LG Düsseldorf: Bei schuldhafter Nicht-Teilnahme an Videoverhandlung = Versäumnisurteil

Sorgt ein Anwalt technisch nicht ausreichend vor, dass er problemlos an einer Videoverhandlung des Gerichts teilnehmen kann, liegt eine schuldhafte Säumnis vor, sodass ein Versäumnisurteil ergehen kann (LG Düsseldorf, Urt. v. 25.09.2023 - Az.: 3 O 219/20).

Das Gericht hatte einen Gerichtstermin per Videoverhandlung bestimmt.

Der klägerische Anwalt konnte sich an dem Tag des Gerichtstermins nicht einwählen. Er informierte den Richter, der ihm empfahl, einen anderen Browser zu benutzen. Daraufhin konnte zwar eine Tonverbindung hergestellt werden und der klägerische Anwalt konnte die anderen Parteien auch sehen. Jedoch funktionierte seine Kamera nicht

Daraufhin erließ das Gericht ein Versäumnisurteil:

"Die Säumnis hat der Kläger auch verschuldet, § 337 S. 1 a.E. ZPO.

Verschulden umfasst Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II BGB. Maßstab hierfür ist das Verhalten einer ordentlichen Prozesspartei bzw. eines ordentlichen Prozessbevollmächtigten (...).

In der konkreten Situation hat der klägerische Prozessbevollmächtigte seine berufsbedingte Sorgfalt außer Acht gelassen, indem er die technische Videoausstattung vor der öffentlichen Sitzung nicht sichergestellt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die vom Klägervertreter abgegebene Erklärung."

Und weiter:

"Entscheidet sich eine Partei dafür, nicht physisch zu erscheinen und von § 128a ZPO Gebrauch zu machen, so wird es zu der erforderlichen Sorgfalt jedenfalls gehören, dass der jeweilige Beteiligte alle notwendigen Vorbereitungen trifft, um eine Bild- und Tonübertragung im Termin sicherzustellen.

Demnach müssen die zumutbaren und möglichen technischen Vorkehrungen getroffen werden (vgl. Windau, NJW 2020, 2753 (2757); Gomille/ Frenzel, NJOZ 2022, 1185 (1188)). In technischer Hinsicht dürfen allerdings keine überzogenen Anforderungen für die Parteien gelten. Dies würde dem Zweck des § 128a ZPO, Verhandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragung infolge des Gesichtspunkts der Verfahrensbeschleunigung zu fördern, gerade zuwiderlaufen (vgl. Windau, NJW 2020, 2753 (2757), Fritsche, in: MüKo zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 128a Rn. 1).

Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Gericht fernmündlich über das Telefon über die technischen Probleme beim Einwählen in die Videokonferenz unterrichtet hatte, konnte jedenfalls auf richterlichen Rat hin, einen anderen Browser hierfür zu nutzen, eine allseitige Tonverbindung mittels der Videokonferenzsoftware hergestellt werden.

Ferner war es dem klägerischen Prozessbevollmächtigten gleichzeitig möglich, das Gericht und den Prozessbevollmächtigten auf Beklagtenseite visuell wahrzunehmen. Die anderen Beteiligten konnten hingegen den klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht in Bild und Farbe sehen.

Daraus ergibt sich, dass auf Seiten der Klägerschaft nur unzureichend technisch in Sachen Bildübertragung vorgesorgt wurde. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers war es auch zumutbar, die Einsatzfähigkeit einer Webcam oder ihrer Kompatibilität mit dem Videokonferenzsystem der Justiz sicherzustellen. Insbesondere wurde er im Rahmen des Erlasses der gerichtlichen Verfügung vom 17.05.2023 (Bl. 2.791 der Akte) auf die notwendige technische Ausrüstung explizit hingewiesen."