Framing kann Wettbewerbsverstoß sein

Landgericht Düsseldorf

Urteil v. 14.11.2018 - Az.: 12 O 69/18

Leitsatz

Framing kann Wettbewerbsverstoß sein

Tenor

In dem Rechtsstreit (...) hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2018 durch (...) für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, es sei denn, der Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über Abmahnkosten im Zusammenhang mit einer Abmahnung des Beklagten wegen Verwendung von Texten auf der Internetseite der Klägerin. 

Die Klägerin, deren Managing Director der Kläger ist, betreibt eine Personalberatung, die - so der Kläger - bis Mitte Februar 2018 das mit der Domain (...) adressierte Internetangebot unterhielt. Der Beklagte ist ebenfalls Personalberater und Vortragsredner, der auf der Internetseite (...) Beiträge zu Bewerbung, Karriere und Arbeitsleben veröffentlicht.

Auf der Internetseite (...)    wurden 897 Texte von der Internetseite (...) veröffentlicht, und zwar im Wege der Framing-Technik. Durch einen Klick auf einen Link, der sich auf der klägerischen Internetseite unter der Überschrift „aktuelle Beiträge" befand, gelangte der Nutzer der Internetseite (...) zu den von der Internetseite des Beklagten übernommenen Blogbeiträgen, die sich wie aus der Anlage B 2 ersichtlich, darstellten. In einem schwarzen Balken über dem Beitrag wurde angezeigt „From (...)" und darunter wurde die URL der Seite bei (...) verkürzt wiedergegeben. Der Balken verschwand auch dann nicht, wenn man im Beitrag weiter nach unten scrollte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2018 (SR 1) mahnte der Beklagte die Klägerin und den Kläger wegen der Verwendung der in einer Anlage 1 zusammengestellten Texte wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts des Beklagten sowie Irreführung über die betriebliche Herkunft nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG bzw. § 5 a UWG ab und forderte sie zur Abgabe der dem Schreiben beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Der Kläger wies mit Schriftsatz vom 21.02.2018 die geltend gemachten Ansprüche zurück. Die Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 16.04.2018 Leistungsklage vor dem Landgericht Stuttgart, über die bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 10.10.2018 noch nicht verhandelt wurde.

Die Kläger halten die Abmahnung für nicht gerechtfertigt, weil durch die Einbettung im Wege der Framing-Technik das Logo des Beklagten und der unter den Artikeln jeweils wiederaegebeneAutorenhinweis sowie der Link zum Impressum der mit der Domain (...) adressierten Webseite sowie die übrigen dort wiedergegebenen Hinweise abrufbar waren. Sie sind der Auffassung, dass eine Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten nicht vorliege, weil die jeweils am Ende der eingebetteten Texte befindlichen Urheberrechtshinweise - insoweit unstreitig -, nicht gelöscht wurden.

Der Kläger ist der Auffassung, er könne persönlich nicht in Anspruch genommen werden, weil - so behauptet er - er das Angebot nicht gestaltet und Inhalte der Webseite auch nicht vorgegeben habe. Vielmehr sei die Webseite von einem Mitarbeiter in eigener Verantwortung gestaltet worden. Das Framing sei von einem externen Dienstleister mit Unterstützung einer Software durchgeführt worden. Er, der Kläger sei Geschäftsführer einer Vielzahl von Unternehmen und könne sich daher nicht um jeden Internetauftritt kümmern.

Die Kläger beantragen, festzustellen, dass dem Beklagten gegen die Kläger kein Anspruch auf Erstattung oder Freistellung von Anwaltshonoraren in Höhe von 2.274,50 € zusteht.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er sei Autor der streitgegenständlichen Texte bzw. Inhaber aller Rechte an  den  im  Internet unter (...) veröffentlichten Blogeinträgen. Soweit die Beiträge nicht von ihm stammten, seien sie von angestellten bzw. beauftragten Autoren (...) erstellt worden, die in entsprechenden Verträgen sämtlich die Nutzungsrechte exklusiv an ihn abgetreten hätten. Sämtliche streitgegenständlichen Beiträge seien von ihm bzw. den vorgenannten Autoren individuell recherchiert und mit erheblichem Aufwand erstellt worden. Sie hätten in der Regel einen Umfang von 1.000 - 4.000 Worten.

Im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.10.2018 haben die Kläger ein zwischen den Parteien bestehendes Wettbewerbsverhältnis bestritten. Sie haben vorgetragen, die Kläger verdienten ihren Lebensunterhalt nicht durch Personalberatung oder Vorträge, nur weil die Klägerin eine Webseite betreibe, die sich mit solchen Themen befasse. Der Kläger habe im Bereich Personalberatung noch nie individuell beraten oder einen Vortrag zu dem Thema gehalten. Mit der Veröffentlichung der Texte würden keine Einnahmen erzielt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig (I.) aber unbegründet (II.).

I.

Das Rechtschutzbedürfnis der auf die Feststellung eines durch die Abmahnung begründeten Rechtsverhältnisses gerichteten negativen Feststellungsklage ist insbesondere nicht durch die beim Landgericht Stuttgart anhängige Hauptsacheklage, in deren Rahmen auch Abmahnkosten geltend gemacht werden, entfallen. Über die beim Landgericht Stuttgart erhobene Klage ist noch nicht verhandelt worden, so dass die dortige Klage zurückgenommen werden kann, ohne dass es einer Zustimmung des Klägers (dortiger Beklagter) bedarf (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 32. Auflage § 256 Rdnr. 7 d).

Die negative Feststellungsklage der Kläger ist unbegründet, weil der Beklagte sowohl von der Klägerin (1.), als auch dem Kläger (2.) die im Abmahnschreiben geltend gemachten Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG beanspruchen kann.


1.
Ein die Erstattung der Abmahnkosten rechtfertigender Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.

Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Mitbewerber ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Letzteres liegt vor, wenn die Unternehmer gleiche oder gleichartige Waren bzw. Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchen und durch die beanstandete Handlung den anderen Unternehmer beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH GRUR 1999, 69, 70 - Preisvergleichsliste II; GRUR 2000, 907, 909 - Filialleiterfehler). 

Die Kläger haben zunächst nicht in Abrede gestellt, dass der Beklagte und die Kläger aufgrund ihrer Tätigkeit als Personalberater und Vortragsredner ohne weiteres Wettbewerber im Sinne des § 2 UWG sind. Soweit die Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.10.2018 erstmalig ein Wettbewerbsverhältnis in Abrede stellen und behaupten, die Kläger verdienten ihren Lebensunterhalt nicht durch Personalberatung oder Vorträge, ist dies - unabhängig von der Frage der Verspätung - nicht erheblich. 

Die Firmenbezeichnung und die Internetadresse der Klägerin vermitteln, dass sich die Klägerin mit dem Thema der Personal- und Berufsberatung befasst. Dies wird bestätigt durch die Anlage B 3, einem Screenshot von der Internetseite der Klägerin, in dem eine Broschüre zum Bewerbertraining und Karrierecoaching „für kurze Zeit absolut kostenlos" angeboten wird. Hinzu kommt, dass die Kläger zu der konkreten Tätigkeit der Klägerin nichts vortragen. Aufgrund der Gesamtumstände ist davon auszugehen, dass die Klägerin, ebenso wie der Beklagte, Leistungen im Bereich der Personal- und Berufsberatung anbieten. Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 16. Oktober 2018 bedarf es insoweit nicht. 

Soweit die Kläger vortragen, die Internetseite sei „Mitte Februar" eingestellt worden, steht dies einem Wettbewerbsverhältnis nicht entgegen. Zum einen nennen die Kläger keinen konkreten Zeitpunkt. Zum anderen bedeutet die Einstellung einer Internetseite, die im Übrigen jederzeit wieder zugänglich gemacht werden kann, nicht die Einstellung der gesamten Geschäftstätigkeit.

Die Veröffentlichung der Artikel im Wege des Framings beinhaltet auch eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Darunter fällt jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Unter diesen weiten Begriff der geschäftlichen Handlung fallen auch die Veröffentlichungen der Klägerin auf ihrer Internetseite, denn die insoweit gegebene Information zu dem Thema der Karriere dient der Förderung und des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen im Bereich der Personalberatung. Unerheblich ist insoweit, dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.10.2018 mit den Texten keine Einnahmen erzielt. Denn die unter der Überschrift „aktuelle Beiträge" abrufbaren Beiträge zum Thema der Personalberatung lassen jedenfalls Rückschlüsse zu auf die sonstigen angebotenen Dienstleistungen.

Die geschäftliche Handlung ist auch unlauter im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, weil sie den Leser der Internetseite über die betriebliche Herkunft der Beiträge täuscht. Angaben im Sinne von § 5 UWG sind Erklärungen gleich welcher Ausdrucksform. Möglich sind auch konkludente Informationen (Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 5 Rn. 94). Vorliegend wird jedenfalls durch die Einbettung von 897 Beiträgen von der Internetseite des Beklagten in der Art und Weise, wie sie in der dem Urteil beigefügten Anlage ersichtlich ist, der Eindruck erweckt, dass zwischen dem Betreiber der Internetseite (...) und jedenfalls eine Zusammenarbeit besteht, so dass die Wiedergabe absehen wird, die Internetseite im dargestellten Umfang erfolgen kann. 

Dem Nutzer, der über den Reiter „Aktuelle Beiträge" auf der Internetseite der Klägerin zu den einzelnen Blogeinträgen gelangt, stellt sich die vermittelte Information als Leistung der Klägerin bzw. ihrer Partner dar. Durch den schwarzen Balken, der jedenfalls die wiedergegebene URL (...) erkennen lässt, wird der Eindruck vermittelt, dass auf beiden Internetseiten identische Beiträge wiedergegeben werden, so dass der Internetnutzer davon aufzurufen und sich mit dem insoweit dargestellten Angebot auseinanderzusetzen. Hieraus folgt zugleich die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung.

Die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Die Kläger stellen die Unlauterkeit in Abrede und haben eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.

Die in dem Abmahnschreiben geltend gemachten Abmahnkosten sind auch der Höhe nach gerechtfertigt. 

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte die Abmahnkosten in dem vor dem Landgericht Stuttgart geführten Prozess nach dem Vortrag der Kläger auf 1.511,90 € reduziert hat. 

Abmahnkosten wurden in der Abmahnung auf der Basis eines Gegenstandswerts von 100.000,00 € für die Inanspruchnahme beider Kläger beziffert. Die Kammer hält diese Bewertung des Unterlassungsanspruchs im Hinblick auf die 897 redaktionellen Texte für angemessen. Zwar ist die Länge der Texte der Kammer nicht im Einzelnen bekannt. Unwidersprochen hat die Beklagte indessen vorgetragen, dass es sich um Texte mit 1.000 - 4.000 Wörtern handelt. Auch der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr erscheint unter Berücksichtigung des Einzelfalls gerechtfertigt. Zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch geltend gemacht wurde gegenüber zwei Beklagten im Hinblick auf insgesamt 897 Beiträge auf der Internetseite der Klägerin zu 1. Der Umfang der Verletzungen und der Umstand, dass gegen zwei Schuldner vorgegangen wurde, rechtfertigen den Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr.

2.
Auch gegenüber dem Kläger liegt ein die Abmahnkosten rechtfertigender Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG vor.

Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er davon entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH GRUR 2014, 883).

Der Kläger hat vorliegend schon nicht hinreichend substantiiert in Abrede gestellt, dass er unmittelbar selbst für das Angebot auf der Internetseite verantwortlich war. Zwar hat er auf seine Tätigkeit in anderen Gesellschaften hingewiesen und behauptet, dass die Webseite von einem Mitarbeiter in eigener Verantwortung gestaltet worden sei, jedoch hat er insgesamt zur Firmenstruktur und arbeitsteiligen Aufgabenverteilung nichts Konkretes vorgetragen. 

Hierzu war der Kläger aber im Wege der sekundären Darlegungslast verpflichtet. Das klägerische Vorbringen lässt schon nicht erkennen, welche Leistungen die Klägerin konkret erbringt. Die klägerischen Angaben zur Anzahl der Mitarbeiter wechseln. So haben die Kläger im Schriftsatz vom 09.10.2018 vorgetragen, die Klägerin sei „Teil einer Unternehmensgruppe mit mehr als 20 festen und freiberuflichen Mitarbeitern", zudem nehme die Klägerin „regelmäßig die Dienste weiterer Unternehmen in Anspruch". Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter ausgeführt, dass er die Anzahl der Mitarbeiter bei der Klägerin nicht kenne; soweit er wisse, seien es mehr als ein Dutzend, angestellte Mitarbeiter, freie Mitarbeiter und externe Kräfte. Im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30.10.2018 wird im Zusammenhang mit Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast ausgeführt, dass die Kläger jedenfalls nicht verpflichtet seien, dass „der von ihnen beauftragte Dritte namentlich benannt" werde.

Jedenfalls aber ist davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht verpflichtet gewesen wäre, die konkrete Übernahme von fremden Inhalten auf der eigenen Internetseite zu verhindern. Selbst wenn die Klägerin über Mitarbeiter verfügte, deren Aufgabe es war, die Internetseite zu gestalten und die Gestaltung im Wesentlichen aufgrund einer Software erfolgt ist, so oblag dem Kläger jedenfalls eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht, da mangels substantiierten Vortrags des Klägers zu der eigenen Geschäftsstruktur davon auszugehen ist, dass er das auf Rechtsverletzungen angelegte Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat. Soweit der Kläger vorträgt, er sei Geschäftsführer von mehreren Gesellschaften, vermag ihn dies nicht zu entlasten. Als Geschäftsführer obliegt ihm die Verantwortung für jede der Gesellschaften. Eine Übertragung der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht auf konkrete Mitarbeiter hat er nicht dargetan.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die weiteren nicht nachgelassenen Schriftsätze der Kläger vom 30.10. und 09.11.2018 und des Beklagten vom 11.10. und 23.10.2018 ist nicht geboten.

Die Kostenentscheidung beruhtauf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11,711 ZPO.