Fehlende Anwalts-Vollmacht bei Unterlassungserklärung nicht ausreichend
Leitsatz
Eine Unterlassungserklärung, die ein Rechtsanwalt für seinen Mandanten abgibt und im eigenen Namen unterschreibt, ist nur dann wirksam, wenn der Advokat auf Aufforderung hin eine Vollmacht vorlegt.
Tenor
In der Sache
(...)
- Antragstellerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte: Kanzlei Dr. Bahr, Mittelweg 41a, 20148 Hamburg,
gegen
(...)
- Antragsgegner und Beschwerdeführer-
(...)
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht - 5. Zivilsenat - durch (...) am 23.04.2015:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschtuss des Landgerichts Hamburg vom 15.8.2013 (Az. 310 O 133/13) wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert der Beschwerdeinstanz bemisst sich nach der Summe der in erster Instanz entstandenen Kosten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht gemäß § 569 I 1 ZPO eingelegt. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung gemäß § 91a ZPO dem Antragsgegner die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Verfügungsverfahrens auferlegt, denn er wäre nach dem Sach- und Streitstand bis zur Erledigung bei streitiger Fortführung des Verfahrens unterlegen; dies entspricht auch der Billigkeit.
Rechts- oder Ermessensfehler, die eine Abänderung der Entscheidung rechtfertigen könnten, sind auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens des Antragsgegners nicht ersichtlich. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Beschlusses vom 15.8.2013 und des Nichtabhilfebeschfusses vom 30.8.2013 Bezug, in denen sich das Landgericht mit den vom Antragsgegner vorgebrachten Einwänden eingehend auseinandergesetzt hat. Dem ist nichts Wesentliches hinzuzufügen, so dass sich der Senat darauf beschränkt, die tragenden Argumente zur Bekräftigung zu skizzieren:
Der Antragsgegner hat sich in der Beschwerde nicht dagegen gewandt, dass die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, dass ihr das ausschließliche Nutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Lichtbild zusteht und dass der Antragsgegner dieses ohne die Zustimmung der Antragstellerin im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht hat. Damit stand der Antragstellerin im Ausgangspunkt ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 I UrhG gegen den Antragsgegner zu, denn durch den erfolgten Verstoß hatte der Antragsgegner die Gefahr einer erneuten kerngleichen Rechtsverletzung begründet.
Diese Wiederholungsgefahr bestand auch noch bei Einreichung des Antrags auf Eriass einer einstweiligen Verfügung am 12.4.2013, insbesondere hat der Antragsgegner die Wiederholungsgefahr nicht bereits durch die auf die Abmahnung der Antragstelierin abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 5.4.2013 (Anl ASt 9) beseitigt; auch folgt aus diesem Schreiben nicht, dass es bei Verfahrenseinleitung an einem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers fehlte.
Unstreitig war diesem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners keine Vollmacht beigefügt. Auf die Aufforderung der Antragstelierin im Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8.4.2013, eine Prozessvolimacht bis zum 10.4.2013 nachzureichen {Anl ASt 10), gingen die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners in ihrem Antwortschreiben vom 10.4.2013 (Anl ASt 11) nicht ein.
Damit fehlte es bei Einreichung des Verfügungsantrags am 12.4.2013 an einer Unterlassungsverpflichtungserklärung des Antragsgegners, an deren Ernsthaftigkeit für die Antragstellerin kein Zweifel bestand {vgl. zu diesem Kriterium Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rz.1.101).
Die Wiederholungsgefahr entfällt im Regelfall erst durch die rechtsverbindliche Erklärung des Verletzers, er werde Zuwiderhandlungen künftig unterlassen, wenn ein solches Unterlassungsversprechen mit dem weiteren Versprechen abgesichert ist, er werde für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessen hohe Vertragsstrafe an den Rechtsinhaber zahlen (v. Wolff in Wandtke / Bullinger, UrhG, 3.Aufl., § 97 Rz.37).
Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung, die eine bestehende Wiederholungsgefahr ausräumen soll, muss den für die Ausräumung der Wiederholungsgefahr maßgeblichen Schuldnerwillen zur künftigen Unterlassung des in Frage stehenden verletzenden Verhaltens unzweideutig und grundsätzlich auch ohne zeitliche oder bedingende Einschränkungen zum Ausdruck bringen (vgl. zum Wettbewerbsrecht BGH NJW-RR 1993, 1000, 1002 - Bedingte Unterwerfung).
Zutreffend hat das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 30.8.2013 aber darauf hingewiesen, dass die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung durch einen Prozessbevollmächtigten eine Erklärung durch einen Vertreter darstellt, so dass die Abgabe einer solchen Erklärung dann keinen Rückschluss auf einen ernsthaften Unterlassungswillen des Verletzers zulässt, wenn sie durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht erfolgt.
Auch würde im Fall eines vollmachtlosen Handelns der sich für einen Verletzer meldenden Anwälte gerade kein Unterlassungsvertrag mit dem Verletzer zustande kommen, wenn der Verletzte die Unterlassungsverpflichtungserklärung annimmt; einen solchen Vertragsschluss müsste der Verletzte in einem Vertragsstrafeprozess aber beweisen.
Ob tatsächlich eine wirksame Bevollmächtigung erfolgt ist, die sich auch auf die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung bezieht, konnte die Antragstellerin im vorliegenden Fall nicht mit Gewissheit erkennen, so dass sie ein berechtigtes Interesse daran hatte, sich dies durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde nachweisen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners hier auf die entsprechende Aufforderung der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zur Vorlage einer Vollmachtsurkunde nicht eingegangen sind. Auch der anwaltlichen Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung - die hier zusammen mit der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung im Schreiben vom 5.4.2013 (Anl ASt 9) erfolgt war - lässt sich dies für den Verletzten nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, da der Verletzte ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde nicht ausschließen kann, dass es zu einem Missverständnis zwischen dem Verletzer und seinem Prozessbevollmächtigten gekommen ist.
Auch wenn dies nur eine weniger naheliegende Möglichkeit sein mag, ist nicht zu erkennen, weshalb der Verletzte auch nur ein solches geringes Risiko tragen müssen sollte.
Die Entscheidung des Landgerichts steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH, wonach die Vorschrift des § 174 S. 1 BGB auf die Abmahnung nicht anwendbar ist, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrags verbunden ist (vgl. BGH NJW-RR 2011, 335 [Rz.14f] - Vollmachtsnachweis). Denn im vorliegenden Fall geht es nicht um die rechtliche Frage, ob eine einseitige geschäftsähnliche Handlung mangels Vorlage eines Vollmachtsnachweises gemäß § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen werden kann, sondern um die tatsächliche Frage, ob ein bestimmtes Verhalten geeignet ist, eine bestehende Wiederholungsgefahr auszuräumen.
Da die Antragstellerin dem Antragsgegner hier auch noch vor Einleitung des Verfügungsverfahrens unter angemessener Fristsetzung die Möglichkeit eingeräumt hat, eine Vollmachtsurkunde vorzulegen, entspricht es in jeder Hinsicht der Billigkeit, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, die Festsetzung des Streitwertes aus § 3 ZPO.