BGH: Neukunden-Bonus muss auch von insolventem Unternehmen berücksichtigt werden

Ein insolventes Unternehmen, das seinen Kunden einen Neukunden-Bonus ausgelobt hat, muss diesen auch im Falle der Insolvenz berücksichtigen (BGH, Urt. v. 27.07.2023 - Az.: IX ZR 267/20).

Der Insolvenzverwalter des zahlungsunfähigen Energieunternehmens schickte den Kunden eine Rechnung, hatte dabei jedoch den versprochenen Neukunden-Bonus nicht berücksichtigt, wenn nicht eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr erreicht war. Vielmehr seien etwaige Forderungen zur Insolvenz-Tabelle anzumelden.

Die Klausel lautete:

"Grundpreis: […] €/Monat (inkl. 19% MWst)

Arbeitspreis: […] €/Monat (inkl. 19% MWSt)

Neukundenbonus: [x] % (Jahresumsatz)"

Der BGH stufte das Verhalten des Insolvenzverwalters als rechtswidrig ein. Der Neukunden-Bonus sei bei sämtlichen Regelungen zu berücksichtigen, eine Änderung durch die Insolvenz sei nicht eingetreten.

1. Keine Mindestvertragslaufzeit:

Der BGH stellte zunächst klar, dass weder aus der Klausel noch aus den Umständen ersichtlich sei, dass die Prämie abhängig von einer Mindestvertragslaufzeit sei:

"Aus der Sicht eines verständigen und redlichen Verbrauchers ergibt sich aus dem Wortlaut der Klauselwerke der Schuldnerin kein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass der Neukundenbonus an eine Mindestlaufzeit des Vertrags geknüpft wäre.

Nach Nr. 7.4 Satz 1 der AGB-Strom der Schuldnerin - insoweit inhaltsgleich mit Nr. 7.4 Satz 1 der AGB-Gas der Schuldnerin - bietet die Schuldnerin, sofern im jeweiligen Tarif vereinbart, als Abschlussprämie für den Abschluss des Vertrags einen einmaligen Prämienbetrag (Bonus). (...)

Eine Mindestlaufzeit wird somit weder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch in den Belieferungsbestätigungen erwähnt.

Die Umschreibung des Bonus als einmaliger Prämienbetrag legt vielmehr nahe, dass nicht eine bestimmte Dauer der Vertragsbindung oder Vertragstreue, sondern der Neuabschluss des Vertrags bei der Schuldnerin honoriert werden soll. Aus der Benennung des Jahresumsatzes als Bezugsgröße für die Berechnung der Boni kann ein durchschnittlicher, rechtlich nicht vorgebildeter Vertragspartner des Verwenders nicht den Schluss auf eine Mindestlaufzeit oder Mindestbelieferung von einem Jahr ziehen."

2. Keine Änderung durch Insolvenz:

Es sei auch keine Änderung durch die Insolvenz eingetreten.

"Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Oberlandesgericht den von der Schuldnerin eingeräumten Neukundenbonus zutreffend nicht als eigenständige Forderung, sondern nur als Berechnungsfaktor bei der Ermittlung des Jahresverbrauchspreises angesehen, gegenüber dem kein insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot eingreift.

(1) In Nr. 7.4 der AGB-Strom und der AGB-Gas der Schuldnerin ist zwar vorgesehen, dass die Schuldnerin als Abschlussprämie für den Abschluss eines Vertrages einen einmaligen Prämienbetrag (Bonus) bietet. Aus den maßgeblichen Belieferungsbestätigungen ergibt sich allerdings, dass die Schuldnerin keine festen Beträge verspricht. Stattdessen wird ein Preisnachlass (Rabatt) gewährt, der in einem Prozentsatz des Jahresumsatzes besteht. Damit verspricht die Schuldnerin aus Sicht eines redlichen und verständigen Verbrauchers einen Nachlass auf den im ersten Jahr zu zahlenden Preis. Die Abschlussprämie stellt sich neben dem Grundpreis und dem Arbeitspreis als dritter Berechnungsfaktor bei dem auf die verbrauchsbezogene Entgeltberechnung anzuwendenden Tarif dar. Der von der Schuldnerin zugesagte Neukundenbonus bewirkt, dass die Vergütung für die im ersten Jahr gelieferte Energie nicht nach dem grundsätzlich vereinbarten Tarif berechnet, sondern demgegenüber um den vereinbarten Prozentsatz herabgesetzt wird. Damit fehlt es an einer eigenständigen Gegenforderung des Kunden, die erst in der Krise hätte begründet werden können, und auf die eine (entsprechende) Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gerechtfertigt wäre."

Und weiter:

"(2) Auch die jeweiligen Regelungen in Nr. 7.5 der AGB-Strom und der AGB-Gas der Schuldnerin, wonach der Bonus weder bei den Abschlusszahlungen noch bei unterjährigen Abrechnungen zu berücksichtigen ist, begründen keine rechtliche Selbständigkeit des Bonus. Damit ist nur bestimmt, dass der Bonus auf die vorläufige Bemessung der Abschlagszahlungen und unterjährigen Abrechnungsbeträge ohne Einfluss ist und die Abschlussprämie erst in die Endabrechnung einfließt."