Keine Schadensersatzpflicht bei unberechtigter P2P-Tauschbörsen-Abmahnung
Leitsatz
1. Der zu Unrecht Abgemahnte (hier: P2P-Urheberrechtsverletzung) kann Ersatz der eigenen Anwaltskosten vom Abmahnenden allenfalls dann verlangen, wenn den Abmahnenden ein Übernahmeverschulden trifft, d.h. er erkennen konnte, dass die Abmahnung möglicherweise unberechtigt war.
2. In dem mittels einer Abmahnung erhobenen Vorwurf einer P2P-Urheberrechtsverletzung liegt keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Empfängers der Abmahnung.
Hinweis: Die vorliegende Berufungsentscheidung hebt die erstinstanzliche Entscheidung des AG Hamburg (Urt. v. 11.12.2007 - Az.: 316 C 127/07) auf.
Sachverhalt
Die Beklagten mahnten die Klägerin ab und warfen ihm vor, eine Urheberrechtsverletzung im Internet unter einer bestimmten IP-Adresse begangen zu haben. Sie hatten zuvor von der Staatsanwaltschaft die entsprechenden Nutzerdaten der Klägerin erhalten. Nach Versand der Abmahnung stellte sich heraus, dass im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens IP-Adressen vertauscht wurden, woraufhin die Beklagten den Vorwurf gegenüber der Klägerin fallen ließen.
Die Klägerin verlangte von den Beklagten Ersatz der ihr wegen der unberechtigten Abmahnung entstandenen Anwaltskosten.
In der erstinstanzlichen Entscheidung vor dem AG Hamburg (Urt. v. 11.12.2007 - Az.: 316 C 127/07) erhielt die Klägerin den verlangten Schadensersatz zugesprochen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht lehnte einen Erstattungsanspruch der Klägerin ab.
Der zu Unrecht Abgemahnte könne allenfalls dann Ersatz seiner Anwaltskosten verlangen, wenn den Abmahnenden ein Verschulden hinsichtlich des Versands der unberechtigten Abmahnung treffe.
Ein solches Übernahmeverschulden sei vorliegend nicht gegeben, weil die Beklagten auf die Auskunft der Staatsanwaltschaft haben vertrauen dürfen und diese nicht überprüfen mussten. Es habe kein Anlass bestanden, an der Richtigkeit der Auskunft der Staatsanwaltschaft zu zweifeln. Auch nachdem der Ehemann der Klägerin bei der Beklagten angerufen hatte und mitteilte, die Klägerin habe die fraglichen Musikdateien nicht heruntergeladen, seien die Beklagten nicht zur Überprüfung verpflichtet gewesen. Sie haben vielmehr davon ausgehen dürfen, dass es sich um eine reine Schutzbehauptung handele.
In dem zu Unrecht erhobenen Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung liegt nach Ansicht des Gerichts auch keine Persönlichkeitsverletzung gegenüber dem Abgemahnten. Zum einen sei der Vorwurf schon nicht nach außen gedrungen, sondern nur der Klägerin, ihrem Ehemann und den beteiligten Anwälten als Interessenvertretern bekannt geworden. Gegenüber der Staatsanwaltschaft sei ein Strafantrag gegen "Unbekannt" gestellt worden. Zum anderen sei in der Behauptung, illegal Musikdateien im Internet angeboten zu haben, kein strafrechtlich relevanter Vorwurf enthalten. Schließlich wäre aber auch eine derartige Persönlichkeitsverletzung, wenn man sie annähme, durch die Wahrnehmung eigener schutzwürdiger Interessen des Urhebers gerechtfertigt.