Nachträgliche Abänderung eines eBay-Angebots nur in Ausnahmefällen möglich
Leitsatz
Die nachträgliche Äbänderung eines eBay-Angebots ist nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Eine Abänderung ist jedoch insbesondere dann nicht mehr möglich, wenn bereits Gebote abgegeben wurden.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 621,18 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2014 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Opel Kadett B, Carawan, Baujahr 1972 zu zahlen.
Im Übrigen die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 86 % und der Beklagte 14 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.636,89 Euro festgesetzt.
Sachverhalt
Die Klägerin bot im Wege einer eBay-Auktion als private Verkäuferin einen Opel-Kadett zum Verkauf an. Das Angebot beinhaltete zunächst lediglich die Artikelbeschreibung. Die Auktion sollte am 9.3.2014 enden.
In § 9 Z. 11 der eBay AGB heißt es: “Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay Webseite einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind. Weitere Informationen.”
In § 10 Z. 7 der eBay AGB heißt es: “Bieter dürfen angebotene dann zurücknehmen, wenn sie dazu gesetzlich berechtigt sind. Weitere Informationen.”
Am 7.3.2014, also zwei Tage vor Auktionsende, fügte die Klägerin folgende Angaben in das Angebot ein:
„Das Umbauprojekt geht ab sofort in seine heiße Phase und mir fehlt der Platz, um den Opel weiter stehen zu lassen. Deshalb muss der Opel nach dem Ende der Auktion innerhalb von sieben Tagen gegen Barzahlung am Artikelstandort abgeholt werden. Danach bin ich gezwungen, den Opel an einen geeigneten Ort einlagern zu lassen. Die dadurch entstehenden Lagerkosten von 11 € pro Tag bis zum Tag der Abholung gehen dann zulasten des Käufers. Als Bieter erklären Sie ihr Einverständnis mit dieser Regelung.”
Der Beklagte war zu diesem Zeitpunkt bereits Höchstbietender.
Mit Email vom 7.3.2014 erklärte er gegenüber der Klägerin:
„Hallo, bitte streichen Sie mein Gebot, ich habe einen anderen Kadett erstanden und möchte Ihren nicht mehr kaufen. Mfg A.”
Dem kam die Klägerin nicht nach.
Am 9.3.2014 um 19.48 Uhr, also unmittelbar vor Ende der Auktion erklärte der Beklagte erneut:
„Hallo, ich haben Ihnen geschrieben, dass Sie mein Angebot streichen sollen, da ich das Fahrzeug nicht nehmen werde. Sie haben bis heute nicht reagiert, und wenn ich der Höchstbieter bleiben sollte, werde ich das Auto nicht holen. Mfg.„
Die Auktion endete am 9.3.2014 gegen 19.50 Uhr. Höchstbieter war der Beklagte mit einem Gebot in Höhe von 621,89 €.
Mit Anwaltsschreiben vom 13.3.14 (Bl. 13 d.A.) wurde er aufgefordert, das Auto abzuholen. Mit Schreiben vom 30.3.2014 erklärte der Beklagte, dass er das Auto keinesfalls nehmen und keinerlei Kosten tragen werde.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei an sein Gebot gebunden. Sie sei nicht verpflichtet, der Bitte des Beklagten, das Gebot zu streichen, nachzukommen.
Sie beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 621,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Opel-Kadett B Caravan, Baujahr 1972.
2. Die Klägerin von Lagerkosten in Höhe 11 € je Tag seit dem 17.3.2014 freizustellen.
3. Die Klägerin von Kosten in Höhe von 147,56 €, die für außergerichtliche Rechtsverfolgung entstanden sind, freizustellen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass nach Änderung des Angebots durch die Klägerin am 7.3.2014 sein Gebot für ihn nicht mehr bindend war.
Er behauptet, er hätte niemals auf den Opel-Kadett geboten, wenn die später von der Klägerin eingefügte Bestimmung von Anfang an im Angebot enthalten gewesen wäre.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist hinsichtlich des Antrages zu 1) begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gemäß §§ 433 II, 320, 322 BGB Zug um Zug gegen Übereignung des Opel Kadett.
Der Vertragsschluss bei sog. Online-Auktionen erfolgt nicht durch Zuschlag des Auktionators im Sinne des § 156 BGB, sondern durch Einigung mittels Angebot und Annahme im Sinne der §§ 145 ff BGB. Der Erklärungsinhalt der jeweiligen Willenserklärung (§§ 133, 157 BGB) richtet sich hierbei auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den AGB des Internetportals, denen die Beteiligten vor der Teilnahme an der Internet-Auktion zugestimmt haben.
Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietenden ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zu Stande. Allerdings räumt § 9 Ziff. 11 der Ebay-AGB den Anbietern ein, ihr Angebot vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen, „wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.” Auch Bieter dürfen ein Gebot zurücknehmen, “wenn sie dazu gesetzlichen berechtigt sind”, § 10 Ziff. 7 Ebay-AGB.
Eine Abänderung der Angebote, wie hier von der Klägerin vorgenommen, sehen die AGB von eBay nicht vor.
Eine Änderung der Vertragsbedingungen könnte aber als Rücknahme des ursprünglichen und Abgabe eines neuen Angebotes gesehen werden. Dann müsste die Klägerin dazu “gesetzlich berechtigt” gewesen sein, § 9 Ziff. 11 Ebay-AGB.
Eine Berechtigung zur einseitigen Abänderung eines Angebots sieht das Gesetz aber nicht vor. Gemäß § 145 BGB ist der Antragende an seinen Antrag grundsätzlich gebunden. Eine Ausnahme macht die Vorschrift nur, wenn die Gebundenheit ausgeschlossen wurde.
Da bei über die Internetplattform eBay zu Stande gekommenen Kaufverträgen - die unmittelbar nur zwischen dem jeweiligen Kunden und der Plattformen gelten - die eBay AGB als Verkehrssitte i.S.d. § 157 BGB Teil der jeweiligen Willenserklärung werden und zu berücksichtigen sind, könnte sich ein Ausschluss der Gebundenheit aus den AGB ergeben.
§ 9 Z. 11 eBay AGB verweist auf die gesetzliche Berechtigung, die keinen Ausschluss kennt.
Nichts anderes ergibt sich aus den „weiteren Informationen”, die über die genannte Vertragsklausel angeklickt werden können.
Dort befindet sich ein Absatz, der die Möglichkeit von Vertragsänderungen beinhaltet. Danach ist jedoch eine Änderung des Angebots, die die AGB betreffen, nicht mehr möglich, wenn noch mehr als 12 Stunden bis zum Angebotsende verbleiben, und bereits Angebote auf den Artikel abgegeben wurden.
Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - neue AGB vor mehr als 12 Stunden bis zum Bietende eingeführt werden.
Die Möglichkeit der Rücknahme eines Angebots ergibt sich auch nicht aus den sonstigen “weiteren Informationen”, die über § 9 Z. 11 eBay-AGB aufgerufen werden können. Soweit dort eine Rücknahme auch ohne rechtlichen Grund erwähnt wird, handelt es sich nicht um eine eigenständige Regelung, die dem Wortlaut der Vertragsklausel widerspricht.
Der BGH hat mit den beiden Entscheidungen vom 12.11.2014 (VIII ZR 42/14) und vom 10.12.2014 (VI ZR 90/14), denen sich das erkennende Gericht voll inhaltlich anschließt, ausgeführt, dass es sich hierbei lediglich um einen Hinweis zur Abwicklung einer berechtigten vorzeitigen Angebotsbeendigung handelt und keinen eigenständigen Anspruch schafft. Es handelt sich um das rechtliche Können nicht um das rechtliche Dürfen. Wegen der weiteren Gründe wird auf die beiden genannten Entscheidungen des BGH (a.a.O.) zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Somit ist die Klägerin an ihr ursprüngliches Angebot gemäß § 145 BGB i.V.m. § 9 Z. 11 eBay AGB gebunden. Die Vertragsklausel zur Zahlung von Standgebühren wurde kein Inhalt des Angebots. Das Einstellen des ursprünglichen Angebots durch die Klägerin stellte das verbindliche Angebot auf einen Vertragsschluss dar, gerichtet an den Höchstbietenden im Zeitpunkt des Ablaufs der Auktion.
Da der Beklagte bei Auktionsende Höchstbietender war, kam der Kaufvertrag mit ihm und dem Inhalt des Angebots der Klägerin und seinem Höchstangebot zu Stande.
Auch der Beklagte konnte seine in Form seines Gebotes abgegeben Willenserklärung nicht zurücknehmen.
Eine Rücknahme des Gebots ist, wie das des Angebots, nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Berechtigung möglich, § 10 Z. 7 eBay AGB.
Eine solche liegt nicht vor.
Ein Grund zur Rücknahme ergibt sich auch nicht aus der unberechtigten späteren Einstellung der streitgegenständlichen Vertragsklausel durch die Klägerin.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich um eine Pflichtverletzung i.S. der §§ 241 II, 311 II Ziff. 2, 433 BGB handelt. Nach diesen Vorschriften ist nämlich ein Rücktritt vom Vertrag nicht möglich. Vielmehr ist der Vertrauensschaden zu ersetzen. D.h. der Geschädigte kann gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte (Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, Rn. 54 f m.w.N.).
Ohne das schädigende Verhalten bliebe es jedoch bei dem ursprünglichen Angebot, so dass der Vertrag entsprechend der Willenserklärung im Zeitpunkt der Abgabe seines Höchstgebotes mit Auktionsende entstand. Dem Beklagten ist kein Schaden entstanden; sein Erfüllungsinteresse bleibt aufrechterhalten. Nur wenn infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des anderen Teils ein Vertrag zu Stande gekommen ist, hat der Geschädigte Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages (Palandt-Grüneberg, BGB, 72.. Aufl. 2013, Rn. 55).
Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus § 291 BGB.
Dagegen hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Mahngebühren für das anwaltliche Schreiben vom 19.3.2014, da dieses Schreiben nicht im Verzug erfolgte, sondern den Verzug erst begründete. Es ist deshalb mangels Anspruchsgrundlage nicht erstattungsfähig.
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass der Kaufvertrag ohne den nachträglichen von der Klägerin eigenmächtig eingeführten Zusatz zur Zahlung der Standgebühren zustande gekommen ist, so dass ihr auch kein Anspruch auf Zahlung der Standgebühren zusteht.
Die Kosten des Rechtsstreits sind entsprechend dem Obsiegen und Verlieren der Parteien gem. § 92 ZPO zu quoteln.
Das Urteil ist gemäß den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für den Antrag zu 1) auf 621,89 € und für den Antrag zu 2) auf (365 Tage mal 11 €) 4015,00 € festgesetzt, §§ 48 GKG, 3,5 ZPO.