Online-Lernplattform darf bis zu 10%eines Werkes zum Abruf bereit halten

Landgericht Stuttgart

Urteil v. 27.09.2011 - Az.: 17 O 671/10

Leitsatz

Auf einer Online-Plattform, welche von einer Hochschule für die Studierenden betrieben wird, dürfen 10% eines urheberrechtlich geschützten Werkes zur Verfügung stellen. Dies reicht aus, um den im Urheberrecht geforderten Zweck der Zugänglichmachung von Werkteilen zur Veranschaulichung im Unterricht zu erfüllen.

Sachverhalt

Bei der Klägerin handelte um die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an einem urheberrechtlich geschützten Werk zum Thema Psychologie. Die Beklagte war eine Fachhochschule, die das Fach Psychologie anbot. Semesterübergreifend nahmen mehr als 4.000 Studierende an dem Fach teil. Die Beklagte stellte ihren Studierenden eine elektronische Online-Lernplattform zur Verfügung, auf der den Studierenden mittels Benutzernamen und Passwort Zugang zu Unterrichtsmaterialien, Büchern und Skripten gewährt wurde.

Die Klägerin stellte fest, dass 20% ihres zur Standardlektüre gehörenden Buches zum Abruf bereit stand. Darin sah sie eine Urheberrechtsverletzung und begehrte Unterlassung. Die Beklagte meinte, dass die Verbreitung zur Veranschaulichung im Unterricht gerechtfertigt sei und nur ein begrenzter Anteil der Studierenden Zugriff hätte.

Entscheidungsgründe

Das Gericht gab der Klägerin zum großen Teil Recht.

Durch die Verbreitung und Veröffentlichung von mehr als 20% der Werkteile liege eine nicht mehr gerechtfertigte Urheberrechtsverletzung vor. Der im Urheberrecht geforderte Zweck der Veranschaulichung im Unterricht sehe vor, dass der Urheber einen gewissen Umfang der kostenfreien Verbreitung dulden müsse. Dies gelte zumindest dann, wenn es sich bei den Schülern und Studierenden um eine begrenzte Anzahl handle und nur ein geringer Werkteil veröffentlicht werde.

Bei 20% sei davon auszugehen, dass bereits ein erheblicher Teil vorliege, der nicht mehr durch den urheberrechtlichen Zweck der Veranschaulichung erfüllt sei. Es reiche hierfür vollkommen aus, dass auf der Online-Lernplattform bis zu 10% veröffentlicht würden. Dadurch würden die Interessen der Klägerin auch nicht unangemessen beeinträchtigt.