Voraussetzungen für den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz (hier: Steckdübel)

Oberlandesgericht Frankfurt_aM

Urteil v. 04.10.2018 - Az.: 6 U 179/17

Leitsatz

Voraussetzungen für den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz (hier: Steckdübel)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.10.2017 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.

Die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Instanzen sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten zu 1 und 3 zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 hat die Klägerin zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten zu 1 und 3 können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 260.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit angeblich nachgeahmten Stecktechnikprodukten.

Die in Österreich geschäftsansässige Klägerin stellt her und vertreibt seit mehr als 30 Jahren so genannte Stecktechnikprodukte. Diese dienen der Befestigung von Kunststoffrohren und Leitungen für die Elektroinstallation und können mittels einer besonderen Stecktechnik ohne weitere Hilfsmittel unmittelbar in einem Bohrloch verankert werden. Diese Art der Befestigung wird durch besonders geformte Spreizelemente - sogenannte Exzenterzähne - an der Außenseite der Steckelemente ermöglicht, die bis zum Jahr 2004 durch ein Patent geschützt waren. Zum Stecktechniksortiment der Klägerin zählen unter anderem Klemmschellen, Doppelsteckschellen, Einzelsteckschellen und Klemmbügel.

Die Beklagte zu 1 war bis Ende des Jahres 2009 exklusive Vertriebspartnerin der Klägerin in Deutschland. Geschäftsführer der Beklagten zu 1 war bis zum 6.9.2011 der Beklagte zu 2 und ist seit dem 16.6.2011 der Beklagte zu 3. Spätestens im September 2009 begann die Beklagte zu 1 mit der eigenen Fertigung von Stecktechnikprodukten, deren Vertrieb sie im Jahr 2010 aufnahm.

In einem vorausgegangenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt wurden die Beklagten mit Urteil vom 28.9.2011 zur Unterlassung des Vertriebs unlauterer Nachbildungen von Stecktechnikprodukten verurteilt (2-06 O 591/10; Anlage K2). Gegen diese Entscheidung legten die Beklagten Berufung ein. Im Berufungsverfahren erweiterte die Klägerin ihre Klage auf modifizierte Ausführungsformen der Produkte der Beklagten zu 1. Diese Ausführungsformen entsprechen den angegriffenen Produkten im vorliegenden Rechtsstreit (Anlage A). Der Senat änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage ab. Die Anschlussberufung der Klägerin wies er zurück (6 U 204/11; Anlage K5). Auf die Revision der Klägerin wurde das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (BGH GRUR 2015, 909 - Exzenterzähne). Im wieder eröffneten Berufungsverfahren nahmen die Beklagten ihre Berufung zurück. Dadurch verlor auch die Anschlussberufung ihre Wirkung (§ 524 IV ZPO).

Die Produkte der der Klägerin und die (modifizierten) Produkte der Beklagten zu 1 sind auf den nachfolgenden Abbildungen dargestellt: (...)

Klägerin: (...)

Beklagte zu 1 (Anlage A): (...)

Die Klägerin mahnte die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 31.1.2017 hinsichtlich der streitgegenständlichen Produkte ab (Anlage K9). Sie ist der Ansicht, es handle sich um Nachahmungen ihrer Produkte. Sie verlangt von den Beklagten Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).

Das Landgericht Frankfurt hat die Beklagten - unter Abweisung der Klage im Übrigen - wie folgt verurteilt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, die in Anlage A wiedergegebenen Nachbauten von Stecktechnikprodukten der Klägerin in den Verkehr zu bringen, zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben sowie in den Verkehr bringen, bewerben, anbieten und/oder vertreiben zu lassen.

2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, der Klägerin ab dem Zeitraum vom 24.01.2012, der Beklagte zu 3) ab dem Zeitraum vom 21.08.2016 Auskunft über Art und Umfang der unter Ziffer 1 bezeichneten Verletzungshandlungen zu erteilen, insbesondere unter Angabe

a) der Menge der hergestellten oder ausgelieferten Produkte gemäß Ziffer 1 sowie der hiermit erzielten Umsätze, gegliedert nach Kalendervierteljahren unter Angabe von Liefermengen, -preisen und -zeit;

b) von Art und Umfang der Werbeträger, insbesondere Zeitschriften, Prospekte und sonstige Werbematerialien, in oder auf denen die unter Ziffer 1 genannten Produkte abgedruckt oder beworben sind, gegliedert nach Kalendervierteljahren und Art der Werbeträger sowie von Auflage und Empfänger der Werbeträger

sowie

Rechnung zu legen über die Geschäfte, welche unter Verwendung der Produkte gemäß Ziffer 1 getätigt wurden.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen - die Beklagten zu 1) und 2) jedoch nur in einem Zeitraum ab dem 24.01.2012, der Beklagte zu 3) ab dem 21.08.2016 - 'der dieser durch die vorstehend in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Gegen diese Beurteilung wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.10.2017, Az. 3-06 O 47/17 in vollem Umfang kostenpflichtig abzuweisen;

hilfsweise hierzu

1. den Beklagten zu gestatten, die vorläufige Vollstreckung des Urteils durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden;

hilfsweise hierzu

das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung der Klägerin für vorläufig vollstreckbar zu erklären;

2. den Beklagten im Hinblick auf eine Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von diesem zu bezeichnenden, Ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmt bezeichnete Lieferung oder ein bestimmt bezeichneter Abnehmer oder ein bestimmt bezeichneter Empfänger eines Angebots in der Rechnung enthalten ist.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Akten des Verfahrens 2/6 O 591/10, 6 U 204/11 sind zu Informationszwecken beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat nur die Berufung des Beklagten zu 2 Erfolg.

1. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagten zu 1 und 3 ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, 3, 4 Nr. 3 a) UWG hinsichtlich der angegriffenen Produkte (Anlage A) zusteht.

a) Der ergänzende wettbewerbliche Leistungsschutz kommt auch für die Klägerin als österreichisches Unternehmen in Frage. Denn die Klägerin gehört einem Verbandsland der A Verbandsübereinkunft an und kann sich damit auf den Grundsatz der Inländergleichbehandlung berufen, Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 PVÜ (vgl. BGH GRUR 1992, 523 Rn. 13 - Betonsteinelemente; Ullmann, jurisPR-WettbR 9/2015, Anm. zu BGH, Urt. v. 22.1.2015 - I ZR 107/13 - Exzenterzähne).

b) Das Anbieten einer Nachahmung kann nach § 4 Nr. 3 UWG(§ 4 Nr. 9 UWGa.F.) wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände - wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (Buchst. a) oder eine unangemessene Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (Buchst. b) - hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr., BGH, GRUR 2017, 79 Rn. 40, 62 - Segmentstruktur).

c) Die Befestigungselemente der Klägerin (Anlage K4) verfügen über wettbewerbliche Eigenart. Die für den Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG 2008, § 4 Nr. 3 UWG n.F. erforderliche wettbewerbliche Eigenart ist gegeben, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 18 - Einkaufswagen III; GRUR 2016, 725 Rn. 15 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II). Dabei kommt es auf den Gesamteindruck einer Gestaltung an, wobei auf die Verkehrsanschauung abzustellen ist (BGH, GRUR 2017, 79 Rn. 52, 59 - Segmentstruktur). Die Merkmale, die eine wettbewerbliche Eigenart begründen, müssen vom Kläger konkret vorgetragen werden (BGH, aaO - Segmentstruktur, Rn. 58).

aa) Die Klägerin hat dargelegt, dass die wettbewerbliche Eigenart aus der Kombination der (ins Bohrloch zu verbringenden) Steckelemente und den (an der Oberfläche verbleibenden, zur Aufnahme von Rohren oder Kabeln dienenden) Befestigungselementen folgt. Dabei hat sie exemplarisch ihre "Dübelklemmschelle" den auf dem deutschen Markt erhältlichen Konkurrenzprodukten gegenübergestellt (Abb. 2, Klageschrift S. 6).

(...)

Auch für ihre "Doppelklemmschelle", ihre "Einfachsteckschelle" und ihren "Klemmbügel" verweist sie auf Abbildungen, die die Unterschiede zu Wettbewerbsprodukten und die Einzigartigkeit ihrer Produkte verdeutlichen sollen (Schriftsatz vom 17.8.2017, S. 4, 5, 8-11; Bl. 151, 152, 155-158 d.A.). Als besonders charakteristisch und für den Gesamteindruck prägend sieht sie die sog. Exzenterzähne am Steckelement an.

bb) Tatsächlich begründen die formgebenden Gestaltungsmerkmale der Steckprodukte vorliegend eine wettbewerbliche Eigenart. Zu differenzieren ist zwischen zwei Merkmalsgruppen: Den Steckelementen, die ins Bohrloch gesteckt und dort für die Verankerung sorgen, sowie den an der Außenseite der Wand oder Decke verbleibenden Befestigungselementen.

(1) Zu beachten ist, dass technisch notwendige Merkmale - also solche, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen - keine wettbewerbliche Eigenart begründen können. Die Übernahme solcher - nicht oder nicht mehr unter Sonderrechtsschutz stehender - Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden (BGH GRUR 2015, 909 Rn. 18 - Exzenterzähne). Sind technisch bedingte Merkmale jedoch frei austauschbar, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind, können sie eine wettbewerbliche Eigenart (mit)begründen. Dies gilt auch dann, wenn sie Gegenstand eines abgelaufenen Sonderrechtsschutzrechtes (Patent) waren (BGH aaO Rn. 23). Insbesondere können sie in Kombination mit anderen Merkmalen zur wettbewerblichen Eigenart beitragen.

(2) Die Steckelemente sind bei allen in Rede stehenden Produktvarianten der Klägerin gleich ausgebildet. Die Spreizkörper der Steckelemente sind Gegenstand des im Jahr 2004 abgelaufenen Patentschutzes (Patentanspruch 1, kennzeichnender Teil). Sie weisen sog. Exzenterzähne auf, die für einen besonders sicheren und belastbaren Halt sorgen sollen (vgl. Europäische Patentanmeldung, Anlage B37). Wird Zug auf das Befestigungselement ausgeübt, drehen sich die Zähne ähnlich wie Widerhaken nach außen und verkanten sich im Bohrloch. Diese Gestaltung ist nicht zwingend notwendig, um den verfolgten technischen Zweck zu erfüllen. Gegen eine technische Notwendigkeit sprechen die Abbildungen auf S. 6 der Klageschrift und auf S. 4 - 8 des Schriftsatzes vom 17.8.2017 (Bl. 151 ff. d.A.). Dort sind verschiedene Steckdübel anderer Hersteller abgebildet, die jeweils eine andere Zahngestaltung aufweisen. Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, mit den abweichenden Gestaltungen gehe eine deutliche Qualitätsminderung einher (Klageerwiderung vom 16.6.2017, S. 32 ff.; Bl. 100 ff. d.A.). Diese würden nicht allen Lastfällen standhalten. Die B-Produkte der Klägerin hielten Zugkräften bis 40 kg stand (Anlage B38). Verschiedene Konkurrenz-Produkte hielten nur deutlich geringeren Lasten stand (Anlagen B39 - B42). Dieser Vortrag reicht nicht aus, um die technische Notwendigkeit zu begründen. Die Befestigungselemente dienen in erster Line der Arretierung von Elektrokabeln und Führungsrohren. Es ist nicht ersichtlich, dass die Zugkraft der Wettbewerbsprodukte diesem Hauptanwendungsbereich nicht standhalten bzw. dass die Produkte der Klägerin für einen speziellen Einsatzzweck konzipiert sind, der von den Wettbewerbsprodukten nicht erfüllt wird. Vielmehr sind die Produkte aus Sicht des Verkehrs in technischer Hinsicht austauschbar, selbst wenn die Produkte der Klägerin höheren Zugkräften standhalten sollten. Auf die Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

(3) Die konkrete Gestaltung der Befestigungselemente folgt ebenfalls keiner zwingenden technischen Notwendigkeit. Nach der Rechtsprechung des BGH reicht es dafür jedenfalls nicht aus, dass Form, Proportionen, Krümmung und Winkel der Schlaufen, Haken und Anker maßgeblich durch ihre technische Funktion vorgegeben sind, sofern gleichwohl ein begrenzter Gestaltungsspielraum verbleibt (BGH aaO - Exzenterzähne, Rn. 26). Es ist zu differenzieren zwischen den verschiedenen Produktvarianten.

(a) Bei den Dübelklemmschellen sprechen für einen verbleibenden Gestaltungsspielraum die Abbildung 2 auf S. 6 der Klageschrift und die Abbildungen auf S. 4 - 8 des Schriftsatzes vom 17.8.2017. Daraus ist ersichtlich, dass die Schlaufe neben der schlichten ovalen Form auch rund ausgebildet werden kann. Die ovale Ausgestaltung ist nicht für die benötigte Vorspannung technisch notwendig. Aus der Patentbeschreibung (Anlage B37, dort S. 6, Rn. 20) ergibt sich, dass eine Spreizwirkung auch durch andere Maßnahmen, etwa die Schrägstellung der Schenkel, erreicht werden kann. Diese Angabe bezieht sich auf eine besondere Ausführungsform, der gerade keine ovale, sondern eine runde Schlaufe zugrunde liegt (vgl. Fig. 10).

(b) Bei den Doppelsteckschellen, Einfachsteckschellen und Klemmbügeln sprechen die Abbildungen auf S. 4 - 8 des Schriftsatzes vom 17.8.2017 für einen gewissen Gestaltungsspielraum. Zwar werden die Grundproportionen dieser Elemente eindeutig durch ihre Funktion vorgegeben. In den Details (Durchbrechungen, Riffelungen, Stege) verbleiben jedoch Variationsmöglichkeiten. Bei den Doppelsteckschellen lassen sich die Haltebögen runder oder flacher ausbilden. Die Bögen können ansatzlos oder abgesetzt verbunden werden. Auf ähnliche Art lassen sich die Einfachsteckschellen variieren. Die Klemmbügel können massiv oder durchbrochen ausgebildet werden. Die Enden können unterschiedlich gestaltet werden.

cc) Im Ergebnis sind damit weder die Form der Steckelemente noch jene der Befestigungselemente vollständig durch technische Notwendigkeiten vorgegeben. Die prägenden Merkmale bestehen zunächst in der charakteristischen Ausgestaltung der Exzenterzähne, die sich von den aus der Akte ersichtlichen Gestaltungen der Konkurrenzprodukte deutlich abheben. Bei den Befestigungselementen wird der Gesamteindruck zusätzlich durch folgende Merkmale mitbestimmt:

- die minimalistische ovale Schlaufe bei den Dübelklemmschellen;

- der Steg zwischen den beiden Bögen der Doppelsteckschellen;

- der mit einem harnischförmigen Aufsatz versehene Bogen der Einfachsteckschellen;

- die seitlichen Durchbrechungen des Bogens der Klemmbügel.

Diese Merkmalskombination (Steckelement mit speziellen Exzenterzähnen und Zusatzmerkmal am jeweiligen Befestigungselement) erscheint geeignet, auf die betriebliche Herkunft der Produkte aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich bei dem angesprochenen Verkehr um Fachkreise handelt, die Produkten aus ihrem Fachgebiet mit einem höheren Grad an Aufmerksamkeit begegnen. Sie haben einen geschärften Blick für besonders charakteristische Merkmale, wie die Gestaltung der Exzenterzähne am Schaft. Bei diesen Abnehmern, die die Produkte in großen Stückzahlen einsetzen, fällt es auch nicht ins Gewicht, dass es sich durchweg um Massenartikel im Cent-Bereich handelt. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, dass Großabnehmer ihren Kunden für diese Produkte ein sog. C-Teile-Management anbieten, bei dem das Lager des Kunden regelmäßig ohne dessen aktive Auswahl bestückt wird. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass es den Endabnehmern - Elektroinstallateuren - nicht darauf ankommt, welches konkrete Produkt sie erhalten und welchen Ruf und welche Qualität dieses genießt. Ebenso kann nicht angenommen werden, dass die Elektroinstallateure sich allein auf die Qualitätsstandards der Großhändler und deren Auswahlentscheidung verlassen und deshalb keinen Wert auf den Hersteller legen. Aus den vorgelegten Internetausdrucken der Großhändler (Anlagen B2-11) geht vielmehr hervor, dass die Anbieter betonen, auf die individuellen Wünsche des Kunden einzugehen und eine individuelle Anpassung des Sortiments zu ermöglichen.

dd) An der wettbewerblichen Eigenart fehlt es auch nicht deshalb, weil die Produkte der Klägerin unter verschiedenen Kennzeichnungen vertrieben werden. Eine wettbewerbliche Eigenart ist allerdings zu verneinen, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 11 - Exzenterzähne). Dies ist der Fall, wenn ein- und dasselbe Produkt in großem Umfang von verschiedenen Unternehmen jeweils unter eigener Kennzeichnung vertrieben wird. Für die wettbewerbliche Eigenart kommt es zwar nicht darauf an, ob der Verkehr den Hersteller der Ware namentlich kennt; erforderlich ist aber, dass der Verkehr annimmt, die Ware stamme von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder sei von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden. Verschiedene Kennzeichen stehen einer solchen Herkunftsvorstellung allerdings nur dann entgegen, wenn sie vom Verkehr als Herstellermarke und nicht nur als Handelsmarke angesehen werden (Senat, WRP 2018, 237Rn. 35 - Wecker; BGH, GRUR 2017, 734 Rn. 41 - Bodendübel; GRUR 2015, 909  Rn. 14 - Exzenterzähne).

(1) Im Streitfall werden von den Produkten der Klägerin verschiedene Verkehrskreise angesprochen. Zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören nicht nur die Endabnehmer, sondern auch die Abnehmer auf vorgelagerten Vertriebsstufen (BGH aaO - Exzenterzähne Rn. 15). Die Produkte der Beklagten zu 1 werden zu 90% von Großhändlern abgenommen. Über Jahrzehnte (bis Ende 2009) verkaufte die Beklagte zu 1 diesen Abnehmern exklusiv die Produkte der Klägerin, bis sie schließlich eigene Produkte herstellte. Auf die Frage der Kennzeichnung mit Drittmarken kommt es bei den Großabnehmern nicht an. Sie beziehen die Produkte entweder direkt von den Herstellern oder sind aufgrund ihrer Marktkenntnis über Marken, die von eventuellen Zwischenhändlern stammen, ausreichend im Bilde. Im Ergebnis kann die Vorstellung der Großabnehmer offen bleiben. Für die streitgegenständlichen Ansprüche reicht es aus, wenn die Endabnehmer (Elektroinstallateure) einer Herkunftstäuschung unterliegen.

(2) Die Großhändler vertreiben die Produkte der Beklagten an Elektroinstallateure weiter, wobei sie die Produkte zum Teil mit ihren Eigenmarken kennzeichnen (Anlage B34). Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es darauf an, ob die Elektroinstallateure die Drittmarken als Herstellermarken oder als Handelsmarken auffassen. Die Beklagten räumen selbst ein, dass die fraglichen Marken von den angesprochenen Fachkreisen eindeutig als Handelsmarken identifiziert werden (Firmen BTI, Förch, Berner, Würth und reca) (vgl. Bl. 97 d.A.). Damit steht fest, dass bei diesen Produkten eine Herkunftsvorstellung zu einem bestimmten Unternehmen nicht schon an der Kennzeichnung mit unterschiedlichen Drittmarken scheitert. Der Ansicht der Beklagten, die Identifizierung als Handelsmarke sei nicht maßgeblich, weil Elektroinstallateure davon ausgingen, dass auch die Großhändler jeweils eigene Hersteller mit der Produktion dieser Produkte beauftragen, die nicht aufwändig zu fertigen sind, kann nicht beigetreten werden. Aus den oben genannten Gründen sind die prägenden Gestaltungsmerkmale der Produkte geeignet, auf die betriebliche Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Den Beweisantritten der Beklagten musste nicht nachgegangen werden (Bl. 97, 98 d.A.).

ee) Die wettbewerbliche Eigenart ist auch nicht nachträglich weggefallen oder eingeschränkt worden.

Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann entfallen, wenn der Verkehr dessen prägende Gestaltungsmerkmale aufgrund der Marktverhältnisse nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einem mit diesem durch einen Lizenz- oder Gesellschaftsvertrag verbundenen Unternehmen zuordnet (vgl. BGH GRUR 2018, 311 Rn. 20 - Handfugenpistole; BGH, GRUR 2007, 984 Rn. 23, 25 und 32 - Gartenliege). Dies kommt in Betracht, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale aufgrund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Hierfür kann es unter Umständen sprechen, wenn Nachahmungsprodukte auch von Drittanbietern in großen Stückzahlen vertrieben werden (BGH aaO - Gartenliege, Rn. 26).

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten in diesem Zusammenhang auf die Stecktechnikprodukte der Fa. C GmbH, die nach ihrem Vortrag seit dem Jahr 2016 - jedenfalls in der Ursprungsversion - auf dem Markt sind (Anlage B30, B31). Die Klägerin hat die Fa. C GmbH abgemahnt und gegen sie ein einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet. In der Folge kam es zu einer Verständigung. Es wurde eine Abgrenzung der Produkte erarbeitet. Die (neue) Ausführungsform der C weist eine Verbreiterung des Kopfendes und gezackte Hervorhebungen auf dem Befestigungselement auf. Das - besonders prägende - Steckelement mit zumindest ähnlichen Exzenterzähnen findet sich allerdings auch bei den Produkten der C. Hinsichtlich der Gestaltung wird auf die Abbildungen in den Anlagen B30, B31 sowie auf die nachfolgende schematische Abbildung verwiesen (vgl. Schriftsatz v. 12.7.2017, S. 11, Bl. 124 d.A.):

(...)

Aufgrund der jahrzehntelangen Marktpräsenz der Klägerin kann gleichwohl davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Fachkreise die Produkte von den Originalprodukten der Klägerin noch unterscheiden. Die gezackten Hervorhebungen sind durchaus markant und bewirken bei dem Anwender (Elektroinstallateur) auch haptisch einen anderen Eindruck.

Der Umstand, dass die Klägerin der Fa. C gestattet hat, das Steckelement ihres Produkts mit Exzenterzähnen zu versehen, die denen des Produkts der Klägerin hochgradig ähneln, birgt allerdings die Möglichkeit in sich, dass die wettbewerbliche Eigenart der Steckelemente der Klägerin künftig insoweit eine Einschränkung erfahren könnte, als die - nunmehr auch von einem anderen Anbieter verwendeten - Exzenterzähne kein charakteristisches, auf einen bestimmten Hersteller hinweisendes Merkmal mehr sind und daher die wettbewerbliche Eigenart nicht mehr (mit-)begründen. Davon wäre jedoch erst dann auszugehen, wenn die C-Steckelemente sich in großem Umfang auf dem Markt befinden; denn nur unter dieser Voraussetzung kann es zu einer für die wettbewerbliche Eigenart relevanten Beeinflussung der Verkehrsauffassung kommen (vgl. für den bereits angesprochenen Fall des Vertriebs unter mehr als nur einer Herstellermarke BGH aaO - Exzenterzähne, Rn 14). Dass die C-Produkte in dem relativ kurzen Zeitraum von zweieinhalb Jahren die demnach erforderliche Marktbedeutung erreicht haben, kann nach dem Sach- und Streitstand nicht angenommen werden. Der Umstand, dass es sich bei der C GmbH nach dem Vortrag der Beklagten um ein größeres Unternehmen mit nahezu 100 Mitarbeitern und erheblichem Umsatz handelt, genügt insoweit nicht. Das gleiche gilt für den Umstand, dass die C ca. 22.000 Installateure zu ihren Kunden zählt. Das Unternehmen befasst sich nicht nur mit Kabelbefestigungssystemen, sondern ist ein Vollsortimenter für das Elektrohandwerk. Zu seinen Produkten gehören Zählerschränke, Industriegehäuse, Dosen, Brandschutzsysteme, etc. (Anlage B56). Wie sich die Lage in Zukunft nach weiterem Zeitablauf darstellen wird, hat der Senat nicht zu beurteilen. Maßgeblich ist der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung.

ff) Der Grad der wettbewerblichen Eigenart der Produkte der Klägerin ist von Haus aus eher gering. Es handelt sich um technisch nicht besonders aufwendig herzustellende Verbrauchsprodukte, deren Gestaltung in nicht unerheblichem Maße durch die Funktion vorgegeben ist. Es kann aber angenommen werden, dass der Grad der Eigenart durch Bekanntheit bei den Elektroinstallateuren als Endabnehmern gesteigert wurde und daher im Ergebnis als durchschnittlich einzustufen ist. Dafür spricht, dass die Produkte der Klägerin seit über 30 Jahren vertrieben werden. Sie erscheinen in den Preislisten namhafter Großhändler (vgl. Schriftsatz vom 17.8.2017, S. 12, Bl. 139 d.A.). Unstreitig war die Klägerin mit ihren Produkten auf allen bedeutenden Messen in ihrem Tätigkeitsbereich vertreten (vgl. Schriftsatz vom 9.11.2015, 6 U 204/11). Die Produkte wurden - während der Zeit der Vertriebspartnerschaft - auch von der Beklagten zu 1 beworben, etwa auf der wichtigen Leitmessen "D" (vgl. Berufungserwiderung S. 3). Vor diesem Hintergrund bedurfte es entgegen der Ansicht der Beklagten keines genauen Vortrags zu Stückzahlen, Umsätzen und Marktanteilen. Es ist davon auszugehen, dass die Produkte im Markt bekannt sind.

d) Die Beklagte zu 1) hat die Produkte der Klägerin nachgeahmt (Anlage K3; Anlage A). Sie stellt Dübelklemmschellen, Doppelsteckschellen, Einfachsteckschellen und Klemmbügel her, die von den prägenden Gestaltungsmerkmalen der Erzeugnisse der Klägerin Gebrauch machen und den gleichen Gesamteindruck erzeugen. Es ist von einem hohen Grad an Nachahmung auszugehen. Insoweit kann auf die Feststellungen im ersten Berufungsurteil im vorausgegangenen Verfahren Bezug genommen werden.

aa) Gut erkennbar sind die Merkmale in der fotografischen Gegenüberstellung auf Bl. 193-198 d.A. Die Steckelemente weisen die charakteristischen Exzenterzähne auf. Sie unterscheiden sich lediglich dadurch, dass sie im vorderen Teil des Steckelements einen durchgehenden Bereich ohne Zähne aufweisen. Dieser Unterschied fällt nicht ins Gewicht. Es ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der Regel nicht beide Produkte nebeneinander sehen, sondern nur einen Erinnerungseindruck von dem Original haben. Dabei wird der Gesamteindruck vor allem durch das Vorhandensein der Exzenterzähne bestimmt, nicht durch eher unauffällige Details der Befestigungsmittel.

bb) Bei den Befestigungselementen wurden ebenfalls nahezu alle wesentlichen Merkmale übernommen. Dies gilt für die minimalistische ovale Schlaufe bei den Dübelklemmschellen, den mit einem harnischförmigen Aufsatz versehenen Bogen der Einfachsteckschellen und die seitlichen Durchbrechungen des Bogens der Klemmbügel. Unterschiede finden sich nur bei genauem Hinsehen. Sie wirken sich auf den Gesamteindruck nicht aus. Einzig bei den Doppelsteckschellen fehlt es an dem Steg zwischen den beiden Bögen. Da sich das Produkt ansonsten in die Produktreihe nahtlos einreiht, wird der Verkehr jedoch auch diesem Unterschied keine Beachtung schenken. Er wird allenfalls von einer Modellvariante des Originalprodukts ausgehen. Dies kann der ständig mit Nachahmungsfällen befasste Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Der Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht. Auch die hier maßgeblichen Fachkreise, die den Produkten ihres Arbeitsbereichs mit einer erhöhten Aufmerksam begegnen, werden bei dieser Sachlage von einem nahezu identischen Gesamteindruck ausgehen.

e) Aufgrund der hohen Übereinstimmung der Produkte der Beklagten zu 1 mit den Original-Produkten in den prägenden Merkmalen ist von einer Herkunftstäuschung bei den angesprochenen Elektroinstallateuren als Endabnehmern auszugehen. Die Herkunftstäuschung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte zu 1 die Verpackung ihrer Produkte mit ihrer eigenen Wort-/Bildmarke und der Angabe "X GmbH" kennzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass die Abnehmer darin nur eine Handelsmarke sehen. Dafür spricht, dass die Beklagte jahrelang in die Vertriebsstruktur der Klägerin eingegliedert war. Auf der Ebene der Großabnehmer war es üblich, die Produkte ebenfalls mit Eigenmarken zu versehen. Außerdem wurde das Werbematerial (Aufmachung der Kataloge und Slogan "Zack sitzt!") so gewählt, dass der Wandel der Beklagten von der Großhändlerin zur Herstellerin unauffällig war (vgl. Schriftsatz vom 17.8.2017, Bl. 163 d.A. und Anlagen K14, K15). Nichts anders ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag die Abnehmer im Jahr 2009 über den Wechsel zur Eigenherstellung informiert hat (Klageerwiderung vom 16.6.2017, S. 11, 17; Bl. 79, 85 d.A.). Über Inhalt, Form und Adressatenkreis dieser Information hat die Beklagte nichts Genaueres vorgetragen. Schon deshalb kommt es auf den angebotenen Beweis nicht an. Jedenfalls reichte diese Maßnahme nicht aus, da die Produkte im wesentlichen unverändert blieben und damit aus Sicht des Verkehrs die Produkte in ganz ähnlicher Ausstattung weitervertrieben wurden. Es kann offen bleiben, ob auch die Großhändler, die in der Regel wissen, von welchem Hersteller sie ihre Ware beziehen, einer Herkunftstäuschung unterliegen. Ausreichend ist, dass es zu einer Herkunftstäuschung auf Seiten der Endabnehmer (Elektroinstallateure) kommen kann.

f) Es fehlt auch nicht an der Unlauterkeit. Die Herkunftstäuschung ist vermeidbar. Die Vermeidbarkeit ist anzunehmen, wenn die Herkunftstäuschung durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Dies ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. An der Vermeidbarkeit fehlt es im Streitfall nicht im Hinblick auf eine technische Notwendigkeit und den abgelaufenen Patentschutz der Steckelemente (BGH aaO - Exzenterzähne, Rn. 31). Zur Unvermeidbarkeit führt auch nicht der Umstand, dass die Befestigungselemente nicht mit einer deutlich sichtbaren Kennzeichnung versehen werden können (BGH aaO - Exzenterzähne, Rn. 33). Die Ausweichmöglichkeiten sind zwar begrenzt, weil die Form der Steckelemente stark durch ihre Funktion beeinflusst wird. Das Merkmal der speziell ausgestalteten Exzenterzähne gehört zum freien Stand der Technik. Gleichwohl erscheinen deutlichere Abweichungen möglich. Zumindest im Hinblick auf ästhetische Gestaltungsmerkmale ist es in aller Regel möglich und zumutbar, auf andere Gestaltungsformen auszuweichen, um einen gewissen Abstand zum Original zu wahren (BGH aaO - Exzenterzähne, Rn. 34). So liegt es auch im Streitfall. Wie die oben eingeblendete Anlage K4 zeigt, können die Befestigungselemente optisch anders gestaltet werden, ohne die Funktion zu beeinträchtigen. Im Hinblick auf die Steckelemente ist es den Beklagten zuzumuten, entweder auf eine andere angemessene technische Lösung auszuweichen oder durch eine Kennzeichnung am Produkt selbst eine Täuschung zu vermeiden. Denkbar wären erkennbare Einprägungen, eine auffällig Färbung oder ähnliche Maßnahmen. Im Übrigen kann auf die aufgezeigten Möglichkeiten im Wettbewerbsumfeld verwiesen werden. In der Gesamtabwägung ist angesichts eines durchschnittlichen Grades an wettbewerblicher Eigenart, eines hohen Nachahmungsgrades und der Gefahr der Herkunftstäuschung von der Unlauterkeit auszugehen.

g) Der Unterlassungsanspruch ist nicht verjährt. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin vertreibt die Beklagte zu 1 die aus der Anlage A ersichtlichen Produkte "bis heute" (vgl. Schriftsatz vom 17.8.2017, Bl. 163 d.A.). Sie hat den aktuellen Katalog der Beklagten zu 1 vorgelegt (Anlage K14, K15). Zwar kann nicht von einer sog. "Dauerhandlung" ausgegangen werden, bei der die Verjährung nicht beginnen kann, solange der Eingriff noch fortdauert (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 11 Rn. 1.21). Als Dauerhandlungen können nur einheitliche Handlungsakte wie z.B. das Einstellen und Belassen einer wettbewerbswidrigen Werbung in das Internet angesehen werden (vgl. BGH GRUR 2007, 631 Rn. 21 - Abmahnaktion; GRUR 2013, 1161 Rn. 29 - Hard Rock Cafe). Der fortlaufende Vertrieb von Produkten stellt sich jedoch als eine Vielzahl von Einzelhandlungen dar (vgl. Senat, Urt. v. 5.10.2017 - 6 U 141/16; BGH GRUR 1999, 751 - Güllepumpen). Für den Beginn der jeweiligen Verjährungsfrist ist an den Zeitpunkt der einzelnen Handlung anzuknüpfen. Die Vertriebshandlungen wurden in unverjährter Zeit fortgesetzt.

2. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht Schadensersatz gegenüber der Beklagten zu 1 ab dem 24.1.2012 zugesprochen (§ 9 UWG). Der Schadensersatzanspruch für die Zeit zwischen dem 24.1.2012 und dem 21.8.2016 ist nicht verjährt.

a) Mit der vorliegenden Klage konnten grundsätzlich nur Ansprüche gehemmt werden, die nicht früher als sechs Monate vor Klageerhebung entstanden sind. Die Klage wurde am 21.2.2017 eingereicht und demnächst zugestellt (§ 167 ZPO). Insoweit wäre also auf den Zeitpunkt des 21.8.2016 abzustellen.

b) Die Verjährung wurde jedoch bereits durch das frühere Verfahren der Parteien (6 U 204/11) gehemmt. Den Beklagten ist mit Urteil vom 28.9.2011 untersagt worden, Vorgängerprodukte der hier angegriffenen Produkte anzubieten (2-06 O 591/10, Anlage K2). Gegen dieses Urteil hatten die Beklagten Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 23.5.2012 hatte die Klägerin Anschlussberufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 23.7.2012 hatte sie die Klage hinsichtlich der abgewandelten, auch hier streitgegenständlichen Produkte erweitert. Mit Urteil vom 25.4.2013 hat der Senat unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage insgesamt abgewiesen (6 U 204/11, Anlage K5). Der BGH hat diese Entscheidung mit Urteil vom 22.1.2015 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Senat hat am 10.11.2016 im neuen Berufungsrechtszug verhandelt. Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.1.2017 ihre Berufung zurückgenommen.

aa) Nach § 524 IV ZPO hat die Anschließung - einschließlich der erstmals in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung (vgl. BGH NJW 2017, 2623 Rn. 8) - damit zwar ihre Wirkung verloren. Der Grund hierfür ist die Unselbständigkeit der Anschlussberufung. Gleichwohl endete nach § 204 Abs. 2 BGB die durch die Rechtshängigkeit bewirkte Hemmung der Verjährung erst sechs Monate nach der Beendigung "des eingeleiteten Verfahrens". Auf die Art der Beendigung des Verfahrens kommt es nicht an. Die Bestimmung sieht für alle Verfahren eine einheitliche Regelung vor (Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 204 Rn. 33). Selbst wenn der durch die Hemmung Begünstigte die Klage zurücknimmt, kommt er in den Genuss der sechsmonatigen Fortwirkung der Hemmung (BGH NJW 2004, 3772 Rn. 12). Die Hemmung der Verjährung entfällt nicht rückwirkend (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 31.8.2017 - 2 Sa 243/16 Rn. 77 - juris). Dies gilt auch im Falle der Berufungsrücknahme durch die andere Partei in Ansehung der Ansprüche, die Gegenstand der Anschlussberufung waren.

bb) Es kommt auch nicht darauf an, dass der BGH das Urteil des Senats, mit dem die Klageerweiterung zugelassen wurde, aufgehoben hat. Die Klageerweiterung war zulässig. Die Anschlussberufung kann noch nach Ablauf der Einlegungsfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die fristgerecht eingereichte Anschlussberufungsbegründung gedeckt ist (BGH NJW 2005, 3067). Der Hemmungstatbestand ist damit wirksam entstanden.

3. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht einen akzessorischen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1 zugesprochen (§§ 242, 259 I BGB). Zu Recht hat es auch einen Wirtschaftsprüfervorbehalt abgelehnt. Es wurde nicht hinreichend dargelegt, dass von den beantragten Auskünften geheimhaltungsbedürftige Informationen betroffen sind, die die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehalts rechtfertigen könnten. Die Beklagte zu 1) beliefert nach ihrem Vortrag zu 90% Großhändler, die nicht geheim sind, sondern zumindest zum Teil im vorliegenden Rechtsstreit bereits namhaft gemacht wurden. Außerdem können Kundennamen bei der Rechnungslegung ggf. geschwärzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.2010 - I ZR 130/08, Rn. 41 - juris).

4. Für den Wettbewerbsverstoß ist auch der Beklagten zu 3 als Geschäftsführer verantwortlich. Er trat am 16.6.2011 in die Rolle des Geschäftsführers ein. Ein Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGHZ 201, 344 Rn. 17- Geschäftsführerhaftung). Bei einer Maßnahme der Gesellschaft, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird, muss nach dem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen davon ausgegangen werden, dass sie von den Geschäftsführern veranlasst worden ist. Nach Ansicht des BGH ist von einem solchen typischen Geschehensablauf vorliegend auszugehen, sofern sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben (BGH aaO - Exzenterzähne, Rn. 45). Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Die Folgeansprüche hat das Landgericht gegenüber dem Beklagten zu 3 erst ab dem 21.8.2016 zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage - rechtskräftig - abgewiesen.

5. Keine Ansprüche bestehen gegenüber dem Beklagten zu 2. Insoweit war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. Er ist am 6.9.2011 aus der Geschäftsführung ausgeschieden. Die streitgegenständlichen (modifizierten) Produkte wurden erst nach dem 28.9.2011 (= Datum des erstinstanzlichen Urteils im Ausgangsrechtsstreit) angeboten. Zwar erlischt der Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht mit dem Ausscheiden aus der Geschäftsleitung. Eine Begrenzung des Anspruchs tritt lediglich insoweit ein, als der Ausgeschiedene nur nach seinen Kenntnissen zur Auskunft verpflichtet ist (BGH aaO - Exzenterzähne, Rn. 45; BGH GRUR 2013, 638 Rn. 69 - Völkl). Die Nachhaftung betrifft jedoch nur Ansprüche, die während der Tätigkeit des Geschäftsführers entstanden sind. Die Klägerin kann Schadensersatz nur für die Vertriebshandlungen in der Zeit 6 Monate vor der erstmaligen Geltendmachung der Ansprüche im Ausgangsrechtsstreit verlangen. Die erstmalige Geltendmachung erfolgte mit Schriftsatz vom 23.7.2012. Der maßgebliche Stichtag ist also der 24.1.2012. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zu 2 nicht mehr Geschäftsführer. Seine Haftung kann auch nicht mit dem Vortrag der Klägerin begründet werden, wonach "erste Vorbereitungshandlungen" für die streitgegenständliche Verletzungsform vom Beklagten zu 2 schon vor seinem Ausscheiden getroffen worden seien. Auch später sei er als Gesellschafter in unternehmerische Entscheidungen involviert gewesen. Aus diesen pauschalen Angaben kann keine Haftung für Verletzungshandlungen abgeleitet werden, die erst ab dem 24.1.2012 erfolgten. Die Handlungen betreffen ein neues Geschäftsjahr. Sie sind der neuen Geschäftsführung zuzurechnen.

6. Dem hilfsweise gestellten Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 I ZPO war nicht zu entsprechen (Hilfsantrag zu 1.). Der Beklagte zu 3 hat in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eine eidesstattliche Versicherung eingereicht, wonach die Beklagte zu 1 durch eine vorläufige Vollstreckung des Urteils alle Großabnehmer verliere, bei denen es sich um 90% ihres Kundenstamms handele. Dadurch sei ihre Existenz bedroht (Bl. 169 d.A.). Dies ist nicht ausreichend. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein neues, nicht nachahmendes Produkt keine Marktchancen haben würde. Auch dem mit dem Hilfsantrag zu 2. gestellten Antrag, die geschuldete Rechnungslegung von einem Wirtschaftsprüfervorbehalt abhängig zu machen, kann nicht entsprochen werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen (zu 3.) Bezug genommen werden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I, 100 IV ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

8. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nach der BGH-Entscheidung "Exzenterzähne" nicht mehr.