OLG Hamburg: YouTube haftet für fremde Urheberrechtsverletzungen nur bei klarem Hinweis auf Rechtsverstoß

Die Online-Plattform YouTube haftet für fremde Urheberrechtsverletzungen nur bei einem klaren und eindeutigen Hinweis durch den Rechteinhaber. Ist die Nachricht hingegen unklar oder missverständlich, löst dies keine Prüfungspflicht des Webseiten-Betrebers aus (OLG Hamburg, Urt. v. 21.01.2023 - Az.: 5 U 22/19).

Der klägerische Rechteinhaber hatte YouTube informiert, dass dort Fremde gegen seine Urheberrechte verstoßen würden. Er schrieb: 

"(...) to inform you that I am the sole owner of the copyrights of all recording and visual content in regards to these artists and projects: - Sarah Brigtman, - Gregorian, - Narcis, - The Royal Christmas Gala (...)"

Da YouTube nicht reagierte, schaltete er einen Anwalt ein.

Als die Plattform weiterhin reagierte, klagte er.

Zu Unrecht, wie das OLG Hamburg nun entschied.

Denn eine Haftung für fremde Urheberrechtsverletzungen werde nur dann  ausgelöst, wenn der Hinweis des Rechteinhabers klaren und eindeutig sei. Bei unklaren oder missverständlichen Informationen sei dies nicht der Fall.

"Vorliegend lässt sich ein Hinweis auf die klare Verletzung der Rechte des Antragstellers nicht feststellen. Das Vorliegen einer Rechtsverletzung kann unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung nur auf der Grundlage einer klaren und zweifelsfreien Rechtsberühmung erfolgen (BGH GRUR 2022, 1308 Rn. 117 – YouTube II).

Im Falle des Antragstellers, der sich hinsichtlich der gegenständlichen Musikaufnahmen und des Bandübernahmevertrages mit T. auf Streamingrechte für YouTube beruft, die vom Bandübernahmevertrag nicht erfasst sein sollten, musste der Adressat des Hinweises in die Lage versetzt werden, das Verbleiben dieser Nutzungsrechte beim Antragsteller unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung nachzuvollziehen (vgl. BGH GRUR 2022, 1308 Rn. 117 – YouTube II).

Dies war vorliegend nicht der Fall.

Die Hinweise des Antragstellers in dessen E-Mails vom 06.12.2017, 19.12.2017 und 29.12.2017 waren im Hinblick auf dessen strittige Aktivlegitimation nicht hinreichend klar, um eine Pflicht auszulösen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu den Inhalten zu verhindern. Eine klare und zweifelsfreie Rechtsberühmung liegt mit diesen E-Mails nicht vor.

Dort schreibt der Antragsteller zu seiner Rechtsposition: „ ... to inform you that I am the sole owner of the copyrights of all recording and visual content in regards to these artists and projects: - Sarah Brigtman, - Gregorian, - Narcis, - The Royal Christmas Gala ...“. Die allgemeine Formulierung „the sole owner of the copyrights“ (alleiniger Rechtsinhaber) in Bezug auf nachgenannte Künstler und Projekte ist hinsichtlich des Projekts „Gregorian“ angesichts des geschlossenen Bandübernahmevertrages vom 27./28.11.2017 unzutreffend, jedenfalls aber insgesamt unspezifiziert und damit unklar. Eine klare und zweifelsfreie Rechtsberühmung, die Pflichten der Antragsgegnerin hätte auslösen können, die deren täterschaftliche Haftung begründen könnten, ist darin nicht zu sehen."

Auch die anschließenden Schreiben des Advokaten seien nicht ausreichend gewesen, so die Richter:

"Auch die Anwaltsschreiben (...)  enthalten bezogen auf die Aktivlegitimation des Antragstellers angesichts des unstreitig bestehenden Bandübernahmevertrages vom 27./28.11.2017 mit T. keinen hinreichend klaren Hinweis, um die geltend gemachten Verhinderungspflichten der Antragsgegnerin auszulösen.

Zwar ist dort von einer „originären Tonträgerhersteller“-eigenschaft an konkret bezeichneten Musikaufnahmen die Rede. Auch macht der Antragsteller darin geltend, „für die Auswertung dieser Aufnahmen im Rahmen Ihres Dienstes „YouTube“ im Wege des Streamings“ halte er die exklusiven Auswertungsrechte.

Jedoch ist das Vorliegen einer klaren und zweifelsfreien Rechtsberühmung, die Pflichten auszulösen geeignet ist, objektiv zu beurteilen.

Insoweit spielt eine Rolle, dass ein Bandübernahmevertrag vom 27./28.11.2017 vorliegt, der vom Antragsteller in seinen Hinweisschreiben nicht erwähnt worden ist und der hinsichtlich der inhaltlichen Bedeutung der Klausel 3.2.2. zwischen den Parteien strittig ist. Insbesondere streiten die Parteien darüber, ob es sich um einen dinglich wirkenden Rechtsvorbehalt zugunsten des Antragstellers oder lediglich ein schuldrechtlich wirksames Zustimmungserfordernis handelte.

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Vertragspartner des Antragstellers, T., ausweislich der Anlagen Ast 26 und Ast 27 bis November / Dezember 2018 Streamingauswertungen der gegenständlichen Musikaufnahmen vornahm. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 26.11.2018 unwidersprochen vorgetragen, dass im November 2018 die gegenständlichen Musikaufnahmen bei bekannten Streamingdiensten (Amazon music, Spotify, vgl. Anlage AG 7) angeboten wurden, und zwar jeweils mit einem (C)- und (P)-Vermerk auf T.. Im Hinblick auf beim Antragsteller verbliebene Streamingrechte als Tonträgerhersteller liegt - auch zu den Zeitpunkten Dezember 2017 bis Mai 2018, in denen der Bandübernahmevertrag galt, - unter Berücksichtigung der objektiven Sachlage daher im Streitfall keine klare und zweifelsfreie Rechtsberühmung vor, um Pflichten, die eine täterschaftliche Haftung begründen könnten, auszulösen."