Amazon-Verkäufer ist auch im Ordnungsmittel-Verfahren für rechtswidrige Amazon-Weiterempfehlungsfunktion haftbar
Leitsatz
Ein Händler, der über die Online-Plattform von Amazon verkauft, ist auch im Ordnungsmittelverfahren für die rechtswidrige Weiterempfehlungsfunktion von Amazon haftbar.
Tenor
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
der Firma (...),
Gläubigerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Kanzlei Dr. Bahr, Mittelweg 41 a, 20148 Hamburg,
gegen
(...),
Schuldner,
(...)
hat das Landgericht - 1. Kammer für Handelssachen - Arnsberg durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht (...) am 18.02.2015 beschlossen:
Der Schuldner (...) wird wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot gemäß Beschluss der Kammer vom 08.08.2014 zu einem Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zu Ordnungshaft von 2 Tagen (1 Tag pro 500,00 € Ordnungsgeld) verurteilt.
Der Schuldner trägt die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 €.
Entscheidungsgründe
I.
Die Kammer hat es dem Schuldner durch Beschluss vom 08.08.2014 unter Androhung der Zahlung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und - falls dieses nicht beigetrieben werden kann - von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr Sonnenschirme und / oder Sonnenschirmzubehör mittels der Zurverfügungstellung einer Weiterempfehlungsfunktion zu bewerben, wenn dies wie im Tenor der einstweiligen Verfügung vom 08.08.2014, auf den insoweit Bezug genommen wird (Bl. 14 - 19 d. A.), geschieht.
Der Beschluss wurde dem Schuldner am 21.08.2014 zugestellt.
Die Gläubigerin begehrt nunmehr die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner mit der von diesem nicht bestrittenen Behauptung, am 14.10.2014 sei feststellbar gewesen, dass auf von der Firma Amazon betriebenen Internetseiten Werbung zugunsten vom Schuldner angebotenen Sonnenschirmen erschienen sei, die weiterhin die Weiterempfehlungsfunktion aufgewiesen habe.
Im Hinblick darauf beantragt die Gläubigerin, gegen den Schuldner ein empfindliches Ordnungsgeld festzusetzen.
Der Schuldner beantragt, den Ordnungsmittelantrag der Klägerin zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass er keinen Einfluss auf die Weiterempfehlungsfunktion habe, sondern dass diese von der Fa. Amazon bereitgestellt werde. Jedenfalls fehle es - wie er meint - am für die Verhängung eines Ordnungsgeldes erforderlichen Verschulden.
Zur Ergänzung des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin hat in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang Erfolg.
1.
Die Beschlussverfügung vom 08.08.2014 ist unstreitig durch Zustellung einer beglaubigten Abschrift im Parteibetrieb wirksam zugestellt worden.
2.
Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 Abs.1 ZPO liegen vor. Das folgt daraus, dass dem Unterlassungsgebot gemäß Beschluss der Kammer vom 08.08.2014 unstreitig zuwidergehandelt wurde.
Dies rechtfertigt aus folgenden Gründen die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner:
a) Der Schuldner hat als sogenannter „mittelbarer Störer" den unstreitig vorliegenden Verstoß gegen das Unterlassungsgebot gemäß Beschluss der Kammer vom 08.08. 2014 zu verantworten. Denn der Verstoß ist auf einen willentlich geleisteten adäquat kausalen Beitrag des Schuldners zurückzuführen; auch ist er in der Lage, solche Störungen durch ihm zumutbare und erfolgversprechende Tätigkeiten zu verhindern:
aa) Ein willentlich und adäquat kausaler Beitrag zu der Rechtsverletzung durch den Schuldner ist zu bejahen. Denn ohne jegliche Auftragserteilung durch ihn an die Fa. Amazon wäre eine entsprechende Veröffentlichung nicht erschienen.
bb) Auf Grund dieses willentlich erfolgten und adäquat kausalen Beitrags traf und trifft den Schuldner eine Prüfpflicht, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit ihm als als Störer in Anspruch genommener Person nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten war (vgl. BGH, NJW2010, 2061 ff. m. z. w. N.). Im vorliegenden Fall folgt daraus, dass der Schuldner nach Zustellung der einstweiligen Verfügung gemäß Beschluss der Kammer vom 08.08.2014 verpflichtet war, dafür zu sorgen, dass die Verwendung der sog. „Weiterempfehlungsfunktion" durch die Fa. Amazon im Zusammenhang mit der Bewerbung von Angeboten des Schuldners unterblieb.
Neben dieser Verpflichtung zum Tätigwerden gegenüber der Fa. Amazon traf den Schuldner auch die Pflicht, zu kontrollieren, ob dieses Tätigwerden gegenüber der Fa. Amazon zum Erfolg führte; d. h., den Schuldner traf eine Prüfpflicht dahingehend, ob bei Bewerbung seiner Angebote durch die Fa. Amazon die Verbindung mit einer Weiterempfehlungsfunktion unterblieb; stellte der Schuldner in Verfolgung dieser Prüfpflicht fest, dass dies nicht der Fall war, musste er erneut auf die Fa. Amazon einwirken und ggfls. die Bewerbung seiner Angebote durch diese Firma gänzlich einstellen.
cc) Der unstreitig gebliebene Umstand, dass am 14.10.2014 dennoch eine Bewerbung der von ihm betriebenen Produkte durch die Fa. Amazon unter Verwendung der Weiterempfehlungsfunktion erfolgte, zeigt, dass der Schuldner dieser Prüfpflicht nicht im rechtlich gebotenen Umfang nachgekommen ist.
b) Die demnach vorliegende Verletzung der ihn treffenden Prüfpflicht geschah auch schuldhaft.
Der Schuldner genügte seiner dargelegten Verpflichtung nicht dadurch, dass er - wie er im Schriftsatz vom 27.11.2014 (Bl. 54 ff. d. A.) vortragen lässt - seinen Mitarbeiter (...) mit der Aufgabe beauftragte, alle Angebote, die sich auf Sonnenschirme und entsprechendes Sonnenschirmzubehör bezogen, von der Plattform der Fa. Amazon zu entfernen.
Die Gläubigerin legt insoweit zu Recht dar, es sei nicht ausreichend, Mitarbeiter über den Inhalt eines Unterlassungstitels zu informieren und diese aufzufordern, für eine ordnungsgemäße Umsetzung des Unterlassungstitels zu sorgen; vielmehr trifft den Schuldner persönlich die Verpflichtung, die Einhaltung dieser Anweisung zu überwachen und umzusetzen, wofür er die Darlegungs- und Beweislast trägt.
Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Schuldners nicht.
3.
Da allerdings vorliegend „lediglich" - in Fällen, in denen ein absichtlicher Verstoß vorliegt, setzt die Kammer deutlich höhere Ordnungsgelder fest - ein erstmaliger nach Wertung der Kammer eher leicht schuldhaft begangener Unterlassungsverstoß vorliegt, hält die Kammer es für angemessen, aber auch für ausreichend, die Höhe des demnach festzusetzenden Ordnungsgeldes mit einem Betrag i.H.v. 1.000,00 € zu bemessen.
III.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in den §§ 891 S. 3, 91 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung in § 3 ZPO.