Verstoß gegen rechtliches Gehör bei einstweiliger Verfügung im Wettbewerbsrecht führt nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses
Leitsatz
Verstoß gegen rechtliches Gehör bei einstweiliger Verfügung im Wettbewerbsrecht führt nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 08.05.2018 teilweise abgeändert: Die Ziffer I.4. der Beschlussverfügung der 4a. Zivilkammer vom 29.09.2017 wird aufgehoben und der zugehörige Antrag der Verfügungsklägerin zu Ziffer I.4. der Antragsschrift vom 28.09.2017 wird zurückgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Verfahrenskosten beider Instanzen haben die Verfügungsbeklagte 75 % und die Verfügungsklägerin 25 % zu tragen.
Entscheidungsgründe
I.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 542 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist nur teilweise - nämlich soweit sie den Antrag zu Ziffer I. 4 aus der Antragsschrift vom 28.09.2017 betrifft - begründet.
1.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist die einstweilige Verfügung nicht etwa deshalb insgesamt aufzuheben, weil das Landgericht ohne Anhörung der Verfügungsbeklagten - die unstreitig zuvor auch nicht abgemahnt worden war - eine Beschlussverfügung erlassen und damit deren grundrechtsgleiches Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art 20 Abs. 3 GG verletzt hat.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (GRUR 2018, 1288 - Die F.-Tonbänder; vgl. GRUR 2018, 1291 - Steuersparmodell eines Fernsehmoderators) ergibt sich aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, dass ein Gericht (auch) im Presse- und Äußerungsrecht der Gegenseite vor einer stattgebenden Entscheidung über den Antrag einer Partei im Zivilrechtsstreit Recht auf Gehör gewähren muss: Von der Erforderlichkeit einer Überraschung oder Überrumpelung des Gegners kann bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Presse- und Äußerungsrecht jedenfalls nicht als Regel ausgegangen werden. Auch wenn insoweit häufig eine Eilbedürftigkeit anzuerkennen ist, folgt hieraus kein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs als solche dem Schuldner verborgen bleibe. Jedenfalls in den Fällen, in denen es um eine bereits veröffentlichte Äußerung geht, besteht regelmäßig kein Grund, von einer Anhörung und Äußerungsmöglichkeit eines Antragsgegners vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung abzusehen. Nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt eine stattgebende Entscheidung über einen Verfügungsantrag grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dabei kann nach Art und Zeitpunkt der Gehörsgewährung differenziert und auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden. Dabei ist auch die Möglichkeit einzubeziehen, es der Gegenseite vorprozessual zu erlauben, sich zu dem Verfügungsantrag zu äußern, wenn sichergestellt ist, dass solche Äußerungen vollständig dem Gericht vorliegen. Hierfür kann - unter bestimmten Voraussetzungen - auch auf die Möglichkeit zur Erwiderung gegenüber einer dem Verfügungsverfahren vorangehenden Abmahnung abgestellt werden. Von alledem zu unterscheiden ist die Frage, wann über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 937 Abs. 2 ZPO).
Vorstehende Grundsätze sind auf das Verfahrensrecht des unlauteren Wettbewerbs zu übertragen (vgl. Schlüter, in: GRUR-Prax 2018, 530). Die prozessuale Situation, für die das Bundesverfassungsgericht die vorgenannten Kriterien entwickelt hat, unterscheidet sich nicht von der vorliegenden. Auch im Wettbewerbsprozess darf das Gericht den Antragsgegner regelmäßig nur dann auf eine nachträgliche Anhörung verweisen, wenn im Einzelfall ansonsten der Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens verhindert würde. Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - auf der Basis des Lauterkeitsrechts die Unterlassung von Äußerungen in einer bereits veröffentlichten Pressemitteilung geltend gemacht wird.
b) Demnach hätte das Landgericht mangels einer vorprozessual erfolgten Abmahnung der Verfügungsbeklagten dieser vor dem Erlass der Beschlussverfügung zunächst rechtliches Gehör gewähren müssen. Irgendwelche Gründe, die einer selbst kurzfristigen Möglichkeit zur Stellungnahme der Verfügungsbeklagten entgegenstanden, sind von der Verfügungsklägerin (auch in der Berufungsinstanz) nicht aufgezeigt worden. Solche sind in Anbetracht der Tatsache, dass die streitgegenständliche Pressemitteilung im Zeitpunkt der Einreichung des Antrages auf Erlass der einstweiligen Verfügung schon veröffentlicht war, auch nicht im Ansatz zu erkennen. Dass die zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlussverfügung noch nicht ergangen waren, ist für die rechtliche Beurteilung belanglos.
c) Aus alledem folgt allerdings nicht, dass der Verstoß des Landgerichts gegen das rechtliche Gehör bei Erlass der Beschlussverfügung einen unheilbaren Verfahrensfehler begründete, der per se zur Aufhebung der Beschlussverfügung oder gar des - nach erfolgtem Widerspruch der Verfügungsbeklagten - auf eine mündliche Verhandlung hin ergangenen Urteils des Landgerichts führt.
aa) Da das Landgericht die einstweilige Verfügung unter Berücksichtigung des gesamten (erstinstanzlichen) Sach- und Rechtsvortrages der Verfügungsbeklagten bestätigt hat, ist der ursprüngliche Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör noch vom Landgericht selbst geheilt worden:
Nachdem die Verfügungsbeklagte die Beschlussverfügung gem. §§ 936, 924 Abs. 1 ZPO nämlich mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angegriffen hatte, erhielt die Verfügungsbeklagte schon erstinstanzlich Gelegenheit, in den vorbereitenden Schriftsätzen und in dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch (§ 924 Abs. 2 S. 2 ZPO) ihre sämtlichen tatsächlichen und rechtlichen Argumente vorzubringen. Über die Rechtmäßigkeit des Widerspruchs der Verfügungsbeklagten hat das Landgericht alsdann durch Endurteil entschieden und mit diesem die Beschlussverfügung bestätigt (§ 925 ZPO). Dieses die einstweilige Verfügung bestätigende Endurteil des Landgerichts ist als solches - was auch die Verfügungsbeklagte nicht bezweifelt - folglich unter Wahrung ihres rechtlichen Gehörs ergangen. Insoweit ist zu beachten, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer einstweiligen Verfügung stets ohne jedwede Bindung an die vorhergehende Entscheidung erfolgt und sich nicht etwa in der Klärung der Frage erschöpft, ob diese seinerzeit zu Recht erlassen worden war. Das Gericht hat auf den Widerspruch hin vielmehr zu prüfen, ob im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch sämtliche Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben sind (BFH NJW 2004, 2183; OLG Köln WRP 1994, 50; MünchKommZPO/Drescher, 5. A., 2016, § 925 Rn 3 ff; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A., § 925 Rn 5).
Vorstehende Grundsätze hat das Landgericht beachtet und der Verfügungsbeklagten folglich nachträglich rechtliches Gehör in vollem Umfang gewährt, so dass jedenfalls das in der Berufungsinstanz allein verfahrensgegenständliche Endurteil nicht auf einem Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs beruht.
bb) Ebenso belegt die Vorschrift des § 321a ZPO, dass Gehörsverstöße durch den iudex a quo selbst heilbar sind. Zwar handelt es sich hierbei um einen Rechtsbehelf eigener Art, mit dem Gehörsverletzungen in anderweitig nicht anfechtbaren Entscheidungen geltend gemacht werden können. Jedoch manifestiert sich darin der allgemeine Grundsatz der Heilbarkeit von Gehörsverletzungen durch die Fachgerichte.
cc) Davon abgesehen kann die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts nur darauf gestützt werden, dass gerade diese Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Hingegen ist - analog zur Situation im Widerspruchsverfahren - in der Berufungsinstanz nicht etwa "isoliert" zu prüfen, ob die durch das Endurteil bestätigte Beschlussverfügung für sich betrachtet seinerzeit rechtmäßig (insbesondere verfahrensfehlerfrei) ergangen war. Soweit die Verfügungsbeklagte ihr Rechtsmittel unter Hinweis auf den aufgezeigten Verstoß gegen das rechtliche Gehör bei Erlass der Beschlussverfügung gründet, fehlt es an dem erforderlichen "Beruhen" der angefochtenen Entscheidung auf diesem - ursprünglichen - Verfahrensfehler. Eine Rechtsverletzung muss - wie sich auch § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO entnehmen lässt - indes kausal für das Entscheidungsergebnis sein, um der Berufung zum Erfolg verhelfen zu können. Bei einer Verletzung prozessrechtlicher Maßstabsnormen kommt es insoweit darauf an, ob die Entscheidung ohne die Rechtsverletzung für den Berufungskläger günstiger ausgefallen wäre (MünchKommZPO/Rimmelspacher, 5. A., 2016, § 513 Rn 12).
Wie sich überdies aus § 538 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO ergibt, berechtigt allein der Umstand, dass ein erstinstanzliches Urteil an einem wesentlichen Verfahrensfehler - zu denen anerkanntermaßen auch Gehörsverstöße zählen (statt aller: BGH WM 2013, 1210) - leidet, als solcher nicht schon zu einer Abänderung oder gar Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, nur dann unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn zusätzlich eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Zudem setzt eine Aufhebung / Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 S. 1 ZPO voraus, dass eine weitere Verhandlung der Sache vor dem erstinstanzlichen Gericht erforderlich ist. Eine solche Erforderlichkeit liegt u.a. dann nicht vor, wenn der Rechtsstreit keiner weiteren Sachaufklärung bedarf oder er unschwer in zweiter Instanz zur Entscheidungsreife gebracht werden kann. Auch Gehörsverstöße können immer nur dann zur Abänderung oder gar Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung führen, wenn selbige auf diesem Mangel beruht (s. auch § 513 ZPO). Die Rechtsverletzung muss mithin kausal für das Entscheidungsergebnis sein. Bei einer Verletzung materiell- oder prozessrechtlicher Maßstabsnormen kommt es insoweit darauf an, ob die Entscheidung ohne die Rechtsverletzung für den Berufungskläger günstiger ausgefallen wäre; das Berufungsgericht muss also (soweit nicht ausnahmsweise eine Zurückverweisung in Betracht kommt) das Verfahren stets selbst fehlerfrei wiederholen (MünchKomm ZPO/Rimmelspacher, 5. A., § 513 Rn 12). Folglich sind Gehörsverstöße jedenfalls durch Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht heilbar.
dd) All dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass die Auffassung des Senats zu einer mit der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unvereinbaren "Perpetuierung" des Gehörsverstoßes im Rahmen der Beschlussverfügung führe.
Zunächst ist festzuhalten, dass auch gemäß ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Gehörsverstöße durch nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs heilbar sind (vgl. BVerfGE 96, 27; 104, 220). Die Funktionenteilung zwischen der Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit betraut zunächst die Fachgerichte mit der Korrektur bereits verwirklichter Grundrechtseingriffe. Dies gilt insbesondere für die Durchführung der mündlichen Verhandlung, die auf den Widerspruch gemäß § 924 Abs. 2 S. 2 ZPO zwingend zu erfolgen hat (BVerfGE BeckRS 2017, 123654).
Die von der Verfügungsbeklagten gesehene Gefahr, die Auffassung des Senats könne dazu führen, dass die Erstgerichte mangels zu befürchtender Sanktionen weiterhin Beschlussverfügungen ohne die notwendige Beteiligung des Antragsgegners erlassen könnten, besteht nicht. Denn gerade im Falle eines bewussten und systematischen Übergehens prozessualer Rechte, das die Fachgerichte im Vertrauen daraufhin praktizieren, dass diese Rechtsverletzungen angesichts später eröffneter Verteidigungsmöglichkeiten folgenlos blieben und deshalb nicht geltend gemacht werden könnten, ist dem Antragsgegner unmittelbar der Weg der Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlussverfügung eröffnet (BVerfG GRUR 2018, 1291 Rn 23 - Steuersparmodell eines Fernsehmoderators). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten, dass die Erstgerichte ihre frühere Praxis fortsetzen, sondern Beschlussverfügungen ohne Anhörung des Antragsgegners zukünftig die absolute Ausnahme bilden werden.
2.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts stellt die mit dem Antrag zu Ziffer I.4. angegriffene Äußerung (4) der Verfügungsbeklagten keine Anschwärzung i.S.v. § 4 Nr. 2, 1. Hs. UWG dar, so dass der Verfügungsklägerin insoweit auch kein Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus § 8 Abs. 1 UWG zusteht.
Die betreffende Äußerung (4) lautet:
"Auch in Deutschland hatten zuvor alle damit befassten Gerichte durchgehend zugunsten von A... entschieden."
Das Landgericht hat zwar die abstrakten rechtlichen Anforderungen an eine Anschwärzung i.S.v. § 4 Nr. 2 UWG zutreffend erfasst. Die Verfügungsbeklagte rügt jedoch zu Recht, dass das Landgericht im Rahmen der Anwendung auf den Einzelfall zu Unrecht aufgrund des Wortes "Auch" die Äußerung (4) so ausgelegt hat, dass alle seinerzeit eingeleiteten deutschen Verfahren bereits zugunsten der Verfügungsbeklagten entschieden worden seien und es daher im Zeitpunkt der Äußerung (4) keine laufenden Verfahren mehr im Inland gegeben habe.
Dem Landgericht mag man darin folgen, dass mit dem Wort "Auch" ein gewisser Bezug zu den vorhergehend in der Pressemitteilung abgehandelten ausländischen Urteilen hergestellt wird. Indes zwingt dieser Rückbezug keineswegs zu der Annahme, die Parallele bestehe gerade darin, dass alle anderen im Inland eingeleiteten Verfahren bereits zugunsten der Verfügungsbeklagten entschieden gewesen seien. Die wesentliche Information ist für den verständigen Leser vielmehr, dass es auch im Inland bereits Entscheidungen zugunsten der Verfügungsbeklagten gegeben hat. Demgegenüber ist es schon zweifelhaft, ob der nicht juristisch geschulte Leser überhaupt die prozessuale Differenzierung zwischen bloß eingeleiteten (also anhängigen bzw. rechtshängigen) und bereits durch eine Endentscheidung abgeschlossenen Verfahren vornimmt. Jedenfalls ist dieser Unterschied für ihn im Gesamtkontext nicht von relevantem Interesse. Vor diesem Hintergrund stellt die Überleitung "Auch" zwischen den Äußerungen (3) und (4) lediglich eine inhaltliche Beziehung zwischen den einen Patentverletzungsvorwurf verneinenden Entscheidungen aus dem In- und Ausland und dem Anliegen der Verfügungsbeklagten - nämlich: aufzuzeigen, dass die vollstreckte Entscheidung des Landgerichts rechtsfehlerhaft sei und daher aufgehoben werde - her. Es sollte unterstrichen werden, dass auch deutsche Gerichte bereits im Sinne der Verfügungsbeklagten entschieden haben; eine Aussage, dass alle an- /rechtshängigen deutschen Verfahren diesen Ausgang genommen hätten, ist damit für den verständigen Leser nicht verbunden.
Die Interpretation des Landgerichts wird auch nicht durch den Folgesatz, in dem auf "noch laufende Gerichtsverfahren" Bezug genommen wird, gerechtfertigt. Auch dem entnimmt der verständige Leser nicht die konkludente Aussage, dass es in Deutschland keine weiteren einschlägigen Verfahren mehr gebe. Vielmehr erhält er die Information, dass es insgesamt noch weitere Verfahren zwischen den Parteien gibt, ohne dass insoweit in irgendeiner Form nach Standorten (Deutschland/Ausland) differenziert wird. Da in der Pressemitteilung auch keine Differenzierung nach einzelnen Patenten vorgenommen worden ist, bezieht der Leser Letzteres auch nicht etwa ausschließlich auf das EP 1 145 729 (Anlage HL1a) der Verfügungsklägerin.
Schließlich ergibt sich für den verständigen Leser auch nicht aus den Worten "alle damit befassten Gerichte" ein behaupteter Gleichlauf von eingeleiteten Verfahren und bereits ergangenen Entscheidungen. Wie das Landgericht nämlich selbst angenommen hat, versteht der Leser das Wort "befasst" nicht etwa im Sinne von bloßer "Anhängigkeit eines Rechtsstreits", sondern im Sinne einer gedanklichen Auseinandersetzung des jeweiligen Gerichts mit dem Streitstoff.
Nach alledem entnimmt der verständige Leser der Äußerung (4) allein, dass vorherige deutsche Entscheidungen - soweit bislang ergangen - zugunsten der Verfügungsbeklagten ausgefallen seien, was unstreitig objektiv zutraf. Demzufolge kommt es nicht einmal mehr darauf an, ob im Falle der Richtigkeit des Verständnisses des Landgerichts überhaupt eine Anschwärzung zu bejahen wäre.
3.
Hinsichtlich der Äußerungen (1) bis (3) ist die Berufung unbegründet.
Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die jeweils zutreffenden Ausführungen des Landgerichts und macht sich selbige zu eigen. Die konkreten, mit der Berufung vorgebrachten Rügen dringen aus nachfolgenden Gründen nicht durch.
a) Die Äußerung (1) mit den Worten
"Die in der Zwischenzeit entstandenen Unannehmlichkeiten bedauert A... Diese beruhen ausschließlich darauf, dass B... hier zwei nichtrechtskräftige Urteile, gegen die A... Berufung eingelegt hat, vollstreckt hat."
stellt eine unzulässige Herabsetzung i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG dar.
aa) Entgegen der Berufung hat das Landgericht die Äußerung (3) keineswegs anhand eines unzutreffenden Beurteilungsmaßstabes bewertet. Vielmehr differiert bloß die Auffassung der Verfügungsbeklagten von derjenigen des Landgerichts darüber, wie der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Adressat die Äußerung (1) versteht. Insbesondere hat das Landgericht gerade nicht übersehen, dass die streitgegenständliche Pressemitteilung einleitend darauf hinweist, dass der Verfügungsbeklagten der Vertrieb der Einmalkatheter gerichtlich untersagt sei (s. explizit LGU, S. 14 unten).
Ohne Erfolg rügt die Verfügungsbeklagte in diesem Zusammenhang, dass entgegen der Begründung des Landgerichts der Äußerung (1) keine "verkürzte Sachverhaltsdarstellung" immanent sei. Das Landgericht hat überzeugend angeführt, dass den angesprochenen Verkehrskreisen als "Ursache" für die durch den Vertriebsstopp bewirkten Unannehmlichkeiten nach dem Sinngehalt der angegriffenen Äußerung nicht die patentrechtliche Auseinandersetzung als solche - an der beide Parteien gleichermaßen beteiligt sind - präsentiert werde, sondern allein das Verhalten der Verfügungsklägerin, nämlich deren Vollstreckungshandlungen. Dabei hat das Landgericht zu Recht auf das in der Äußerung (1) enthaltene Wort "ausschließlich" abgestellt, mit dem diese Suggestion besonders hervorgehoben wird. Mit diesem Argument setzt sich die Berufung schlicht nicht auseinander. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass sich daraus eine - zulasten der Verfügungsklägerin - verkürzte Darstellung des dem Vertriebsstopp zugrundeliegenden Sachverhalts ergibt: Zwar wird - wie oben ausgeführt - in der streitgegenständlichen Pressemitteilung einleitend darauf hingewiesen, dass der Verfügungsbeklagten der Vertrieb der näher bezeichneten Einmalkatheter aufgrund der Urteile untersagt ist. Auch merkt die Verfügungsbeklagte richtig an, dass in den Absätzen 2, 3 und 5 der Pressemitteilung ebenfalls Hinweise auf (angebliche) Patentverletzungen der Verfügungsbeklagten enthalten sind. Selbst wenn jedoch der verständige Leser daher der Pressemitteilung entnehmen kann, dass diese Patentverletzungen mitursächlich für den Vertriebsstopp sind, erfolgt in der Äußerung (1) eine einseitige Bewertung zulasten der Verfügungsklägerin in dem Sinne, dass allein diese für den Vertriebsstopp verantwortlich sei, weil sie die nichtrechtskräftigen Urteile vollstrecke.
Auch der Hinweis der Verfügungsbeklagten, wonach es objektiv richtig ist, dass die letztendliche Entscheidung über die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten für die Verfügungsbeklagte und deren Kunden allein bei der Verfügungsklägerin lag, steht der Annahme einer verkürzten Darstellung der Umstände nicht entgegen. Dies ergibt sich spätestens dann, wenn man - wie das Landgericht ebenfalls zu Recht angenommen hat - in den Blick nimmt, dass der Verfügungsklägerin implizit vorgeworfen wird, dass diese es bewusst hingenommen habe, dass den Kunden der Verfügungsbeklagten weitergehende, über die mit der Anwendung von Blasenkathetern ohnehin verbundenen Unannehmlichkeiten hinausgehende Nachteile entstehen. Letzteres ergibt sich im Kontext der weiteren Aussage in der streitgegenständlichen Pressemitteilung mit den Worten "[...] und dass die Nutzer unserer Einmalkatheter zu Unrecht diesen unnötigen Belastungen ausgesetzt wurden." Dies gilt umso mehr, als die Verfügungsbeklagte in Bezug auf ihre eigene Person am Ende der Pressemitteilung herausstellt: "Für A... steht stets das Wohlergehen der Patienten an erster Stelle und unsere Forschung und Innovation dient dazu, den Bedürfnissen unserer Kunden und der Nutzer unserer Produkte bestmöglich gerecht zu werden." Die vom Landgericht zu Recht erkannte verkürzte Darstellung liegt mithin darin begründet, dass der verständige Leser den Eindruck gewinnt, die Entscheidung der Verfügungsklägerin, die betreffenden Urteile zu vollstrecken, stelle ein nicht nachvollziehbares, zu missbilligendes Verhalten dar.
bb) Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, in der Äußerung (1) liege jedenfalls keine Herabsetzung der Verfügungsklägerin begründet. Sie habe insoweit lediglich die objektive Rechtslage bei der Vollstreckung nichtrechtskräftiger Urteile wiedergegeben und letztlich nur dasjenige wiederholt, was die Verfügungsklägerin auch in ihrer eigenen Pressemitteilung (Anlage HL 8) ausgeführt hatte.
Zutreffend ist es zwar, dass nicht schon jede Aussage oder auch Kritik eine wettbewerbsrechtlich angreifbare Herabsetzung darstellt, sondern es weiterer Gründe bedarf, die die Aussage als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. A., 2016, § 4 Nr. 1 Rn 18). Entgegen der Berufung beschränkt sich die Äußerung (1) indes nicht darauf, die Rechtslage bei der Vollstreckung von nichtrechtskräftigen Urteilen wiederzugeben oder gar in einer Wiederholung des Inhalts der eigenen Pressemitteilung der Verfügungsklägerin (Anlage HL 8). Die einschlägige Formulierung der Verfügungsklägerin lautete: "B... darf die Urteile aber gegen Sicherheitsleistung vollstrecken und wird unverzüglich alle notwendigen Schritte zur Vollstreckung der Entscheidungen einleiten". Darüber geht die angegriffene Äußerung (1) ganz eindeutig hinaus, indem sie - aus den oben unter aa) genannten Gründen - über die Darstellung der Fakten und der Rechtslage hinausgehend eine missbilligende Bewertung der Entscheidung der Verfügungsklägerin enthält und daher mindestens einen abwertenden Charakter hat.
cc) Entgegen der Berufung mangelt es der der Äußerung (1) auch nicht an der erforderlichen Unlauterkeit.
Da vorliegend keine Formalbeleidigung oder reine Schmähkritik im Raum steht, ist eine Abwägung der Güter und Interessen der Beteiligten und der Allgemeinheit vorzunehmen, bei der einerseits dem Schutz des geschäftlichen Rufs des Betroffenen nach Art. 2 Abs. 1, 12 GG, andererseits dem Bedeutungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen ist (BGHZ 136, 111 (121?f.) = GRUR 1997, 916 (919) - Kaffeebohne; BGH WRP 2018, 682 Rn. 31, 35 - Verkürzter Versorgungsweg II m.w.N.). Zudem ist das nach § 1 S. 2 UWG gleichzeitig geschützte Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb bei der Abwägung der Interessen in der Weise zu berücksichtigen, dass geschäftlichen Zwecken dienende Meinungsäußerungen strenger zu beurteilen sind als Äußerungen, die lediglich nach Deliktsrecht zu beurteilen sind (BGH WRP 2016, 843 Rn. 56 - Im Immobiliensumpf; BGH WRP 2018, 682 Rn. 35 - Verkürzter Versorgungsweg II). Eine Kritik kann umso eher zulässig sein, je nützlicher die Information für die Adressaten ist oder je mehr aus anderen Gründen ein berechtigtes Informationsinteresse oder ein hinreichender Anlass für die Kritik besteht und je sachlicher die Kritik präsentiert wird (BGH GRUR 2012, 74 Rn. 33 - Coaching-Newsletter; BGH WRP 2016, 843 Rn. 51 - Im Immobiliensumpf; BGH WRP 2018, 682 Rn. 35 - Verkürzter Versorgungsweg II). Generell gilt, dass es nicht Sache eines Unternehmers ist, öffentliche Angriffe gegen das Geschäftsgebaren eines unmittelbaren Wettbewerbers zu führen, selbst wenn er damit auch Interessen seiner Branche wahrnimmt. Der Gang an die Öffentlichkeit setzt vielmehr ein dringendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit voraus. Für die Kritik muss ein hinreichender Anlass, nämlich ein schutzwürdiges Aufklärungsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise, vorliegen und sie muss sich nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen oder sachlich Gebotenen halten (BGH GRUR 2012, 74 Rn. 37 - Coaching-Newsletter; OLG Köln WRP 2011, 779 (780)). Die Beweislast dafür, dass eine Kritik in Inhalt und Form gerechtfertigt ist, liegt beim Verletzer (OLG Stuttgart WRP 1997, 350 (354)).
In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht die Äußerung (1) zu Recht als unlauter bewertet und insoweit angenommen, dass auf Seiten der Verfügungsklägerin ein Interesse an dem Schutz ihres Geschäftsrufs das Interesse der Verfügungsbeklagten an einer Information ihrer Geschäftspartner über den Grund des Vertriebsstopps überwiegt.
Die Verfügungsbeklagte hat sich keineswegs darauf beschränkt, auf sachlicher Ebene über den Fall zu berichten und auf den Zusammenhang zwischen dem Vertriebsstopp und die (vermeintliche) Patenverletzung hinzuweisen. Vielmehr hat sie sich darüber hinaus - siehe oben - in abwertender Weise über die Entscheidung der Verfügungsklägerin geäußert. Richtig ist, dass sich in der Äußerung (1) bzw. in der gesamten Pressemitteilung nicht das Wort "aggressiv" findet. Gleichwohl suggeriert die Äußerung (1) im Gesamtkontext der Pressemitteilung dem verständigen Leser, dass die für die Kunden mit der Vollstreckung einhergehenden Beschwernisse letztlich auf einer zu missbilligenden Geschäftspolitik der Verfügungsklägerin beruhten, die verfehlt ihre Interessen über diejenigen der Kunden stelle. Möglicherweise hätte die Verfügungsklägerin eine Kritik in dem Sinne, dass bei der Entscheidung über die Vollstreckung mit Blick auf die mangelnde Rechtskraft und gegenteilige ausländische Rechtsprechung Vorsicht angezeigt gewesen wäre, hinzunehmen gehabt. Es geht jedoch nicht an, die negativen Auswirkungen für die Kunden "ausschließlich" auf die Entscheidung der Verfügungsklägerin zurückzuführen. Denn ohne die (vermeintliche) Patentverletzung der Verfügungsbeklagten hätten die Kunden sich nie der Notwendigkeit ausgesetzt gesehen, nunmehr (vorläufig) auf ein anderes Produkt als die vermeintlichen Verletzungsformen angewiesen zu sein.
b) Hinsichtlich der Äußerung (2) mit dem Inhalt
"Das Vorgehen von B... ist umso bedauerlicher, als in allen anderen Ländern - insbesondere in den Niederlanden, Frankreich und Spanien -, die mit dieser Patentauseinandersetzung befasst waren, durchgängig bislang kein Gericht entschieden hat, dass unsere C... bzw. D... Einmalkatheter Patentrechte von B... verletzen."
hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern eine unlautere Anschwärzung gem. §§ 3, 4 Nr. 2, 1. Hs UWG bejaht.
aa) Entgegen der Berufung verstanden die angesprochenen Verkehrskreise das Wort "insbesondere" im Gesamtkontext der Presseerklärung nicht als abschließende Auflistung und Konkretisierung der genannten "anderen Länder" im Sinne von "namentlich".
Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, gilt für mehrdeutige Äußerungen, dass der Werbende sich nach der Lebenserfahrung bei mehrdeutigen Aussagen dieses Umstandes in der Regel bewusst ist und gegenteilige Prozessbehauptungen nur Schutzbehauptungen sind und der Schutzzweck des Lauterkeitsrechts, Fehlvorstellungen von Marktteilnehmern über ein Leistungsangebot zu unterdrücken, es gebietet, dem Interesse der angesprochenen Verkehrskreise an unverfälschter Marktinformation statt der Handlungsfreiheit (Meinungsfreiheit) den Vorrang einzuräumen (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O., Einleitung G. Rn 84). Nach der sog. "Stolpe-Rechtsprechung" des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2006, 207, 209), die auf das Lauterkeitsrecht zu übertragen ist (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O., Einleitung G. Rn 84), gilt daher das Günstigkeitsprinzip nicht für den Unterlassungsanspruch gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Entgegen der Berufung liefert das angefochtene Urteil eine nachvollziehbare Begründung dafür, dass die Äußerung (2) geeignet ist, zumindest einen erheblichen Teil der Verkehrskreise in die Irre zu führen. In diesem Zusammenhang ist - mit Blick auf die Rüge der Verfügungsbeklagten - in Bezug auf die Ermittlung des Verkehrsverständnisses zunächst Folgendes zu ergänzen: Wie eine Werbung verstanden wird, hängt von der Auffassung des Personenkreises ab, an den sie sich richtet. Eine Werbebehauptung kann sich an das breite Publikum oder an einen bestimmten Verkehrskreis richten. Je nach der Abnehmerschaft und der Art der Ware kann die Auffassung über die Bedeutung einer Werbeaussage grundverschieden sein. Wendet sich eine Werbung nur an Fachleute, so entscheiden deren Auffassung und Sprachgebrauch auf dem betreffenden Fachgebiet (BGH GRUR 2013, 649 Rn. 50 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil; BGH GRUR 2015, 1244 Rn. 17 - Äquipotenzangabe in Fachinformation). Das Gericht darf die Verkehrsanschauung auf Grund eigener Sachkunde bisweilen auch in Fällen feststellen, in denen es um das Verständnis von Kreisen geht, denen die zur Entscheidung berufenen Richter selbst nicht angehören. Das ist unter anderem der Fall, wenn auch die Fachkreise für die Beurteilung der fraglichen Werbeangabe keine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen einsetzen (BGH GRUR 2002, 77 (79) - Rechenzentrum; BGHZ 156, 250 (255) = GRUR 2004, 244 (245) - Marktführerschaft; BGH GRUR 2014 1211 Rn. 20 - Runes of Magic II). Außerdem können sich Gerichte, die ständig mit Wettbewerbssachen befasst sind, auf Grund ihrer besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben haben, um eigenständig beurteilen zu können, wie Fachkreise eine bestimmte Werbeaussage verstehen. Dies ist etwa bei einer Kammer oder einem Senat der Fall, der häufig mit Verkehrsbefragungen zu tun hat (BGHZ 156, 250 (255) = GRUR 2004, 244 (245) - Marktführerschaft; BGH GRUR 2014, 682 Rn. 29 - Nordjob-Messe).
Dies vorausgeschickt hat das Landgericht in Anbetracht des Gesamtkontextes eine mehrdeutige Äußerung und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Irreführung erheblicher Teile der Verkehrskreise rechtsfehlerfrei bejaht: Der Hinweis auf abweichende gerichtliche Entscheidungen in anderen Ländern dient dazu, die vom Landgericht festgestellten Patentverletzungen zu relativieren und damit die Entscheidung der Verfügungsklägerin, von der Möglichkeit einer Vollstreckung der nichtrechtskräftigen Urteile Gebrauch zu machen, als besonders riskant erscheinen zu lassen. Das von der Verfügungsbeklagten intendierte Unverständnis des Lesers über die Entscheidung der Verfügungsklägerin wächst mit der Zahl derjenigen Länder, in denen abweichende Entscheidungen ergingen. Dies und der Umstand, dass die Verfügungsklägerin an keiner Stelle die Gesamtzahl der Länder mit abweichender Rechtsprechung nennt, lassen den verständigen Leser annehmen, dass es insgesamt mehr als drei Länder gewesen und die genannten Territorien (Niederlande, Frankreich und Spanien) bloß besonders bedeutsame Standorte gewesen seien.
bb) Ohne Erfolg beruft sich die Verfügungsbeklagte darauf, dass jedenfalls keine Unlauterkeit gegeben sei, da die Äußerung (2) als nicht bewusst unwahre Tatsachenbehauptung den Grundrechtsschutz aus Art. 5 GG und Art. 12 GG genieße, was das Landgericht verkannt habe.
Richtig ist, dass bei der Auslegung des § 4 Nr. 2 UWG die Ausstrahlung des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG zu beachten ist und das Ergebnis der Abwägung der kollidierenden Rechtsgüter vom Wahrheitsgehalt der Äußerung abhängt, wobei bewusst unrichtige Tatsachenbehauptungen per se kein schützenswertes Gut darstellen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 37. Aufl. 2019, UWG § 4 Rn. 2.10). Die Verfügungsbeklagte zieht daraus indes den unzutreffenden Schluss, dass unbewusst unwahre Tatsachenbehauptungen per se keine Anschwärzung darstellen könnten. Vielmehr trägt der Äußernde auch das Risiko unbeabsichtigter Missverständnisse; wer Aussagen als objektiv richtig darstellt, übernimmt die Verantwortung für ihre Richtigkeit (BGH GRUR 1971, 153, 155 - Tampax; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O., § 4 Rn. 32). Die vermeintliche subjektive Redlichkeit der Verfügungsbeklagten steht einer Anschwärzung folglich nicht entgegen. Abgesehen davon hat die Verfügungsbeklagte auch im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt, dass objektive Anhaltspunkte für Entscheidungen zugunsten der Verfügungsbeklagten in anderen als den drei genannten Staaten vorhanden waren.
Zuletzt mag es zutreffen, dass die Verfügungsbeklagte ein erhebliches Interesse daran hatte, den Kunden ihre Einschätzung mitzuteilen, dass die betreffenden Düsseldorfer Urteile falsch seien und wahrscheinlich aufgehoben würden. Nur hätte sie sich insoweit auf zutreffende Schilderungen der Umstände beschränken müssen.
cc) Entgegen der Berufung beruht die angefochtene Entscheidung betreffend die Äußerung (2) auch nicht auf einer unzutreffenden Würdigung des Sachverhalts. Sehr wohl macht es einen Unterschied mit Blick auf die Kreditschädigung der Verfügungsklägerin, ob "insbesondere" eine lediglich beispielhafte oder abschließende Aufzählung meint. Denn mit jedem weiteren Staat, dessen Gerichte abweichend vom Landgericht Düsseldorf entschieden, musste der verständiger Leser umso mehr von einer Relativierung der Aussagekraft der Düsseldorfer Urteile ausgehen und auf diese Weise sollte ihm die Vollstreckung als umso riskanter und unverständlicher erscheinen.
Zurückzuweisen ist auch das Argument der Verfügungsbeklagten, wonach die Information, dass die Verfügungsbeklagte die betreffenden Patentverletzungsurteile als falsch ansehe, keine Auswirkungen auf die Kaufentscheidung der Kunden der Verfügungsklägerin habe. Dies verkennt schon im Ansatz, dass es hier nicht um eine Behauptung über die Waren der Verfügungsklägerin, sondern über deren Unternehmen geht. Indem die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin als ein Unternehmen darstellt, das "gegen jede Vernunft" nichtrechtskräftige Urteile vollstreckt und ihre Interessen über jene der Patienten stellt, besteht zweifelsohne die Gefahr einer Schädigung des Betriebs oder des Kredits der Verfügungsklägerin.
c) Zuletzt begegnet es keinen Bedenken des Senats, dass das Landgericht die Äußerung (3) mit den Worten
"Das Vorgehen von B... ist umso bedauerlicher, als in allen anderen Ländern - insbesondere in den Niederlanden, Frankreich und Spanien -, die mit dieser Patentauseinandersetzung befasst waren, durchgängig bislang kein Gericht entschieden hat, dass unsere C... bzw. D... Einmalkatheter Patentrechte von B... verletzen. Vielmehr sind außerhalb Deutschlands bislang alle von B... eingeleiteten Klagen bzw. Anträge auf einstweilige Verfügung gegen die Einmalkatheter zurückgewiesen worden."
als eine irreführende geschäftliche Handlung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG einstufte.
aa) Nicht nachvollziehbar ist die Rüge, wonach das Landgericht vermeintlich verfehlt von einer Tatsachenbehauptung (anstatt eines Werturteils) ausgegangen sei.
Die Frage, ob die in Bezug genommenen ausländischen Entscheidungen in Rechtskraft erwachsen waren, ist dem Beweise zugänglich und es handelt sich bei der Äußerung (3) daher allgemeinen Grundsätzen zufolge um eine Tatsachenbehauptung. An diesem Umstand ändert sich entgegen der Berufung nichts daran, dass die Rechtskraft dieser Entscheidungen nicht ausdrücklich behauptet worden ist. Die Qualifikation als Tatsachenbehauptung oder Werturteil bestimmt sich nämlich nicht anhand der Kriterien von "ausdrücklicher" oder "stillschweigender" Behauptung, sondern allein anhand dessen, ob der Inhalt der (konkludenten) Äußerung dem Beweise zugänglich ist oder nicht (vgl. BGH WRP 2018, 682 Rn. 29 - Verkürzter Versorgungsweg II).
bb) Die Verfügungsbeklagte rügt vergeblich, das Landgericht habe eine konkludente Aussage in die Pressemitteilung hineingelesen, wonach die ausländischen Verfahren rechtskräftig abgeschlossen seien. Es habe verkannt, dass die Bejahung konkludenter Angaben eine Fehlvorstellung voraussetzten, die nicht ausgeräumt werde. Auch habe das Landgericht die Formulierung "bislang" nicht hinreichend gewürdigt.
Zuzustimmen ist der Verfügungsbeklagten darin, dass von der "Nichtinformation" bzw. der bloß unvollständigen Information mittelbar bzw. konkludent in einer geschäftlichen Handlung enthaltene Angaben abzugrenzen sind. Letztere sind "Angaben" im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 UWG, da dieser nicht voraussetzt, dass die Information in der geschäftlichen Handlung offen zu Tage tritt (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O., § 5, B. Rn. 84). Es reicht aus, wenn der angesprochene Verkehr ihr die Tatsachenbehauptungen durch Schlussfolgerung entnehmen kann. Von verschwiegenen Informationen, die nur unter den Voraussetzungen des § 5?a UWG den Tatbestand der Irreführung ausfüllen, unterscheiden sich mittelbare, konkludente Angaben dadurch, dass der Verkehr der geschäftlichen Handlung selbst einen Informationsgehalt zuschreibt. Entscheidend ist deshalb, ob der durchschnittlich (angemessen) aufmerksame, verständige und informierte Verbraucher die Aussage des Unternehmers nur um die Lücke schließt, die eine vermeintlich fehlende Information lässt (dann Unterlassen), oder ob er aus den gegebenen Angaben falsche Schlüsse zieht (vgl. OLG Hamm, GRUR-RR 2011, 189; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O., § 5, B. Rn. 85).
Im letztgenannten Sinne verhält es sich vorliegend: Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Verfügungsbeklagte nach dem Gesamtkontext der Pressemitteilung die Äußerung (3) dahingehend versteht, diese beziehe sich auf rechtskräftige ausländische Entscheidungen. Dies hat das Landgericht überzeugend damit begründet, dass die Urteile, auf denen die Vollstreckungshandlungen der Verfügungsklägerin basieren, als "nichtrechtskräftig" bezeichnet und mit der weiteren Information verbunden werden, dass die Verfügungsbeklagte gegen diese "sofort Berufung eingelegt hat", während in Bezug auf die ausländischen Urteile entsprechende Klarstellungen fehlen. Ferner spricht für dieses Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, dass in der Äußerung (3) von "eingeleiteten Klagen bzw. Anträgen" als dem Verfahrensbeginn die Rede ist und der verständige Leser im Gegensatz dazu die Entscheidungen als den Endpunkt der Verfahren versteht, wenn ihm keine entsprechende Klarstellung zur Verfügung gestellt wird. Schließlich werden die "Gerichtsverfahren", die den vollstreckten Urteilen zugrunde liegen, als "noch laufend" bezeichnet, während es in Bezug auf die ausländischen Entscheidungen an einer entsprechenden Präzisierung wiederum mangelt. Infolge dieser gegenläufigen Formulierungen kommt es zu einer positiven Fehlvorstellung des angesprochenen Lesers. Dass zwischen den inländischen und ausländischen Verfahren "kein direkter prozessualer Zusammenhang besteht", vermag dies nicht infrage zu stellen.
Entgegen der Berufung wird diese Fehlvorstellung gerade nicht mit der Wendung "bislang" ausgeräumt. Denn diese macht keineswegs deutlich, dass es nicht um abgeschlossene Verfahren geht. Dieses Wort bezieht sich lediglich auf den Zeitpunkt des Erlasses der von der Verfügungsklägerin vollstreckten Urteile und verhält sich mithin nicht zur Frage der etwaigen Rechtskraft der ausländischen Urteile.
Der Verfügungsbeklagten verhilft auch nicht der Hinweis darauf zum Erfolg, dass entsprechende Presseerklärungen als stets interessensbestimmt bekannt seien und auch der juristisch ungeschulte Leser daher davon habe ausgehen dürfen, dass die Verfügungsbeklagte im Fall der Existenz der Rechtskraft jeweils darauf hingewiesen hätte. Dies lässt den besagten Gesamtkontext der konkreten Pressemitteilung außer Acht.
Schließlich wird die wirtschaftliche Relevanz der Äußerung (3) nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Verfügungspatent inzwischen abgelaufen ist. Ebenso wenig wie dies mangels strafbewehrter Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr berührt, entfällt deshalb die geschäftliche Relevanz.
Ob die Voraussetzungen des § 5a UWG vorliegen, kann nach alledem dahinstehen, da eine Täuschung durch positives Tun zu bejahen ist. Demnach kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die für Abnehmerverwarnungen geltenden rechtlichen Grundsätze hier entsprechend heranzuziehen sind.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO.
Gem. § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO ist das vorliegende Urteil mit seiner Verkündung rechtskräftig, so dass eine Entscheidung über eine vorläufige Vollstreckbarkeit obsolet ist.