O2 darf seinen Kunden nicht ungefragt kostenpflichtige Extra-Datenpakete nachbuchen

Landgericht München_I

Urteil v. 11.02.2016 - Az.: 12 O 13022/15

Leitsatz

O2 darf seinen Kunden nicht ungefragt kostenpflichtige Extra-Datenpakete nachbuchen

Anmerkung

Hinweis: Die Entscheidung wurde in der Berufungsinstanz vom OLG München (Urt. v. 08.12.2016 - Az.: 29 U 668/16) teilweise aufgehoben.

Tenor

In dem Rechtsstreit (...) erlässt das Landgericht München I - 12. Zivilkammer - durch (...) auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2015 folgendes Endurteil

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern ihrer Gesellschafter, zu unterlassen,

1. in Bezug auf mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„Bestandteil   des  jeweiligen   Tähfs   ist   folgende   Datenautomatik:   Nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens, wird dieses automatisch bis zu 3x pro Abrechnungszeitraum um jeweils 100 MB erweitert. Pro angefangene   100 MB Datenvolumen-Erweiterung fallen  weitere Kosten  von € 2 an. Wird das maximale zusätzliche Datenautomatik-Volumen von 3 x 100 MB in drei  aufeinanderfolgenden Abrechnungszeiträumen  überschritten,  erfolgt automatisch unmittelbar nach Verbrauch des letzten 100 MB Datenvolumens eine Erweiterung des im Tarif enthaltenen monatlichen Datenvolumens um das jeweils angegebene Upgrade-Volumen (500 MB in den Tarifen 02 Biue Basic, 02 Biue Select,   02 All-in S, M (jeweils auch Flex- bzw. Professional) sowie 1 GB in den Tarifen   02 All-in L, XL, Premium (jeweils auch Flex- bzw. Professional) für die weitere  Vertragslaufzeit (Upgrade). Durch das Upgrade erhöht sich die monatliche  Grundgebühr des gewählten  Tarifs um € 5. Der Kunde kann dem Upgrade widersprechen oder jederzeit die Rückstufung zum ursprünglichen   im   Tarif  enthaltenen   Datenvolumen   zum   nächsten Abrechnungsmonat verlangen (Downgrade). Der Kunde wird per SMS über jede Datenvolumen-Erweiterung  und jedes  Upgrade  sowie die Möglichkeit,  dem Upgrade zu widersprechen, informiert."

und/oder

2. gegenüber Verbrauchern im Rahmen eines Mobilfunkvertrages bei Überschreiten eines bestimmten Datenvolumens für die automatische Erweiterung des Datenvolumens um ein Upgrade-Volumen ein zusätzliches Entgelt zu berechnen und - sofern dies in drei aufeinanderfolgenden Abrechnungszeiträumen jeweils drei mal erfolgt ist - den Mobilfunktarif automatisch zu ändern und hierfür ein höheres monatliches Entgelt zu verlangen, wenn der Bestellprozess des Mobilfunkvertrages, wie in Anlage K 1 wiedergegeben, gestaltet ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.08.2015 zu zahlen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.    Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer von der Beklagten gegenüber ihren Kunden eingerichteten Datenautomatik, die Bestandteil verschiedener Postpaid-Mobilfunktarife der Beklagten für die Nutzung des mobilen Internets ist.
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband.
Die Beklagte ist ein Mobilfunkdienstleister. Die Beklagte bietet auf ihrer Internetseite verschiedene Mobilfunkverträge mit mobiler Internetnutzung an.

Diese im Hinblick auf die mobile Internetnutzung verschiedenen Datenvolumen-Pakete beinhalten jeweils eine sogenannte „Datenautomatik".

Klickt man auf der streitgegenständlichen Internetseite der Beklagten auf die Rubrik „Tarife", gelangt man u.a. weiter auf eine Seite, die mit „Smartphone-Tarife von 02" überschrieben ist.

Dargestellt wird hier eine Tabelle mit verschiedenen "Tarif[en] 02 Blue", die neben jeweils unterschiedlichen monatlichen Inklusiv-Telefonie- und Inklusiv-SMS-Leistungen auch verschiedene lnklusiv-Datenvolumen-Pakete (z.B. 200 MB, 500 MB, 1 GB mit jeweils unterschiedlicher MBit/s-Angabe) beinhalten. Unter den jeweiligen Internetvolumenangaben erscheint dort u.a. in blauer Schrift und unterstrichen "Datenautomatik". Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Screenshots, vorgelegt als Anlagen K 1 [1/10] und [2/10], Bezug genommen.

Klickt man wiederum „Datenautomatik" an, öffnet sich ein separates Informationsfenster mit der Überschrift „Datenautomatik". Hierin heißt es:

„Für bequemes Surfen, Streamen und mehr in allen 02 Blue Tarifen
- Immer genug Datenvolumen für schnelles Surfen
- Nach Verbrauch Deines monatlichen Inklusiv-Volumens erhältst Du automatisch bis zu 3  x pro Monat 100 MB zusätzliches Datenvolumen für jeweils 2 € (1)
- Automatische SMS-Benachrichtigung bei jeder Erweiterung"

Abgebildet wird hier danach das in Anlage K1 [3/10] wiedergegebene Schaubild.

Des Weiteren befindet sich im unteren Teil ein Textblock, der aus- oder eingeblendet werden kann mit der Überschrift „Weitere Hinweise und Fußnoten einblenden/ausblenden". Blendet man die weiteren Hinweise und Fußnoten ein, heißt es dort:

„f. Datenautomatik
Nach Verbrauch des im jeweiligen Tarif oder zugebuchten Datenpaket enthaltenen monatlichen Datenvolumens für das Surfen im Mobilfunknetz von 02 werden automatisch weitere 100 MB für den laufenden Abrechnungszeitraum für jeweils 2 € zur Verfügung gestellt. Pro Abrechnungszeitraum maximal drei Erweiterungen um jeweils 100 MB möglich. Maximale Geschwindigkeit bis Verbrauch des Inklusiv-Datenvolumens und etwaige Erweiterungen je nach Vertrag zwischen 3,6 MBit/s und 50 MBit/s, danach bis zum Ende des laufenden Abrechnungszeitraums 32 KBit/s. Wird das maximale zusätzliche Datenvolumen (3 x 100 MB) in drei aufeinanderfolgenden Monaten überschritten, erfolgt unmittelbar mit Verbrauch der letzten Erweiterung (also während des laufenden Monats) eine für die Vertragslaufzeit geltende Datenvolumen-Erweiterung zu folgenden Konditionen: 500 MB für 5 € monatlich zusätzlich bei 02 Blue Basic, 02 Blue Select, 02 Blue All-in S bzw. M; 1 GB für
monatlich 5 € zusätzlich bei 02 Blue All-in L, XL und Premium.

Die Erweiterung gilt für die gesamte Laufzeit des Tarifs. Die Rückstufung zum ursprünglich im Tarif enthaltenen Datenvolumen kann jederzeit über die Hotline (089 787 979 400, Standardfestnetzkosten) veranlasst werden. Über jede Datenvolumen-Erweiterung, jedes automatische Upgrade und die Möglichkeit zur Rücksetzung wird per SMS informiert."

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 [4/10] Bezug genommen.

Hat der Kunde einen Tarif durch Anklicken ausgewählt, gelangt er auf die Übersichtsseite für den jeweiligen Tarif, wie beispielhaft auf den Screenshots in Anlage K 1 [5/10] - [8/10] ersichtlich.

Dort befinden sich sodann unter der Überschrift Zusammenfassung die jeweiligen Leistungsmerkmale des Tarifs, in welchem sich auch die Angabe „(mit Datenautomatik)" und einem unmittelbar danach hochgestellten „i" für Infozeichen findet. Klickt man dieses „i" an, erscheint das Fenster mit den grafischen und textlichen Erläuterungen zur Datenautomatik, wie unter Anlage K1 [4/10] wiedergegeben. Auch im Rahmen der nächsten Schritte zum Bestellvorgang finden sich jeweils erneut Möglichkeiten „Tarifdetails" anzuklicken, wobei jeweils auch die „Datenautomatik" mit einer entsprechenden Verlinkung auf das bereits genannte Informationsfenster enthalten ist.

In der ebenfalls auf der Internetseite der Beklagten abrufbaren „Preisliste Mobilfunk Postpaid" findet sich im Hinweistext unter der Ziffer 7 folgende Klausel:

„Bestandteil des jeweiligen Tarifs ist folgende Datenautomatik: Nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens,  wird dieses automatisch bis zu 3x pro Abrechnungszeitraum um jeweils 100 MB erweitert. Pro angefangene 100 MB Datenvolumen-Erweiterung fallen  weitere Kosten  von € 2 an.  Wird das maximale zusätzliche Datenautomatik-Volumen von 3 x 100 MB in drei aufeinanderfolgenden Abrechnungszeiträumen überschritten, erfolgt automatisch unmittelbar nach Verbrauch des letzten 100 MB Datenvolumens eine Erweiterung des im Tarif enthaltenen monatlichen Datenvolumens um das jeweils angegebene Upgrade-Volumen (500 MB in den Tarifen 02 Blue Basic, 02 Blue Select, 02 All-in S, M (jeweils auch Flex- bzw. Professional) sowie 1 GB in den Tarifen 02 All-in L, XL,
Premium (jeweils auch Flex- bzw. Professional)) für die weitere Vertragslaufzeit (Upgrade). Durch das Upgrade erhöht sich die monatliche Grundgebühr des gewählten Tarifs um 5 €. Der Kunde kann dem Upgrade widersprechen oder jederzeit die Rückstufung zum ursprünglichen im Tarif enthaltenen Datenvolumen zum nächsten Abrechnungsmonat verlangen (Downgrade). Der Kunde wird per SMS über jede Datenvolumen-Erweiterung und jedes Upgrade sowie die Möglichkeit, dem Upgrade zu widersprechen, informiert."

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Preisliste Mobilfunk Postpaid (Stand: 13.05.2015), vorgelegt als Anlage K 2, Bezug genommen.

Über die einzelnen Schritte der Datenautomatik wird der Kunde der Beklagten durch SMS informiert. Der Kunde erhält eine SMS, wenn er 80 % seines monatlichen Inklusiv-Datenvolumens verbraucht hat, bevor mit der Datenautomatik das erste der drei weiteren Datenvolumen-Pakete „freigeschaltet" wird. Im weiteren Verlauf wird er über jedes einzelne angefangene zusätzliche Datenpaket und auch das Daten-Upgrade per SMS informiert. Bei vollständiger Ausnutzung der Datenautomatik erhält der Kunde jeden Monat bis zu vier SMS-Benachrichtungen (eine SMS, wenn 80 % Volumen verbraucht sind, sowie drei Einzelpaket-Informationen über sein Datenvolumen).

Nach vollständiger Ausschöpfung der Datenautomatik in drei aufeinanderfolgenden Abrechnungsmonaten findet der Tarif-Upgrade statt. Dieser wird dann wiederum selbst durch SMS angekündigt, in welcher über das bevorstehende Upgrade und die Möglichkeit informiert wird, dieses nicht in Anspruch zu nehmen und den Vertrag im ursprünglich gebuchten Inklusiv-Datenvolu-men-Paket fortzuführen.

Mit Schreiben vom 16.03.2015 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie bezüglich der streitgegenständlichen Handlung auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte ließ diese Forderung mit Schreiben vom 17.04.2015 zurückweisen. Mit Schreiben vom 18.05.2015 wurde der Beklagten die Klage angekündigt und diese - fruchtlos - nochmals zur Abgabe der Unterlassungserklärung aufgefordert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schreiben, vorgelegt als Anlagen K 3 - K 5, Bezug genommen.

Der Kläger ist nun der Ansicht, dass die im Klageantrag Ziffer 1.1. wiedergegebene Klausel unzulässig sei, da sie gegen §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 312a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB und hilfsweise jedenfalls gegen § 308 Nr. 5 BGB verstoße. Es liege eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dergestalt vor, dass die Beklagte eine automatische Vertragserweiterung vornehme, zu welcher der Verbraucher nicht ausdrücklich seine Zustimmung erteilt habe.

Er ist weiter der Auffassung, dass die Einbeziehung der Datenautomatik und die Berechnung eines entsprechenden Entgeltes hierfür nach §§ 312a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB unzulässig sei.

Der Kläger beantragt daher:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern ihrer Gesellschafter, zu unterlassen,

1. in Bezug auf mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„Bestandteil   des jeweiligen   Tarifs  ist  folgende  Datenautomatik:   Nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens, wird dieses automatisch bis zu 3x pro Abrechnungszeitraum um jeweils 100 MB erweitert. Pro angefangene   100 MB  Datenvolumen-Erweiterung fallen  weitere Kosten  von € 2 an. Wird das maximale zusätzliche Datenautomatik-Volumen von 3 x 100 MB in drei   aufeinanderfolgenden  Abrechnungszeiträumen  überschritten,   erfolgt automatisch unmittelbar nach Verbrauch des letzten 100 MB Datenvolumens eine Erweiterung des im Tarif enthaltenen monatlichen Datenvolumens um das jeweils angegebene Upgrade-Volumen (500 MB in den Tarifen O 2 Blue Basic, 02 Blue Select, 02 All-in S, M (jeweils auch Flex- bzw. Professional) sowie 1 GB in den Tarifen 02 All-in L, XL, Premium (jeweils auch Flex- bzw. Professional) für die weitere  Vertragslaufzeit (Upgrade). Durch das Upgrade erhöht sich  die monatliche  Grundgebühr des gewählten Tarifs um € 5. Der Kunde kann dem Upgrade widersprechen oder jederzeit die Rückstufung zum ursprünglichen   im   Tarif  enthaltenen   Datenvolumen   zum   nächsten Abrechnungsmonat verlangen (Downgrade). Der Kunde wird per SMS über jede Datenvolumen-Erweiterung und jedes  Upgrade sowie  die Möglichkeit,  dem Upgrade zu widersprechen, informiert."

und/oder

2. gegenüber Verbrauchern im Rahmen eines Mobilfunkvertrages bei Überschreiten eines bestimmten Datenvolumens für die automatische Erweiterung des Datenvolumens um ein Upgrade-Volumen ein zusätzliches Entgelt zu berechnen und - sofern dies in drei aufeinanderfolgenden Abrechnungszeiträumen jeweils drei mal erfolgt ist - den Mobilfunktarif automatisch zu ändern und hierfür ein höheres monatliches Entgelt zu verlangen, wenn der Bestellprozess des Mobilfunkvertrages, wie in Anlage K 1 wiedergegeben, gestaltet ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass hier kein Verstoß gegen §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 312 a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB vorliege. § 307 BGB sei schon nicht anwendbar, da es sich bei der angegriffenen klauselmäßigen Beschreibung um eine kontrollfreie Preis- und Leistungsbestimmung handle. Unabhängig davon läge jedenfalls keine unangemessene Benachteiligung vor. Auch fehle es an einer Erklärungsfiktion im Sinne des § 308 Nr. 5 BGB. Es läge auch kein Verstoß gegen § 312a Abs. 3 BGB vor, sodass die Datenautomatik - als einheitliche Hauptleistung mit verschiedenen Elementen - nicht unwirksam sei.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 03.12.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Dem Kläger steht hinsichtlich des Klageantrags in Ziffer 1.1. ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UKIaG i. V. m. §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 312a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB (1.) und hinsichtlich des Klageantrags in Ziffer I. 2. ein Unterlassungsanspruch nach § 2 Abs. 1 und 2 UKIaG i. V. m. §§ 312a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB (2.) zu.

1. Die angegriffene Klausel verstößt gegen §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 312a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB und ist daher unwirksam.

a) § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ist vorliegend anwendbar. Die beanstandete Klausel ist Bestandteil des Tarifwerks der Beklagten und damit Bestandteil der Bestimmungen, die den Vertragsinhalt regeln. § 307 Abs. 3 BGB bestimmt, dass nur solche Klauseln kontrollfähig sind, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Ausgenommen von der Inhaltskontrolle sind Abreden unmittelbar über den Gegenstand des Vertrages, die alleine der Privatautonomie der Vertragsparteien unterliegen. Einer Inhaltskontrolle entzogen sind damit in erster Linie Leistungsbeschreibungen, die Art, Güte und Umfang der Hauptleistung unmittelbar festlegen. Dagegen unterliegen Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen verändern oder ausgestalten, der Inhaltskontrolle (vgl. Grüneberg, in Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 307 Rn. 44).

aa) Das Tarif-Upgrade in einen neuen mit einer höheren Anzahl von monatlichen Inklusiv-MB ausgestatteten Tarif stellt - vor dem Hintergrund des dargestellten streitgegenständlichen automatischen Vorgangs auf Beklagtenseite - eine einseitige Änderung des Hauptleistungsversprechens dar. Der Tarif des Kunden wird dann, wenn der Kunde in drei aufeinanderfolgenden Abrechnungszeiträumen das maximale zusätzliche Datenautomatik-Volumen von 100 MB überschritten hat, automatisch in einen neuen Tarif „umgesetzt", ohne dass der Kunde dieser Vertragsänderung aktiv zustimmt. Das Hauptleistungsversprechen der Beklagten, d.h. eine bestimmte MB-Anzahl in dem jeweiligen Tarif zur Verfügung zu stellen, wird durch das Tarif-Upgrade verändert und erweitert. Damit liegt keine reine Leistungsbeschreibung und daher insoweit eine kontrollfähige Klausel vor.

Auch hinsichtlich der automatischen Datenvolumen-Erweiterung um jeweils 100 MB liegt eine der Inhaltskontrolle unterliegende Regelung vor. Auch diese Datenvolumen-Erweiterung verändert das ursprüngliche - für den Kunden alleine offensichtliche - Hauptleistungsversprechen hinsichtlich des mobilen Internets und stellt damit keine reine Leistungsbeschreibung dar.
Wie von Klageseite zu Recht ausgeführt, sind nicht alle Klauseln, die auch nur im Zusammenhang mit einer Hauptleistungspflicht stehen, der Inhaltskontrolle entzogen. Entscheidend ist letztlich die Frage, ob die streitgegenständliche Klausel eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung enthält. Dieser Umstand eröffnet die Möglichkeit zur Inhaltskontrolle und ist insoweit nicht aus Gründen der Vertragsfreiheit von der Kontrollfähigkeit ausgenommen.

Eine von den   Rechtsvorschriften abweichende Regelung ist hier darin zu sehen, dass die Beklagte - ohne jeweils explizite Vereinbarung - über das vereinbarte  Inklusiv-Volumen  hinaus eine Datenvolumen-Erweiterung vornimmt und den Verbrauchern dafür ein zusätzliches Entgelt berechnet. Dieser Vorgang widerspricht dem Grundgedanken des § 312a Abs. 3 BGB.
Unabhängig davon kommt vorliegend ein Verstoß gegen das Transparenzgebot in Betracht. Verstöße gegen das Transparenzgebot begründen auch bei Klauseln die Unwirksamkeit, die das Preis-Leistungsverhältnis betreffen. Dies stellt § 307 Abs. 2 S. 2 BGB durch seinen Verweis auf § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB ausdrücklich klar.

Der Anwendungsbereich des § 307 BGB ist damit jedenfalls eröffnet.

b) Die streitgegenständliche Klausel ist unwirksam, da sie die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Sie ist mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen des § 312a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB nicht zu vereinbaren. Des Weiteren ist für den durchschnittlichen Verbraucher auf den ersten Blick nicht klar, einfach und präzise dargestellt, welche finanziellen Folgen die gebuchte „Datenautomatik" nach sich zieht.

aa) § 311 Abs. 1 BGB bestimmt, dass zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist. Diese Regelung wird durch die Verbraucherschutzvorschrift des § 312a BGB zugunsten und zum Schutz des Verbrauchers weiter eingegrenzt. Mit § 312a Abs. 3 BGB soll der missbräuchlichen Praxis Einhalt geboten werden, dass dem Verbraucher die Vereinbarung von Nebenleistungen oder sonstige Zusatzentgelte durch Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen „untergeschoben" wird. Der Verbraucher soll in seiner Privatautonomie geschützt werden; er soll sich nicht mit vertraglichen Bindungen konfrontiert sehen, die er letztlich nicht wollte (vgl. Wendehorst, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 312a BGB Rn. 44).

Von diesen Regelungen weicht die streitgegenständliche Klausel sowohl hinsichtlich der Datenvolumen-Erweiterung als auch und erst recht hinsichtlich des Tarif-Upgrades ab. § 312a Abs. 3 BGB erfasst grundsätzlich solche Zahlungen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehen. Die Vorschrift betrifft in erster Linie Vereinbarungen über Extrazahlungen für optionale Zusatzleistungen, die für die Erbringung der Hauptleistung nicht zwingend erforderlich sind, sondern diese ergänzen und das Leistungsspektrum erweitern. Hierunter fallen z.B. auch und gerade kostenverursachende Upgrades (Busch, in Beck-Online.Kommentar, Stand: 01.07.2015, § 312a Rn. 15).

Genau um solche Zusatzentgelte für Leistungsspektrumserweiterungen und Upgrades handelt es sich vorliegend.

§ 312a Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt weiter, dass solche Zusatzentgelte nur ausdrücklich vereinbart werden können. Eine konkludente oder stillschweigende Einigung mit dem Verbraucher ist damit nicht ausreichend. Aus dem Sinn und Zweck der Regelung geht hervor, dass eine ausdrückliche Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausreichend sein kann. Denn es würde gerade der Teleologie der gesetzlichen Regelung widersprechen, eine Zahlungsbestimmung zu Lasten des Verbrauchers, alleine aufgrund der Einbeziehung von einseitig gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, als vereinbart anzusehen und dadurch pauschal für eine unbestimmte Menge von zukünftigen Zahlungen dessen ausdrückliche Willenserklärung zu ersetzen. Erforderlich ist es mit Blick auf den Verbraucherschutz daher, dass der Verbraucher auf die anfallenden Zusatzentgelte nicht nur hingewiesen wird, sondern jeder einzelnen Extrazahlung ausdrücklich zustimmt. Dies ist hier gerade nicht der Fall. Der Kunde erhält jeweils immer erst dann eine SMS, wenn ein neues Datenvolumen-Erweiterungs-Paket oder ein Tarif-Upgrade gebucht wurde. Auch die spätere Möglichkeit der Zurücksetzung in den ursprünglichen Tarif im zuletzt genannten Fall ändert an dieser Bewertung nichts.

Sowohl bei der Datenvolumen-Erweiterung als auch beim Tarif-Upgrade handelt es sich nicht um bereits vereinbarte Bestandteile der Hauptleistung. Aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers ist die Hauptleistung seines Vertrages durch die monatliche Grundgebühr, wie sie sich in Spalte 5 der Anlage K 1 [1/10] zeigt, abgegolten.
Dem Kunden ist vorliegend nicht - aktiv - freigestellt, ob er die zusätzliche Leistung annimmt oder nicht. Er kann gerade nicht jedem einzelnen Daten-Paket oder dem Tarif-Upgrade aktiv zustimmen und so eine ausdrückliche Einigung herbeiführen.

Er erhält lediglich eine SMS, wenn 80 % seines Inklusiv-Datenvolumens aufgebraucht sind. Nach dem Vortrag der Beklagtenpartei wird eine solche SMS auch nur vor der ersten Datenerweiterung versendet und nicht auch nach dem Verbrauch von je 80 % des schon „gekauften" weiteren Datenvolumen-pakets. Danach erhält der Kunde erst dann wieder eine SMS-Benachrichtigung, wenn er bereits das nächste Datenvolumen-Paket im Verbrauch begonnen hat.

Hinzu kommt, dass das jeweilige Zusatzentgelt von 2,00 € pro 100 MB immer komplett anfällt, ohne dass Rücksicht auf die konkrete Nutzung genommen wird und eine Abrechnung 1 :1 erfolgt. Hieraus folgt, dass auch bei nur 1 MB Mehrverbrauch 2,00 € zusätzlich fällig werden.

Dieser Datenvolumen-Erweiterung kann der Verbraucher nicht einmal widersprechen. Lediglich im Rahmen des automatischen Tarif-Upgrades besteht die Möglichkeit der „Zurücksetzung" - allerdings erst zum nächsten Abrechnungsmonat -, über welche der Verbraucher per SMS informiert wird.

Für den durchschnittlichen - auch aufmerksamen und sorgfältigen - Verbraucher ist aus der Vertragsstruktur nicht ausreichend klar, eindeutig und unmissverständlich ersichtlich, was es mit der Vereinbarung „der Datenautomatik" auf sich hat. Mit der Begrifflichkeit Datenautomatik verbindet der durchschnittliche Verbraucher keine konkrete Vorstellung. Erst nach Anklicken der weiteren Hinweise, des „Kleingedruckten", findet sich ganz unten eine Erläuterung, wie diese Datenautomatik im Einzelnen aussehen soll. Hieraus erschließt sich dem Kunden dann zwar im Wesentlichen, dass unter Umständen weitere Kosten anfallen. Aus der kompletten Darstellung nicht klar ist jedoch, ob die automatischen SMS-Benachrichtigungen bei jeder Erweiterung vollautomatisch jeweils vor der Erweiterung oder - wie tatsächlich -erst nach einer jeweiligen Erweiterung geschickt werden. Es ist für den Kunden nicht klar erkennbar, dass zur vereinbarten Grundgebühr - ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung - noch weitere Gebühren durch Datenvolumen-Erweiterungen hinzutreten können oder dass gar nach drei Monaten ein Tarif-Upgrade mit einer höheren monatlichen Grundgebühr Zustandekommen kann.

Es liegt daher auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor: Die Klausel ist daher aufgrund obiger Argumentation unwirksam. Auf einen etwaigen Verstoß nach § 308 Nr. 5 BGB kommt es damit nicht mehr an.

Auch die Berechnung eines zusätzlichen Entgelts für die Datenvolumen-Erweiterung und das Tarif-Upgrade verstößt gegen § 2 Abs. 1, Abs. 2 UKIaG i. V. m. den §§ 312 a Abs. 3, 311 Abs. 1 BGB. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

II.
Dem Kläger steht ferner gemäß § 5 UKIaG und § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der mit der Abmahnung verbundenen Personal- und Sachkosten in Höhe der im Klageantrag Ziffer II. geltend gemachten Kostenpauschale in Höhe von 200 € zu. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts basiert auf § 3 ZPO. Das Gericht setzt einen Streitwert in Höhe von insgesamt 22.500 € (2.500 € für den Klageantrag Ziffer 1.1. und 20.000 € für den Klageantrag in Ziffer I. 2.) fest.