IDO-Verband fehlt im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel die Abmahnbefugnis

Landgericht Rostock

Urteil v. 02.05.2019 - Az.: 5a HKO 112/18

Leitsatz

IDO-Verband fehlt im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel die Abmahnbefugnis

Tenor

In dem Rechtsstreit (...)  hat das Landgericht Rostock - 1. Kammer für Handelssachen - durch (...) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2019 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein eingetragenen Verein mit Sitz in Leverkusen, der im Vereinsregister des AG Köln unter der Registernummer VR 16434 eingetragen ist.
In der Satzung ist der Vereinszweck wie folgt dargestellt:

§ 2 Vereinszweck
(1)    Die Tätigkeit des Interessenverbands ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb  gerichtet Der Verband selbst führt keine Leistungen aus, für die eine Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz erforderlich ist.
(2)    Vereinszweck ist die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler. Dies geschieht u. a. durch die Bereitstellung und Vermittlung von Know-How zum Schutz gegen Forderungsausfälle, zum Aufbau eines effektiven Forderungsmanagements, zur Erstellung eines rechtssicheren Online-Auftritts und durch die gezielte Suche und Auswahl geeigneter Kooperationspartner, mit denen die Förderungszwecke optimal erreichbar sind. Bei der Förderung rechtlicher Interessen geht es insbesondere um die Förderung dieser Interessen in den Rechtsbereichen des Gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts sowie des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Einschluss der Verbraucherschutzvorschriften. Ferner sind bezweckt die Förderung des Meinungs- und Erfahrungsaustauschs unter den Mitgliedern, die Pflege von nationalen und internationalen Koniakten sowie Vermittlung und Unterstützung bei Fragen zu den vorgenannten Rechtsbereichen und Interessenverletzungen in diesen Rechtsbereichen.
(3)    Der Verein informiert seine Mitglieder regelmäßig über alle tatsächlich und rechtlich rele¬vanten Fragen, die den elektronischen Geschäftsverkehr betreffen.
(4)    In streitigen Fällen werden die Satzungszwecke insbesondere verwirklicht durch den Ver¬such der Herbeiführung einer Einigung, beispielsweise durch Erstellung und Versendungen von Abmahnungen. Ungeachtet dessen kann der Verein - sofern der vorgenannte Versuch erfolglos geblieben ist  -  Zivilprozesse führen.

Der Beklagte bietet Nahrungsergänzungsmittel auf der Handelsplattform Amazon unter dem Verkäufernamen (...) zum Kauf an. Darunter ist auch ein Vitamin D3 Produkt, welches der Beklagte unter folgender Bezeichnung anbietet:

Vitasyg Vitamin D3 10000 i.U. - 300 vegane Tabletten - hochdosiert -10 Tagesdosis - 1000 iE. pro Tag, 1er Pack (1x 36 g).

Für die Einzelheiten wird auf die Abbildungen der Antragstellung verwiesen.

Der Kläger mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 31.05.2018 (Anlage K 10) ab und verlangte u.a. die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit dem Inhalt, es zu unterlassen:

"im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz Nahrungsergänzungsmittel in   den Verkehr zu bringen   und /  oder betreffend Nahrungsergänzungsmittel Angebote zu veröffentlichen und / oder zu unterhalten und / oder zur Abgabe von Angeboten aufzufordern,

I. bei denen Nahrungsergänzungsmittel mit dem Inhaltsstoff Vitamin D angeboten und / oder beworben werden mit der Angabe einer empfohlenen Tagesdosis von mehr als 20 pg (20 Mikrogramm / Tag) und / oder mit der Angabe einer empfohlenen Tagesdosis von mehr als 800 I.E.  (Internationale Einheiten) /Tag, und / oder (...)"

Der Beklagte antwortete über seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 20.06.2018 und verweigerte die Abgabe der Unterlassungserklärung zu o.g. Inhalt (Anlage K 11).


Der Kläger behauptet, dass er klagebefugt im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sei. Er verfüge über die notwendige finanzielle, personelle und sachliche Ausstattung, um die satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerbliche Interessen der Mitglieder tatsächlich wahrzunehmen.

Der Kläger verfüge auch über ausreichend Mitgliedsunternehmen bezogen auf den hier maßgeblichen Branchenbereich. Darüber hinaus würden dem Kläger zudem u.a. einer der großen Bundesverbände für die Rechtsdienstleistungsbranche angehören, der BFIF Bundesverband für Forderungsmanagement und Inkasso e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main, dem ca. 180 große deutsche Rechtsdienstleistungsunternehmen angehören würden, die für die Online-Wirtschaft tätig seien; ferner würden ihm einige große Rechtsdienstleistungsunternehmen mit einer fünfstelligen Zahl von Onlineunternehmen als Kunden angehören, der Fachverband Wasserbetten e.V., andere Vereine usw., so dass der Kläger neben den unmittelbaren Mitgliedern auf eine hohe Zahl mittelbarer Mitglieder komme.

Der Kläger meint, dass für die Frage, ob ihm im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehöre, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, der Bereich Lebensmittel / Nahrungsergänzungsmittel zugrunde zu legen sei. Nahrungsergänzungsmittel seien spezielle Lebensmittel, so dass auch Lebensmitteihändler, Lebensmittelfilialunternehmen, Lebensmittelhersteller, Hersteller und Vertreiber von Naturheilmitteln sowie eine Importeurin diätetischer Mittel zu berücksichtigen seien.

Zur weiteren Darstellung bezieht sich der Kläger auf die als Anlage K 8a vorgelegte Mitgliederlis¬ten nebst exemplarische Angebote. Er behauptet, dass sich hieraus das Sortiment der Mitglieder des Klägers ergebe - hier Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel. 

Aus diesen Angeboten sei ersichtlich, dass die Mitglieder des Klägers gleiche und/oder Waren ähnlicher Art vertreiben und mithin im Wettbewerbsverhältnis mit dem Beklagten stehen würden. Die teils mehrseitigen Angebote der Mitglieder seien jeweils mit einer handschriftlichen Nummer oben rechts auf Seite 1 versehen, die sich auf das jeweilige Mitglied - ebenfalls mit gleicher Nummer handschriftlich in der Mitgliederliste nummeriert - beziehen würde. Daraus gehe hervor, dass jedenfalls eine erhebliche Anzahl an Mitgliedern des Klägers gleiche Artikel und/oder verwandter Art wie der Beklagte vertreiben würden. Die bestehende Mitgliedschaft beim Kläger würde sich aus den als An¬lage K 8 b und c vorgelegten Beitragsrechnungen und Zahlungsnachweisen ergeben.

Der Kläger verweist zudem auf eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, in welchen die Klagebefugnis des Klägers angenommen wurde.

Der Kläger meint, dass der Beklagte sich wettbewerbswidrig verhalten habe, indem er ein nicht verkehrsfähiges Produkt vertrieben habe.

Grundsätzlich sei die Aufnahme des Stoffes Vitamin D in ein Nahrungsergänzungsmittel bei der Herstellung von Nahrungsergänzüngsmitteln gemäß § 3 NemV i.V.m. Anhang I und II der Richtlinie 2002/46/EG zulässig. Der Beklagte sei als Inverkehrbringer des Produkts verantwortlich für die Verkehrsfähigkeit des Lebensmittels bzw. des Nahrungsergänzungsmittels. Nahrungsergän¬zungsmittel seien als spezielle Lebensmittel einzustufen und mithin auch i.S.d. der lebensmittelrechtlichen Vorgaben in den Verkehr zu bringen. 

Hierzu gehöre jedenfalls die Absicherung bei der Zusammensetzung und Herstellung des Nahrungsergänzungsmittel, dass das Lebensmittel / Nahrungsergänzungsmittel gemäß Artikel 14 der VO (EG) Nr. 178/2002 als „sicher" und unbedenklich für den Verbraucher einzustufen sei.

Es sei bei der Aufnahme von Vitamin D in Nahrungsergänzungsmittel wissenschaftlich gesichert, dass der Inhaltsstoff Vitamin D3 in Nahrungsergänzüngsmitteln bei einer Aufnahme von bis zu 20 Mg / Tag sich noch in dem vom Gesetz geforderten sicheren Bereich bewege.
Als zulässig seien daher bei einer empfohlenen Tagesdosis von Vitamin D 3 in Nahrungsergän-züngsmitteln insgesamt bis zu max. 20 ug / Tag bzw. 800 I.E. / Tag anzusehen.

Ab einer Tagesdosis von 50 ug pro Tag sei die Einnahme von Vitamin D bereits als schädlich anzusehen. In dem Bereich zwischen 20 - 50 ug Inhalt Vitamin D pro Tagesdosis sei davon auszugehen, dass es sich bereits um ein Arzneimittel handeln könne, welches der Zulassungspflicht unterliege.

Als zulässig und verkehrsfähig könnten Nahrungsergänzungsmittel mit dem Inhaltsstoff Vitamin D 3 daher nur angesehen werden, sofern diese bei der empfohlenen Verzehrmenge nicht mehr als 20 ug/Tag Vitamin D 3 enthalten würden.

Der Kläger beruft sich insoweit auf die als Anlage K 14 vorgelegte Stellungnahme der Gemeinsamen Expertenkommission BVL / BfArM zur Bewertung von Vitamin-D-haltigen Produkten.

Die von dem Beklagten angegebene Tagesmenge soll sich auf 25 ug (1.000 I.E. / Tag) Vitamin D3 belaufen und liege damit bereits über dem zulässigen Bereich von bis zu 20 ug/Tag Tatsächlich enthalte eine einzelne Tablette des Nahrungsergänzungsmittels des Beklagten die unzulässige Menge von 10.000 I.E. bzw. 250 ug am Tag. Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung der Tagesdosis sei irreführend und unzulässig in Bezug auf die Abgabe der Menge in einer Tablette. 

Bei einer solch hohen Dosierung könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich ein Verbraucher an die Verzehrempfehlung halte. Da nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht für Arzneimittel bereits bei einer Grenze der Aufnahme Vitamin D 3 von 25 ug/Tag von einer empfohlenen Verschreibungspflicht ausgegangen werde, sei eine Überdosierung aufgrund des vom Beklagten vertriebenen Produkts nicht gänzlich ausgeschlossen. Bei dem Verzehr von dem Inhaltsstoff Vitamin D finde keine zeitverzögerte retardierende Abgabe des Wirkstoffs an den Körper statt.

Für die fehlende Verkehrsfähigkeit des Produkts des Beklagten bezieht sich der Kläger zudem auf das Gutachten des Gegenprobensachverständigen Dr. Rzepka. Für dessen Inhalt wird auf die Anlage K 33 verwiesen.


Der Kläger stellt folgende Anträge:

Dem Beklagten wird aufgegeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr zu bringen und / oder betreffend Nahrungsergänzungsmittel Angebote zu veröffentlichen und / oder zu unterhalten und / oder zur Abgabe von Angeboten aufzufordern, 

1. bei denen Nahrungsergänzungsmittel mit dem Inhaltsstoff Vitamin Dangeboten und / oder beworben werden mit der Angabe einer empfohlenen Tagesdosis von mehr als 20 pg (20 Mikrogramm/Tag) und / oder mit der Angabe einer empfohlenen Tagesdosis von mehr als 800 I.E. (Internationale Einheiten) / Tag, wie nachstehend wiedergegeben: (...)
 
Es folgen in dem Antrag weitere Abbildungen, für deren Inhalt auf Bl. 4 bis 8 der Klagschrift vom 06.11.2018 verwiesen wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Klagbefugnis des Klägers. Es werde sowohl die Mitgliedschaft der be-nannten angeblichen Mitglieder bestritten als auch dass diese in einem erheblichen Umfang im betroffenen Bereich tätig seien. Es würde an einem schlüssigen Vortrag zur Mitgliedschaft fehlen. Es würden Informationen zu den jeweiligen Beitritts- und Aufnahmeerklärungen fehlen. Die vorgelegten Unterlagen würden zudem einen Beweis für die Mitgliedschaft nicht erbringen. 

Es fehle an einem Vortrag zu der Art und Umfang des jeweiligen Handeltreibens der bezeichneten Mitglieder. Eine Bezugnahme auf diese Anlagenkonvolute reiche für einen Vortrag nicht aus. Aus den vorgelegten Ausdrucken von Webseiten würden sich die notwendigen Informationen nicht ergeben. Bei einer näheren Überprüfung der angegebenen Mitgliedern ergebe sich, dass allenfalls 9 Mitglieder in einem gewissen Umfang Waren aus dem Bereich von Nahrungsergänzungsmittel vertreiben würden. Für den weiteren Vortrag des Beklagten zu den einzelnen angeblichen Mitgliedern wird auf den Schriftsatz vom 28.03.2019 verwiesen.

Die Klage sei zudem unbegründet. Die empfohlene Mindestmenge pro Tag werde lediglich um einen  Bruchteil überschritten  wird.   Der empfohlene  Tagesbedarf  liege  gemäß  der DACH-Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (3. Aktualisierte Ausgabe 2017) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Stillende und Schwangere bei einer Höhe von 20 ug. Die Schwelle für eine Vitamin D-Intoxikation, bei Erwachsenen mit norma¬ler Funktion der Nebenschilddrüse, liege zwischen 1.000 ug und 2.500 ug pro Tag über ei¬nen Einnahmezeitraum von 1-2 Monaten. 

Diese Werte werden mit dem streitgegenständlichen Präparat bei weitem nicht erreicht. Bei der Einnahme einer 10 Tage Dosis von 250 ug ergibt sich eine Tagesdosis von 25 ug, die demnach weit unter dem UL (höchste si¬chere Tageszufuhr) von 100 ug liegt. Mit dem Parteigutachten der Klägerseite könne etwas Gegenteiliges nicht bewiesen werden. Es werde lediglich die Empfehlung des Mindestma¬ßes an notwendiger Vitamin-D-Zufuhr überschritten. Die Grenze zur bedenklichen Zufuhrmenge sei um ein vielfaches höher.


Für die Verkehrsfähigkeit verweist der Kläger auf die als Anlagen B3 und B4 vorgelegten Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen und meint, dass diese durch das von der Klägerseite vorgelegte Gegenprobensachverständigengutachten nicht widerlegt worden sei.

Als fettlösliches Vitamin werde Vitamin D im Körper gespeichert. Eine Oberdosierung an Vitamin-D (Hypervitaminosen) entstehe in der Regel durch eine zu hohe orale Vitamin-D-Zufuhr. Jedoch entstehe eine solche Überdosierung erst durch eine langfristige Zufuhrt exzessiver Mengen, weit über 100 ug täglich, in Form von angereicherten Lebensmitteln, Nahrungser¬gänzüngsmitteln, Arzneimitteln etc. Selbst bei einer häufigeren Einnahme des Produktes des Be¬klagten als die empfohlene Dosis alle 10 Tage würde somit keine schädliche Dosis erreicht.

Zutreffend sei zwar, dass ab einer Wirkstoffkonzentration von 1.000 I.E. (25 ug) pro Tag eine Verschreibungspflicht empfohlen werde. Als höchste sichere Zufuhr an Vitamin D würden von der EFSA im ersten Lebensjahr 25 ug/Tag, zwischen dem ersten und dem zehnten Lebensjahr 50 ug/Tag und ab dem 17. Lebensjahr 100 ug/Tag genannt.

Das Präparat des Beklagten sei daher verkehrsfähig.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist unzulässig. Der Kläger hat seine nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erforderliche Klagebefugnis nicht hinreichend dargetan.

a) Die Klagebefugnis ergibt sich nicht schon aus deren Anerkennung in anderen Gerichtsverfahren.

Grundsätzlich trifft den klagenden Verband die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich seine Anspruchsberechtigung und seine Prozessführungsbefugnis ergeben. Hinsichtlich der erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung und der Fähigkeit zur tatsächlichen Zweckverfolgung spricht jedoch eine Vermutung zugunsten des Verbandes, wenn er jahrelang als klagebefugt anerkannt ist. Dann ist davon auszugehen, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen und ein bloßes Bestreiten durch den Beklagten genügt nicht (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 37. Aufl. 2019, UWG § 8 Rn. Randnummer 3.66; OLG München, Urt. v. 5.7.2018-29 U 1866/17, Rn. 17, GRUR-RR 2019, 80, beck-online).

Eine solche Vermutung hinsichtlich der oben genannten Voraussetzungen dürften auch zugunsten des Klägers bestehen, hierfür spricht die erhebliche Anzahl der von ihm bundesweit geführten gerichtlichen Verfahren.

Keine Vermutung spricht jedoch dafür, dass dem Kläger im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG eine erhebliche Anzahl von Mitgliedsunternehmen angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers, dessen Vereinszweck und den vorgelegten Gerichtsentscheidungen ist davon auszugehen, dass der Kläger Mitgliedsunternehmen aus den verschiedensten Branchen hat. Für den Umstand, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern angehört, die den hier relevanten Branchen angehören, liegen keine hinreichende Anhaltspunkte vor, um hierauf eine Vermutung gründen zu können. 

Soweit in der als Anlage K 15 vorgelegten Entscheidung des Landgerichts Dessau-Roßlau (Urteil vom 12.10.2018, 3 O 23/18) allein aus der Vorlage von Mitgliederlisten eine für die Aktivlegitimation sprechende tatsächliche Vermutung abgeleitet wird, findet sich in dieser Entscheidung keine nachvollziehbare Begründung.

b) Erforderlich und ausreichend ist, dass Gewerbetreibende aus der einschlägigen Branche im Verband nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht repräsentativ vertreten sind, so dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - I ZR 183/93 -, Rn. 20, juris). 

Dies kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein. Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht entscheidend an. Dem Zweck des Gesetzes, die Klagebefugnis der Verbände auf Fälle zu beschränken, die die Interessen einer erheblichen Zahl von verbandsangehörigen Wettbewerbern berühren, wird schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht (BGH, Urteil vom 23.10.2008 - I ZR 197/06, Rn. 12, GRUR 2009, 692; Köhler / Bornkamm / Feddersen / Köhler/ Feddersen, 37. Aufl. 2019, UWG § 8 Rn. Rn. 3.42ab).

Das Kriterium der sachlichen Marktabgrenzung ist im Rahmen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG relativ weit auszulegen. Es müssen die beiderseits angebotenen Waren oder Dienstleistungen einander so nahestehen, dass der Absatz des einen durch eine irgendwie wettbewerbswidrige Handlung des anderen beeinträchtigt werden kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 37. Aufl. 2019, UWG § 8 Rn. 3.38; BGH, Urteil vom 23. Januar 1997 - I ZR 238/93 -, Rn. 13 -14, ju¬ris). 

Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu zumindest angrenzenden Branchen begründet. Dabei ist auf Seiten des in Anspruch genommenen auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsbehandlung zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 16. April 2015 - I ZR 27/14 -, Rn. 11, juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 19. Dezember 2018 - 1 U 41/18-, Rn. 34, juris).

Im vorliegenden Fall kommen jedenfalls Unternehmen in Betracht, welche Vitamine als Arznei¬ oder Nahrungsergänzungsmittel vertreiben. Zudem reicht es schon aus, wenn der Mitbewerber Nahrungsergänzungsmittel anderer Art vertreibt. Zu weit ist aber die Auffassung der Klägerseite, dass jede Art von Lebensmittelhandel ein ausreichendes Wettbewerbsverhältnis begründen könnte. Der Kauf von Nahrungsergänzungsmittel kann sich zwar auf den Kauf anderer Lebensmittel auswirken, dies betrifft jedoch im Regelfall nur Lebensmittel, welche die gleiche oder ähnliche Nährstoffe enthalten, wie das betreffende Nahrungsergänzungsmittel (weitergehend aber: BGH, Urteil vom 16. April 2015 - I ZR 27/14 -, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 23. Januar 1997 - I ZR 238/93 -, Rn. 13-14, juris). 

Der Verkauf von Nahrungsergänzungsmittel berührt somit im Regelfall nicht den Markt allgemeiner Lebensmittel. Anderes kann für Teilmärkte gelten, etwa für Nahrungsmittel, welche mit Vitaminen angereichert sind, so dass der wettbewerbswidrige Verkauf von Vitaminen als Nahrungsergänzungsmittel Kunden davon abhalten könnte, solche mit Vitami¬nen angereicherten Lebensmittel zu erwerben.

Aus den als Anlagenkonvolut K 8b eingereichten Ausdrucken von Internetseiten mit Inhalten der in der Anlage K 8 a benannten angeblichen Mitglieder des Klägers lässt sich kein hinreichender Vortrag zu den genannten Kriterien entnehmen. Eine Bezugnahme auf Anlagenkonvolute ist nur dann als Sachvortrag verwertbar, wenn der Schriftsatz aus sich heraus verständlich bleibt und substantiiert auf die jeweilige Anlage verwiesen wird (Zöller/Greger, 32. Aufl. ZPO § 129 Rn. 8). 

Die Benennung der Mitglieder unter Angabe des Aufnahmedatums erfolgte noch hinreichend nachvollziehbar durch Verweisung auf die Anlage K 8a. Zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht der benannten Mitglieder sowie zu den vertriebenen Waren fehlt jedoch ein hinreichender Vortrag. Schriftsätzlich wurde hierzu nichts konkret vorgetragen, sondern auf die Ausdrucke der Online-Auftritte in Anlage K 8b verwiesen. Diese Ausdrucke sind jedoch nicht aus sich heraus verständlich.

Aus den Ausdrucken lassen sich nur begrenzt Informationen gewinnen und dies auch nur durch Zusammensuchen und Interpretieren. Zu den Händlern der Liste „Nahrungsergänzungsmittelhändler":

- Dass die A(...) GbR mit Nahrungsergänzüngsmitteln handelt, ergibt sich aus dem Ausdruck des Ebay-Angebots nicht. Der Ausdruck bezieht sich auf eine Bio Noni Direktsaft ohne Zusatzstoffe. Dieser Saft wird mit einem besonders hohen Gehalt an Enzymen beworben. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Der Ausdruck zur Firma a(...) bezieht sich auf das Produkt „180 Coenzym Q10 Kap¬seln". Hier scheint es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel zu handeln und zwar um eine vitaminähnliche Substanz. Ob dieser Händler in einem gewissen Umfang mit diesem Produkt handelt und ob er noch weitere Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, ergibt sich nicht klar aus dem Ausdruck.

- Der Ausdruck Nr. 3 bezieht sich auf das Produkt BaSuBox. Offenbar vertreibt diese Händlerin allein dieses Produkt. Hierbei soll es sich laut Beschreibung um eine Mixtur von Nahrungsergänzüngsmitteln zu handeln, welche von Adipositas-Patienten nach einer Magenschlauch¬ oder Magenbypass-OP eingenommen werden sollen. Aufgrund des sehr spezifisch ausge¬richteten Produktes steht diese Händlerin nur mittelbar im Wettbewerb mit dem Beklagten, nformationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mit¬glieds finden sich nicht.

- Die Firma b(...) handelt laut den als Nr. 4 eingereichten Ausdruck mit dem Produkt „Hyaluronsäure Kapseln+VitaminC+Kalzium Hochdsosiert vegetarisch". Es handelt sich um ein Nahrungsergänzungsmittel, ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten ist denkbar. Zum Umfang der gewerblichen Tätigkeit findet sich jedoch kein Vortrag.

- Der Ausdruck Nr. 5 zur Firma C(...) bezieht sich auf Bio Gojibeeren. Unklar ist, ob es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel handelt. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Der Ausdruck Nr. 6 bezieht sich auf das Produkt M(...), die Zusammensetzung ergibt sich nicht aus dem (schlecht lesbaren) Ausdruck. Ob die Firma noch andere Produkte ver¬treibt, ist nicht erkennbar. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Die Firma D(...) handelt laut Ausdruck Nr. 7 mit verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln. Ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten ist denkbar. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Die Firma (...) handelt laut Ausdruck Nr. 8 mit verschiedenen Nahrungsergänzüngsmitteln. Ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten ist denkbar. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Laut Ausdruck Nr. 9 handelt die Firma Dr. J(...) mit einem Vitamin D3 Produkt. Ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten ist denkbar. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Im Ausdruck Nr. 10 werden grundlegende Informationen zur E(...) Apotheke dargestellt (Lage, Öffnungszeiten, Kontaktdaten). Zu Art und Umfang der gehandelten Produkte finden sich keine konkreten Informationen. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftli¬chen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Bei dem im Ausdruck Nr. 11 dargestellten Produkt ist unklar, welche Inhaltsstoffe zu welcher Wirkung führen sollen. Laut den mit abgedruckten Rezensionen scheinen sich die Käufer zu erwarten, dass durch Einnahme des Produktes der Testosteronspiegel hebt, was wiederum den Muskelaufbau beim Kraftsport fördern soll. Ob auch mit anderen Produkten gehandelt wird, ist nicht ersichtlich. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Ge¬wicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Ähnliches gilt für das im Ausdruck Nr. 12 dargestellte Produkt „O(...)". Auch hier werden Kraftsportler angesprochen. Im Vordergrund steht als Bestandteil verschiedene Eiweiße. Ob auch mit anderen Produkten gehandelt wird, ist nicht ersichtlich. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Die im Ausdruck Nr. 13 dargestellten Energy-Drinks werden als diätische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verkauft. Da einige Vitamine zugesetzt sind und die Nahrungsergänzung betont wird, kann ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten bestehen. Informatio¬nen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Bei dem im Ausdruck Nr. 14 dargestellten Produkt handelt es sich wieder um ein Eiweißprodukt, angereichert mit B-Vitaminen. Der Händler scheint auch mit 2 weiteren Nahrungsergänzungsmitteln zu handeln. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Ge¬wicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Das im Ausdruck Nr. 15 beworbene Produkt „C(...)" ist ein typisches kombiniertes Nahrungsergänzungspräparat. Ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten könnte bestehen. Ob noch andere Produkte von dieser Händlerin verkauft werden, ist nicht ersichtlich, bei einer Apotheke aber wohl anzunehmen. Nähere Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Die unter dem Ausdruck Nr. 16 beworbene Produkte richten sich wieder an Kraftsportler. Es handelt sich um Proteinprodukte und öle mit Omega-3-Fetten. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

-  Ähnliches gilt für das im Ausdruck Nr. 16 beworbene Produkt. Klar im Vordergrund stehen die Proteine. Zum Vitamin B-6-Anteil finden sich keine Angaben. Das Produkt wird unter der Rubrik „Sporternährung" verkauft. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Im Ausdruck Nr. 19 wird ein Produkt mit Omega-3-Fettsäuren beworben. Ein Bezug zu Vitaminprodukten besteht nicht. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Ausdruck Nr. 20 bezieht sich auf ein Zink-Produkt. Ein Bezug zu Vitaminprodukten besteht nicht. Dass dieser Händler auch mit anderen Produkten handelt, ist dem Ausdruck nicht konkret zu entnehmen. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

- Das im Ausdruck Nr. 21 beworbene Produkt „O(...)" enthält offenbar ein Extrakt aus Traubenkernen. Es wird unter der Rubrik „Nahrungsergänzungsmittel" vertrieben. Nach den beworbenen Wirkweisen soll es wohl ähnliche Wirkungen haben, wie manche Vitamine. Ein Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten könnte bestehen. Informationen zur Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichen Gewicht des benannten Mitglieds finden sich nicht.

Die vom Kläger vorgelegten Ausdrucke zu Lebensmittelhändlern geben ebenfalls nur wenig Informationen zu Art und Umfang der gehandelten Produkte.

Der Vortrag des Klägers ist insgesamt nicht ausreichend, um bei der relativ geringen Anzahl von benannten Mitgliedern aus den Bereichen Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmitteln darauf schließen zu können, dass bei dem Kläger Gewerbetreibende aus der einschlägigen Branche nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht repräsentativ vertreten sind.

Eine Klagebefugnis des Klägers ergibt sich auch nicht aufgrund einer erheblichen Anzahl von mittelbaren Mitgliedern. Die Mitbewerber müssen dem Verband zwar nicht unmittelbar angehören. Auch eine mittelbare Zugehörigkeit zum Verband, etwa durch Mitgliedschaft in verbandsangehörigen Spitzenverbänden oder Fachverbänden, kann genügen. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die mittelbaren Mitglieder Wettbewerber sind, also auf demselben sachlichen und räumlich relevanten Markt tätig sind. Hierzu wurde von Klägerseite nicht konkret vorgetragen.

II. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreck¬barkeit auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.