Rabatte einer Versandapotheke beim Versand verschreibungspflichtiger Medikamente

Landgericht Stendal

Urteil v. 14.03.2019 - Az.: 31 O 43/18

Leitsatz

Rabatte einer Versandapotheke beim Versand verschreibungspflichtiger Medikamente

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, an nicht gesetzlich versicherte Endverbraucher in Deutschland zur Vorlage bei den Privaten Krankenversicherungen geeignete Unterlagen über Arzneimittelkosten auszustellen, die von den Endverbrauchern tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe geleistet wurden, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 12.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, es zu unterlassen, an nicht gesetzlich versicherte Endverbraucher in Deutschland personenübergreifende Kundenkonten auszustellen, in denen neben den Daten der Adressaten auch die weiterer Patienten/Familienangehöriger ohne vorherige Einwilligung verarbeitet und wiedergegeben werden, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 18.

3. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren angedroht.

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Betrag in Höhe von 1.173,26 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2018 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 %. Ausgenommen hiervon sind die durch die Verweisung des Rechtsstreits entstandenen Kosten; diese trägt der Kläger.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch.

Der Kläger ist selbstständiger Apotheker und betreibt als eingetragener Einzelkaufmann die ...-Apotheke in ... .

Die in den Niederlanden ansässige Beklagte betreibt unter der Domain „www...BB...de“ eine Versandapotheke, über die deutsche Endverbraucher per Postversand Arzneimittel bestellen können.

Im Rahmen der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel gewährt die Beklagte deutschen Kunden Rezeptboni. Die Rezeptboni gelten sowohl bei der Einreichung von Kassenrezepten als auch bei der Einreichung von Privatrezepten. Die Höhe der Boni orientiert sich an unterschiedlichen Kriterien. So gewährt die Beklagte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel privatversicherter Patienten einen Rezeptbonus von 2,50 € pro Rezept und bis zu 15,00 € bei mehreren Verschreibungen. Ferner erhalten Neukunden einen Sofortbonus von 10,00 €. Kann ein gewährter Bonus nicht mit dem Rechnungsbetrag für das verschreibungspflichtige Arzneimittel verrechnet werden, wird dieser dem Kundenkonto gutgeschrieben und ab einem Betrag i.H.v. 30,00 € ausgezahlt.

Die Ausstellung von Quittungen der Beklagten an gesetzlich versicherte Patienten war Gegenstand des Urteils des Landgerichts Ravensburg vom 21.07.2016 (7 O 1/16 KfH), hinsichtlich dessen Inhalt auf die Anl. K 03 zur Klagschrift (Anlagenband I) verwiesen wird. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht Stuttgart durch Urteil vom 23.02.2017 (2 U 113/16) zurück. Wegen des Inhalts des vorgenannten, in Rechtskraft erwachsenen Urteils wird auf die Anl. K 04 zur Klagschrift (Anlagenband I) verwiesen.

Wegen der hierzu durchgeführten Testkäufe bei der Beklagten mit gesetzlich versicherten Patienten vom 11.01.2017, 17.01.2017 und 13.07.2017 wird auf die Anl. K 05-K 07 zur Klagschrift (Anlagenband I) verwiesen.

Im Auftrag des Klägers führten die Privatpatienten DD und dessen Sohn EE im Zeitraum vom 25.10.2017 bis zum 07.11.2017 Testkäufe bei der Beklagten durch.

Am 26.10.2017 bestellte der Testkäufer DD das verschreibungspflichtige Arzneimittel Ibuprofen 600. Hierzu versandte er die entsprechende ärztliche Verschreibung mit einem Freiumschlag der Beklagten und fügte einen Gutschein der Beklagten mit der Aufschrift „Rezept einsenden und 10,00 € sparen“ aus der Werbebeilage der yy Zeitung bei. Am 28.10.2017 erhielt er von der Beklagten das Arzneimittel mit einer „BB Vorteilsübersicht“, einer Rechnung sowie einer Rezeptkopie zur Vorlage bei der Krankenkasse übersandt. In der Rezeptkopie zur Vorlage bei der Krankenkasse ist der Preis für das Arzneimittel i.H.v. 12,32 € aufgeführt. In der Rechnung vom 27.10.2017 wird zunächst ebenfalls der Preis für das Arzneimittel i.H.v. 12,32 € aufgeführt. Anschließend werden 2,50 € als Verrechnungsvorteil sowie ein Gutscheinabzug i.H.v. 9,82 € ausgewiesen. Die Rechnung endet mit einem Zahlbetrag von 0,00 €. In der Vorteilsübersicht werden der Rezeptbonus von 2,50 € und der Gutschein i.H.v. 9,82 € aufgeführt. Wegen der Einzelheiten der von der Beklagten übersandten Unterlagen wird auf die Anlagen K 10-12 zur Klagschrift (Anlagenband I) Bezug genommen.

Am 26.10.2017 bestellte ferner der Testkäufer EE mit einem Freiumschlag der Beklagten das verschreibungspflichtige Antibiotikum Sobelin 300 mg. Das Antibiotikum traf am 04.11.2017 bei dem Testkäufer ein. Auch dieser Arzneimittellieferung waren neben der „Rezeptkopie zur Vorlage bei Ihrer Krankenkasse“, die einen Preis von 24,04 € auswies, eine Vorteilsübersicht, die einen Rezeptbonus von 2,50 € auswies und eine Rechnung vom 28.10.2017 beigefügt, die unter Verrechnung des Vorteils von 2,50 € einen Zahlbetrag i.H.v. 21,54 € auswies. Wegen der Einzelheiten der von der Beklagten übersandten Unterlagen wird auf die Anlagen K 13 bis K 15 zur Klagschrift (Anlagenband I) verwiesen.

Am 03.11.2017 bestellte der Testkäufer EE aufgrund der auf seinen Namen lautenden ärztlichen Verschreibung vom gleichen Tag nochmals das Arzneimittel Ibuprofen 600. Bei der Bestellung fügte er ein entsprechendes Formular der Beklagten bei, in welchem der Name seines Vaters DD eingetragen ist. Die Lieferung erfolgte am 07.11.2017. Der Lieferung waren wiederum eine Übersicht über das Kundenkonto, eine Rechnung und eine Rezeptkopie zu Vorlage bei der Krankenkasse beigefügt. In der Rezeptkopie für EE zur Vorlage bei der Krankenkasse ist der Gesamtbetrag für das Arzneimittel i.H.v. 12,32 € aufgeführt. Die an DD gerichtete Rechnung weist den Preis für das Arzneimittel i.H.v. 12,32 € aus. Abzüglich eines zu verrechnenden Vorteils i.H.v. 2,50 € endet die Rechnung mit einem Zahlbetrag von 9,82 €. Die an DD gerichtete Vorteilsübersicht weist auf Seite 1 als Vorteil der Bestellung den Rezeptbonus von 2,50 € aus. Auf Seite 2 der Vorteilsübersicht wird als Hauptbesteller DD mit verrechneten Vorteilen von 0,00 € aufgeführt; darunter wird EE mit einem verrechneten Vorteil von 2,50 € aufgeführt.

Die Arzneimittelkosten des Testkäufers EE erstattete zunächst der Klägervertreter.

Mit Schreiben vom 16.11.2017 und 02.03.2018 mahnte der Klägervertreter die Beklagte ab. Wegen der Einzelheiten der Abmahnungen wird auf die Anlagen K 23 und K 27 zur Klagschrift (Anlagenband I) Bezug genommen. Auf die Abmahnungen reagierte die Beklagte nicht.

Die durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren einschließlich der Kosten für die Testkäufe gemäß der Rechnung des Klägervertreters vom 04.12.2017 über 1390,22 € (Anlage K 25 zur Klagschrift/Anlagenband I) überwies der Kläger am 28.12.2017.

Der Kläger macht geltend, er sei Mitbewerber der Beklagten. Da den Patienten aus der Stadt und der Umgebung von ... durch die klägerische Apotheke und die Versandapotheke der Beklagten Arzneimittel angeboten würden, konkurrierten beide um den gleichen Kundenkreis auf demselben örtlichen/regionalen Markt und stünden dadurch in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis.

Der Kläger meint, ihm stünden Unterlassungsansprüche der streitgegenständlichen Handlungen gegen die Beklagte zu, da es sich um unzulässige geschäftliche Handlungen handele und aufgrund der fehlenden Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Gefahr der Wiederholung derartiger Wettbewerbsverletzungen anzunehmen sei.

So sei die Herausgabe inhaltlich unrichtiger Quittungen und Belege, die zur Täuschung von privaten Krankenversicherungen und Finanzbehörden geeignet seien, sowohl gemäß §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. den §§ 263 Abs. 1, 26, 27 StGB als auch nach § 3 Abs. 2 UWG unzulässig.

Durch die Herausgabe der unrichtigen Rezeptkopien werde zum Versicherungsbetrug angestiftet oder hierzu Beihilfe geleistet. Privatversicherte Patienten schlössen bei der Arzneimittelabgabe mit der jeweiligen Apotheke einen Kaufvertrag. Hierdurch würden sie selbst zur Leistung des vollen Arzneimittelpreises verpflichtet, könnten aber anschließend ihre Ausgaben bei ihrer Versicherung gegen Vorlage entsprechender Belege erstattet erhalten. Soweit eine vereinbarte Selbstbeteiligung noch nicht erreicht sei, dienten die Kaufbelege bei der Geltendmachung späterer Gesundheitskosten als Nachweis, die Selbstbeteiligung bereits erreicht zu haben. Durch die Einreichung der hierfür bestimmten Rezeptkopien gäben Privatpatienten gegenüber ihren Versicherungen die Erklärung ab, die darin ausgewiesenen Arzneimittelkosten bezahlt zu haben. Zugleich verschwiegen sie, dass sie tatsächlich weniger oder gar nichts bezahlt hätten. Die jeweilige Krankenversicherung erstatte infolge dieser Täuschung Arzneimittelkosten in unzutreffender Höhe und werde hierdurch entsprechend geschädigt. Privatversicherte Patienten, die so verführen, verwirklichten daher den Tatbestand des Betruges. Durch die Herausgabe dieser Rezeptkopien sei die Beklagte zumindest Teilnehmer an diesen Betrugshandlungen. Patienten, die erstmalig bei der Beklagten Arzneimittel bestellten und noch nicht wüssten, dass sie neben einer Rechnung auch die zur Täuschung geeigneten Rezeptkopien erhielten, würden durch deren Zusendung zum Versicherungsbetrug angestiftet. Gegenüber Patienten, die bereits Kunden der Beklagten seien und dort auch wegen der falschen Quittungen bestellten, werde durch die Herausgabe der falschen Rezeptkopien eine Beihilfehandlung verwirklicht. Diese Teilnahmehandlungen würden auch durch den oder die Verantwortlichen auf Seiten der Beklagten vorsätzlich vorgenommen. Insoweit reiche ein bedingter Vorsatz aus. Der Täter müsse den Erfolg nur billigen oder billigend in Kauf nehmen. 

Dabei genüge es, wenn der mögliche Erfolg dem Täter gleichgültig sei. Ein Indiz für die billigende Inkaufnahme eines strafrechtlichen Erfolges liege vor, wenn der oder die Täter von der Möglichkeit des Erfolgseintritts wüssten. Schon aufgrund des Urteils des Landgerichts Ravensburg vom 21.07.2016 sei der Beklagten vor Augen geführt worden, dass die missverständliche Gestaltung von Belegen zur Vorlage bei Krankenkassen und Krankenversicherungen sowie bei Finanzbehörden dazu geeignet sei, Dritte in die Irre zu führen und zur Anerkennung von Arzneimittelkosten zu bewegen, die tatsächlich nicht oder in dieser Höhe angefallen seien. Die Bezeichnung der Rezeptkopien belege, dass deren missbräuchliche Verwendung nicht unerwünscht sei. Ein objektiver Betrachter könne durch die Vorlage der Rezeptkopien ohne Kenntnis der Praxis der Beklagten nicht erkennen, dass es weitere Dokumente gebe, aus denen sich gegebenenfalls noch Rabatte ergäben. Die EDV-gestützte Anfertigung und Verbreitung der Dokumente spreche für einen planmäßigen Einsatz als zusätzlichen Kaufanreiz für die Patienten. Für einen zumindest bedingten Vorsatz spreche auch das Werbeversprechen der Beklagten, bei Rezepteinreichung und/oder Erstanmeldung einen Bonus zu gewähren, da eine solche Gewährung wegen der Besonderheiten des öffentlichen Gesundheitswesens in Deutschland bis auf wenige Ausnahmefälle nicht möglich sei. Für Privatpatienten biete ein Bonus in Gestalt eines Rabattes keinen Kaufanreiz, wenn auch die Erstattung durch die Versicherung geringer ausfalle oder ganz entfiele. Einen Bonus könne ein Privatpatient, dem die durch die Quittung nachgewiesenen Kosten vollständig ersetzt würden, nur dann erhalten, wenn dieser seine Krankenkasse mithilfe der Rezeptkopie täusche und mehr erstattet erhalte, als er verauslagt habe.

Bei den Vorschriften des Betruges handele es sich auch um gesetzliche Vorschriften, die dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Die Herausgabe der inhaltlich unrichtigen Rezeptkopien widerspräche auch der unternehmerischen Sorgfalt. Die Unterlagen begründeten zumindest die Gefahr der missverständlichen Betrachtung durch die Finanzämter im Rahmen der Prüfung als Abzugsposten wegen außergewöhnlicher Belastungen. Durch Vorlage der Rezeptkopien könnten Verbraucher ungerechtfertigt ihre Steuerlasten mindern. Die Handlung der Beklagten sei auch dazu geeignet, das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher wesentlich zu beeinflussen. Wie die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung gegenüber dem Oberlandesgericht Stuttgart selbst eingeräumt habe, sprächen Patienten darauf an, die angeblichen Gesundheitskosten in vollem Umfang gegenüber den Finanzbehörden geltend zu machen in der Hoffnung, höhere Arzneimittelkosten ersetzt und angerechnet zu erhalten als tatsächlich bezahlt worden seien.

Die kostenlose Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel sei ebenfalls unlauter. Die Beklagte verstoße sowohl gegen die nach § 78 AMG i.V.m. der AMPreisV festgesetzten einheitlichen Abgabepreise als auch gegen §§ 7 Abs. 1 S. 1, 10 Abs. 1, 11 HWG und damit gegen Rechtsvorschriften, die auch dazu bestimmt seien, im Interesse von Marktteilnehmern das Marktverhalten zu regeln. Die Handlung der Beklagten sei auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Die Festsetzung einheitlicher Arzneimittelpreise und deren Erstreckung auf ausländische Apotheken seien ungeachtet des Urteils des EuGH vom 19.10.2016 nicht europarechtswidrig. Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes habe mit Beschluss vom 22.08.2012 die Europarechtskonformität der einheitlichen Arzneimittelpreise zutreffend festgestellt. Die Regelung sei nach Art. 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt. Die Festschreibung einheitlicher Abgabepreise diene der Unterbindung eines ruinösen Wettpreiswettbewerbs unter den Apotheken und sichere hierdurch eine flächendeckende sowie gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung ab. Außerdem werde die Gefahr eines Fehl- und Mehrgebrauchs verschreibungspflichtiger Medikamente beseitigt. Das Urteil des EuGH könne diese Rechtsauffassung nicht erschüttern. 

So habe der EuGH bei seiner Entscheidung bereits übersehen, dass sich die Beklagte gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungen freiwillig dazu verpflichtet habe, die Arzneimittelpreisverordnung einzuhalten, als sie im Jahr 2010 dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V beigetreten sei. Die Ausübung dieses Wahlrechts und die freiwillige Unterwerfung unter die Arzneimittelpreisverordnung könnten, so auch das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht, nicht europarechtswidrig sein. Zudem habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass trotz der Entscheidung des EuGH die Europarechtswidrigkeit der deutschen Arzneimittelpreisbindung noch nicht feststehe. Die Feststellungen seien in einem anderen Verfahren nachzuholen und es sei zu prüfen, ob eine erneute Vorlage an den EuGH vorzunehmen sei. Außerdem müsse der Entscheidung des EuGH entgegengehalten werden, dass die Beklagte nicht nur Zuwendungen oder Rabatte gewähre, sondern inhaltlich falsche Unterlagen herausgäbe, mit denen Patienten Versicherungen, Sozialbehörden und Finanzbehörden täuschen könnten. Auch sei der EuGH von der falschen Prämisse ausgegangen, dass die Beklagte im Vergleich zu den in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassenen Apotheken, die vollumfänglich dem Deutschen Arzneimittel- und Apothekenrecht unterlägen, keinen Wettbewerbsnachteil, sondern vielmehr erhebliche Vorteile erlange. Sie könne Geld am Kapitalmarkt aufnehmen oder finanzstarke Investoren gewinnen. Hierdurch verfüge die Beklagte über ein Werbebudget, das traditionelle Apotheken nicht realisieren könnten. Die Beklagte sei auch in der Vergangenheit in der Lage gewesen, durch Ihr Franchise-Netzwerk in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen Vor-Ort-Apotheken Patienten anzusprechen. Darüber hinaus vertreibe sie neben Arzneimitteln auch selbst hergestellte Nahrungsergänzungsmittel, wodurch ihr Möglichkeiten der Markenbildung und Absatzmöglichkeiten eröffnet würden, die traditionellen Apotheken nicht zur Verfügung stünden.

Die kostenlose Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel verstoße außerdem gegen § 7 Absatz 1 S. 1, 1. HWG. Die kostenlose Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel sei das Ergebnis einer produktbezogenen Werbung, die der Kontrolle durch das Heilmittelwerbegesetz unterliege. Da die Beklagte Einkaufsvorteile anbiete, die dazu führten, dass privatversicherte Erstbesteller ein Arzneimittel unter einem Verkaufspreis von 12,50 € kostenlos erhalten könnten, liege ein Produktbezug vor, auch wenn sich dieser Vorteil abstrakt auf das gesamte Sortiment an verschreibungspflichtigen Arzneimitteln beziehe. Von dem Begriff der Werbegabe im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes würden auch Rabatte erfasst. Die Ausnahmetatbestände erlaubten auch lediglich prozentuale Nachlässe oder betragsmäßige Nachlässe auf den Normalpreis. Eine gänzlich kostenlose Abgabe eines Heilmittels sei unzulässig. Außerdem seien die in den Ausnahmetatbeständen des § 7 Abs. 1 S. 1, 2. HS Nr. 1 und 3 HWG enthaltenen Geringwertigkeitsgrenzen auf die Gewährung von Rabatten analog anzuwenden.

Soweit die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes europarechtswidrig seien entstünde eine nicht beabsichtigte und nicht hinnehmbare Regelungslücke in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG, die sachgerecht nur durch die Übertragung der Geringwertigkeitsgrenzen geschlossen werden könne.

Da die Boni der Beklagten eine produktbezogene Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel darstellten, seien diese auch nach § 10 Abs. 1 HWG unzulässig, das darin verankerte Werbeverbot sei europarechtskonform; es setze das gleichlautende Verbot des Art. 88 Abs. 1a GK zutreffend um. Die kostenlose Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel sei zudem nach § 11 Abs. 1 Ziffer 14 HWG unzulässig.

Mit der Ausstellung personenübergreifender Kundenkonten verstoße die Beklagte ferner gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, die gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 3a UWG seien. Bei der Verwendung des Kundenkontos finde eine Datenverarbeitung statt. Die im Kundenkonto als Hauptbesteller benannte Person erfahre, dass neben ihr auch andere Personen Patienten der Beklagten seien. Der werbende Charakter zur Arzneimittelbestellung ergebe sich aus einer Gesamtbetrachtung des personenübergreifenden Kundenkontos mit dem Versprechen der Beklagten, nicht aufgebrauchte Boni dem Kundenkonto gutschreiben zu lassen. Nicht aufgebrauchte Boni stünden auch den anderen Personen zur Verfügung, wodurch diese motiviert würden, ihrerseits Arzneimittel bei der Beklagten zu bestellen, um das Guthaben zu nutzen. Die Nutzung der personenbezogenen Daten zum Zwecke der Werbung sei ohne Einwilligung der Betroffenen nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht zulässig. Eine entsprechende Einwilligung liege hier nicht vor. Sie liege auch nicht in der Aushändigung eines Rezeptes an einen anderen Patienten mit der Bitte, dieses an die Versandapotheke der Beklagten zuzusenden. Bei der insoweit streitgegenständlichen Bestellung vom 03.11.2017 sei auch nur versehentlich der Vorname des Vaters eingetragen worden.

Die Ausstellung personenübergreifender Kundenkonten verstoße zugleich gegen die unternehmerische Sorgfalt. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften seien auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, an nicht gesetzliche versicherte Endverbraucher in Deutschland

a. zur Vorlage bei den Privaten Krankenversicherungen geeignete Unterlagen über Arzneimittelkosten auszustellen, die von den Endverbrauchern tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe geleistet würden, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 12,

b. verschreibungspflichtige Arzneimittel kostenlos abzugeben,

c. personenübergreifende Kundenkonten auszustellen, in denen neben den Daten der Adressaten auch die weiterer Patienten/ Familienangehöriger ohne weitere Einwilligung verarbeitet und wiedergegeben werden, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 18,

2. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren anzudrohen,

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag i.H.v. 1.173,26 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dem Kläger stünden weder Unterlassung- noch Kostenerstattungsansprüche zu.

Zwischen den Parteien bestehe schon kein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Ein sachlicher Bezug liege lediglich zum Landgerichtsbezirk Leipzig vor, da dort die Testkäufer wohnten und die streitgegenständlichen Testkäufe vorgenommen hätten.

Die Beklagte beruft sich im Rahmen der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel und der Gewährung von Rezeptboni an deutsche Kunden auf das Urteil des EuGH vom 19.10.2016. Der EuGH habe entschieden, dass die Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken - wie die Beklagte - einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die europäische Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34, 36 AEUV darstelle. Die Preisbindung sei mithin auf die Beklagte nicht anwendbar.

Der von der Beklagten gewährte Rezeptbonus diene entsprechend den Ausführungen des EuGH der Kompensation des Aufwandes und der Unannehmlichkeiten, welche der Kunde im Zusammenhang mit der Einreichung der Rezepte bei der Beklagten in Kauf nehmen müsse und gleiche so den Wettbewerbsnachteil der Beklagten aus. Dass die Beklagte ihren Kunden einen Rezeptbonus gewähre und diesen mit dem Rechnungsbetrag verrechne, sei den Privaten Krankenversicherungen zumindest seit dem EuGH-Urteil bekannt. Die Privaten Krankenversicherungen hätten auch seit dem EuGH-Urteil in keinem Fall von der Beklagten verlangt, den gewährten Rezeptbonus auf der Rezeptkopie auszuweisen.

Ein strafrechtlich relevantes Verhalten sei nicht ersichtlich. Die Privaten Krankenversicherungen erlitten auch keinen Vermögensnachteil, weil die gewährten Rezeptboni den privatversicherten Kunden der Beklagten zustünden und nicht der Privaten Krankenversicherung. Auch das Landgericht Stuttgart habe in seinem Urteil vom 03.05.2018 (Anlage B 1) festgestellt, dass ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Beklagten nicht festzustellen sei. Dieser Entscheidung sei zuzustimmen. Außerdem scheitere eine Teilnahmehandlung der Beklagten daran, dass die Beklagte ihre privat krankenversicherten Kunden einfach und nachvollziehbar darüber informiere, dass und in welcher Höhe sich der Kaufpreis der Arzneimittel zu Gunsten des Kunden reduziert habe. Zudem liege kein Anstifter- oder Gehilfenvorsatz vor. Die Beklagte müsse nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde seiner Privaten Krankenversicherung die Rezeptkopie vorlege, ohne seiner Krankenversicherung gleichzeitig auch die Kundenkontoübersicht zur Verfügung zu stellen bzw. die dort aufgeführten Vorteile mitzuteilen. 

Die von der Beklagten den privatversicherten Kunden zur Verfügung gestellten Unterlagen seien nicht inhaltlich falsch. Sie verleite ihre privatversicherten Kunden auch nicht dazu und leiste ihnen keine Beihilfe, die zur Verfügung gestellten Unterlagen gegenüber den Privaten Krankenversicherungen rechtsmissbräuchlich einzusetzen. Jedem rechtmäßig in Verkehr gebrachten Gegenstand könne unterstellt werden, er könne für rechtswidrige Zwecke missbraucht werden. Soweit der Kunde seiner Privaten Krankenversicherung nur die Rezeptkopie vorlege, könne dies nicht der Beklagten angelastet werden. Dieser obläge keine Aufklärungspflicht über den gewährten Vorteil. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, dafür Sorge zu tragen, dass ihre privatversicherten Kunden im Interesse der Privaten Krankenversicherungen handelten. Gleiches gelte im Hinblick auf etwaige Angaben der Kunden der Beklagten gegenüber den nationalen Steuerbehörden. Dass die Rezeptkopie zur Vorlage bei der Krankenkasse auf einem gesonderten Blatt überreicht werde, sei in Ansehung der Vorteilsübersicht und Rechnung unverfänglich. Es gebe keinen Grund, ausschließlich auf das Papier abzustellen, auf dem die Rezeptkopie abgedruckt sei. Da der Rezeptbonus den Wettbewerbsnachteil der Beklagten ausgleichen solle, sei es der Beklagten unzumutbar, den Rezeptbonus auf den an den Privatversicherten überlassenen Unterlagen noch deutlicher herauszustellen. Würde man von der Beklagten verlangen, die gewährten Rezeptboni auf den Rezeptkopien zu vermerken, würde dies aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Privaten Krankenversicherungen dem Versicherten nur den um den Rezeptbonus verminderten Betrag erstatten würden, wodurch der Wettbewerbsnachteil wieder aufleben und das EuGH-Urteil konterkariert würde. Es bestehe mithin ein schützenswertes Interesse der Beklagten daran, den gewährten Rezeptbonus nicht auf der Rezeptkopie zu vermerken.

Die Beklagte habe entgegen der Meinung des Klägers auch keine verschreibungspflichtigen Arzneimittel kostenlos an Endverbraucher abgegeben. Sie habe lediglich von dem ursprünglichen Preis des Arzneimittels den Rezeptbonus von 2,50 € sowie anteilig 9,82 € von einem Gutschein, nämlich hier einem Neukundengutschein für die Erstbestellung, abgezogen. Allein aufgrund der vorgenommenen Verrechnungen habe sich ein Zahlbetrag i.H.v. 0,00 € ergeben. Auch in diesem Zusammenhang sei das Urteil des EuGH zu berücksichtigen und der Rezeptbonus nicht zu beanstanden.

Der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V trage zu keiner anderslautenden Auslegung des EuGH-Urteils bei. Hierbei handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit hoheitlichem Charakter, der einen öffentlich-rechtlichen Anspruch des Apothekers auf Vergütung gegen die Krankenkasse begründe. Selbst wenn hierdurch die Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung auch auf EU-ausländische Versandapotheken festgeschrieben werden könne, stelle dies eine nicht zu rechtfertigende Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Artikels 34 AEUV dar. Unter dem Vorwand des Rahmenvertrages dürften ausländische Apotheken nicht dazu gezwungen werden, sich ihrer Wettbewerbsvorteile zu begeben, die aus der Nichtanwendbarkeit deutschen Preisrechts folgten. Auch der Rahmenvertrag sei europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass im EU-Ausland ansässige Apotheken im grenzüberschreitenden Versandhandel Boni gewähren dürften. Es sei gerade Kern der EuGH-Entscheidung, dass die Boni EU-ausländischer Versandapotheken gemeinschaftskonform seien und entgegenstehende nationale Vorschriften auf den grenzüberschreitenden Versandhandel nicht anwendbar seien. Zudem stelle der Rahmenvertrag mangels normativer Verbindlichkeit der Vertragspartner, des Spitzenverbandes des Bundes der Krankenkassen sowie des Deutschen Apothekerverbandes, keine Marktverhaltensregel dar.

Die Feststellungen des EuGH seien entgegen der Meinung des Klägers ausreichend und zutreffend. Das Urteil wirke im Übrigen inter omnes.

Zudem habe der bundesdeutsche Gesetzgeber nach wie vor keine validen Nachweise dazu erbracht, die die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preisbindung stützen könnten. Eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung der Arzneimittelversorgung sei bereits in Betracht des von dem Kläger selbst vorgetragenen Anteils des Arzneimittelversandhandels von 1,3 % nicht ersichtlich. Dies ergebe sich auch aus dem von dem BMWi in Auftrag gegeben Honorargutachten vom 27.11.2017 (Anlage B 6). Aus dem Gutachten lasse sich vielmehr herleiten, dass der Arzneimittelversandhandel eine sinnvolle Ergänzung des stationären Handels darstelle.

Ebensowenig sei ein Verstoß gegen § 7 HWG oder § 10 HWG zu erkennen. Es liege keine Heilmittelwerbung vor. Bei der Gewährung von Einkaufsgutscheinen handele es sich nicht um eine produktbezogene Absatzwerbung, sondern um eine unternehmensbezogene Imagewerbung. Außerdem sei § 7 HWG unter Anwendung der RL 2001/83 EG als europarechtswidrig anzusehen. Zumindest sei die Vorschrift in Ansehung des EuGH-Urteils europarechtskonform einzuschränken. Gleiches gelte für § 11 HWG.

Ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften komme schon deshalb nicht in Betracht, weil EE sein Rezept DD willentlich übergeben habe, damit dieser das Rezept bei der Beklagten einsende. Er habe daher darin eingewilligt, dass dieser das Rezept einsehe. Vor diesem Hintergrund sei die Übersendung der Detailübersicht nicht verwerflich, zumal es sich bei den Testkäufern offenbar um in einer Gemeinschaftspraxis tätige Ärzte handele, die der ärztlichen Schweigepflicht unterlägen.

Das Datenschutzgesetz stelle auch kein Schutzgesetz im Sinne von § 3 a UWG dar.

Die Abmahnung sei unberechtigt, so dass die Kosten auch nicht erstattungspflichtig seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 15.11.2018 hat sich das Landgericht Leipzig - Kammer für Handelssachen - für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das Landgericht Stendal - Kammer für Handelssachen - verwiesen (02 HK O 556/18).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem im Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.

A. Zulässigkeit

I.

Das angerufene Gericht ist international zuständig.

Nach Art. 5 Abs. 1 EuGVVO in der aktuellen Fassung (Brüssel-Ia-Verordnung) können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben, vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaates gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.

Gemäß Art. 7 Ziffer 2 EuGVVO kann demgemäß eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.

Begehungsort in diesem Sinn ist bei Wettbewerbsverletzungen als unerlaubte Handlungen sowohl der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (Handlungsort) als auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges (Erfolgsort). Der Kläger hat die Wahl, den Beklagten vor dem Gericht eines der beiden Orte zu verklagen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 37. Aufl. 2019, Einleitung UWG Anmerkung 5.46 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ort der Einwirkung auf die inländischen Mitbewerber durch die von dem Kläger behauptete Wettbewerbsverletzungen der Beklagten liegt in der Bundesrepublik Deutschland.

II.

Die nationale örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts beruht auf § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO.

Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Leipzig vom 15.11.2018, mit welchem sich dieses für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stendal verwiesen hat, ist bindend. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Verweisung fehlt auch nicht jegliche rechtliche Grundlage, so dass sie auch nicht objektiv willkürlich erscheint.

B. Begründetheit

I.

Nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO ist das Recht des Staates anwendbar, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehung beeinträchtigt worden ist. Demgemäß ist das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland maßgebend.

II. Klagantrag zu 1.a.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG ein Anspruch auf Unterlassung zu, dass die Beklagte an nicht gesetzlich Versicherte Endverbraucher in Deutschland zur Vorlage bei den privaten Krankenversicherungen geeignete Unterlagen über Arzneimittelkosten ausstellt, die von den Endverbrauchern tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe geleistet wurden, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 12.

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt.

Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig.

1.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3a UWG).

Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift

Durch Vorlage einer Rezeptkopie zur Vorlage bei der Privaten Krankenkasse ohne gleichzeitigen Ausweis der verrechneten Vorteile und des tatsächlich gezahlten Betrages (Anlage K 12) entsprechend der Vorteilsübersicht sowie der gelegten Rechnung (Anlagen K 10 bis K 11) begeht der privatversicherte Patient einen Betrug zulasten seiner Krankenversicherung.

Nach § 263 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Der Versuch ist nach § 263 Abs. 2 StGB strafbar.

(a.) Täuschung über Tatsachen

Die Rezeptkopie zur Vorlage bei der Krankenkasse nebst Ausweis des Preises i.H.v. 12,32 € ist als solche zutreffend. Sie erweckt aber den Eindruck, dass der Betrag auch tatsächlich gezahlt worden ist. Erst aus der Vorteilsübersicht ergibt sich ein Gesamtvorteil von 12,32 € und aus der Rechnung ein Zahlbetrag i.H.v. 0,00 €. Der in der Rezeptkopie ausgewiesene Preis für das Arzneimittel in Höhe von 12,32 € wurde tatsächlich nicht gezahlt.

(b.) Irrtum

Dieser muss durch die Täuschung erregt oder unterhalten werden. Nach h.M. genügt jeder Widerspruch zwischen einer Vorstellung und der Wirklichkeit vgl. nur Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 263 Rn. 53 u. 54).

Die Private Krankenkasse geht aufgrund der vorgelegten Rezeptkopie davon aus, dass der Versicherungsnehmer den Preis für das Arzneimittel i.H.v. 12,32 € gezahlt hat.

Tatsächlich hat der Versicherungsnehmer/Testkäufer hier 0,00 € von 12,32 € gezahlt.

(c.) Vermögensverfügung

Verfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt (Fischer, a.a.O., § 263 Rn. 70).

Die Private Krankenkasse erstattet aufgrund des Versicherungsvertrages den von der Beklagten bescheinigten Preis für das Arzneimittel i.H.v. 12,32 € an den Versicherungsnehmer.

(d.) Vermögensschaden

Eine Vermögensbeschädigung erfordert eine Wertminderung des Vermögens;

diese muss die unmittelbare Folge der Vermögensverfügung sein (Fischer, a.a.O., § 263 R. 88).

Bei der Krankheitskostenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonstige vereinbarte Leistungen zu erstatten (§ 192 Abs. 1 VVG).

Aufwendungen sind Entgelte, die der Versicherungsnehmer aufgrund von Verträgen zu bezahlen hat, die im Hinblick auf die Heilbehandlung geschlossen worden sind (vgl. BGHZ 70, 158, 160).

Nachlässe sind abzuziehen (Voit in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 192 Rn. 118). Der Versicherungsschutz erstreckt sich nur auf die vom Versicherungsnehmer tatsächlich erbrachten Aufwendungen, so dass Preisnachlässe (des behandelnden Arztes) die Leistungspflicht des Versicherers mindern. Lediglich in dieser Höhe ist dem Versicherungsnehmer aus der Heilbehandlung ein Schaden entstanden (OLG Nürnberg Urteil vom 09.04.1987 - 8 U 3533/86 -).

Im Gegensatz zu dem Prinzip der abstrakten Bedarfsdeckung, das nach dem Gesetz bei der Lebensversicherung, der Unfallversicherung sowie bei anderen Arten der Personenversicherung vorkommt, gilt bei der privaten Krankenversicherung, soweit es sich um eine Krankheitskostenversicherung handelt, der Grundsatz der konkreten Bedarfsdeckung. Die Leistung des Versicherers wird also durch die Höhe des Schadens bestimmt und begrenzt. Ersetzt wird lediglich der letztlich tatsächlich entstandene Vermögensschaden des Versicherungsnehmers (Anmerkung zum Urteil des OLG Nürnberg).

Aus der Rechtsnatur der Krankenversicherung als Passivenversicherung ergibt sich dabei, dass der Versicherer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet ist, die dem Versicherungsnehmer aus berechtigten Ansprüchen der Behandler entstanden sind (so OLG Hamm Beschluss vom 12.04.2017 - I- 20 U 10/17 - Rn. 11 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung; OLG Karlsruhe Urteil vom 21.11.2006 - 12 U 38/06 -).

Auch aus dem Sinn und Zweck der Krankenversicherung folgt, dass sich der Versicherungsnehmer Vorteile, die er durch (nachträgliche) Preisnachlässe erlangt hat, auf seinen gegen die Krankenversicherungen bestehenden Erstattungsanspruch anrechnen lassen muss. Die Krankenversicherung soll nicht den eigentlichen Schädiger freistellen, sondern ein Risiko abdecken. Naturgemäß entfällt deshalb hier die Entschädigungspflicht des Versicherers in Höhe des erlangten Vorteils, da durch diesen das abzudeckende Risiko gemindert worden ist (Anmerkung zum Urteil des vorgenannten OLG Nürnberg; anderer Ansicht Landgericht Stuttgart Urteil vom 26.04.2018 - Anl. B 1 -).

Für das Arzneimittel hat der Versicherungsnehmer keine Aufwendungen gehabt. Aufgrund der Bescheinigung der Beklagten zur Vorlage bei der Krankenkasse zahlt die Versicherung den Preis für das Arzneimittel aus. In Höhe der erstatteten, tatsächlich nicht geleisteten Aufwendungen entsteht der Privaten Krankenkasse ein entsprechender Vermögensschaden.

(e.) Stoffgleichheit

Es besteht auch die erforderliche Stoffgleichheit zwischen dem erstrebten Vermögensvorteil und Schaden, d.h. dieselbe Vermögensverfügung der getäuschten Privaten Krankenversicherung, die der Versicherungsnehmer, um sich zu bereichern, veranlasst, führt den Vermögensschaden unmittelbar herbei (vgl. zur Stoffgleichheit nur Fischer, a.a.O., § 263 Rn. 187 m.w.N.).

(f.) Vorsatz:

Der Vorsatz erfordert das Bewusstsein, durch die Täuschung einen Irrtum hervorzurufen, ferner muss der Täter die vorgespiegelte Tatsache für unwahr halten; darüber hinaus soll gerade durch die Irrtumserregung eine Vermögensverfügung des Getäuschten und dadurch eine unmittelbare Vermögensbeschädigung hervorgerufen werden. Hierbei muss der Täter die wesentlichen Umstände erkennen; auf Einzelheiten braucht sich der Vorsatz nicht zu erstrecken. Der Täter muss ferner das Bewusstsein haben, dass er auf den angestrebten Vermögensvorteil kein Recht hat (Fischer, a.a.O., § 263 Rn. 180 ff). In jeder Hinsicht genügt bedingter Vorsatz (Fischer, a.a.O., § 263 Rn. 180).

Mit der Vorlage der Rezeptkopie bei der Privaten Krankenversicherung durch den privatversicherten Patienten ohne weitere Hinweise auf Verrechnungen von Vorteilen oder Boni nimmt der Versicherungsnehmer einen Irrtum der Krankenversicherung zumindest billigend in Kauf. Ihm ist dabei auch bewusst, eine entsprechende Auszahlung der Krankenversicherung zu erhalten, auf die er mangels entsprechender Aufwendungen keinen Anspruch hat.

(g.) Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen

Es muss dem Täter darauf ankommen, den Vermögensvorteil zu erlangen, Motiv oder letzter Zweck braucht er hingegen nicht zu sein (Fischer, a.a.O., § 263, Rn. 190 ff.).

Durch die Vorlage der Rezeptkopie ohne weitere Hinweise etwaiger Vorteile kommt es dem Versicherungsnehmer auch darauf an, in Höhe der entsprechenden Rabatte und Boni einen Vermögensvorteil zu erlangen.

Im vorliegenden Fall sind jedoch aufgrund der Testkäufe die vorgenannten objektiven Tatbestandsmerkmale des Betruges sind nicht verwirklicht. Vollendet ist der Betrug erst mit dem mindestens teilweisen Eintritt eines Vermögensschadens, an dem es hier fehlt.

Es kommt also daher nur ein versuchter Betrug in Betracht.

Der Versuch erfordert die Vornahme einer auf Täuschung und der Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale abzielenden, aber nicht zum Erfolg gelangenden Handlung.

Eine Teilnahme ist möglich.

Anstiftung § 26 StGB:

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt.

(a.) Bestimmen:

Ein Bestimmen setzt voraus, dass in dem Täter der Entschluss zur Tat durch irgendeine dafür ursächliche Anstiftungshandlung hervorgerufen wird (BGHSt 9, 370, 379). Dies ist auch möglich, falls der Täter nur ganz allgemein zu derartigen Taten bereit ist (Fischer, a.a.O., § 26 Rn. 4).

Mit der Übersendung der Bescheinigung schafft die Beklagte bewusst den Anreiz für den Versicherungsnehmer, der Privaten Krankenversicherung nur diese Bescheinigung, nicht aber auch zugleich die separate Vorteilsübersicht mit vorzulegen.

(b.) Vorsatz:

Der Täter muss wissen, dass und wozu er bestimmt; bedingter Vorsatz genügt.

(a) Der Anstiftervorsatz muss sich auf eine bestimmte Haupttat beziehen. Er muss hierbei eine, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, aber doch in den wesentlichen Merkmalen und Grundzügen konkretisierte Haupttat vor Augen haben im Sinne eines umrisshaften Tatbildes, in dem auch einzelne individualisierende Merkmale fehlen können (Fischer, a.a.O., § 26 Rn. 8).

(b) Der Anstifter muss alle Umstände kennen, welche die Tat des Täters zu einer rechtswidrigen machen (Fischer, a.a.O., § 26 Rn. 10).

Durch die Vorlage der Bescheinigung weiß die Beklagte, dass die Bescheinigung auch ohne weitere Vorlage der Vorteilsübersicht sowie der Rechnung zu einer Erstattung des Preises führen kann, auf die der Käufer und Versicherungsnehmer tatsächlich keinen Anspruch hat.

Die Anstiftung ist aber akzessorisch zur Haupttat. Zu einem versuchten Betrug zu Lasten der Versicherung ist es im Rahmen der hier streitgegenständlichen Testkäufe nicht gekommen.

Die versuchte Anstiftung zu einem Betrug, einem Vergehen, ist nicht strafbar (§ 30 Abs. 1 S. 1, 12 Abs. 2 StGB; vgl. hierzu auch Brandenburgisches Oberlandesgericht Urteil vom 15.09.2009 - 6 U 80/08 -).

Beihilfe (§ 27 StGB)

Beihilfe ist die dem Täter vorsätzlich geleistete, für die Begehung einer rechtswidrigen Tat kausale Hilfe.

Der Gehilfe muss das Zustandekommen der Haupttat wollen. Die Hilfeleistung braucht jedoch für den Taterfolg nicht ursächlich zu sein; sie muss aber die den Tatbestand verwirklichende Handlung des Täters erleichtert oder gefördert haben (Fischer, a.a.O., § 27 Rn. 14).

1Die Beihilfe braucht nicht zur Ausführung der Tat selbst geleistet zu werden. Es genügt schon die Hilfe bei einer vorbereitenden Handlung oder zu einer Zeit, zu der der Täter noch nicht zur Tat entschlossen ist (Fischer, a.a.O., § 27 Rn. 5).

Der Gehilfe muss die Handlung des Täters fördern und damit zur Tatbestandsverwirklichung beitragen wollen. Von deren Einzelheiten braucht er aber keine Vorstellung zu haben. Der bedingte Vorsatz ist nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil sich der Gehilfe von der Haupttat bewusst distanziert hat (Fischer, a.a.O., § 27 Rn. 22 und 23).

Beihilfe durch Tat kann daher schon begehen, wer dem Täter ein entscheidendes Tatmittel willentlich an die Hand gibt und damit bewusst das Risiko erhöht, dass eine durch dessen Einsatz typischerweise geförderte Haupttat verfügt wird (BGH Urteil vom 18.4.1996 - 1 StR 14/96 - zit. n. juris). Ein besonderes Interesse an der Tat braucht der Gehilfe nicht zu haben. Es ist sogar gleichgültig wenn er das Unternehmen an sich missbilligt. Sein Vorsatz kann auch bedingt sein (Fischer, a.a.O., § 27 Rn. 22 und 23).

Durch die Vorlage einer Bescheinigung, die die tatsächlichen Aufwendungen des Versicherungsnehmers nicht ausweist bzw. nicht auf eine solche Vorteilsübersicht oder Verrechnung entsprechender Vorteile verweist, kommt eine Beihilfe der Beklagten zu einer Betrugshandlung des Käufers zu Lasten dessen Privatversicherung in Betracht. Der entsprechende Gehilfenvorsatz der Beklagten wird belegt durch ihren eigenen Vortrag in der Klageerwiderung, nach welchem die Privaten Krankenversicherungen dem jeweiligen Versicherten nur den um den Rezeptbonus verminderten Betrag erstatten würden, wenn die gewährten Rezeptboni auf den Rezeptkopien vermerkt würden.

Aber auch die Beihilfe ist akzessorisch. Das heißt die Haupttat muss zumindest in Versuchsform begangen worden sein. Dies ist aber bei den hier vorliegenden Testkäufen nicht der Fall. Der Versuch beginnt erst mit der Vorlage der Bescheinigung durch den Versicherungsnehmer bei seiner Privaten Krankenversicherung.

Eine Beihilfe zu einer noch straflosen Vorbereitungshandlung ist ebenfalls nicht strafbar. Gleiches gilt für eine versuchte Beihilfe zu einem Vergehen, hier des Betruges.

Ein Verstoß der Beklagten gegen § 263 StGB in Verbindung mit den §§ 26, 27 StGB scheidet daher bei den hier streitgegenständlichen Testkäufen aus.

2. Unlauterkeit gemäß § 3 Abs. 2 UWG

Gemäß § 3 Abs. 2 UWG sind ferner geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

Beurteilungsmaßstab ist hiernach die unternehmerische Sorgfalt.

Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Ziffer 7 UWG bedeutet unternehmerische Sorgfalt im Sinne des UWG der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält.

Der Begriff ist richtlinienkonform am Maßstab des Art. 2 lit. h UGP-RL sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH auszulegen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 37. Aufl. 2019 § 2 UWG Rn. 130).

Maßgebend ist insoweit, welches Verhalten der (Durchschnitts-)Verbraucher vom Unternehmer berechtigterweise unter den gegebenen Umständen erwarten darf (vergleiche EuGH Urteil vom 07.09.2016 - C-310/15 - Rn. 34 - zit. n. juris).

Nach dem Urteil des EuGH vom 19.10.2016 - C-148/15 - (zitiert nach juris) ist es zwar zum Ausgleich des angenommenen Wettbewerbsnachteils ausländischer Versandapotheken zulässig, dass die Beklagte Rabatte/Nachlässe auf die in der Bundesrepublik Deutschland der Preisbindung unterliegenden verschreibungspflichtigen (Human-)Arzneimittel gewährt. In seiner Entscheidung vom 19.10.2016 hat der EuGH ausdrücklich ausgeführt, dass traditionelle Apotheken grundsätzlich besser als Versandapotheken in der Lage seien, Patienten durch Ihr Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Da die Versandapotheken mit ihrem eingeschränkten Leistungsangebot eine solche Versorgung nicht angemessen ersetzen könnten, sei davon auszugehen, dass der Preiswettbewerb für sie ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein könne als für traditionelle Apotheken, weil von ihm abhänge, ob sie einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt fänden und auf diesem konkurrenzfähig blieben. Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise wirke sich daher auf in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Apotheken stärker aus als auf im deutschen Hoheitsgebiet ansässige Apotheken. Vor diesem Hintergrund stellten sich einheitliche Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Art. 34 AEUV dar, ohne dass eine Rechtfertigung nach Art. 36 AEUV bewiesen sei.

Darum geht es aber im Zusammenhang mit der Vorlage der hier streitgegenständlichen Rezeptkopien der Beklagten nicht. Diese bieten erkennbar einen Anreiz zur Erlangung von Vorteilen auf Kosten Dritter.

Die Rezeptkopie zur Vorlage bei der privaten Krankenversicherung ohne Verweis oder Zusatz, der auf eine Verrechnung hinweist, ist auch nach dem Vorbringen der Beklagten geeignet, den Versicherungsnehmer zu veranlassen, den Vorteil nicht an den Versicherungsnehmer weiterzugeben. Das Bestehen der Möglichkeit von Missbräuchen ist ausreichend, einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfalt anzunehmen (Urteil des LG Ravensburg, Anl. K 3; OLG Stuttgart GRUR 2017, 246; Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 37. Aufl. 2019, § 3 Rn. 3.35).

Auch im Lichte des EuGH-Urteils vom 19.10.2016 sowie der unionsrechtlichen Vorgaben ist keine andere Betrachtung veranlasst.

3. Wiederholungsgefahr

Die Wiederholungsgefahr wird durch den Eingriff indiziert (Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 37. Auflage 2019, § 8 Rn. 1.42 ff).

4. Gläubiger des Abwehranspruchs

Der Kläger ist auch Mitbewerber gemäß § 8 Abs. 3 Ziffer 1 UWG.

Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.

Unionsrechtlich sind Unternehmen Mitbewerber, wenn die von ihnen auf dem Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder zumindest ein Teil von ihnen in allgemeiner Weise in gewissem Grad substituierbar sind. Davon ist auszugehen, wenn sie in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können. Hierfür müssen zusätzlich zu einer abstrakten Beurteilung der Warengattungen auch die konkreten Merkmale der beworbenen Produkte, die konkrete Werbung und die Möglichkeit einer Änderung der Verbrauchergewohnheiten berücksichtigt werden (vgl. nur Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. 2019, § 2 UWG Rn. 91).

Durch den Kläger und die Beklagte finden ein Absatz gleichartiger Waren innerhalb desselben Endabnehmerkreises und damit ein Substitutionswettbewerb auf demselben Markt statt.

Der Kläger und die Beklagte bieten privatversicherten Patienten verschreibungspflichtige Arzneimittel an. Der Kläger betreibt eine Apotheke in ... . Die Beklagte betreibt einen Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Zwar ist die Bestellung und Lieferung der Arzneimittel an Kunden in Leipzig erfolgt. Für die Beurteilung des Wettbewerbsverhältnisses ist jedoch die Geschäftstätigkeit des angegriffenen werbenden Unternehmens, mithin der Beklagten maßgebend (BGH Urteil vom 11.7.1996 - I ZR 79/94 - zit. n. juris; Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 37. Auflage 2019, § 2 Rn. 108c und § 8 Rn. 3.40).

Aufgrund der bundesweiten Werbung und Tätigkeit der Beklagten wird daher das gesamte Bundesgebiet erfasst, so dass auch in räumlicher Hinsicht ein Wettbewerbsverhältnis besteht.

III. Klageantrag zu 1b

Dem Kläger steht jedoch gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung zu, dass die Beklagte an nicht gesetzlich versicherte Endverbraucher in Deutschland verschreibungsmittelpflichtige Arzneimittel kostenlos abgibt (§ 8 Abs. 1 S. 1 i.V.m. den §§ 3 Abs. 1, 3a UWG).

Voraussetzung ist auch hier, dass eine Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift vorliegt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Es fehlt insoweit an einem Verstoß der Beklagten gegen eine gesetzliche Vorschrift.

1. Verstoß gegen § 78 AMG in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung

Nach § 78 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Preisspannen für Arzneimittel, die im Großhandel oder in Apotheken im Wiederverkauf abgegeben werden festzusetzen. Die Arzneimittelpreisverordnung, die aufgrund von S. 1 erlassen worden ist, gilt nach § 78 Abs. 1 S. 4 AMG auch für Arzneimittel, die gemäß § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, mithin für den Versand von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten der EU.

In seinem Urteil vom 19.10.2016 hat der EuGH ausdrücklich festgestellt, dass eine nationale Regelung, die vorsieht, dass für verschreibungspflichtige (Human-)Arzneimittel einheitliche Abgabepreise festgesetzt werden, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV darstellt, da sie sich auf die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken stärker auswirkt als auf die Abgabe solcher Arzneimittel durch die im Inland ansässigen Apotheken. Ferner hat der EuGH ausgeführt, dass eine nationale Regelung, die vorsieht, dass für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festgesetzt werden, nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden kann, da sie zur Erreichung dieser Ziele nicht geeignet ist.

Zur Begründung hat der EuGH auf den freien Warenverkehr als elementarem Grundsatz des AEU-Vertrages, der in dem Verbot mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung in Art. 34 Buchst. AEUV seinen Ausdruck findet, sowie auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen, nach welcher das in Art. 34 AEUV aufgestellte Verbot von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen jede Maßnahme der Mitgliedstaaten erfasst, die geeignet ist, die Einfuhren zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (Urteil vom 19.10.2016 - C-148/15 - Rn. 22 mit weiteren Nachweisen - zitiert nach juris).

Zum deutschen Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln hat der EuGH entschieden, dass ein solches Verbot außerhalb Deutschlands ansässige Apotheken stärker als Apotheken in Deutschland beeinträchtigt. Auch wenn ein solches Verbot den inländischen Apotheken ein zusätzliches oder alternatives Mittel des Zugangs zum deutschen Markt der Endverbraucher von Arzneimitteln nehme, verbleibe diesen - so der EuGH - die Möglichkeit, Arzneimittel in ihren Apotheken zu verkaufen. Für nicht im deutschen Hoheitsgebiet ansässige Apotheken könne indes der Verkauf von Arzneimitteln die Möglichkeit für den unmittelbaren Zugang zu diesem Markt eröffnen. Ein Verbot, das sich auf außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets ansässige Apotheken stärker auswirke, könne geeignet sein, den Marktzugang für Waren aus anderen Mitgliedstaaten stärker zu behindern als für inländische Erzeugnisse. Traditionelle Apotheken seien in der Lage, Patienten durch ihr Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Mit ihrem eingeschränkten Leistungsangebot könnten Versandapotheken indes eine solche Versorgung nicht angemessen ersetzen. Der Preiswettbewerb könne daher für sie ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein als für traditionelle Apotheken, da es von ihm abhänge, ob sie einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt fänden und auf diesem konkurrenzfähig blieben (Urteil des EuGH vom 19.10.2016 - C-148/15 - Rn. 23 und 24 - zitiert nach juris).

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 22.08.2012 die Europarechtskonformität der einheitlichen Arzneimittelpreise zutreffend festgestellt habe, ist die Entscheidung vor dem Urteil des EuGH vom 19.10.2016 ergangen und daher nicht geeignet, dessen Feststellungen in Frage zu stellen.

Auch soweit der Kläger das Urteil des EuGH aus verschiedenen Gründen für unzutreffend erachtet, ändert dies an der ergangenen Entscheidung und dessen Erwägungen nichts. Die im Vorabentscheidungsverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen sind von diesem entschieden, mag auch das Urteil eine förmliche Bindungswirkung allein gegenüber dem vorlegenden Gericht sowie den Instanzgerichten in dem konkreten Rechtsstreit entfalten. Das Vorabentscheidungsverfahren soll aber eine einheitliche Auslegung des Unionskollisionsrechts stärken und so der Rechtssicherheit dienen. Vor diesem Hintergrund ist die ergangene Entscheidung des EuGH nach Auffassung des erkennenden Gerichts zwingend zu berücksichtigen, zumal die Gerichte der Mitgliedstaaten gehalten sind, für die Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen.

Das von dem Kläger ferner herangezogene Urteil des BGH vom 24.11.2016 - I ZR 163/15 - (zit. n. juris) vermag nach Auffassung des Gerichts ebenfalls keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. So hat der BGH hierin ausdrücklich ausgeführt, dass für den Fall, dass das Berufungsgericht nicht feststellen könne, dass einheitliche Apothekenabgabepreise durch den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne des Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden könnten, die Erstreckung der Arzneimittelpreisbindung gegen die in Art. 34 AEUV garantierte Warenverkehrsfreiheit verstoße.

Es mag sein, dass das OLG München daraufhin die Bundesregierung aufgefordert hat, Daten und Fakten zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Arzneimittelpreisrechts einzuholen um nach dieser Prüfung dem EuGH erneut die Frage vorzulegen, ob der Eingriff in den freien Warenverkehr nach Art. 34 AEUV gerechtfertigt sei.

In seinem Urteil vom 19.10.2016 hat der EuGH darauf verwiesen, dass es den nationalen Behörden obliege, die erforderlichen Beweise in jedem Einzelfall beizubringen. Im dortigen Verfahren ist dies nicht gelungen.

Entsprechende Beweise liegen auch dem OLG München offenbar nicht vor.

Der Kläger hat im hiesigen Verfahren nicht konkret dargetan, dass sich ein Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nachteilig auf die Wahrnehmung bestimmter Gemeinwohlverpflichtungen auswirken würde. Es ist auch nicht dargetan oder ersichtlich, dass sich die Versandapotheken einen ruinösen Preiswettbewerb liefern, der zu einem Verschwinden der traditionellen Apotheken, insbesondere in ländlichen oder dünn besiedelten Gebieten führt. Die Gewährleistung einer flächendeckenden, sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung ist nach dem im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellten Forschungsbericht (Anlage B 6), dem der Kläger auch nicht substanziell entgegengetreten ist, nicht in Frage gestellt. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass auch nach dem Vortrag des Klägers in der Klagschrift der Anteil der über den Versand abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel im Jahr 2016 nur 1,3 % am deutschen Markt ausmacht.

Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Veranlassung für eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Maßgabe des Art. 267 AEUV. Eine Vorlagepflicht besteht für das erkennende Gericht ohnehin nicht (Art. 267 Abs. 3 AEUV).

Der Beitritt der Beklagten zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Der Rahmenvertrag begründet lediglich die Berechtigung der ausländischen Apotheke, auf der Grundlage des § 78 Abs. 3 AMG bezogene, als preisgebunden ausgewiesene Fertigarzneimittel zulasten der Krankenkasse abzurechnen, wobei für die Abrechnungen nach § 2 Buchst. b Abs. 2 S. 1 des Rahmenvertrages die Preisvorschriften nach § 78 AMG sowie § 7 HWG gelten (sogenanntes Rabattverbot). Der Rahmenvertrag hat auch nur Rechtswirkungen für die Krankenkassen nach § 4 SGB V und für die nach § 129 Abs. 3 SGB V bestimmten Apotheken (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 des Rahmenvertrages). Apotheken, die weder einem Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbandes noch diesem Rahmenvertrag beigetreten sind, sind von der Lieferung ausgeschlossen. Eine Relevanz für die streitgegenständlichen Testkäufe ist nicht ersichtlich.

Hiernach ist und bleibt es der Beklagten im Lichte des EuGH-Urteils vom 19.10.2016 unbenommen, Rabatte und Boni zu gewähren.

Dies gilt nicht nur für gesetzlich versicherte Endverbraucher, sondern ebenso für privatversicherte Endverbraucher. Auch eine Kumulation von Rabatten ist hiernach möglich.

2.

Aus den gleichen Erwägungen liegt auch kein Verstoß gegen §§ 7, 10 und 11 HWG vor.

Mögen auch die Bestimmungen des § 78 AMG sowie der §§ 7,10,11 HWG unterschiedlichen Zielsetzungen dienen, so ist doch allein maßgebend, ob das Unionsrecht den arzneimittelrechtlichen Vorschriften entgegensteht, soweit ausländische Versandapotheken betroffen sind.

Eben dies ist aus den vorgenannten Erwägungen unter 1. der Fall, auf die zur Meidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Einbezogen sind demgemäß letztlich sämtliche arzneimittelrechtlichen Vorschriften, die eine Preisbindung vorsehen bzw. Abzüge oder Werbegaben für Arzneimittel verbieten. Andernfalls würde die Entscheidung des EuGH konterkariert und damit das Unionsrecht unterlaufen.

Im Übrigen fehlt es an einer kostenlosen oder unentgeltlichen Zuwendung der Beklagten.

Eine kostenlose oder unentgeltliche Abgabe von Arzneimitteln liegt nur vor, wenn hierfür keine Kosten entstehen. Das ist hier nicht der Fall.

Ausweislich der vorgelegten Rezeptkopien der Beklagten sind die darin aufgeführten Kosten für die Arzneimittel jeweils entstanden. Dass sich aufgrund der Verrechnung mehrerer Vorteile der von dem Kunden zu zahlende Betrag auf 0,00 € reduzieren kann, so bei der Gewährung eines Neukundenvorteils von 10,00 € sowie des Rezeptvorteils von 2,50 € und Arzneimittelkosten unter einem Verkaufspreis von 12,50 €, ist nach Auffassung der Kammer auch bei wertender Betrachtung einer kostenlosen Abgabe nicht gleichzusetzen.

IV. Klagantrag zu 1c

Dem Kläger steht gegen die Beklagte jedoch ein Anspruch auf Unterlassung zu, an nicht gesetzlich versicherte Endverbraucher in Deutschland personenübergreifende Kundenkonten auszustellen, in denen neben den Daten der Adressaten auch die weiterer Patienten/ Familienangehöriger ohne vorherige Einwilligung verarbeitet und wiedergegeben werden, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 18 (§ 8 Abs. 1 S. 1 i.V.m. den §§ 3 Abs. 1, 3 a UWG).

(1.)

Nach § 4 Abs. 1 des zum Zeitpunkt der Testkäufe geltenden Bundesdatenschutzgesetzes ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das Bundesdatenschutzgesetz dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat.

Ein Erlaubnistatbestand ist nicht erfüllt. § 28 Abs. 3 S. 1 BDSG gestattet auch die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten zum Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Betroffenen nicht.

Hier werden personenbezogene Daten Dritter - DD und EE - in der Vorteilsübersicht (Anlage K 18 zur Klagschrift), die an den angegebenen Besteller DD gerichtet ist, aufgeführt, obgleich das Rezept für EE ausgestellt ist.

Durch die Aufführung personenbezogener Daten in der Kontenübersicht der Beklagten werden unzweifelhaft personenbezogene Daten verwendet.

Eine vorherige Einwilligung ist ausdrücklich nicht erklärt. Entgegen der Meinung der Beklagten liegt auch keine konkludente Einwilligung in die Verwendung der Daten vor.

Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob der Testkäufer EE in dem Bestellschein aus Versehen den Vornamen seines Vaters eingetragen hat. Es kann jedenfalls keine Rede davon sein, dass der Testkäufer EE willentlich einem Dritten sein Rezept übergeben hat, damit dieser es zusammen mit seinem eigenen Rezept an die Beklagte sendet. Gleiches gilt für seinen Vater DD, der gar kein Rezept vorgelegt hat. Eine willentliche Übergabe eines Rezeptes und stillschweigende Einwilligung kann von der Beklagten auch nicht ohne weitere Anhaltspunkte zu Grunde gelegt werden.

Der werbende Charakter des personenübergreifenden Kundenkontos mit dem Versprechen der Beklagten, nicht aufgebrauchte Boni dem Kundenkonto gutschreiben zu lassen, wobei nicht aufgebrauchte Boni auch den anderen, in dem Kundenkonto erfassten Personen zur Verfügung stehen und diese so zu weiteren Bestellungen bei der Beklagten veranlasst werden sollen, liegt auf der Hand.

(2.)

Bei den datenschutzrechtlichen Vorschriften handelt es sich auch um Marktverhaltensregeln (vergleiche nur KG Berlin Urteil vom 24.1.2014 - 5 U 42/12 -; OLG Karlsruhe Urteil vom 9.5.2012 - 6 U 38/11 - und OLG Stuttgart Urteil vom 22.2.2007 - 2 U 132/06 - jeweils zitiert nach juris).

(3.)

Die Verwendung der personenbezogenen Daten Dritter in der Vorteilsübersicht der Beklagten ist auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen.

V. Klagantrag zu 2.

Die Androhung eines Ordnungsgeldes ist gemäß § 890 ZPO bezüglich der Anträge zu 1 a und c begründet.

VI. Klagantrag zu 3.

Dem Kläger steht ferner ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu, soweit die Abmahnung berechtigt ist, d.h. hinsichtlich der Anträge zu 1. a und c.

Bei einem Streitwert für die Anträge zu 1. a. und c. in Höhe von insgesamt 40.000,00 € errechnet sich bei einer 1,3-Gebühr ein Betrag in Höhe von 1.414,40 €. Zuzüglich der Postpauschale von 20,00 € sowie der Umsatzsteuer errechnet sich ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1.706,94 €, der bereits den geltend gemachten Erstattungsanspruch übersteigt.

C. Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.