestehende Vertrag beendet und durch einen neuen Vertrag ersetzt werden sollte. Zwischen dem alten Vertrag und dem Kundenschreiben ist zu unterscheiden. Das unlautere Verhalten der Beklagten ist nicht die Verwendung einer Vertragsklausel oder AGB, die zur Grundlage des alten Internetvertrages gemacht wurde. Vielmehr handelte die Beklagte unlauter, als sie mit dem Schreiben vom 20. April 2015 einen anderen Vertrag anbot. Der gesamte Vorgang dieser nachvertraglichen TarifumsteSlung wird durch das unlautere Verhalten geprägt. Daher ist es bereits nicht möglich, dass die Beklagte allein dazu verpflichtet wird, sich nicht mehr auf eine von ihr verwendete unwirksame Klausel zur Durchsetzung ihrer Rechte zu berufen. Anders als das Verwenden einer einzelnen unwirksamen Klausel, das nicht den gesamten Vertrag unwirksam macht (vgl. § 306 Abs. 1 BGB), fehlt es im vorliegenden Fall bereits an einem ordnungsgemäßen Vertragsschluss, soweit ein Adressat nicht später ausdrücklich zugestimmt hat, wozu er nach dem Inhalt des Schreibens aber gerade keine Veranlassung erkennen konnte.
Die Beseitigung der Störung hat vorliegend durch die schriftliche Aufklärung der betroffenen Kunden seitens der Beklagten zu erfolgen. Ein solches Schreiben ist ein geeignetes und notwendiges Beseitigungsmittel.
Grundsätzlich hat der Störer ein Wahlrecht, welches von mehreren geeigneten Beseitigungsmitteln er wählt. Allerdings werden die Handlungsmöglichkeiten des Störers durch die Eignung des Beseitigungsmittels und ein sich aus den Interessen des Gläubigers ergebendes Gebot eingeschränkt.
Neben einer Rückzahlung eines seit dem 1. Mai 2015 zusätzlich gezahlten Entgelts durch die Beklagte an die betroffenen Kunden {dazu später) ist das einzige geeignete Mittel, die fortdauernde Störung zu beseitigen, die Aufklärung der betroffenen Kunden über den irreführenden Charakter der Angaben der Beklagten im Schreiben vom 20. April 2015.
Die betroffenen Kunden haben ein berechtigtes Interesse daran, dass diese Aufklärung in schriftlicher Form durchgeführt wird. Denn der nur ein Berichtigungsschreiben bietet die Möglichkeit, die Informationen in Ruhe und wiederholt zur Kenntnis zu nehmen und ihren Wortlaut einfach zu archivieren. Zudem hat die Beklagte im April 2015 selber die Briefform für das geeignete Mittel befunden, um ihre Kunden über die „Tarifumstellung" zu informieren. Denselben Weg hat sich jetzt einschließlich der Individualisierung durch persönliche Adressierung und Anrede einzuhalten. Eine schriftliche Nachricht mittels E-Mail wäre nicht genauso geeignet, weil eine solche E-Mail leicht für unerwünschte Werbung gehalten oder aus sonstigen Gründen schnell ungelesen gelöscht werden kann und ihr schon wegen des anderen Kommunikationsweges nicht dasselbe Gewicht wie dem Brief vom 20. April 2015 beigemessen werden kann. Noch weniger geeignet wäre ein Telefonanruf. Der Kunde würde davon überrascht, müsste sich sofort orientieren, den Inhalt auf Anhieb verstehen und sich selbst einen Vermerk über das Telefonat anlagen, der im Streitfälle weniger Beweiskraft hätte, als ein von der Beklagten stammender Brief. Der Einwand der Beklagten, dass durch das Versenden eines Berichtigungsschreibens nur ein erhöhte Anzahl von Telefongesprächen verursacht wird, die alternativ durch initiative Telefonanrufe bei den betroffenen Kunden vermieden werden könnten, überzeugt nicht. Einen erhöhten Erklärungsbedarf hat die Beklagte durch ihr Schreiben vom 20. April 2015 selbst verursacht. Sie hat es jetzt in der Hand, ihr Berichtigungsschreiben so klar und deutlich abzufassen, dass Nachfragen vermieden werden. Der verbleibende Aufwand ist die Konsequenz der von der Beklagten im April 2015 gewählten unlauteren Vorgehensweise.
Der Inhalt des Berichtigungsschreiben hat über die gem. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 7 UWG irreführende Angaben aufzuklären. Das Schreiben der Beklagten muss daher zwingend den Hinweis beinhalten, dass die Tarifumstellung zum 1. Mai 2015 nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Kunden vorgenommen werden konnte und dass, sofern das erhöhte Entgelt bezahlt worden ist, gegebenenfalls Rückforderungsansprüche bestehen. Damit erhält der Adressat zum einen den notwendigen korrigierenden Hinweis zu seinen Rechten bei Erhalt des Schreibens vom 20. April 2015 und zum anderen den Hinweis, dass er selbst prüfen müsste, ob sich für ihn daraus Rückforderungsansprüche ergeben, falls er die Sache nicht ohne Weiteres auf sich beruhen lassen will.
Der Kläger hat zwar im Verhandlungstermin in seinem Hilfsantrag „nur mit Zustimmung des Adressaten" formuiiert Dies war im Tenor jedoch klarstellend um das Wort „ausdrückliche" zu ergänzen. Der Kläger hat durchgehend die Ansicht vertreten, dass nur eine ausdrückliche Zustimmung ausreichte, wie er es auch in den Klageantrag zu I. aufgenommen hat. Die Beklagte hat das Begehren auch entsprechend verstanden, wie sich bereits aus ihrer Klageerwiderung ergibt. Beide Parteien sind sich zu Recht darüber einig, dass über ein Berichtigungsschreiben, das auf eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden absteilt, gestritten wird. Dies war im Tenor zu berücksichtigen, ohne dass dem Kläger damit mehr zugesprochen wird, als er nach Maßgabe setner Klagebegründung begehrt.
Das Berichtigungsschreiben ist an alle Adressaten des Schreibens vom 20, April 2015 zu richten. Nur dann kann jeder Adressat selbst prüfen, ob er betroffen ist und daraus Konsequenzen ziehen möchte. Dies gilt auch für solche Adressaten, die infolge des Schreibens selbst gekündigt haben. Es ist denkbar, dass diese weiterhin nur den Internetanschluss nutzen und der Beklagten dafür nicht 19,99 € bezahlen wollten, für einen gleichwertigen Anschluss bei einem anderen Anbieter aber mehr als die mit der Beklagten vereinbarten 14,99 € bezahlen mussten, also durch die irreführenden Informationen der Beklagten einen finanziellen Schaden erlitten haben. Dies gilt ferner auch für solche Adressaten, die dem neuen Vertrag aus Sicht der Beklagten später wirksam zugestimmt haben, denn den Kunden muss ein Anlass mitgeteilt werden, sich bei Interesse selbst mit der Frage einer wirksamen Zustimmung auseinanderzusetzen. Entweder kommen diese Adressaten dann zu demselben Ergebnis wie die Beklagte oder es gibt Klärungsbedarf, dem die Beklagte sich dann aufgrund ihres eigenen Vorverhaltens stellen muss.
Als müderes Mittel kann die Rückzahlung an diejenigen Kunden in Betracht, die nach dem 1. Mai 2015 das zusätzliche Entgelt in Höhe von 5,00 € gezahlt haben, in Betracht kommen (vgl. KG - 5 U 112/11 -, Urteil vom 27. März 2013). Ob das so ist, kann nur die Beklagte selbst abwägen, so dass diese Möglichkeit der Verurteilung zu einem Berichtigungsschreiben nicht entgegensteht, sondern der Beklagten nur vorzubehalten war (dazu später). Ein milderes Mittel, das-der Verurteilung zu dem Berichtigungsschreiben entgegen stünde, besteht nicht.
Der Beklagten ist das Versenden eines solchen Berichtigungsschreibens auch zumutbar. Durch ihr eigenes Verhalten hat sie einen fortdauernden Störungszustand hervorgerufen. Wie bereits ausgeführt, hat sie die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu tragen, auch wenn diese einen finanziellen und personellen Aufwand erfordern. Dabei ist zu beachten, dass die Beklagte diesen Aufwand sich leicht hätte ersparen können, wenn sie sich von vorneherein lauter verhalten hätte. Umgekehrt hätte die Beklagte dann bereits im April 2015 einen höheren Aufwand gehabt, weil sie auf eine ausdrückliche Zustimmung des einzelnen Kunden hätte hinwirken müssen (gegebenenfalls Nachfassen oder - soweit zulässig - Anrufen, notfalls unter Gewährung weiterer Vorteile), damals einen höheren Beratungsaufwand gehabt hätte und den Kunden beim Ausbleiben von dessen ausdrücklicher Zustimmung zum alten Preis hätte weiter bedienen müssen, wenn sie ihn nicht durch eigene Kündigung an die Konkurrenz verlieren wollte.
Einen Anspruch, die konkrete Formulierung des Berichtigungsschreibens vorzugeben, hat der Kläger hingegen nicht. Dies wäre unverhältnismäßig. Im Interesse des Schuldners liegt es, dass er in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht mehr eingeschränkt wird, als es der Schutz des Gläubigers gebietet (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWQ, 34. Auflage 2016, § 8, Rdnr. 1.81 ff. m. w. N.). Die konkrete Formulierung und die Wahl des Sprachduktus ist daher Sache der Beklagten. Da es nicht nur eine geeignete Formulierung zur Aufklärung der angeschriebenen Kunden gibt, ist der Beklagten vorzubehalten, eine ihr angemessen und geeignet erscheinende Fassung des Berichtigungsschreibens zu erarbeiten. Es besteht weder die Notwendigkeit noch ein begründetes Interesse des Klägers und der betroffenen Kunden, der Beklagten den Sprachstil und konkrete Sätze vorzugeben. Die Grenze ihrer Formulierungsfreiheit liegt beispielsweise dort, wo die Aufklärung über das unlautere Verhalten nicht mehr Hauptanliegen des Schreibens ist, die eigentliche Aufklärung versteckt oder verfälscht wird oder erneut die Gefahr einer Irreführung begründet wird. Es ist das Recht und das Risiko der Beklagten, auch zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung eine geeignete Formulierung ihres Berichtigungsschreibens zu finden. Dem ist jedenfalls dann nicht durch die Vorgabe eines wörtlichen Textes vorzugreifen, wenn sich der Verpflichtete - wie hier - dagegen wehrt, anstatt etwa eine Formulierung des Gläubigers vom Gericht prüfen und absegnen zu lassen, um im Falle der Verurteilung ohne Mühe und Risiko reagieren zu können,
Die Klage zu II. 1. war daher nach dem auf ein vorformuliertes Schreiben gerichteten Hauptantrag abzuweisen.
Da die Klage zu II. 1. nach dem Hilfsantrag Erfolg hat, kommt es nach der prozessualen Disposition des Klägers nicht mehr auf den Antrag zu IL 2., der nur für den Fall der Stattgabe nach dem Hauptantrag zu li. 1. gelten sollte, an.
Der Klage zu II. 3. war aus den bereits genannten Gründen stattzugeben. Dem Wortlaut des Antrags steht nicht entgegen, dass die Verurteilung als solche durch eine nachträgliche Maßnahme weder verhindert noch beseitigt werden kann. Mit dem KG (- 5 U 112/11 -, Urteil vom 27. März 2013) ist diese Formulierung so zu verstehen, dass die Beklagte die Wirkung der Verurteilung zur Berichtigung abwenden kann, indem sie fristgerecht zurückzahlt. Mit dem Ablauf der Frist zur Rückzahlung verbleibt alleine die Verurteilung zur Berichtigung. Umgekehrt greift die Verurteilung zur Berichtigung vollstreckbar erst mit Ablauf der RückZahlungsfrist.
Klage zu III:
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten i. H. v. 214,20 Euro, § 12 Abs. 2 S, 2 UWG. Die Abmahnung war aufgrund des unlauteren Verhaltens der Beklagten berechtigt. Der Anspruch ist gem. § 288 Abs. 1 S, 1 BGB zu verzinsen und zwar mangels eines Antrags des Klägers zum Zinslauf ab Rechtshängigkeit, § 291 BGB.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 9. Juni 2016 beschränkt sich auf Rechtsfragen und gab keinen Grund zu weiterer Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Da der Kläger einen erkennbaren Wert auf die Verurteilung zu einem von ihm vorformulierten Berichtigungsschreiben gelegt hat, bewertet das Gericht das Unterliegen mit dem darauf gerichteten Hauptantrag mit einem Drittel des Antrags zu II.1., wobei die Anträge zu II.2. und II.3. nicht streitwerterhöhend wirken, weil sie Vorteile für die Beklagten vorbehalten. Die Anträge zu I, und II. sind jeweils mit dem gleichen Interesse zu bemessen, so dass den Kläger ein Sechstel der Kosten treffen.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.