Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ist Wettbewerbsverstoß

Bundesgerichthof

Urteil v. 30.07.2015 - Az.: I ZR 29/12

Leitsatz

1. Ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 kann - auch wenn er als Ordnungswidrigkeit sanktioniert ist - als Wettbewerbsverstoß verfolgt werden.

2. Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 können gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG geltend gemacht werden. Darauf, dass die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 nicht in den Katalog der Verbraucherschutzgesetze des § 2 Abs. 2 UKlaG aufgenommen worden ist, kommt es nicht an.

3. Ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ist geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 4. Januar 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft, die unter ihrer Internetadresse ein fünf Schritte umfassendes elektronisches Buchungssystem für die von ihr angebotenen Flugdienste bereithält. Sie streitet mit dem Kläger, dem in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragenen Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. -, über die Frage, ob ihre Flugpreisangaben in dem Buchungssystem in den Jahren 2008 und 2009 den Anforderungen entsprachen, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ergaben.

Bis zum Ende des Jahres 2008 wählte der Kunde beim Buchungssystem der Beklagten im ersten Schritt das Ziel und das Datum des Flugs. Im zweiten Schritt fand er eine Tabelle mit Abflug- und Ankunftszeiten und der Angabe des Flugpreises jeweils in zwei unterschiedlichen Tarifen wie aus dem nachstehend wiedergegebenen Unterlassungsantrag zu 1 ersichtlich vor. Unterhalb der Tabelle wurden in einem gesonderten Kasten die für einen ausgewählten Flug anfallenden Steuern und Gebühren sowie der Kerosinzuschlag angegeben und der daraus berechnete "Preis pro Person" durch eine Umrandung hervorgehoben ausgewiesen. Über einen in dem Kasten angebrachten Sternchenhinweis wurde am Ende des zweiten Buchungsschritts auf den möglichen Anfall und die Bedingungen einer zunächst nicht in den Endpreis eingerechneten Bearbeitungsgebühr ("Service Charge") hingewiesen. Nach Eingabe der erforderlichen Daten durch den Kunden im dritten Buchungsschritt wurde im vierten Buchungsschritt der Reisepreis einschließlich Bearbeitungsgebühr ausgewiesen.

Ab dem Jahr 2009 wurden bereits beim zweiten Schritt des Buchungssystems der Beklagten der Preis für einen ausgewählten Flug nebst den gesondert dargestellten Steuern und Gebühren sowie dem Kerosinzuschlag und zudem die Summe dieser Preisbestandteile schon in der Tabelle mit den Abflug- und Ankunftszeiten angegeben. In einem gesonderten Kasten unterhalb der Tabelle wurden der aus diesen Angaben gebildete Preis und die "Service Charge" mit einem noch im selben Buchungsschritt aufgelösten Sternhinweis angegeben und darunter der daraus berechnete Preis pro Person ausgewiesen.

Nach Ansicht des Klägers entsprechen diese Preisdarstellungen nicht den Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008. So könne der Kunde den ihm am Ende des zweiten Buchungsschritts gezeigten Endpreis für den (vor)ausgewählten Flug weder mit den in der Tabelle für andere Abflugzeiten angegebenen Preisen noch mit den Preisen anderer Anbieter vergleichen.

Der Kläger hat beantragt,

es der Beklagten unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern auf der Internetseite mit der Adresse www.airberlin.com

1. im Rahmen einer tabellarischen Aufstellung die Preise für ausgewählte Flüge, in die obligatorisch zu entrichtende Zuschläge (hier Steuern und Gebühren sowie Kerosinzuschlag) nicht eingerechnet sind, darzustellen wie nachfolgend ersichtlich:
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2. im Buchungsschritt 2 die Preise für Flüge, die nach den im Buchungsschritt 1 genannten Suchkriterien in einer tabellarischen Aufstellung präsentiert werden, so anzugeben, dass eine bei der Buchung eines der dargestellten Flüge zu entrichtende "Service Charge" (hier 10 €) in den in der Tabelle angegebenen Preis nicht eingerechnet ist, wie aus dem nachfolgend wiedergegebenen Ausdruck ersichtlich:
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Darüber hinaus hat der Kläger Abmahnkosten in Höhe von 200 € nebst Zinsen erstattet verlangt.

Das Landgericht hat der Klage unter Gewährung einer einmonatigen Umstellungsfrist stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (KG, MMR 2013, 308). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 18. September 2013 (GRUR 2013, 1247 = WRP 2013, 1593 - Buchungssystem I) folgende Fragen zur Auslegung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems bei der erstmaligen Angabe von Preisen für Flugdienste auszuweisen ist?

2. Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems allein für den vom Kunden konkret ausgewählten Flugdienst oder für jeden angezeigten Flugdienst auszuweisen ist?

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 15. Januar 2015 (C-573/13, GRUR 2015, 281 = WRP 2015, 326 - Air Berlin/Bundesverband) wie folgt entschieden:

1. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

2. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht nur für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst, sondern auch für jeden Flugdienst auszuweisen ist, dessen Preis angezeigt wird.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche und der darauf bezogene Kostenerstattungsanspruch zu, weil die Beklagte bei der Darstellung der Flugpreise im Rahmen ihres elektronischen Buchungssystems für die von ihr angebotenen Flugdienste gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 verstoße. Dazu hat es ausgeführt:

Die Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 stelle eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, weil sie nach dem Erwägungsgrund 16 dieser Verordnung die Kunden in die Lage versetzen solle, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen. Die vom Kläger beanstandeten Preisangaben im Buchungssystem der Beklagten verstießen gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, weil der zu zahlende Endpreis danach bei jeder Angabe von Preisen und damit auch in der beim zweiten Buchungsschritt angezeigten tabellarischen Preisdarstellung auszuweisen sei. Dass der Endpreis einschließlich der obligatorischen und unvermeidbaren Zuschläge für Steuern, Gebühren und Kerosin nur für einen ausgewählten Flugdienst anzeigt werde, widerspreche dem Sinn und Zweck der Regelung. Das gelte auch, soweit die Beklagte in ihrem modifizierten Buchungssystem in der Fassung aus dem Jahr 2009 das Bearbeitungsentgelt gesondert ausweise, da es sich dabei um ein unvermeidbares und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbares Entgelt handele, das deshalb ebenfalls in den anzugebenden Endpreis einzurechnen sei.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der Preisangaben in der Form des zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachten Buchungssystems sowie die Erstattung seiner Abmahnkosten verlangen kann.

1. Die vom Kläger gestellten Unterlassungsanträge sind aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 begründet.

a) Die streitgegenständlichen Unterlassungsansprüche sind in die Zukunft gerichtet und müssen daher auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehen, auf die das vorliegende Urteil ergeht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 73/12, GRUR 2014, 405 Rn. 8 = WRP 2014, 429 - Atemtest II, mwN). Damit sind auf sie die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses Gesetz aufgrund des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) seit dem 30. Dezember 2008 gilt, und die seit ihrem Inkrafttreten am 1. November 2008 unveränderte Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 anzuwenden. Auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses bis zum 29. Dezember 2008 gegolten hat, kommt es nicht mehr an, weil der Unterlassungsantrag zu 2 an ein Verhalten der Beklagten im Jahr 2009 anknüpft und die mit dem Unterlassungsantrag zu 1 angegriffene Gestaltung des Buchungssystems der Beklagten nach den getroffenen Feststellungen am 31. Dezember 2008 noch auf der Internetseite der Beklagten vorhanden war.

b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt (vgl. BGH, GRUR 2013, 1247 Rn. 8 - Buchungssystem I). Sie soll Information und Transparenz in Bezug auf die Preise für Flugdienste gewährleisten und trägt damit zum Schutz des Kunden bei, der diese Dienste in Anspruch nimmt (EuGH, GRUR 2015, 281 Rn. 33 - Air Berlin/Bundesverband, mwN). Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die nach ihrem Artikel 4 in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat, kennt zwar keinen der Bestimmung des § 4 Nr. 11 UWG entsprechenden Unlauterkeitstatbestand. Dieser Umstand steht der Anwendung der genannten Vorschrift aber deshalb nicht entgegen, weil es sich bei der Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 um eine Rechtsvorschrift der Union handelt, die einen besonderen Aspekt unlauterer Geschäftspraktiken regelt und daher nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG den Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeht.

c) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ungeachtet dessen, dass er als Ordnungswidrigkeit sanktioniert ist, als Wettbewerbsverstoß verfolgt werden kann (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 11.185; MünchKomm.UWG/Schaffert, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 37 mwN). Ein solcher Nachrang wettbewerbsrechtlicher Ansprüche scheidet aus, weil die wettbewerbsrechtlichen Abwehransprüche gemäß § 8 UWG anders als die Sanktionierung eines Verhaltens als Ordnungswidrigkeit gemäß § 10 OWiG weder ein vorsätzliches noch ein fahrlässiges Verhalten voraussetzen. Im Streitfall kommt hinzu, dass die insoweit einschlägige Bestimmung des § 108 Abs. 5 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2008 [BGBl. I, S. 1229]) erst durch Artikel 1 Nr. 6 der Dreizehnten Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 2. Oktober 2009 (BGBl. I, S. 3535) in diese Verordnung eingefügt und gemäß Art. 2 der Änderungsverordnung am 14. Oktober 2009 in Kraft getreten ist. Sie stellt damit keine Grundlage für eine Ahndung der Verhaltensweisen der Beklagten im November 2008 und Mai 2009 dar, auf die sich der Kläger zur Begründung seiner Klage gestützt hat (§ 3 OWiG).

d) Der Berechtigung des Klägers, Ansprüche wegen Verstößen gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG geltend zu machen, steht nicht entgegen, dass die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 nicht in den Katalog der Verbraucherschutzgesetze des § 2 Abs. 2 UKlaG aufgenommen worden ist. Die Verbraucherschutzverbände sind gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG nicht auf die Verfolgung von Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 UKlaG beschränkt, sondern zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen berechtigt, soweit diese Verbraucherschutzinteressen beeinträchtigen und die Prozessführung im konkreten Einzelfall vom Satzungszweck des klagenden Verbands gedeckt ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 229/10, GRUR 2012, 415 Rn. 11 bis 15 = WRP 2012, 467 - Überregionale Klagebefugnis; Bergmann/Goldmann in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 8 Rn. 372; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 3.52; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 270; MünchKomm.UWG/Ottofülling aaO § 8 Rn. 421; GroßKomm.UWG/Paal, 2. Aufl., § 8 D Rn. 229). Zudem enthält § 2 Abs. 2 UKlaG keine abschließende Aufzählung der Verbraucherschutzgesetze im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG (BGH, GRUR 2012, 415 Rn. 23 - Überregionale Klagebefugnis; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 UKlaG Rn. 10). Zu den Verbraucherschutzgesetzen im Sinne dieser Bestimmung gehören deshalb - ungeachtet ihrer fehlenden ausdrücklichen Nennung - auch die dem Schutz der Verbraucher vor Beeinträchtigungen ihrer Entscheidungsfreiheit dienenden Vorschriften des Preisangabenrechts (OLG Frankfurt, OLG-Rep 2008, 640, 641; LG Rostock, RRa 2012, 201, 202 mwN). Hierzu zählt die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008.

e) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf den Vorlagebeschluss des Senats hin ausgesprochen, dass der zu zahlende Endpreis nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 stets auszuweisen ist, ohne dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem dieser Preis erstmalig angezeigt wird, dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde einen bestimmten Flug auswählt, oder dem Zeitpunkt des verbindlichen Vertragsschlusses unterschieden wird (EuGH, GRUR 2015, 281 Rn. 33 - Air Berlin/Bundesverband). Damit genügt es nicht, wenn der Endpreis erstmals am Beginn des eigentlichen Buchungsvorgangs ausgewiesen wird. Gegenteiliges folgt nicht aus der Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, die allein fakultative Zusatzkosten betrifft (EuGH, GRUR 2015, 281 Rn. 28 f. - Air Berlin/Bundesverband; BGH, GRUR 2013, 1247 Rn. 17 bis 19 - Buchungssystem I). Im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Streitfall in Rede stehenden ist der Endpreis daher bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste und damit auch bei ihrer erstmaligen Angabe vor Beginn eines Buchungsvorgangs auszuweisen (EuGH, GRUR 2015, 281 Rn. 26, 30 und 35 - Air Berlin/Bundesverband). Im Interesse der mit Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 bezweckten Preisvergleichsmöglichkeit (vgl. den Erwägungsgrund 16 der Verordnung) gilt die Verpflichtung, den Endpreis stets auszuweisen, nicht nur für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst, sondern für jede Form der Veröffentlichung von Flugpreisen und damit ebenso für solche Preise, die für eine Reihe von Flugdiensten in tabellarischer Form angeboten werden (EuGH, GRUR 2015, 281 Rn. 39 und 45 - Air Berlin/Bundesverband).

f) Nach diesen Maßstäben verstieß die tabellarische Preisdarstellung des beanstandeten Buchungssystems in der von der Beklagten bis Ende 2008 verwendeten Fassung schon deshalb gegen die Vorgaben des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, weil für die in der dortigen Tabelle dargestellten Flugdienste bis auf einen (vor)ausgewählten Flug lediglich die reinen Flugpreise ausgewiesen waren und der Endpreis für einen bestimmten Flugdienst erst im weiteren Buchungsprozesses auf späteren Bildschirmseiten angegeben wurde. Damit fehlte es an einer übersichtlichen Darstellung der Endpreise, so dass der mit der genannten Vorschrift bezweckte Vergleich mit den Preisen anderer Luftfahrtunternehmen nicht ohne weiteres möglich war.

Für eine ordnungsgemäße Ausweisung des Endpreises fehlte es zudem an der Einbeziehung der von der Beklagten erhobenen "Service Charge". Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dieser Servicegebühr um ein im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 unvermeidbares und im Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbares und daher in den Endpreis einzubeziehendes Entgelt handelte (vgl. BGH, GRUR 2013, 1247 Rn. 9 - Buchungssystem I; OLG Dresden, GRUR 2011, 248, 249; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2012, 392, 395; KG, MMR 2012, 813, 814).

g) Für das von der Beklagten im Hinblick auf das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 geänderte Buchungssystem gilt im Ergebnis nichts Abweichendes.

Der Annahme eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 steht nicht entgegen, dass die "Service Charge" in der geänderten Fassung des Buchungssystems nunmehr bereits im zweiten Buchungsschritt ausdrücklich angesprochen und - für den Verbraucher ohne weiteres ersichtlich - dem Flugpreis und den sonstigen Entgelten hinzugerechnet wurde. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Flugpreis nebst Steuern und Gebühren sowie Kerosinzuschlag nunmehr innerhalb der Tabelle mit den angezeigten Flugdiensten aufgeführt war. Auch bei diesem geänderten Buchungssystem erfolgte die Angabe eines Endpreises entgegen den Vorgaben des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 nur in Form einer anschließenden rechnerischen Auflösung allein für einen bestimmten Flugdienst, ohne dass für sämtliche in der Tabelle angezeigten Flugdienste sogleich die Endpreise erkennbar waren.

h) Das Berufungsgericht hat weiterhin mit Recht angenommen, dass die beiden Verstöße der Beklagten gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 geeignet waren, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 UWG). Wenn dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, ist damit zugleich das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - I ZR 190/10, GRUR 2012, 842 Rn. 25 = WRP 2012, 1096 - Neue Personenkraftwagen; Urteil vom 18. April 2013 - I ZR 180/12, GRUR 2013, 1169 Rn. 19 = WRP 2013, 1459 - Brandneu von der IFA).

2. Das Berufungsgericht hat auch die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zutreffend bejaht.

a) Für den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Rn. 15 = WRP 2007, 1337 - 150% Zinsbonus; Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 140/08, GRUR 2010, 1120 = WRP 2010, 1495 - Vollmachtnachweis, jeweils mwN).

b) Der Kläger hat sich in der Klageschrift zur Begründung seines Antrags auf Erstattung von Abmahnkosten auf ein vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ergangenes Abmahnschreiben vom 31. Juli 2008, mit dem die Preisdarstellung im Buchungssystem der Beklagten noch als Verstoß gegen § 1 PAngV gerügt worden war, und auf ein weiteres Abmahnschreiben vom 17. November 2008 bezogen, in dem sich der Kläger nunmehr auf den am 1. November 2008 in Kraft getretenen Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 gestützt hat. Das Landgericht hat die Klage insgesamt - und deshalb auch insoweit, als der Kläger Abmahnkosten erstattet verlangt hat - als aus der zuletzt genannten Bestimmung begründet angesehen. Der Kläger hat sich diese ihm günstige Sichtweise im zweiten Rechtszug mit der Verteidigung des landgerichtlichen Urteils konkludent zu Eigen gemacht. Danach kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob die tabellarische Preisdarstellung beim zweiten Buchungsschritt des von der Beklagten bis zum Ende des Jahres 2008 verwendeten Buchungssystems vor dem Inkrafttreten des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 gegen § 1 PAngV verstoßen hat.

III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.