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Bundesgerichtshof

Urteil v. 10.01.2013 - Az.: I ZR 190/11

Leitsatz

Standardisierte Mandatsbearbeitung

1. Das Merkmal des „objektiven Zusammenhangs“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist funktional zu verstehen und setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern. Deshalb fehlt einer mangelhaften oder sonst nicht vertragsgemäßen Leistung als solche die Qualität einer geschäftlichen Handlung, so dass Schlecht- oder Nichtleistungen eines Unternehmers zwar vertragliche Rechte des Kunden begründen können, aber keinen lauterkeitsrechtlichen Verstoß darstellen.

2. Allerdings kann die Grenze zu einer an § 5 Abs. 1 UWG zu messenden geschäftlichen Handlung dann überschritten sein, wenn der Unternehmer mit dieser auf eine Übervorteilung des Kunden abzielt und von vornherein nicht gewillt ist, sich an seine Ankündigungen zu halten. In diesem Fall dient die Täuschung über die Schlechtleistung dem Abschluss des Vertrages und wird als Mittel im Wettbewerb um Kunden eingesetzt (Fortführung von BGH, 10. Dezember 1986, I ZR 136/84, GRUR 1987, 180, 181, Ausschank unter Eichstrich II).

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Oktober 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Sachverhalt

Die Parteien betreiben jeweils Rechtsanwaltskanzleien und bearbeiten in großem Umfang Mandate wegen Urheberrechtsverletzungen in Internettauschbörsen. Die Klägerin ist - zumindest überwiegend - auf Seiten der Rechteinhaber, die Beklagte auf Seiten der als Rechtsverletzer in Anspruch genommenen Personen tätig.

Die Beklagte setzte ein auf Massengeschäft ausgerichtetes Verfahren zur Mandatsanbahnung und -bearbeitung ein, das durch folgende Schritte gekennzeichnet war: Nachdem die abgemahnte Person über eine Hotline Kontakt mit der Beklagten aufgenommen hatte, wurde ein schriftlicher Vermerk mit Kontaktdaten und Details für die weitere Bearbeitung angefertigt. Sodann erhielt die an einer Mandatierung der Beklagten interessierte Person eine standardisierte E-Mail, der eine Vollmachtserklärung und ein Mandantenfragebogen zur Ermittlung des Sachverhalts beigefügt war. Darin wurde gefragt, ob eine oder mehrere Personen abgemahnt worden seien, ob die Adresse auf der Abmahnung mit der des Anschlussinhabers übereinstimme, wer außerdem im Haushalt wohne, gegebenenfalls welches Alter Kinder hätten, wer Zugang zum Computer habe, wie viele Computer im Haushalt vorhanden seien, ob eine polizeiliche Vernehmung stattgefunden habe und gegebenenfalls ob in dieser ein Täter benannt worden sei, ob ein WLAN-Anschluss mit Verschlüsselung vorhanden sei und ob der Fall Besonderheiten aufweise.

Die Beklagte vertrat in insgesamt 300 Verfahren Mandanten, die von der Klägerin eine Abmahnung wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen in Internet-Tauschbörsen erhalten hatten. In allen Verfahren antwortete die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin, die Abgemahnten hätten die Rechtsverletzungen nicht begangen und zu keinem Zeitpunkt urheberrechtlich geschützte Werke zugänglich gemacht.

Die Klägerin beauftragte insgesamt sechs Personen, die in der Zeit vom 15. Januar 2010 bis Mai 2010 gegenüber der Beklagten angaben, Abmahnungen von der Klägerin erhalten zu haben. Diese Test-Mandanten gaben entweder im Fragebogen unter der Rubrik „Besonderheiten“ oder in einer begleitenden E-Mail - wahrheitswidrig - an, die in der Abmahnung genannte Datei heruntergeladen zu haben. Ferner teilten die Testmandanten der Beklagten mit, dass sie über einen verschlüsselten WLAN-Anschluss verfügten. Dennoch versandte die Beklagte auch in den diese Testmandanten betreffenden Fällen Antwortschreiben an die Klägerin, in denen Rechtsverletzungen durch die Mandanten bestritten wurden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten würden gegenüber der Klägerin bewusst unwahr vortragen. Dies sei gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO, § 263 StGB wettbewerbswidrig. Zudem liege eine Irreführung der Verbraucher gemäß §§ 3, 5 Abs. 1, § 5a Abs. 1 UWG vor. Die Klägerin macht insoweit geltend, in dem Verhalten der Beklagten liege eine systematische Schlechtleistung, über die die Beklagte ihre (potentiellen) Mandanten nicht aufkläre. Dies sei als Irreführung durch Unterlassen gemäß §§ 3, 5, 5a UWG zu werten, weil der Mandant ohne entsprechende Aufklärung nicht mit einer wahrheitswidrigen Rechtsverteidigung rechne.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,

im Rahmen der Vertretung eines Mandanten gegenüber einem Inhaber von ausschließlichen Rechten an einem Filmwerk oder an Laufbildern oder gegenüber dessen Vertretern selbst oder durch einen Dritten zu behaupten, der Mandant habe das Filmwerk oder die Laufbilder nicht öffentlich zugänglich gemacht oder der Mandant habe die Tat nicht begangen,

insbesondere wenn diese wie nachfolgend eingezogen geschieht:

“In obiger Sache forderten Sie unsere Mandantschaft zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Ihrer Meinung nach soll unsere Mandantschaft geschützte Werke Ihrer Mandantin öffentlich zugänglich gemacht haben. In diesem Zusammenhang teilen wir Ihnen mit, dass unsere Mandantschaft zu keinem Zeitpunkt urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich zugänglich gemacht hat. Allenfalls in Betracht kommt noch, dass ein Nachbar die gesicherte WLAN-Verbindung unserer Mandantschaft umgangen hat und so die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Unsere Mandantschaft hat jedenfalls alles Erforderliche getan, um ihren Anschluss entsprechend abzusichern. Insofern haftet sie hier auch nicht als (Mit)Störer. Zum Ersatz des entstandenen Schadens ist unsere Mandantschaft, die die Tat nicht begangen hat, ohnehin nicht verpflichtet. …”

wenn ihr eine an den Mandanten adressierte Abmahnung des Inhabers oder seiner Vertreter vorliegt, in der dem Mandanten vorgeworfen wird, ein konkretes Filmwerk oder konkrete Laufbilder unerlaubt verwertet, insbesondere öffentlich zugänglich gemacht zu haben, und in der behauptet wird, dass im Netzwerk eDonkey2000 zu einem bestimmten Datum, zu einer bestimmten Uhrzeit, von einer bestimmten IP-Adresse das Filmwerk oder die Laufbilder in Form einer Datei zum Herunterladen zur Verfügung gestanden hätten, unter jeweiliger konkreten Angabe des Datums, der Uhrzeit, der IP-Adresse, des Titels des Filmwerks oder der Laufbilder sowie des Namens des Rechteinhabers, und in der weiter behauptet wird, dass die IP-Adresse nach einem zivilrechtlichen Auskunftsverfahren gemäß § 101 UrhG dem Anschluss des Mandanten hätten zugeordnet werden können,

wenn der Mandant ihr gegenüber vor Abgabe der Behauptung erklärt hat, dass er das konkrete Filmwerk oder die konkreten Laufbilder heruntergeladen habe, oder ihr gegenüber dazu, wer die vorgeworfenen Rechtsverletzungen begangen hat, keine Angaben gemacht hat,

und in dem einen wie in dem anderen Fall ihr gegenüber weiter erklärt hat, dass er über einen verschlüsselten WLAN-Anschluss verfüge und dass die Adresse, an welche die Abmahnung adressiert war, mit seiner Adresse übereinstimme und er der Anschlussinhaber sei.

Die Klägerin hat hilfsweise beantragt,

der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,

die rechtliche Vertretung von Personen, die wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung in Internettauschbörsen abgemahnt wurden, anzubieten und/oder zu erbringen,

ohne die jeweilige Person vor Abschluss des Mandatsvertrages darauf hinzuweisen, dass sie in Fällen,

in denen die jeweilige Person von einem Inhaber von ausschließlichen Rechten an einem Filmwerk oder an Laufbildern oder von dessen Vertretern eine Abmahnung erhalten hat, in der dieser vorgeworfen wird, sie hätte ein konkretes Filmwerk oder konkrete Laufbilder unerlaubt verwertet, insbesondere öffentlich zugänglich gemacht, und in der behauptet wird, dass im Netzwerk eDonkey2000 zu einem bestimmten Datum, zu einer bestimmten Uhrzeit, von einer bestimmten IP-Adresse das Filmwerk oder die Laufbilder in Form einer Datei zum Herunterladen zur Verfügung gestanden hätten, unter jeweiliger konkreter Angabe des Datums, der Uhrzeit, der IP-Adresse, des Titels des Filmwerks oder der Laufbilder sowie des Namens des Rechteinhabers, und in der weiter behauptet wird, dass die IP-Adresse nach einem zivilrechtlichen Auskunftsverfahren gemäß § 101 UrhG dem Anschluss der Person hätte zugeordnet werden können,

gegenüber dem Inhaber der ausschließlichen Rechte an diesem Filmwerk oder an diesen Laufbildern oder gegenüber dessen Vertreter selbst oder durch einen Dritten behauptet wird, die jeweilige Person habe das Filmwerk oder die Laufbilder nicht öffentlich zugänglich gemacht oder sie hätte die Tat nicht begangen, vor allem in der nachfolgenden Form:

“In obiger Sache forderten Sie unsere Mandantschaft zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Ihrer Meinung nach soll unsere Mandantschaft geschützte Werke Ihrer Mandantin öffentlich zugänglich gemacht haben. In diesem Zusammenhang teilen wir Ihnen mit, dass unsere Mandantschaft zu keinem Zeitpunkt urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich zugänglich gemacht hat. Allenfalls in Betracht kommt noch, dass ein Nachbar die gesicherte WLAN-Verbindung unserer Mandantschaft umgangen hat und so die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Unsere Mandantschaft hat jedenfalls alles Erforderliche getan, um ihren Anschluss entsprechend abzusichern. Insofern haftet sie hier auch nicht als (Mit)Störer. Zum Ersatz des entstandenen Schadens ist unsere Mandantschaft, die die Tat nicht begangen hat, ohnehin nicht verpflichtet. Darüber hinaus können, selbst wenn …”

auch wenn die jeweilige Person ihr gegenüber vor Abgabe der Behauptung erklären wird, dass sie das konkrete Filmwerk oder die konkreten Laufbilder heruntergeladen habe, oder ihr gegenüber dazu, wer die vorgeworfenen Rechtsverletzungen begangen hat, keine Angaben machen wird,

und in dem einen wie in dem anderen Fall ihr gegenüber weiter erklären wird, dass sie über einen verschlüsselten WLAN-Anschluss verfüge und dass die Adresse, an welche die Abmahnung adressiert war, mit seiner Adresse übereinstimme und sie der Anschlussinhaber sei,

sofern sie diese Behauptungen in diesen Fällen nicht tatsächlich unterlässt.

Die Klägerin hat die Beklagten ferner auf Auskunft, Erstattung vorprozessual entstandener Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.598 € und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage mit dem Unterlassungshauptantrag sowie den darauf bezogenen Folgeansprüchen stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht im Hinblick auf den Unterlassungshauptantrag und im Übrigen vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren im vollem Umfang weiter.

 

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 43a Abs. 3 BRAO und § 263 StGB (Hauptantrag) sowie aus §§ 3, 5, 5a UWG (Hilfsantrag) für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:

Die Angaben in dem mit dem Hauptantrag angegriffenen Antwortschreiben an die Klägerin seien keine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Hierfür sei ein Marktbezug dahingehend erforderlich, dass die fragliche Handlung das wirtschaftliche Verhalten anderer Marktteilnehmer beeinflusse oder hierzu objektiv geeignet sei. Daran fehle es im Streitfall. Das Verhalten der Beklagten sei nicht geeignet, geschäftliche Entscheidungen der Mandanten der Beklagten zu beeinflussen. Der vom Hauptantrag umfasste falsche Vortrag sei vielmehr lediglich eine Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages, die als solche grundsätzlich geschäftliche Entscheidungen des Vertragspartners nicht beeinflusse. Das Antwortschreiben der Beklagten sei auch nicht geeignet, geschäftliche Entscheidungen möglicher zukünftiger (eigener) Mandanten zu beeinflussen. Es könne nicht angenommen werden, dass die Beklagte die ihr vorgeworfene Bereitschaft zur anwaltlichen Lüge dazu einsetzen werde, um neue Mandanten zu gewinnen. Soweit die Erklärungen der Beklagten in den Antwortschreiben auf die Abmahnungen die Reaktion der Rechteinhaber beeinflussten, sei dies unerheblich. Selbst wenn ein Rechteinhaber hierdurch veranlasst werden sollte, die ihm zustehenden Ansprüche nicht oder nicht vollständig durchzusetzen, liege darin keine geschäftliche Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Denn eine solche müsse sich auf ein Produkt, also eine Ware oder Dienstleistung, beziehen. Ein Rechteinhaber werde jedoch durch die Antwortschreiben der Beklagten nicht in seiner Entscheidung beeinflusst, anwaltliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Zudem dienten die Antwortschreiben der Beklagten vorrangig dem Ziel, die gegen die eigenen Mandanten gerichteten Ansprüche abzuwehren.

Unabhängig davon, ob eine geschäftliche Handlung vorliege, sei der Hauptantrag auch deshalb unbegründet, weil weder § 43a Abs. 3 StGB noch § 263 StGB in Bezug auf das hier in Rede stehende Verhalten der Beklagten als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG anzusehen seien.

Der auf Irreführung gestützte Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Eine insoweit allein in Betracht kommende Irreführung durch Unterlassen setze die Verletzung einer Informationspflicht voraus, an der es hier fehle. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte von vornherein nicht bereit gewesen sei, den Anwaltsvertrag ordnungsgemäß zu erfüllen.

B. Die gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

I. Der Unterlassungshauptantrag, mit dem die Klägerin eine unrichtige Angabe der Beklagten gegenüber gegnerischen Anwälten im Hinblick auf die Tatbegehung ihrer Mandanten untersagen lassen möchte, ist unbegründet.

1. Entgegen der Ansicht der Revision steht der Klägerin kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 43a Abs. 3 BRAO und § 263 StGB zu. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es an einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG fehlt.

a) Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Der Begriff der geschäftlichen Handlung dient dazu, den Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts gegenüber dem allgemeinen Deliktsrecht abzugrenzen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 2 Rn. 3; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 31 Rn. 2). Deshalb ist das Merkmal des „objektiven Zusammenhangs“ funktional zu verstehen und setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2010 - I ZR 34/08, GRUR 2010, 1117 Rn. 18 = WRP 2010, 1475 - Gewährleistungsausschluss im Internet; OLG Hamm, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 U 154/07, juris Rn. 44; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2010, 47, 48; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 48; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann aaO § 31 Rn. 59; Keller in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., § 2 Rn. 52; aA Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 2 Rn. 22, der auch in Fällen der bloßen Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bejahen möchte, sich allerdings nicht mit den nachfolgend dargestellten unionsrechtlichen Umständen auseinandersetzt).

Im Hinblick auf Handlungen gegenüber Verbrauchern ergibt sich das Erfordernis des funktionalen Bezugs auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung daraus, dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG der Umsetzung des Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dient und daher im Lichte des Wortlauts und der Ziele dieser Richtlinie auszulegen ist. Nach dieser Vorschrift sind „Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern“ Verhaltensweisen, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängen. Nach ihrem Erwägungsgrund 7 bezieht sich die Richtlinie auf Geschäftspraktiken, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen des Verbrauchers in Bezug auf Produkte stehen; Geschäftspraktiken, die vorrangig anderen Zielen dienen, erfasst sie demgegenüber nicht. Darin kommt zum Ausdruck, dass eine geschäftliche Handlung vorrangig dem Ziel dienen muss, die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers im unmittelbaren Zusammenhang mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung zu beeinflussen. Aufgrund dieser Umstände bestehen hinsichtlich der Auslegung des Art. 2 Buchst. d keine vernünftigen Zweifel, so dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht veranlasst ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 11. September 2008 - C-428/06, Slg. 2008, I-6747 = EuZW 2008, 757 Rn. 42 - UGT-Rioja u.a.).

Das Erfordernis des funktionalen Bezugs auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung gilt auch im Hinblick auf das Verhalten gegenüber Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern, das von der Richtlinie 2005/29/EG allenfalls mittelbar betroffen ist (vgl. Erwägungsgrund 8 der Richtlinie). Der Begriff des „objektiven Zusammenhangs“ ist insoweit im Interesse der Rechtssicherheit einheitlich auszulegen (Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann aaO § 31 Rn. 60; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 9; Keller in Harte/Henning aaO § 2 Rn. 58). Das entspricht auch dem Willen des deutschen Gesetzgebers. Dieser geht davon aus, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen einer unlauteren Verhaltensweise eines Unternehmens gegenüber einem Mitbewerber und dem Absatz oder Bezug von Waren und Dienstleistungen vorliegt, wenn der Absatz oder Bezug durch die Verhaltensweise - gegebenenfalls mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung - zugunsten des unlauter handelnden Unternehmens beeinflusst wird (Begründung des Regierungsentwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des UWG, BT-Drucks. 16/10145, S. 21). Dementsprechend fehlt auch jeder Anhaltspunkt im Gesetzeswortlaut, der dafür sprechen könnte, dem Merkmal des objektiven Zusammenhangs einen nach dem betroffenen Personenkreis zu differenzierenden Inhalt beizumessen.

Entgegen der Ansicht der Revision ist die objektive Eignung zur Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers auch bereits für die Annahme einer geschäftlichen Handlung relevant. Zwar ist das Kriterium der Beeinflussung der Entscheidung des Verbrauchers nicht schon in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, sondern erst in § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG ausdrücklich angesprochen. Dort geht es jedoch nicht darum, anhand des Begriffs der geschäftlichen Handlung und des daraus entwickelten Merkmals der objektiven Eignung zur Beeinflussung der Entscheidung des Verbrauchers im Sinne einer Förderung des Absatzes oder Bezugs das Lauterkeitsrecht vom allgemeinen Deliktsrecht abzugrenzen. Bei § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG geht es vielmehr um die nachgelagerte Frage, ob eine geschäftliche Handlung die Verbraucherentscheidung spürbar beeinträchtigt und damit eine für die Annahme der Unlauterkeit notwendige Voraussetzung vorliegt.

b) Von diesen Grundsätzen ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat geprüft, ob das mit dem Hauptantrag beanstandete Verhalten der Beklagten - also das behauptete bewusst wahrheitswidrige Abstreiten einer Urheberrechtsverletzung des Mandanten als Reaktion auf eine an diesen Mandanten gerichtete Abmahnung der Klägerin - objektiv geeignet ist, den Wettbewerb der Beklagten um Mandanten durch deren Beeinflussung zu fördern. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

aa) Das Berufungsgericht hat allein die Beeinflussung von bereits gewonnenen oder potentiellen Mandanten für maßgeblich gehalten und deshalb angenommen, es sei unerheblich, ob die Erklärungen der Beklagten in den Antwortschreiben auf die Abmahnungen die Reaktion der Rechteinhaber dahingehend beeinflussen könnten, die ihnen gegen die Mandanten der Beklagten zustehende Ansprüche nicht oder nicht vollständig durchzusetzen. Darin liege deshalb keine geschäftliche Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil sich eine solche Entscheidung auf ein Produkt, also eine Ware oder Dienstleistung, beziehen müsse. Ein Rechteinhaber werde jedoch durch die Antwortschreiben der Beklagten nicht in seiner Entscheidung beeinflusst, anwaltliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung stand. Wie dargelegt, kommt dem Begriff der geschäftlichen Handlung die Funktion zu, den Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts gegenüber dem allgemeinen Deliktsrecht abzugrenzen. Im Streitfall geht es nicht um die nach allgemeinem Deliktsrecht gemäß § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB und § 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO zu beurteilende Frage, ob die Vermögensinteressen der Inhaber von Urheberrechten dadurch beeinträchtigt werden, dass die Beklagte in anwaltlicher Vertretung für Verletzer dieser Rechte wahrheitswidrig eine Verletzung in Abrede stellt und dadurch die Durchsetzung von urheberrechtlichen Ansprüchen der Rechteinhaber erschwert oder verhindert. Die von der Klägerin als Wettbewerberin der Beklagten erhobene Klage kann auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts vielmehr nur dann Erfolg haben, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten objektiv geeignet ist, den Absatz ihrer anwaltlichen Dienstleistung positiv zu beeinflussen. Maßgebend ist damit allein der Wettbewerb um Mandanten.

bb) Das Berufungsgericht ist ferner rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das mit dem Hauptantrag angegriffene Leugnen einer Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte bei objektiver Betrachtung nicht vorrangig darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von bereits gewonnenen oder aber potentiellen Mandanten ihren Wettbewerb um Mandate zu fördern.

(1) Im Hinblick auf diejenigen Mandanten, für die die Beklagte falsch vorgetragen hat, hat das Berufungsgericht angenommen, der beanstandete unzutreffende Vortrag sei lediglich eine Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages, der als solcher die geschäftliche Entscheidung der Mandanten als Vertragspartner nicht beeinflusse. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Allerdings kann eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG auch in einem Verhalten liegen, das sich auf die geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses auswirkt. So ist die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses eine geschäftliche Handlung, weil diese Vereinbarung unabhängig von ihrer Durchsetzbarkeit geeignet ist, dem Unternehmer Kosten zu ersparen, indem er Verbraucher davon abhält, Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Der Unternehmer kann dadurch in die Lage versetzt werden, günstigere Preise zu kalkulieren und so seinen Warenabsatz zu fördern (BGH, GRUR 2010, 117 Rn. 18 - Gewährleistungsausschluss im Internet). Ebenso liegt eine geschäftliche Handlung vor, wenn ein Unternehmen seinen Kunden durch sein Verhalten im Rahmen der Vertragsdurchführung daran hindert, zukünftig Dienstleistungen eines Wettbewerbers in Anspruch zu nehmen (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - I ZR 119/06, GRUR 2009, 876 Rn. 25 = WRP 2009, 1086 - Änderung der Voreinstellung II). Dagegen kann eine mangelhafte oder sonst nicht vertragsgemäße Leistung eines Unternehmers als solche zwar vertragliche Rechte des Kunden begründen; sie stellt aber keinen lauterkeitsrechtlichen Verstoß dar. Denn die Schlechtleistung ist für sich genommen nicht objektiv darauf gerichtet, den Kunden von der Geltendmachung solcher Rechte abzuhalten. Dies setzt vielmehr grundsätzlich ein gesondert darauf gerichtetes Verhalten, etwa das Bestreiten des Mangels oder die Aufforderung zur Zahlung, voraus (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 81). Daran fehlt es hier.

Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Beklagte durch die angegriffenen Schreiben ihre eigenen Mandanten beeinflusse. Zudem habe die Klägerin ein derartiges Verhalten nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision vergeblich. Gegenstand des Unterlassungshauptantrags ist kein Verhalten der Beklagten gegenüber ihren Mandanten, sondern das unrichtige Bestreiten einer Tatbegehung gegenüber den abmahnenden Rechteinhabern oder ihren Vertretern.

(2) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ferner angenommen, das Antwortschreiben der Beklagten sei auch nicht geeignet, geschäftliche Entscheidungen möglicher zukünftiger Mandanten zu beeinflussen. Es könne nicht angenommen werden, dass die Beklagte die ihr vorgeworfene Bereitschaft zur anwaltlichen Lüge dazu einsetzen werde, um neue Mandanten zu gewinnen. Dies setze voraus, dass diese Bereitschaft publik gemacht werde, woran der Beklagten nicht gelegen sein könne. Auch die Klägerin selbst gehe davon aus, dass dies nicht der Fall sei; denn sie mache mit dem Hilfsantrag auf der Basis desselben sachlichen Klagevortrags geltend, die Beklagte spiegele dem angesprochenen Verkehr vor, ihre anwaltlichen Pflichten gesetzmäßig und insbesondere unter Beachtung des Sachlichkeitsgebots im Sinne von § 43a Abs. 3 BRAO zu erbringen.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision vergeblich. Soweit die Revision geltend macht, ein Mandant werde sich auch zukünftig an die Beklagte wenden oder diese empfehlen, wenn er merke, dass durch schlicht falschen Vortrag Schadensersatzansprüche abgewendet werden könnten, legt sie eine von der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts abweichende sachliche Beurteilung zugrunde, ohne insoweit Rechtsfehler aufzuzeigen. Hinzu kommt, dass der von der Revision angesprochene Gesichtspunkt auch aus Rechtsgründen nicht durchgreift. Dass das wahrheitswidrige vorprozessuale Leugnen einer Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte dazu führen kann, dass Rechteinhaber trotz der beigebrachten konkreten Indizien für eine Haftung der abgemahnten Personen zum Verzicht auf Schadensersatzforderungen bewegt werden könnten, erscheint zwar ebenso möglich wie die Annahme, der Mandant werde die Beklagte deshalb im Bedarfsfalle erneut beauftragen oder sie anderen Abgemahnten empfehlen. Diese möglichen Folgen sind aber bloße Reflexwirkungen, welche die Anforderungen an eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG nicht erfüllen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass - entgegen den Anforderungen in Satz 2 des Erwägungsgrundes 7 der Richtlinie 2005/29/EG - die Antwortschreiben der Beklagten vorrangig einem anderen, nämlich dem Ziel dienten, die gegen die eigenen Mandanten gerichteten Ansprüche abzuwehren. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Äußerungen und Maßnahmen eines Rechtsanwalts im Namen eines Mandanten regelmäßig zur Durchsetzung eben dieser Mandantenposition dienen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 281; Keller in Harte/Henning aaO § 2 Rn. 81). Dieser Umstand ist auch im Rahmen der nach Satz 5 des Erwägungsgrundes 7 der Richtlinie vorzunehmenden umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles von Bedeutung.

2. Da ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 43a Abs. 3 BRAO und § 263 StGB bereits daran scheitert, dass es an einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG fehlt, kann auf sich beruhen, ob § 43a Abs. 3 BRAO und § 263 StGB Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG sind.

3. Der Unterlassungshauptantrag lässt sich auch nicht auf allgemeines Deliktsrecht, namentlich auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 43a Abs. 3 BRAO und § 263 StGB oder auf §§ 826, 1004 BGB, stützen. Zwar kann ein Verstoß gegen das Wahrheitsgebot gemäß § 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO grundsätzlich Ansprüche Dritter gemäß § 823 Abs. 2, § 826 BGB begründen (vgl. Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., § 43a Rn. 158). Insoweit kommen im Streitfall jedoch allenfalls Ansprüche der Rechteinhaber in Betracht, weil allein deren Vermögensinteressen durch das beanstandete unrichtige Vorbringen im Rahmen des Abmahnverhältnisses negativ betroffen sein können. Abgesehen davon, dass in den von der Klägerin konkret geltend gemachten Fällen eines wahrheitswidrigen Vortrags eine Rechtsverletzung fehlt, weil es sich um Testmandanten handelte, die tatsächlich keine Urheberrechtsverletzungen begangen hatten, ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin für Ansprüche ihrer Mandanten aktivlegitimiert ist. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Klägerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt ist, Unterlassungsansprüche der Rechteinhaber im eigenen Namen geltend zu machen. Dass eigene durch das allgemeine Deliktsrecht geschützte Interessen der Klägerin verletzt wurden, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Die Revision macht nicht geltend, dass dem Berufungsgericht insoweit Rechtsfehler unterlaufen seien.

II. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Zurückweisung des Unterlassungshilfsantrags, der auf das Verbot des Anbietens und Erbringens einer anwaltlichen Vertretung von Personen gerichtet ist, die wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt wurden, sofern diese bei Abschluss des Mandatsvertrages nicht auf die Praxis der Beklagten hingewiesen wurden, die Begehung der Tat in jedem Fall, also auch dann in Abrede zu stellen, wenn sie den Beklagten gegenüber eingeräumt worden ist.

1. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Antragsfassung angenommen, dass zu dessen Rechtfertigung allein ein Anspruch gemäß § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 5a UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung durch Unterlassen in Betracht kommt. Dagegen erinnert die Revision nichts. Bereits deshalb ist der Hilfsantrag unbegründet, soweit damit der Beklagten die Erbringung der rechtlichen Vertretung von abgemahnten Personen verboten werden soll. Nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 1 UWG sind als irreführende geschäftliche Handlungen nur unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben unlauter. Ein von der Richtigkeit der Angabe unabhängiges Durchführungsverbot, wie es das alte Recht in § 7 Abs. 1 UWG aF für Sonderveranstaltungen vorsah und auf das der Hilfsantrag mit dem Verbot der Erbringung der rechtlichen Vertretung abzielt, unterfällt nicht dem Irreführungstatbestand des § 5 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - I ZR 181/10, GRUR 2012, 213 Rn. 17 = WRP 2012, 316 - Frühlings-Special).

2. Der Hilfsantrag ist auch im Übrigen unbegründet. Eine Irreführung durch Verschweigen von Tatsachen ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen, also seine Entschließung zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 28/09, GRUR 2011, 846 Rn. 21 = WRP 2011, 1149 - Kein Telekom-Anschluss nötig). Davon ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat - insoweit ebenfalls von der Revision unbeanstandet - angenommen, dass eine Irreführung durch Unterlassen die Verletzung einer Informationspflicht voraussetzt, wobei kein generelles Informationsgebot dahingehend besteht, alle - auch weniger vorteilhafte oder negative - Eigenschaften des eigenen Angebots offenzulegen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 10 mwN).

3. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass der Umstand einer vertragswidrigen Schlecht- oder Nichterfüllung als irreführendes Verhalten nicht ausreicht, sondern eine relevante Irreführung nur dann in Betracht kommt, wenn der Unternehmer eine Schlechterfüllung des Vertrages und damit eine Übervorteilung des Kunden von vornherein beabsichtigt, woran es im Streitfall fehle.

a) Wie dargelegt, fehlt einer mangelhaften oder sonst nicht vertragsgemäßen Leistung als solche die Qualität einer geschäftlichen Handlung, so dass Schlecht- oder Nichtleistungen eines Unternehmers zwar vertragliche Rechte des Kunden begründen, nicht aber mit den Mitteln des Lauterkeitsrechts sanktioniert werden können. Davon geht im Ausgangspunkt auch die Revision aus, indem sie zugesteht, dass einzelne Verstöße gegen die gesetzlichen Qualitätsanforderungen von § 5 Abs. 1 UWG nicht erfasst werden.

Allerdings kann die Grenze zu einer an § 5 Abs. 1 UWG zu messenden geschäftlichen Handlung dann überschritten sein, wenn der Unternehmer mit der fraglichen Handlung auf eine Übervorteilung des Kunden abzielt und von vornherein nicht gewillt ist, sich an seine Ankündigungen zu halten. In diesem Fall dient die Täuschung über die Schlechtleistung dem Abschluss des Vertrages; sie wird als Mittel im Wettbewerb um Kunden eingesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 - I ZR 136/84, GRUR 1987, 180, 181 = WRP 1987, 379 - Ausschank unter Eichstrich II; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 2.7; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 5 Rn. 15; Weidert in Harte/Henning aaO § 5 C Rn. 64).

Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung diese Grundsätze zugrunde gelegt. Es hat eine Irreführung verneint und dazu ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte von vornherein nicht bereit gewesen sei, den Anwaltsvertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Zwar könne man davon ausgehen, dass die Beklagte sowohl in Fällen gegenteiliger Kenntnis als auch in solchen Fällen, in denen die Mandanten ihr gegenüber keine Angaben zu der ihnen vorgeworfenen Tat gemacht hätten, eine Täterschaft der Mandanten bestritten habe. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass die Beklagte generell zu einem wahrheitsgemäßen Vortrag nicht bereit sei. Vielmehr spreche alles dafür, dass die Beklagte mit dem jedenfalls anfänglichen Bestreiten der Täterschaft in der fehlgeleiteten Erwartung gehandelt habe, den Interessen ihrer Mandanten zu dienen.

b) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, indem es mehrere vom Landgericht herangezogene Indizien für eine von vornherein bestehende Absicht der Beklagten zur Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages nicht berücksichtigt habe. So habe die Beklagte in allen 300 von der Klägerin abgemahnten Fällen sowie in allen weiteren insgesamt von ihr bearbeiteten etwa 7.000 Fällen stets vorgetragen, die Abgemahnten seien keine Täter. Die Beklagte habe zudem nicht substantiiert bestritten, dass sie in den sechs Fällen der Testmandanten Kenntnis davon gehabt habe, dass die Mandanten ihr gegenüber angegeben hätten, die abgemahnte Tat tatsächlich auch begangen zu haben. Auch sei im von der Beklagten eingesetzten Mandantenfragebogen noch nicht einmal die Frage nach der Einräumung des Tatvorwurfs vorhanden gewesen. Die Beklagte habe ferner in der an die neuen Mandanten gerichteten Informations-E-Mail angekündigt, sie könne der Gegenseite mitteilen, dass der Mandant die Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe. Schließlich habe die Beklagte mit dem Slogan „Beim Filesharing ertappt?“ um Mandanten geworben. Diese Indizien legten den Eindruck nahe, dass von vornherein beabsichtigt gewesen sei, eine Täterschaft zu leugnen, obwohl sich die Beklagte gezielt an Personen gewandt habe, denen eine Urheberrechtsverletzung nicht nur vorgeworfen werde, sondern die diese auch begangen hätten. Die Beklagte vermeide es regelrecht, davon Kenntnis zu erlangen, ob der Mandant die ihm vorgeworfene Urheberrechtsverletzung begangen habe, trage aber gleichwohl systematisch vor, dass ihr Mandant die Tat nicht begangen habe. Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts stelle diese systematische, unzureichende Aufklärung und das systematische Ignorieren der Mandantenangaben eine vorsätzliche Vorgehensweise dar. Dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt sei positiv bewusst, denknotwendig in einem (Groß-)Teil der Verfahren unwahr vorzutragen.

bb) Damit dringt die Revision nicht durch.

(1) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagte von vornherein nicht bereit gewesen sei, den Anwaltsvertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Es hat vielmehr angenommen, alles spreche dafür, dass die Beklagte mit dem (jedenfalls anfänglichen) Bestreiten der Täterschaft in der fehlgeleiteten Erwartung gehandelt habe, den Interessen ihrer Mandanten zu dienen. Die Revision setzt mit ihrer abweichenden Beurteilung lediglich ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle der vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung vorgenommenen und nicht erfahrungswidrigen Sachverhaltsbewertung.

(2) Die von der Revision angeführten Indizien hat das Landgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Berufungsgericht sie bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen hat, auch wenn es sich mit ihnen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat.

Zudem lassen die von der Revision angeführten Umstände keinen hinreichend sicheren Schluss zu, die Beklagte sei von vornherein zu einer systematischen Schlechterfüllung entschlossen gewesen und habe dies verschwiegen, um Mandanten zu gewinnen. Allein die große Zahl der gleichförmig behandelten Mandate gibt für diese Frage nichts her. Die Klägerin hat nur für sechs Testfälle vorgetragen, dass die Mandanten die Begehung der ihnen vorgeworfenen Tat eingeräumt hätten. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte lediglich bei zwei Testmandaten der Darstellung der Klägerin, die entsprechenden Hinweise seien bewusst ignoriert worden, nicht hinreichend widersprochen. In Bezug auf drei Testmandate hat danach die Beklagte allein eingeräumt, dass die Angaben in den Mandantenfragebögen oder in der begleitenden E-Mail nicht berücksichtigt worden seien, insoweit allerdings auch vorgetragen, die Unterlagen seien nicht bei der Akte gewesen. In einem weiteren Testfall hat die Beklagte sogar den Zugang des Mandantenfragebogens bestritten. Auf der Grundlage dieser Feststellungen des Landgerichts ist es nicht auszuschließen, dass diese im Verhältnis geringe Anzahl der Testfälle Ausreißer waren. Jedenfalls ist es fernliegend, auf diese wenigen Einzelfälle die Annahme einer von vornherein systematisch und planmäßig auf eine Verletzung der Wahrheitspflicht gerichteten Mandatsbearbeitung zu stützen.

Die Gestaltung des Mandantenfragebogens lässt ebenfalls keinen Schluss auf eine planmäßige Schlechterfüllung zum Zwecke der Förderung des eigenen Wettbewerbs um Mandanten zu. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es den Testmandanten jeweils möglich war, in der Rubrik „Besonderheiten“ oder in der begleitenden E-Mail den Tatvorwurf gegenüber der Beklagten einzuräumen. Dass die Beklagte gezielt um Mandate von Abgemahnten geworben hat, die unzweifelhaft eine Urheberrechtsverletzung begangen haben, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Auch aus der zur Akte gereichten Informations-Mail der Beklagten ergibt sich nichts anderes. Zwar heißt es dort:

Wir werden den Sachverhalt prüfen und dann eine abgewandelte Unterlassungserklärung für Sie abgeben. Gleichzeitig können wir der Gegenseite mitteilen, dass Sie die Urheberrechtsverletzung hier nicht begangen haben.

Daraus ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - jedoch keine bereits feststehende Absicht, die Täterschaft in jedem Falle zu leugnen. Es ist vielmehr ausdrücklich davon die Rede, dass die Beklagte den Sachverhalt prüfen werde. Ein Leugnen der Täterschaft ist auch nicht als sicher („werden wir der Gegenseite mitteilen, dass ...“), sondern nur als mögliche Alternative („können wir …“) angesprochen.

Ebenfalls kein hinreichendes Indiz für eine systematische Strategie zum wahrheitswidrigen Leugnen einer Tatbegehung ist der Umstand, dass die Beklagte sich nach den Feststellungen des Landgerichts darauf berufen hat, trotz Kenntnis der Urheberrechtsverletzung durch den Mandanten die Täterschaft gegenüber den Rechteinhabern auch leugnen zu dürfen. Diese Einlassung erfolgte erkennbar zur Rechtsverteidigung und kann nicht als tragfähige Grundlage für die Annahme einer planmäßig auf eine spätere Verletzung der anwaltlichen Wahrheitspflicht angelegte Strategie zur Mandatsgewinnung dienen.

Eine planmäßige Schlechterfüllung lässt sich schließlich auch nicht auf den Umstand stützen, dass die Beklagte im Internet mit der Frage „Beim Filesharing ertappt?“ geworben hat. Entgegen der Auffassung der Revision kann hieraus nicht allein der Schluss gezogen werden, dass die Beklagte sich gezielt an Personen gewandt hat, denen eine Urheberrechtsverletzung nicht nur vorgeworfen wird, sondern die diese auch begangen haben. Es liegt vielmehr näher, dass mit dieser Frage in werbetypisch prägnanter Form alle Personen angesprochen werden sollten, die - zu Recht oder zu Unrecht - wegen des Vorwurfs des Filesharing abgemahnt oder sonst in Anspruch genommen worden sind und deshalb möglicherweise anwaltliche Hilfe benötigen.

(3) Ohne Erfolg macht die Revision schließlich geltend, dass das Berufungsgericht seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft den Rechtssatz zugrunde gelegt habe, eine zur Annahme einer Irreführung ausreichende systematische Schlechtleistung sei nur dann gegeben, wenn diese sämtliche Aspekte der Leistungen oder alle versprochenen Leistungen betreffe. Ein solcher Rechtssatz lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen.

III. Aus den vorstehenden Gründen stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Erstattung vorprozessual entstandener Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.598 € und Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht zu.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.