Verjährungsbeginn erst bei Kenntnis von Unwahrheit der behaupteten Tatsache

Bundesgerichtshof

Urteil v. 14.05.2009 - Az.: I ZR 82/07

Leitsatz

Behauptet ein Wettbewerber gegenüber Dritten eine für einen anderen Wettbewerber negative Tatsache, so beginnt die Verjährung hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche erst dann zu laufen, wenn der betroffene Wettbewerber die Tatsachenbehauptung auf ihren Wahrheitsgehalt hin prüfen konnte.

Sachverhalt

Die Parteien stellen Obstbrände her. Im Juni 2004 berichtete die Beklagte der Deutschen-Barkeeper-Union postalisch, dass sie die Obstbrände der Klägerin getestet habe und die Brände der Sorten "Apfel", "Birne" und "Zwetschge" hohe bzw. erhöhte Anteile von Methylalkoholen enthielten.

Die Klägerin erfuhr von dem Schreiben im Mai 2005 und forderte die Beklagte auf, ihr die betreffenden Chargen zu nennen, was die Beklagte auch tat. Von der Klägerin umgehend in Auftrag gegebene Tests ergaben im Juli 2005, dass die Anteile an Methylalkohol bei allen drei Obstbränden unterhalb der gesetzlich zulässigen Werte lagen.

Im Dezember 2005 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf und erhob Klage. Die Beklagte berief sich auf Verjährung.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des Gerichts lag bei Klageerhebung noch keine Verjährung vor.

Der Verjährungsbeginn sei erst dann gegeben, wenn der Anspruchsinhaber alle anspruchsbegründenden Tatsachen kenne. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch erfordere die Unwahrheit einer behaupteten Tatsache. Daher beginne die Verjährung erst zu laufen, wenn der Anspruchsinhaber auch den Wahrheitsgehalt der Tatsachenbehauptung habe überprüfen können. Erst dann sei er in der Lage, seine Ansprüche mit Erfolgsaussicht gerichtlich durchzusetzen.

Bei der Äußerung, die Obstbrände der Klägerin enthielten erhöhte Anteile von Methylalkoholen, sei von einer Tatsachenbehauptung und nicht von einem bloßen Werturteil auszugehen. Aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens an die Deutsche-Barkeeper-Union ergebe sich, dass die Beklagten von einem bestimmten Wert ausgingen, der oberhalb des gesetzlich Zulässigen liege. Auch sei bei der Empfängerin davon auszugehen, dass sie die gesetzlichen Werte ebenfalls kenne.

Die Klägerin habe den Gehalt der konkret betroffenen Charge erst prüfen müssen, um sich ein Urteil über den Wahrheitsgehalt der Äußerung zu bilden. Erst mit Erhalt des Prüfungsergebnisses im Juli 2005 habe sie somit Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt. Die sechsmonatige Verjährungsfrist habe erst im Juli zu laufen begonnen und sei im Dezember noch nicht abgelaufen gewesen.