Internet-Ergebnis nach "kostenlos" indiziert nicht, dass angezeigte Werke urhebeberrechtsfrei sind

Landgericht Frankfurt_aM

Beschluss v. 03.09.2018 - Az.: 2-03 S 10/18

Leitsatz

Internet-Ergebnis nach "kostenlos" indiziert nicht, dass angezeigte Werke urhebeberrechtsfrei sind

Tenor

In dem Rechtsstreit (...) beabsichtigt die Kammer, die Berufung (...) (im Folgenden: "Beklagter") gegen das am 16.04.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az.: 29 C 2721/17 (81)) durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat sowie weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer erfordern.

Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Das Amtsgericht ist zu Recht von einer Aktivlegitimation des Berufungsbeklagten (im Folgenden: "Kläger") ausgegangen.

Der Kläger hat bereits mit seiner Klageschrift vorgetragen, dass er Urheber der streitgegenständlichen Zeichnung, die der Beklagte unstreitig verwendet hat, sei. Der Kläger hat hierfür Kopien aus der "A" vom 23.10.1998 (Anlage K2, Bl. 8 d.A.) sowie aus einer "S Studie" (Anlage K2, Bl. 9 d.A., sowie Anlage K14, Bl. 75 d.A.) vorgelegt. Auf der Zeichnung der "A" ist der Kläger mit der Bezeichnung "X" benannt, in der Studie ist zwar die Zeichnung selbst nicht mit einer Urheberkennzeichnung versehen, jedoch findet sich in dem Konvolut die Aussage "Cartoons von X".

Der Beklagte hat mit seiner Klageerwiderung vom 05.12.2017 vorgetragen, dass sich die streitgegenständliche Zeichnung auf der Webseite des Klägers nicht finden lasse. Die Bilder kursierten im Internet teilweise mit der Unterschrift des Klägers und teilweise ohne Unterschrift. Ferner sei die Unterschrift auf den Bildern teilweise an verschiedenen Stellen zu finden. Der Beklagte habe die Zeichnung mit der russischen Suchmaschine Yandex unter Verwendung der Suchbegriffe "Autounfallbilder kostenlos" gefunden.

Das Amtsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.01.2018 (Bl. 78 d.A.) eine vom Kläger vorgelegte Broschüre in Augenschein genommen, wobei die im Protokoll vermerkte Beschreibung der Anlage K2, Bl. 9, 10 d.A.) entspricht.

Das Amtsgericht ist von der Aktivlegitimation des Klägers ausgegangen. Zur Begründung hat es angeführt:

"Die Urheberschaft des Klägers ergibt sich bereits aus § 10 Abs. 1 UrhG. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eine Broschüre der S Studien vorgelegt, die den streitgegenständlichen Cartoon enthält und in der ausdrücklich der Kläger als dessen Urheber benannt ist."

Der Beklagte führt hiergegen in seiner Berufungsbegründung an, dass der Kläger im Hinblick auf seine Urheberschaft beweisfällig geblieben sei. Er habe nicht das Original der Zeichnung vorgelegt, sondern lediglich eine Kopie in Form einer 30 Jahre alten Zeitschrift. Diese Abbildungen würden sich jedoch von anderen vom Kläger vorgelegten Bildern insoweit unterscheiden, dass die Unterschriften an unterschiedlicher Stelle angebracht seien.

Nach Einschätzung der Kammer dringt die Berufung mit diesem Vorbringen nicht durch.

Nach § 10 Abs. 1 UrhG gilt eine Vermutung für denjenigen, der auf einem Vervielfältigungsstück eines Werkes in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist. Voraussetzung ist dementsprechend, dass die Urheberbezeichnung auf einem Vervielfältigungsstück eines erschienenen Werkes angebracht ist (Schricker/Loewenheim-Loewenheim/Peifer, UrhG, 5. Aufl. 2017, § 10 Rn. 7) und an der üblichen Stelle erfolgt (Schricker/Loewenheim-Loewenheim/Peifer, a.a.O., § 10 Rn. 8).

Dabei kann die Urhebernennung z.B. bei ins Internet eingestellten Werken erfolgen, indem der Urheber auf der Webseite in üblicher Weise als Urheber bezeichnet wird (BGH GRUR 2015, 258 Rn. 35 - CT-Paradies m.w.N.). Unerheblich ist, ob das Werk vor der Anbringung der Urheberbezeichnung bereits anderweitig erschienen ist (BGH GRUR 1985, 887, 888 - Bora Bora; Schricker/Loewenheim-Loewenheim/Peifer, a.a.O., § 10 Rn. 7).

Diese Voraussetzungen hat das Amtsgericht in nicht angreifbarer Weise angenommen.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht, vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen. § 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 286 Rn. 13, m.w.N.). Darüber hinaus hat er die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung nachvollziehbar im Urteil darzulegen, wobei es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 28.01.2008 - 12 U 50/07 - juris, m.w.N.).

An diese Regeln der freien Beweiswürdigung hat sich das Amtsgericht im angefochtenen Urteil gehalten und ist unter Würdigung insbesondere der im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Broschüre davon ausgegangen, dass eine hinreichende Urheberkennzeichnung vorliegt. Dies begegnet auch unter Berücksichtigung des Einwands des Beklagten, dass sich die Urheberbezeichnung nicht stets an derselben Stelle befindet, keinen Bedenken. Denn auch insoweit ist nicht zu erkennen, dass das Amtsgericht unter Verstoß gegen Denkgesetze diesen Umstand außer Acht gelassen hat, selbst wenn er gegen eine Urheberschaft des Klägers sprechen würde. Denn der Kläger hat bereits mit der Klageschrift dargelegt, dass seine Zeichnung jedenfalls zweimal veröffentlicht worden ist, wobei die Zeichnung nur einmal unmittelbar mit einer Urheberbenennung versehen war.

Darüber hinaus hat auch der Beklagte eingeräumt, dass die Zeichnung des Klägers im Internet mit der Urheberbezeichnung "X" im Internet verfügbar sei.

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.08.2018 erstmals die Aktivlegitimation des Klägers damit bestreitet, dass der Kläger zuvor der S AG ein ausschließliches Nutzungsrecht erteilt habe, war dieser Vortrag gemäß den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, da er erstmals in der Berufungsinstanz erhoben worden ist. Im Übrigen würde gegen den Vortrag des Beklagten, der Kläger habe eine ausschließliche Lizenz erteilt, auch sprechen, dass das Werk des Klägers unstreitig in mindestens zwei Publikationen verwendet worden ist.

Das Amtsgericht hat auch zu Recht ein Verschulden des Beklagten angenommen.

Die Rechtsprechung stellt an das Maß der Sorgfalt bei urheberrechtlichen Sachverhalten strenge Anforderungen (Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 97 Rn. 78 m.w.N.).

Zu Recht hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass der Beklagte die Berechtigung zur Nutzung des Bildes überhaupt nicht überprüft habe. Er habe nicht allein aus dem Umstand, dass er nach kostenlosen Bildern im Internet gesucht habe, darauf schließen dürfen, dass er die Bilder verwenden dürfe.

Dem folgt die Kammer. Der Beklagte hat insoweit lediglich vorgetragen, dass er die Zeichnung bei einer Suche nach kostenlosen Bildern gefunden habe. Die Berufung stellt sich nunmehr auf den Standpunkt, dass der Beklagte so zu stellen sei wie bei Abruf der Zeichnung von einem Freeware-Portal. Unabhängig davon, ob der Beklagte selbst bei Erlangung der Zeichnung von einem der genannten Freeware-Portale ohne weitere Prüfung schuldhaft gehandelt hätte, ist der hiesige Fall bereits damit nicht zu vergleichen. Lediglich aus dem Umstand, dass eine Zeichnung bei einer Suche nach "kostenlos" angezeigt wird, zu folgern, dass dieses gemeinfrei sei, entspricht nicht dem Sorgfaltsmaßstab des § 97 UrhG.

Auch der vom Amtsgericht ausgesprochene Lizenzschaden von € 2.000,- begegnet keinen Bedenken. Jedenfalls im Ergebnis ist das Amtsgericht zu Recht von einem solchen Betrag ausgegangen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass auf den tatsächlichen Nutzungszeitraum vom 21.03.2017 bis 07.07.2017 abzustellen sei, wobei das Amtsgericht es als zugestanden angesehen hat, dass der Kläger für die zeitlich begrenzte Nutzung seiner Zeichnungen Lizenzen ab € 100,- vergibt. Für die gewerbliche Nutzung auf insgesamt 5 Webseiten für einen Zeitraum von insgesamt 2,5 Monaten stehe dem Kläger damit ein Anspruch von € 1.750,- zu, wobei das Amtsgericht einen Aufschlag von 20 % für die Nutzung außerhalb des Internet für angemessen erachtet hat.

Die Kammer erachtet im Ergebnis auch den vom Amtsgericht angenommenen Lizenzbetrag von € 2.000,- als angemessen, wobei insoweit offen bleiben kann, ob das Amtsgericht zu Recht von der Verwendung von fünf Webseiten (statt wie vom Beklagten vorgetragen einer Webseite mit fünf Unterseiten, vgl. insoweit Anlage K1, Bl. 6 ff. d.A.) und der Verwendung außerhalb des Internet ausgegangen ist.

Der Kläger hat vorliegend dargelegt, dass er für die Verwendung seiner Bildnisse Lizenzbeträge in Höhe von € 100,- pro Monat verlangt. Auf dieser Grundlage hätte jedenfalls ein Lizenzbetrag von € 300,- zuzüglich eines 100%-Aufschlages wegen der unterlassenen Urhebernennung, also insgesamt € 600,-, gerechtfertigt werden können.

Aber auch der darüber hinausgehende Betrag von € 2.000,- ist hier angemessen. Denn anders als in den vom Kläger dargelegten Nutzungen hat hier der Beklagte die streitgegenständliche Zeichnung nicht lediglich im Internet auf einer (oder mehreren) Webseite(n) genutzt, sondern sie als Firmenlogo verwendet. Die Kammer erachtet insoweit einen deutlichen Aufschlag für diese Sonderform der Nutzung einer Zeichnung als angemessen, so dass der vom Amtsgericht festgesetzte Wert nicht jeder Grundlage entbehrt.

Die Höhe des für die Abmahnung geltend gemachten Gegenstandswerts greift die Berufung nicht an. Sie begegnet aber ebenfalls keinen Bedenken.

Beklagten wird empfohlen, zur Vermeidung weiterer Kosten die Berufung zurückzunehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich neues Vorbringen an § 531 Abs. 2 ZPO messen lassen muss.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.