Online-Archive haben nicht immer ein zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht
Leitsatz
1. Ein Online-Archiv hat grundsätzlich nur ein zeitlich beschränktes Nutzungsrecht an urheberrechtlich geschützten Werk.
2. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Online-Archiv ein urheberrechtlich geschütztes Werk bereithalten darf, ist nicht der Zeitpunkt der ersten Speicherung. Vielmehr bedarf es einer Rechtsgrundlage, die ein zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht einräumt.
Sachverhalt
Die Beklagte verlegte mehrere Zeitungen und berichtete dabei auch über Kunstausstellungen. In den einzelnen Artikeln wurden auch Fotos einzelner Kunstgegenstände abgedruckt. Seit Ende 2002 wurden die Artikel in einem Online-Archiv dauerhaft zum Abruf bereitgestellt.
Die Klägerin war die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und nahm die entsprechenden urheberrechtlichen Befugnisse ihrer angeschlossenen Mitglieder wahr.
Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Berichterstattung durch die Beklagte konnte diese sich auf die urheberrechtliche Schrankenbestimmung nach § 50 UrhG berufen, wonach die Berichterstattung über Tagesereignisse erlaubt ist.
Diese Ansicht teilte auch die Klägerin. Sie machte jedoch geltend, dass die anschließende, dauerhafte Bereitstellung im Online-Archiv nicht mehr von dieser Norm gedeckt sei.
Entscheidungsgründe
Die Richter gaben der Klägerin Recht.
Die ursprüngliche zulässige Berichterstattung erlaube nicht eine zeitlich unbefristete Speicherung in einem Online-Archiv. Maßgeblich für die Beurteilung sei nicht der Zeitpunkt der Erstellung des Artikels. Vielmehr bedürfe es einer rechtlichen Grundlage, die ein dauerhaftes Bereithalten erlaube.
Eine solche Rechtsgrundlage existiere im vorliegenden Fall nicht. Spätestens wenige Wochen nach den Ereignissen fehle es an der Tagesaktualität, so dass die Beklagte sich nicht mehr auf die Norm berufen könne.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass es eventuell unverhältnismäßiger Aufwand sein könnte, Online-Archive regelmäßig auf "abgelaufene" Inhalte zu kontrollieren. Einer solchen Pflicht könne die Beklagte vorbeugen, indem sie von vornherein nur solche Inhalte online stelle, an denen sie zeitlich unbefristete Nutzungsrechte habe.